Astrid Günther-Schmidt

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die verhängnisvolle Schulschließungspolitik der CDU, die sich auch unter Beteiligung der SPD leider fortgesetzt hat und deren Ende nicht wirklich absehbar ist, hat uns GRÜNE bereits Anfang 2005 dazu veranlasst, einen eigenen Entwurf für ein Schulgesetz vorzulegen, der mit der problematischen demografischen Entwicklung konstruktiv umgeht. Wir GRÜNE sind davon überzeugt, dass Schwankungen bei den Schülerzahlen nicht zwangsläufig zum Mitwirkungsentzug des Kultusministeriums und damit zu Schulschließungen führen müssen. Hier sind intelligentere Lösungen und natürlich das politische Bekenntnis gefragt.
Unser Gesetzentwurf sollte den einzelnen Schulen ausreichend Flexibilität einräumen, um je nach Bedarf auf die Entwicklung der Schülerzahlen reagieren zu können. Die Verengung des Blickwinkels bei den Vorgaben für die Schulnetzplanung im Lande auf Mehrzügigkeit verkennt nämlich völlig die pädagogischen Erfordernisse, so zum Beispiel, dass besondere Schularten mehr Lehrkräfte benötigen, wie zum Beispiel Ganztagsschulen, Brennpunktmittelschulen und eben auch Gemeinschaftsschulen.
Wir forderten damals und fordern noch heute unter anderem eine Senkung der Mindestschülerzahlen. Die Mindestzügigkeit und die Schülerzahl pro Klasse müssen aufgehoben werden.
Wir forderten damals und fordern noch heute, jahrgangsübergreifenden Unterricht zu ermöglichen. Wir forderten
damals und fordern noch heute eine größere Flexibilität bei der Schulnetzplanung. Voraussetzungen für Schulverbünde zwischen allen Schularten werden verbindlich geregelt, gefährdete Schulstandorte können somit erhalten werden. Schulzentren mit verschiedenen Schularten unter einem Dach werden ermöglicht und schließlich der Einfluss der Schulaufsicht auf die Schulnetzplanung auf die Rechtsprüfung im Rahmen des Schulgesetzes beschränkt.
Meine Damen und Herren, wären Sie damals unserem Gesetzentwurf gefolgt, müssten wir heute nicht diese Debatte führen.
Die Koalition hat vier Jahre verschenkt. Wir stehen am selben Punkt wie im Frühjahr 2005, mit dem einzigen Unterschied, dass in der Zwischenzeit weiter Schulen geschlossen wurden, in den Kommunen damit auch ganze Teile des kommunalen Lebens niedergegangen sind und sich Schulwege für viele Schülerinnen und Schüler in geradezu unvertretbarem Maße verlängert haben. Ganze Regionen sind zur schulfreien Zone geworden.
Herr Flath hat im Mai 2005 in einer von uns GRÜNEN beantragten Aktuellen Debatte an uns folgendermaßen appelliert: „Vielleicht kann ich die Opposition überzeugen, mich in den nächsten Wochen insofern zu unterstützen, als sie sich einfach an der Debatte nicht beteiligt.“
Gemeint war die Debatte zu den damals bevorstehenden Schulschließungen. Das hätte Ihnen sicher gut gefallen. Gewerkschaften, Eltern, Schüler, Kommunalpolitiker und wir von der Opposition sollten einfach zu den schulpolitischen Grausamkeiten des Herrn Flath schweigen. Das ist das Demokratieverständnis der CDU! Auch daran hat sich leider in den vergangenen Jahren nichts geändert.
Mit der fragwürdigen Praxis der Vergabe von Fördermitteln setzen Sie bis zum heutigen Tage Ihre Schulschließungspolitik mehr oder weniger verdeckt fort und weigern sich wie schon seit Jahren aus rein ideologischen Gründen, eine Debatte über moderne Schulstrukturen und alternative Unterrichtsformen gerade auch für den dünn besiedelten Raum zu führen.
Ich fürchte allerdings, dass die Bestrebungen der FDP, gemeinsam mit der CDU künftig Schulschließungen zu verhindern, ähnlich erfolglos enden werden, wie der Versuch der Sozialdemokraten, gemeinsam mit der CDU Gemeinschaftsschulen aufzubauen. Wenn Herr Wöller heute über die Presse verkündet, die FDP sei bezüglich ihrer Schulpolitik nicht regierungsfähig, dann kann ich nur feststellen: Da haben Sie ja etwas gemeinsam!
Danke schön.
Herr Colditz, können Sie sich vorstellen, dass es Möglichkeiten gibt, jenseits des traditionell gegliederten Schulsystems – und hier jenseits des traditionellen Gymnasiums – zu einem qualitativ hochwertigen Abitur zu kommen?
Gemeinschaftsschule!
Ich höre nichts; schade.
Am 22.04.2009 stellte ich in der Fragestunde des Görlitzer Kreistages folgende Frage an Landrat Lange: „Seit wann ist den Verantwortlichen des Landkreises Görlitz als zuständige Genehmigungsbehörde bekannt, dass die Firma ETU GmbH Altbernsdorf aufgrund der alten, weiterhin gültigen Genehmigung für die sogenannte Bodensanierungsanlage befugt ist, jährlich bis zu 50 000 Tonnen gefährliche Schlämme anzunehmen, und wann wird der Landkreis Görlitz dafür Sorge tragen, dass den Anforderungen des UVP-Gesetzes Genüge getan wird, wonach bei Überschreitung der in Anlage 1, Punkt 8.8 definierten Mengenschwellen von Amts wegen eine Umweltverträglichkeitsprüfung veranlasst werden muss?“ Mit Schreiben vom 15.05.2009 antwortete Landrat Lange: „Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt.“
Meine Fragen an die Staatsregierung:
1. Über welchen Zeitraum erstreckte sich die genannte Umweltverträglichkeitsprüfung mit welchem konkreten Prüfauftrag?
2. Wie lautet das Ergebnis dieser Umweltverträglichkeitsprüfung?
Genau zu dieser Drucksache würde ich gern eine Nachfrage stellen. Ich gehe davon aus, dass es sich lediglich um eine Vorprüfung handelt, die damals durchgeführt wurde. Können Sie mir dazu etwas sagen?
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! In der Fragestunde des Sächsischen Landtages vom 12. Dezember 2008 fragte ich nach Müllimporten in den Landkreis Görlitz seit dem Jahr 2000. Staatsminister
Kupfer konnte lediglich Angaben zu den Notifizierungen der Jahre 2007 und 2008 machen, sicherte aber zu, die ausstehenden Angaben schriftlich nachzureichen.
Im März wurde die Beantwortung der Frage für den 31. Mai 2009 in Aussicht gestellt, am 17.06.2009 erging per E-Mail die Mitteilung, dass die gewünschten Daten voraussichtlich bis zum 30.09.2009 zur Verfügung stehen werden. Diese Verfahrensweise legt die Vermutung nahe, dass die Staatsregierung entweder nicht gewillt ist, die zugesagten Angaben öffentlich zu machen, oder über ein derart mangelbehaftetes Archivierungssystem bezüglich der Notifizierung gefährlicher Abfälle verfügt, dass sich ein solches praktisch auch erübrigen würde.
Meine Fragen an die Staatsregierung:
1. Welche organisatorischen Mängel wurden im Zuge der bislang vergeblichen Beantwortung der genannten Mündlichen Anfrage im Verantwortungsbereich des SMUL festgestellt und welche Konsequenzen wurden daraus sowohl personell als auch organisatorisch gezogen?
2. Ist der Staatsregierung bekannt, ob in anderen Bundesländern ein unmittelbarer Zugriff auf Notifizierungen beim Import gefährlicher Abfälle möglich ist?
Ja. Ich möchte gern wissen: Mit welchen Konsequenzen durch die Landesdirektion Dresden müsste ein im Abfallgeschäft tätiges Unternehmen, das zur Abgabe der genannten Notifizierungsunterlagen verpflichtet ist, rechnen, wenn es diese mit Ihrer Begründung – ich habe die Dokumente so gut verwahrt, dass ich sie gerade nicht finden kann – der Landesdirektion über einen Zeitraum von 9,5 Monaten nicht beibringen kann?
Herr Kupfer, ich habe noch eine Frage. Ich möchte von Ihnen gern wissen, ob es für Sie nicht unangenehm ist, Nachfragen auf mündliche Anfragen ständig zurückzuweisen mit dem Verweis darauf, dass Sie sie nicht beantworten können.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir wollen, dass in Sachsen der in der Sächsischen Verfassung formulierte Anspruch auf unentgeltlichen Unterricht und auf unentgeltliche Lehrmaterialien an allen Schulen in öffentlicher Trägerschaft umgesetzt wird. Die derzeitige Einschränkung dieses Anspruchs durch das geltende Schulgesetz muss aufgehoben werden. Ich habe ebenso wie viele andere nie wirklich verstanden und nachvollziehen können, warum es notwendig ist, das Schulgesetz nach der Interpretation – Herr Colditz hatte es vorhin bereits angesprochen – so zu belassen, nur weil es älter als die Verfassung ist. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.
Die Sächsische Verfassung spricht von Lernmitteln, ohne diese auf Schulbücher einzuschränken.
Der Begriff Lernmittel umfasst unserer Auffassung nach allgemein alle Hilfsmittel, die für den individuellen und durch die Schule veranlassten Lernprozess durch Schülerinnen und Schüler Verwendung finden. Neben den Schulbüchern gehören dazu für uns natürlich auch Atlanten, Kompendien, Wörterbücher, Taschenrechner, Arbeitshefte, Kopien – eben alles, was man braucht, um am Unterricht teilnehmen zu können.
Vielleicht hat es sich in Zukunft bald erledigt, so viel Papier mit sich herumzuschleppen. Vielleicht steigen wir in den Schulen auf Notebooks um.
Wir GRÜNEN plädieren für ein von der Anzahl der Schüler abhängiges Budget zur eigenverantwortlichen Verwendung an den Schulen.
Wir bemerken, dass die Sozialdemokraten uns in dieser Argumentation folgen konnten.
Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem Konzept einer wirklich eigenverantwortlichen Schule. Das wäre eine Innovation. Sicherzustellen, dass alle Kinder ihre Bücher kaufen können, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Verantwortung.
Leider drückt sich die Staatsregierung bislang vor einer klaren Regelung. Statt eine gesetzliche Regelung zu schaffen, lassen CDU und SPD den Schwarzen Peter bei den Kommunen, wohl wissend, dass gerade ärmere Kommunen in der Haushaltssicherung gar keine Möglichkeit haben, Bedürftigen den Eigenanteil an den erforderlichen Lehrmitteln zu erlassen, weil dies eine freiwillige Aufgabe ist. Solange es keine gesetzliche Regelung gibt, wird es trotz der vielen solidarischen Fördervereine an den Schulen weiterhin vorkommen, dass Kinder aus armen Familien ohne die notwendigen Bücher und Lehrmaterialien zur Schule kommen. Es kann aber nicht sein, dass jede Kommune als Schulträgerin ihre eigene Lösung findet. Dann kann es vorkommen, dass in einem Ort
Lernmittelfreiheit herrscht und Eltern 20 Kilometer weiter für die Bücher zahlen müssen.
Ich erwarte im Übrigen, dass sich die Frage der gedruckten Lehrbücher in Zukunft von selbst erledigen wird. Sie haben es vielleicht verfolgt: In Kalifornien wird derzeit überlegt, die Schülerinnen und Schüler mit einem eBook auszustatten. Dieses schließen sie an eine Dockingstation im Klassenzimmer an, gehen dann ins Internet und aktualisieren zeitnah. Das könnte fortschrittlich sein. In einer Studie stellten Unterrichtsforscher der Bergischen Universität Wuppertal fest, dass zwei Drittel der befragten Chemielehrer Texte des Schulbuches höchstens einmal im Monat verwenden. Manche verzichten ganz darauf. Der Grund dafür ist, dass einige Lehrer sich durch den obligatorischen Einsatz der Bücher bevormundet fühlen und auf eigene oder alternative Unterrichtsmaterialien zurückgreifen.
Nun soll der pädagogische Nutzen des Schulbuches genauer erforscht werden: Erzielt es die beabsichtigte Wirkung bei den Schülern? Wie soll damit im Unterricht gearbeitet werden? Diese Fragen erörtern Forscher vom Braunschweiger Georg-Eckert-Institut für Internationale Schulbuchforschung.
Wie zeitgemäß das Schulbuch ist, ist angesichts des langen Weges, bis es im Klassenzimmer ankommt, nachdem Fachverlage in Übereinstimmung mit den Lehrplänen ein Buch konzipiert haben, nach meiner Einschätzung durchaus nicht fortschrittlich.
In einer Untersuchung der Stiftung Warentest im vergangenen Jahr waren neben inhaltlichen Fehlern bei etlichen untersuchten Biologiebüchern – und auch in Geschichtsbüchern – viele veraltete Angaben und überholte Interpretationen entdeckt worden. In der Regel werden Schulbücher nicht selten aufgrund des geringen Budgets der Schule im Schnitt alle acht Jahre erneuert.
Deshalb ist die heute beantragte Kostenfreiheit für Unterrichtsmaterialien natürlich nur eine Seite der Medaille. Es nützt nichts, etwas kostenlos zur Verfügung zu stellen, was nichts taugt oder veraltet ist. Mit digitalen Unterrichtswerken wäre zumindest das Problem der fehlenden Aktualität zu lösen. Möglicherweise entstehen aber Kosten, um die Lehrer erst einmal auf den Einsatz dieser digitalen Medien vorzubereiten.
Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf der Linksfraktion zustimmen. Er wird nicht alle Probleme lösen, die in diesem Bereich vorhanden sind. Aber er wird zumindest Verfassungskonformität herstellen.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende grüne Gesetzentwurf stärkt die Position von Schülerinnen und Schülern, die von Legasthenie und Dyskalkulie betroffen sind, indem ein einfachrechtlicher Anspruch auf schulische Fördermaßnahmen, Nachteilsausgleich und Notenschutz gewährt wird.
Verfassungsrechtlich folgt aus dem Grundsatz der Chancengleichheit gemäß Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz, dass Betroffenen, die mit besonderen Nachteilen zu kämpfen haben, Prüfungsbedingungen einzuräumen sind, damit sie die gleichen Chancen haben, den Prüfungsanforderungen zu genügen. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich besteht daher von Verfassungs wegen bereits jetzt.
Legasthenie und Dyskalkulie sind Behinderungen. Das Grundgesetz verbietet Benachteiligungen aufgrund von Behinderungen, und zwar über die gesamte Schulzeit. Deshalb genügt es einfach nicht, sich hinter einer Verwaltungsvorschrift zu verstecken, die allenfalls empfehlenden Charakter hat und mit der in der Praxis sehr unterschiedlich umgegangen wird. Diese Wahrnehmung wird in Schilderungen Betroffener und deren Interessenvertretungen bestätigt. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir die betroffenen Kinder, deren Eltern und Großeltern unterstützen, die derzeit noch viel zu oft einen langen Leidensweg durchstehen müssen, bis ihnen vielleicht einmal geholfen wird.
Uns ist im Ausschuss für Schule und Sport auch von der CDU bestätigt worden, dass es einen Handlungsbedarf hinsichtlich der inhaltlichen Umsetzung der bestehenden Richtlinie gebe, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung. Denken Sie bitte auch in der Koalition darüber noch einmal nach. Offenbar erkennen Sie ja ebenso wie wir, dass der derzeitige Zustand unhaltbar ist. Wir haben aber leider nicht die Zeit, noch mehrere Jahre ins Land gehen zu lassen, bis vielleicht einmal die letzte Schulbehörde die bestehenden Richtlinien im Interesse der betroffenen Kinder und nicht im Interesse des Schulsystems auslegt.
Wir brauchen eine gesetzliche Regelung nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der im Dezember 2008 auch von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten UNKonvention zu den Rechten von Menschen mit Behinderungen.
Integration darf nicht als einseitiger Prozess der Anpassung des Menschen mit besonderem Förderbedarf an die bestehenden Verhältnisse verstanden werden. Immer ist vom einzelnen Kind auszugehen. Maßgebend ist allein der individuelle Förderbedarf. Befremdlich mutet es deshalb an, dass als Argument gegen unseren Gesetzentwurf vorgebracht wird, bezüglich der Dyskalkulie gebe es noch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, woher diese Behinderung kommt. Das ist ebenso falsch wie unerheblich. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze für die Entstehung dieser Behinderung. Allen gemeinsam ist, dass sie eine Teilleistungsstörung anerkennen und eben nicht nur eine vorübergehende Schwäche, die möglicherweise in der aktuellen Situation, den familiären Verhältnissen oder dem Leistungswillen des Kindes begründet ist.
Der Umgang mit Behinderungen kann nach meiner festen Überzeugung nicht davon abhängig gemacht werden, welche Ursache diese haben. Wenn man dies täte, käme man dann zu der Frage, ob an der Behinderung irgendjemand oder irgendetwas schuld sei. In letzter Konsequenz ist dann die krude und menschenverachtende Position nicht mehr weit, wonach ein gesunder Geist in einem gesunden Körper wohnt, welche uns hier in einer Fachregierungserklärung vom derzeitigen Kultusminister vorgetragen wurde.
Ja, es war schrecklich.
Menschen mit Legasthenie und Dyskalkulie sind Menschen mit Behinderungen und als solche haben sie Anspruch auf gesetzlichen Schutz. Und mehr noch: Wir sollten sie, wie es der Bundesverband für Legasthenie und Dyskalkulie im März dieses Jahres formulierte, als eine Form von Vielfalt anerkennen und ihre Fähigkeiten nicht allein an der Rechtschreib- und Rechenkompetenz festmachen; denn Legastheniker und Dyskalkuliker sind nicht
minderintelligente Menschen und der heute noch übliche Umgang mit ihnen in der Schule schöpft deren tatsächliches Potenzial bei Weitem nicht aus.
Wir wollen in unserem Gesetzentwurf eine klarere Regelung zur Diagnose der Teilleistungsstörungen als Voraussetzung für den Anspruch auf Notenschutz und Nachteilsausgleich. Wir beziehen in diese Regelung bewusst die Begutachtung durch einen Facharzt ein. Einerseits sind wir dazu gezwungen, weil die erschreckend geringe Zahl von Schulpsychologen in Sachsen leider dazu führt, dass die Wartezeit hier zwischen einem halben Jahr und zwei Jahren liegt. In dieser Zeit besteht die Gefahr, dass das Kind eine verhängnisvolle demotivierende Schullaufbahn einschlägt. Zweitens wollen wir auch nicht, dass die Lehrer die Diagnose stellen müssen, denn dafür sind sie nicht qualifiziert. Lehrer sollen künftig allerdings tatsächlich besser ausgebildet werden, um mögliche Störungen frühzeitig zu erkennen.
Die Ausbildung von Lehrern ist jedoch ein anderes Kapitel, das mit dem heute zu beschließenden Gesetzentwurf nur in dem Sinne im Zusammenhang steht, als die Gewährung eines individuellen Rechtsanspruches des Kindes auf individuelle Förderung das System Schule praktisch zwingt, aktiv zu werden. Aber die Unterscheidung zwischen einer vorübergehenden LeseRechtschreib-Schwäche, für die es hierzulande die Förderung in LRS-Klassen gibt, und einer umschriebenen Teilleistungsstörung Legasthenie muss – auch das hat die Anhörung gezeigt – den Fachleuten überlassen bleiben.
Die Diagnose einer entsprechenden Störung kann nicht nur eine wie auch immer geartete Förderung nach sich ziehen. Das ist der zweite Teil unseres Gesetzentwurfes. Sie können ja auch eine körperliche Behinderung nicht einfach wegfördern; sie bleibt bestehen, und zwar ein Leben lang. So ist es auch mit Legasthenie und Dyskalkulie. Mit diesen Behinderungen müssen die Betroffenen leben. Aber man kann selbst in der Schule mit ihnen leben, wenn man nämlich einen entsprechenden Nachteilsausgleich oder eben Notenschutz erhält. Wir wollen, dass es dafür einen Rechtsanspruch gibt, übrigens auch in der Sekundarstufe II, denn bis dahin hat sich das Problem ja nicht erledigt.
Die Gewährung des Nachteilsausgleichs darf in Zeugnissen und sonstigen Leistungsbestätigungen nicht angegeben werden. Der Notenschutz kann in jeder Schulform angeordnet werden. Dies kann den Druck auf den betroffenen Schüler mindern.
Meine Damen und Herren, von verschiedener Seite wird sowohl in der Diskussion zu unserem Gesetzentwurf als auch gegenüber den Betroffenen zum Ausdruck gebracht, dass es für diese Kinder ja die Möglichkeit der Hilfe nach § 35 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes gebe. Dieser Paragraf regelt die Eingliederungshilfe bei drohender seelischer Behinderung. Ich finde es schlimm, wenn einem Kind erst einmal eine seelische Behinderung drohen muss, damit es endlich Hilfe erhalten kann. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir das beenden und die
Grundsätze der Behandlung legasthener und dyskalkuler Schüler außerhalb des Ermessens einer Verwaltungsbehörde stellen.
Ich hoffe, dass Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen können.
Danke schön. – Frau Kollegin Falken, können Sie sich daran erinnern, dass sich im Ausschuss sogar der CDU-Kollege Colditz dahin gehend geäußert hat, dass es Handlungsbedarf gibt, und dass er angeregt hat, darüber noch einmal eine längere Zeit nachdenken zu wollen, weil er für sich und seine Fraktion einen Weg suchen würde?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Seidel, es wirkt ja selten besonders souverän, wenn man auf Zwischenfragen nicht eingeht. Meiner Einschätzung nach haben Sie hier wieder einmal einen besonderen sächsischen Weg beschritten, der direkt und unmittelbar in die Sackgasse führt.
Es kann doch nicht sein, dass Sie LRS-Klassen als Ersatz für die Behandlung von Legasthenie einschätzen. Sie müssen es doch wissen, in der Anhörung hat die Sachverständige, die die CDU bestellt hat, erstens gesagt: Na ja, ich spreche jetzt hier mal zu LRS-Klassen, zu Legasthenie und Dyskalkulie weiß ich leider nichts. – Dafür kann ich ja nichts, die haben Sie ja bestellt.
Aber sie musste zugeben, dass überall in der Bundesrepublik und weltweit Legasthenie und Dyskalkulie als Behinderung anerkannt sind, nur in Sachsen nicht. Da beschränkt man sich auf LRS, die eben therapierbar ist, ein vorübergehendes Phänomen. Sie können doch auch einen Einbeinigen nicht zwingen, im Hürdenlauf Erster zu werden. Das geht doch einfach nicht. So müssen Sie auch mit Dyskalkulikern und Legasthenikern umgehen. Sie müssen an der Behinderung ansetzen und danach das Umfeld Schule ausrichten. Sich zu verstecken hinter solchen Phrasen, was die LRS-Klassen anbelangt, halte ich wirklich für verwerflich auch im Umgang mit den Betroffenen.
Ich habe Ihnen im Ausschuss von einer Familie erzählt, welches Spiel die auf sich nehmen mussten, welchen Marsch durch die Instanzen und wie das Kind dabei kaputt gespielt wurde. So etwas sollten Sie sich einmal anhören. Das ist die Konsequenz Ihrer Ignoranz.
Zur Frage der Dyskalkulie: Es muss sich niemand dafür rechtfertigen, dass er eine Behinderung hat. Es ist auch nicht nötig zu sagen, woher diese kommt. Wenn jemand eine Behinderung hat – die WHO klassifiziert die Dyskalkulie als Behinderung –, ist der Staat verpflichtet, entsprechende Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen auch im schulischen Bereich zu gewähren. Das müssen Sie einfach sicherstellen. Wenn Sie dies nicht tun und sich zurückziehen, weil Sie es nicht wissen – ich meine, da dürfte viel in diesem Land nicht passieren, nur weil Sie es nicht wissen –, und das dann einfach verweigern, das geht nicht. Ich empfehle Ihnen, das Anhörungsprotokoll noch einmal durchzulesen.
Unsere Sachverständige hat auf Gerichtsurteile Bezug genommen. Dann könnte es Ihnen aufgehen. Wenn wir hier keinen Gesetzentwurf zu diesem Thema in Sachsen zustande bringen, wird jeder, der vor Gericht zieht, dort seine Rechte zugestanden bekommen. Es kann doch aber nicht das Ziel sein, dass man jahrelang Kraft und Stärke verwendet, nur um seine Kinder vor irgendwelchen
Unzulänglichkeiten zu schützen, die bis dahin wahrscheinlich schon das Abitur haben könnten.
Lassen Sie sich das bitte noch einmal durch den Kopf gehen. Das, was Sie hier vorgeben, ist wirklich ein Irrweg.
Danke schön.
Meine Frage betrifft eine wasserrechtliche Genehmigung.
Am 30.09.2008 teilte Umweltminister Kupfer als Antwort auf eine Mündliche Anfrage mit, dass die Firma ETU GmbH Altbernsdorf über eine ausreichende wasserrechtliche Genehmigung verfüge, um den rechtlichen Erfordernissen aus der BImSch-Genehmigung vom 12.06.2008 zu genügen. Eine Kleine Anfrage (Drucksache 4/14426), welche alle Modifizierungen der sogenannten ETUGenehmigung vom 12.06.2008 seit der öffentlichen Auslegung der Genehmigung auflistet, enthält ebenfalls keine Hinweise auf eine überarbeitete wasserrechtliche Genehmigung.
Deshalb meine Fragen an die Staatsregierung:
1. Aus welchen Gründen und durch wessen Initiative wurde der Firma ETU dennoch im November 2008 eine neue wasserrechtliche Genehmigung erteilt?
2. Worin bestehen die Unterschiede zwischen den wasserrechtlichen Genehmigungen von 1994 und 2008?
Ich muss doch noch nachfragen. Können Sie mir sagen, seit wann denn die Firma ETU unter der Bezeichnung ETU firmiert? Nach meiner Einschätzung müsste die Änderung der wasserrechtlichen Genehmigung dann ja mindestens zehn Jahre vorher erfolgt sein.
Bisher haben Sie mir immer mitgeteilt, dass es keine wasserrechtliche Genehmigung in überarbeiteter Form geben muss, weil technologisch bedingt keine Abwässer anfallen. Nun haben Sie mir aber auch in einer Kleinen Anfrage in Drucksache 4/13872 einen Schriftsatz vom damaligen Staatlichen Umweltfachamt Bautzen vom 23.05.1997 mitgeteilt: Durch die Annahme gefährlicher Schlämme ist es notwendig, – –
Ich zitiere dann: „Die derzeitige Behandlung des möglicherweise MKWbelasteten Abwassers mittels Leichtflüssigkeitsabscheider wird für die künftigen Gegebenheiten nicht ausreichen.“ Das sind die gefährlichen Schlämme. Können Sie mir erklären, warum darauf nicht reagiert wurde und wie jetzt damit umgegangen wird?
Bitte auch zeitnah!
Es geht um Produkte aus der sogenannten Bodensanierung
Die Firma ETU GmbH betreibt an ihrem Standort Altbernsdorf seit den 1990er-Jahren eine sogenannte Bodensanierungsanlage. Offenbar hat das Unternehmen die Ergebnisse seiner Behandlungsmaßnahmen an Privatpersonen ebenso wie Unternehmen in der näheren Umgebung als „Mutterboden“ verkauft.
Fragen an die Staatsregierung:
1. Welchen Verwendungszwecken werden die Ergebnisse der sogenannten Bodensanierung in der Regel zugeführt?
2. Welche Mengen „Mutterboden“ werden im Durchschnitt jährlich in Sachsen durch sogenannte Bodensanierungsanlagen in Umlauf gebracht und für welche Zwecke werden sie eingesetzt?
Ja. – In Ihrer Aufzählung war es nicht enthalten, deshalb frage ich noch einmal nach: Ist es rechtlich zulässig, als Mutterboden deklarierte Produkte aus der Bodensanierung für private und öffentliche Gartenanlagen zu verwenden?
Heißen die Ergebnisse der Bodensanierung, die dann veräußert werden, „Mutterboden“ oder haben sie einen anderen Namen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird sich enthalten, und im Übrigen gebe ich auch zu Protokoll.
Ich glaube, wir müssen den vorliegenden Antrag auf zwei verschiedenen Ebenen diskutieren. Die eine Ebene wäre die Frage, wie es gelingen kann, die vorhandenen Mittel aus dem Konjunkturpaket II im Bereich Bildung schnell und unbürokratisch zu den Empfängern zu bringen. Unbestritten ist offensichtlich, dass es einen Sanierungsstau bei Schulen und Schulturnhallen gibt – entgegen aller Versuche der Koalition, die Situation schönzureden. Es ist gut, dass in diesem Bereich zusätzlich 270 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Ich nehme zur Kenntnis, dass das Kultusministerium zum gegenwärtigen Zeitpunkt 96 % der Anträge positiv beschieden hat. Ich finde es richtig, dass bei Investitionen bis 100 000 Euro keine Prüfung der Standortsicherheit erfolgen musste. Ich finde es auch konsequent, dass man keine größeren Mittel in Schulen investiert, die man im nächsten Jahr schließen will. So weit, so gut.
Aber damit kommen wir zur zweiten Ebene, die die PDS mit diesem Antrag über das Vehikel des Konjunkturpaketes II noch einmal quasi durch die Hintertür eingeführt hat. Es geht der Antragstellerin in Wirklichkeit um die umstrittenen Richtwerte zur Klassenbildung, die von der Sächsischen Staatsregierung „an den Realitäten und an der geltenden Schulrechtslage vorbei“ als Voraussetzung für die Gewährung finanzieller Mittel angesehen wird. Hier bin ich mit der Antragstellerin einig, nur: Genau dieses Thema haben wir hier schon einige Male diskutiert,
und ich glaube nicht, dass die Koalition nur im Angesicht der Krise und des Geldsegens aus dem Konjunkturpaket ihren bildungspolitischen Irrweg verlässt. Nein, da ist die Koalition unbelehrbar, sie wird auch weiter in der Fläche Schulen schließen bzw. über den finanziellen Hebel die Schulträger dazu zwingen, die Schulen aufzugeben.
Mit der Ablehnung der Fördermittel aus dem Konjunkturpaket II für 27 Schulstandorte haben Sie, Herr Minister Wöller, faktisch den Mitwirkungsentzug und damit das Todesurteil für diese Schulen ausgesprochen! Die Aussagen Ihres Amtsvorgängers, keine Schule mehr schließen zu wollen, ist und war unglaubwürdig. Sie lassen die Schule eben nicht im Dorf, und mit der Schließung von mehr als einem Drittel der Schulen in Sachsen zwischen 1997 und 2007 ist das Ende der CDU-Schulschließungspolitik offenbar noch nicht erreicht.
Die Lösung, meine Damen und Herren, kann man aber nun nicht über das Instrument des Konjunkturpaketes suchen, denn die Ursachen liegen tiefer. Ich fürchte vielmehr, dass im Rahmen der Umsetzung des Konjunkturpaketes, wo zwar Bildung draufsteht, aber nicht wirklich Bildung drin ist, auch viel Unsinn passiert. Mit fremdem Geld lässt es sich gut bauen bzw. lassen sich leicht Anschaffungen machen.
Das betrifft übrigens auch bereits beschlossene Maßnahmen im Investitionsschwerpunkt Bildung des Zukunftsinvestitionsgesetzes, die aus meiner Sicht zwar möglicherweise wünschenswert sind, aber auf den ersten Blick eigentlich nichts mit den Vorgaben des Konjunkturpaketes zu tun haben.
Ich fürchte, dass die eine oder andere Maßnahme einer näheren Prüfung durch den Rechnungshof im Nachhinein nicht standhält. Der künstlich aufgebaute Druck, jetzt schnell Geld auszugeben, um die Konjunktur anzukurbeln, stößt in der Realität eben oftmals auf Schwierigkeiten, geeignete Projekte zu finden, die allen Kriterien entsprechen und einen entsprechenden Planungsstand haben.
Manchmal kommt es bei der Inanspruchnahme von Fördermitteln offenbar auch zu kreativen Finanzierungsmodellen, um die erforderlichen Eigenmittel aufzutreiben, wie etwa beim MEDIOS-Projekt im Südraum von Leipzig.
Warum erwähne ich das? Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag, allen seit dem 1. Januar 2008 gestellten Anträgen für den Schulhaus- und Schulturnhallenbau stattzugeben. Ich verstehe das Anliegen, plädiere dennoch vor dem Hintergrund der eben genannten Beispiele aus anderen Bereichen dafür, alle Anträge einer Prüfung zu unterziehen, ob sie überhaupt sinnvoll sind. Das kann und muss selbstverständlich schnell und unbürokratisch passieren.
Das eigentliche Anliegen der Antragstellerin, die Vergabe von Schulbaufördermitteln nicht als Instrument für weitere Schulschließungen zu verwenden, unterstützen wir selbstverständlich. Dazu benötigen wir eine andere
Bildungspolitik, damit auch kleine Schulen auf dem Land erhalten bleiben. Wir haben im Verlauf dieser Legislatur dazu eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die von der CDU-geführten Koalition allesamt abgelehnt worden sind.
Zum vorliegenden Antrag der PDS wird sich meine Fraktion enthalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird dem Antrag zustimmen, und die Rede gebe ich, wie die Kollegen, zu Protokoll.
Es ist richtig, sich über das Thema „Gewalt an Schulen“ immer wieder auch in diesem Haus zu verständigen und sich die Frage zu stellen, ob die vielfältigen Aktivitäten, die es inzwischen zweifellos in diesem Bereich im Sinne der Prävention gibt, geeignet sind, das Problem in den Griff zu bekommen.
Ich plädiere auch dafür, diese Diskussion nicht nur dann zu führen, wenn wieder einmal ein schockierendes Ereignis – wie der Amoklauf von Winnenden – die Öffentlichkeit erschüttert. Ich persönlich halte wenig von dem wiederkehrenden politischen Aktionismus, der künftig solche Taten sicher nicht verhindern wird. Mir geht es jedenfalls darum, mögliche Störungen und Auffälligkeiten im Vorfeld zu erkennen und damit Entwicklungsverläufe frühzeitig beeinflussen zu können.
Für die Schule ist klar darauf hinzuweisen, dass ein verbessertes Schulklima und kleinere Klassen mit positiven Bindungen zwischen Schülern und Lehrern einen Rahmen schaffen, in dem Störungen und Probleme einzelner Schüler besser erkannt und gelöst werden können. Übrigens halte ich es auch in diesem Zusammenhang für wenig zielführend, noch mehr Schulen zu schließen und damit soziale Zusammenhänge auf den Dörfern aufzulösen.
Ein wichtiger Forschungsbedarf verbindet sich sowohl mit den Ursachen- als auch Präventionsfragen bei der Frage der Beurteilung von Drohungen im schulischen Bereich. Was ist zu tun, wenn ein Schüler wütend androht, er werde morgen den Lehrer erschießen? Der
polizeiliche Umgang mit diesen Drohungen erfordert eine Einschätzung des Realitätsgehalts, um wirkliche Bedrohungen erkennen und ihnen begegnen zu können.
Die relevanten Informationen und der Austausch darüber ist jedoch nicht allein Aufgabe der Polizei. Sie muss auch von den Eltern und Schulen selbst geleistet werden. Zu überlegen ist zudem, wie insbesondere Gleichaltrige, die Ankündigungen von Taten häufig zuerst erfahren, ermutigt werden können, sich Erwachsenen mitzuteilen.
Hierfür existieren nützliche Empfehlungen zum Vorgehen im Verdachtsfall, wie sie zum Beispiel von der amerikanischen „Safe School Initiative“ veröffentlicht wurden. In Hessen gibt es darauf beruhend eine Handreichung „Handeln in Krisensituationen“, die Hinweise für die Abklärung eines Verdachtsfalles gibt. Auch in Sachsen existiert eine Reihe von Projekten, wie mit Aggressionen und Gewalt im Schulalltag umzugehen ist. Sie sind in der Handreichung „Aggressionen und Gewalt im Schulalltag“ des Kultusministeriums beschrieben.
Wir müssen darüber hinaus aber die Aus- und Weiterbildung der LehrerInnen im Umgang mit Gewalt verbessern, und wir benötigen örtliche Netzwerke zwischen Kindern, Jugendlichen, LehrerInnen, Eltern, Sozialarbeitern und anderen gesellschaftlichen Kräften, um die Prävention zu verbessern.
Mir ist wichtig festzustellen, dass ein Aspekt im Umgang mit Gewalt der Umgang mit Männlichkeit, mit Männlichkeitsritualen und dem Verhältnis zum eigenen und zum anderen Geschlecht ist. In den meisten Schulen ist der einzige Mann oft der Hausmeister. Das ist eine ganz schwierige Situation für Kinder, für Jungen, aber auch für Mädchen, die keine Orientierung an männlichen Rollenbildern haben. Die Balance, sich als Junge oder Mädchen zu bestimmen, wird dadurch bedeutend schwieriger. Deshalb glaube ich, dass mehr Männer in der frühen Bildung auch ein Bestandteil einer erfolgreichen Antiprävention waren. Diese Betrachtung habe ich im FDPAntrag vermisst, aber wir haben das ja als GRÜNE auch schon erfolgreich beantragt.
Dabei ist klar – deshalb finde ich diesen Punkt in dem FDP-Antrag besonders wichtig –, dass wir die Lehrer mit der Lösung der genannten Probleme nicht allein lassen dürfen. Wir brauchen an jeder Schule, nicht nur an sogenannten Brennpunktschulen, Schulsozialarbeiter, und wir brauchen ein Netz von Schulpsychologen, das es uns gestattet, beim Auftreten von Problemen sofort zu intervenieren und nicht erst ein halbes Jahr Wartezeit in Kauf zu nehmen.
Meine Fraktion hat zu diesem Themenkreis in den Haushaltsverhandlungen immer wieder die entsprechenden Anträge gestellt. Der Koalition hat es gefallen, diese Anträge immer wieder abzulehnen, und sie hat es auch nicht geschafft, das im Schulgesetz verankerte Recht auf Schulsozialarbeiter im Berufsvorbereitungsjahr durchzusetzen.
Umso wichtiger ist es, diesen Antrag zu unterstützen, und das werden wir auch tun.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Schlüsselsatz, der die Probleme in der Lehrstellen- und Ausbildungssituation treffend beschreibt, findet sich bereits am Anfang der Beantwortung der Großen Anfrage der Linksfraktion, nämlich: „Mögliche konjunkturelle Einflüsse können vorübergehend zu abweichenden Entwicklungen führen.“
Dieser Satz ist Zustandsbeschreibung und Herausforderung zugleich. Der Zustand ist, dass es in Sachsen vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung im Augenblick kleinere Probleme als in den letzten Jahren gibt, junge Menschen in die berufliche Ausbildung zu vermitteln. Dieser Zustand ist jedoch keine sichere Bank, da die wirtschaftliche Entwicklung bekanntermaßen eine schwierige Phase durchläuft. Die Herausforderung ist deshalb, jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen, und zwar jenseits von konjunkturellen Schwankungen.
Diesem Anspruch wird das gegenwärtige Ausbildungssystem nicht nur in Sachsen, sondern in der gesamten Bundesrepublik nicht mehr gerecht. Derzeit hoffen viele, dass die sogenannte Wirtschaftskrise bald überwunden sein wird und man weitermachen kann wie bisher. Ich jedenfalls kann keine ernsthaften Bemühungen erkennen, die auf ein Umsteuern hindeuten.
Aus den Antworten der Staatsregierung geht hervor, dass es immer noch einen aus unserer Sicht nicht hinnehmbaren Anteil von Jugendlichen in sogenannten Warteschleifen gibt, aus denen in der Regel kein wirklicher Weg in eine anerkannte Ausbildung oder in einen auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Berufsabschluss führt. Wir leisten uns damit ein Übergangssystem, das selbst in wirtschaftlich besseren Zeiten bundesweit 500 000 Jugendliche umfasst und jährlich 3 bis 4 Milliarden Euro kostet. Auf diese Summe kann man nicht stolz sein, vielmehr ist es ökonomisch wie moralisch verwerflich, so viel Geld für ineffektive Maßnahmen zu verschwenden.
Ich kann vor diesem Hintergrund nur begrenzt nachvollziehen, wenn die Staatsregierung feststellt – Zitat –: „Eine Förderung benachteiligter Jugendlicher ist wegen der verbesserten Angebots- und Nachfragerelation künftig nur noch beschränkt möglich.“ Aber es wird auch in den
folgenden Jahren leider immer wieder und immer noch Altbewerber, Schulabbrecher und Schulabgänger mit schlechtem Schulabschluss geben.
Ich würde mir etwas anderes wünschen, aber die auf Aussortierung ausgelegte sächsische Bildungspolitik der Staatsregierung nimmt ja bislang die Bildungsverlierer allenfalls achselzuckend in Kauf und sortiert sie dann in Bildungsgänge ein, die definitiv eben nicht zu guten Voraussetzungen für die berufliche Ausbildung führen. Die Staatsregierung verwickelt sich hier auch in Widersprüche, wenn sie auf der einen Seite überraschenderweise keinen Zusammenhang zwischen Schulabschluss und Chancen auf dem Arbeitsmarkt sieht – Antwort auf Frage 33 –, um kurz darauf auf die Frage nach den Gründen für nicht erfolgte Eingliederung in das duale System festzustellen, schlechte bis ungenügende Ergebnisse in wichtigen Schulfächern seien schuld.
Die Staatsregierung gibt immerhin zu, dass ohne anerkannten Berufsabschluss die Chancen auf dauerhafte Beschäftigung zukünftig noch schlechter werden. „Auch die demografische Entwicklung führt nicht zu erhöhter Beschäftigung von Menschen ohne Schulabschluss, da Hilfstätigkeiten und einfache Fähigkeiten aufgrund der weiteren technologischen Entwicklungen zukünftig immer weniger nachgefragt werden.“ So schrieb die Staatsregierung in ihrer Antwort.
Die in den Antworten auf die Große Anfrage genannten Einzelmaßnahmen mögen gut gemeint sein. Es gibt das BGJ und das BVJ sowie eine ganze Reihe weiterer Überbrückungsmöglichkeiten. In der Praxis führt diese Vielfalt aber eben nicht dazu, das grundsätzliche Problem zu lösen. Aus unserer Sicht ist deshalb eine grundlegende Reform des Ausbildungssystems mit folgenden Elementen notwendig:
Erstens. Die gesamte Berufsausbildung muss neu strukturiert und in anerkannten Modulen organisiert werden. Damit wird eine Anerkennung und Anrechnung von Ausbildungsteilschritten sichergestellt und das Bildungssystem durchlässiger. Auch die Ausbildungsdauer muss künftig flexibler gestaltet werden. Es ist nun einmal so, dass die individuellen Voraussetzungen der Ausbildungsplatzbewerber sehr unterschiedlich sind, und insbesondere Leistungsschwächere benötigen zusätzliche Förderung und sollten bei Bedarf mehr Ausbildungszeit erhalten.
Zweitens. Es müssen mehr betriebliche Ressourcen für die Ausbildung erschlossen werden. Das ist dann möglich, wenn kleinere Betriebe und Unternehmen ohne Ausbildungstradition oder sehr spezialisierte Unternehmen nicht mehr die Verantwortung für die komplette Ausbildung tragen, sondern vielmehr einzelne Ausbildungsmodule anbieten.
Drittens. Dafür benötigt man dennoch weiterhin überbetriebliche Ausbildungsstätten, die als Träger der Ausbildung dienen und die zusätzliche Ausbildungsplätze nach dem dualen Prinzip anbieten. Die Funktion einer solchen überbetrieblichen Ausbildungsstätte kann auch von berufsbildenden Schulen oder anderen Ausbildungsträgern
übernommen werden, denen ansonsten vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung eine Schließung droht.
Viertens. Die bisherigen Übergangssysteme der Länder und der Bundesanstalt für Arbeit in ihrer Vielfalt werden als eigenständige Maßnahmen abgeschafft und in ein einheitliches System der Berufsausbildung integriert. Wir nennen ein solches System „Dual Plus“. Mit einem derart neu geordneten System der beruflichen Ausbildung bekommen nicht nur mehr Jugendliche einen Ausbildungsvertrag, sondern eben auch eine Perspektive. Mit dem Konzept „Dual Plus“ können auch unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Warteschleifen zu Qualifizierungsketten werden, und die sinnlose Zeitverschwendung für Jugendliche hätte endlich ein Ende.
Nur wenn wir uns endlich an eine grundsätzliche Reform der beruflichen Bildung wagen, werden wir auch künftigen Generationen die Chance auf individuelle Bildung und Ausbildung gewährleisten können. Die Antworten der Staatsregierung auf die Große Anfrage mögen dazu dienen, ein relativ umfassendes Bild der gegenwärtigen Situation zu zeichnen. Aber auch die Stellungnahme der Staatsregierung zum Antrag der Koalition zur Fachkräfte- und Lehrstellensituation lässt leider nicht erkennen, dass die derzeitige Regierung bereit und in der Lage ist, die ausbildungspolitischen Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
Danke schön.
Können Sie mir bitte einmal den sachlichen Zusammenhang zu Ihrer eben gemachten Erklärung geben? Ich denke, Sie haben damit den Kollegen Lichdi gemeint.
Herr Krauß, ist es Ihnen möglich, noch das eine oder andere Kriterium zu benennen, anhand dessen Sie den sozialen Status einer Familie bewerten?
Danke schön.
Lieber Herr Kollege Hahn, können Sie sich vorstellen, dass der Verzicht auf die Erwähnung des Behindertensports etwas damit zu tun hat, dass Minister Wöller gesagt hat: „Ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper“ und dass deswegen dieses Thema konsequent ausgegrenzt wurde?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Wöller, ich verstehe ja, dass Sie als zuständiger Fachminister versu
chen, die Lage des Sports in Sachsen schöner zu reden, als sie ist.
Umso mehr werde ich meine Redezeit darauf verwenden, ein bisschen hinter diese schöne Fassade zu schauen. Ich bin überzeugt, dass es Ihnen auf Dauer eben nicht hilft, in Ihrem Wahlkreis immer wieder mit Fördermittelschecks für Sportvereine aufzutauchen, denn die Probleme liegen tiefer als Sie es auch heute wieder darzustellen in der Lage waren. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, worin die Veränderung besteht, die Sie beschwören. Viele Menschen in den Sportvereinen haben das bereits begriffen. Vielleicht haben Sie ja vor zwei Wochen beim Sportforum in Dippoldiswalde einen Eindruck davon gewonnen, wo den Sportvereinen wirklich der Schuh drückt. So plagen den Präsidenten des SSV Altenberg mehrere Sorgen. Er fordert zum Beispiel mehr Unterstützung für den Nachwuchs im Leistungssport, damit nicht noch mehr Spitzensportler abwandern, weil es hier an Trainern fehlt.
Zur Initiative „KOMM! in den Sportverein“, bei der an Drittklässler 30-Euro-Gutscheine ausgegeben werden, damit sie sich in einem Sportverein anmelden können, erklärte der Vereinspräsident, das sei zwar schön, aber es müsse eben auch die Leute geben, die die Kinder betreuen. Viele Vereine arbeiten bereits jetzt an der Kapazitätsgrenze.
Weil wir gerade bei der an sich begrüßenswerten Initiative sind: Sie hatten doch tatsächlich vor, die Gutscheine für den Vereinsbeitrag nur an Drittklässler der Grundschulen zu vergeben, nicht aber an Förderschüler der gleichen Klassenstufe. Erst als ich im Schulausschuss diesen Mangel aufdeckte, begann im Kultusministerium ein hektisches Treiben, um diesen Fehler auszumerzen. Mittlerweile haben Sie es immerhin geschafft, auch den entsprechenden Internetauftritt anzupassen und die Förderschüler zu erwähnen. Wir haben die damalige Seite dokumentiert. Ich finde es skandalös, dass Sie einfach nicht an Förderschulen gedacht haben. Hier zeigt sich wieder einmal Ihre erschreckende soziale Inkompetenz. Die integrative Kraft der Sportvereine, die Sie heute hier beschworen, sollte wieder einmal nur für einen Teil der Kinder gelten.
Herr Wöller, als ich gestern – wie viele andere auch – Ihren Redeentwurf vorab zur Kenntnis bekam, habe ich mir zu dem Zitat auf Seite 8 – „Ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper“ – erhofft, dass Ihnen über Nacht jemand sagen wird, dass man so etwas nicht macht. Ich habe mir heute Morgen gedacht, es wird in Gebärdensprache übersetzt, was wir hier sprechen. Er wird ja spätestens dann merken, dass es so nicht geht. Sie haben diesen Satz trotzdem gebraucht und ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Ich bin fassungslos. Ich hätte Ihnen eigentlich anderes zugetraut. Dass Sie Karl Nolle dann noch nahegetreten sind – ich denke, Sie sollten so viel Größe haben, sich hier wenigstens bei den Behinderten und auch bei Karl Nolle für Ihre Entgleisung zu entschuldigen.
Jetzt komme ich zum Behindertensport; ich hatte es vorhin bereits angedeutet: Dass in Ihrer Fachregierungserklärung kein Wort über Behindertensport oder die Barrierefreiheit von Sporteinrichtungen zu lesen ist, ist dann nur konsequent. Wir hatten ja diese Woche schon die Debatte über die Notwendigkeit von Behindertenbeauftragten. Im Fehlen der Erwähnung des Behindertensportes in der Fachregierungserklärung manifestiert sich erneut die Notwendigkeit, diesen Menschen mehr Aufmerksamkeit zu widmen.
Kommen wir zurück zu den Klagen über die wenig ausgebildeten Übungsleiter. Es ist ja nicht nur so, dass es insgesamt zu wenige Übungsleiter gibt; es ist auch festzustellen, dass es zu wenige Angebote in dem Bereich, wie mit rechtsextremen Tendenzen im Breitensport umzugehen ist, gibt. In zunehmendem Maße ist festzustellen, dass Personen mit rechtsextremistischem Hintergrund versuchen, Vereins- und Verbandsstrukturen zu unterwandern, – –
Es bellt gerade ein getroffener Hund.
um diese für ihre politischen Aktivitäten auszunutzen.
Dabei stellt sich die Frage, wie Verbände und Vereine sich dagegen wehren und welche Maßnahmen ergriffen werden können. Rechtsextremismus ist leider ein gesamtgesellschaftliches Problem, das längst auch den Sport erreicht hat. Auch diese Problematik haben Sie leider komplett ausgeblendet. Was wir hier brauchen, sind entsprechende Weiterbildungsangebote für Trainer und Übungsleiter, in denen über die Strukturen, die Strategien und die Organisationsformen des Rechtsextremismus aufgeklärt wird.
Es gibt seit Jahren in Kooperation von Bundessportbund und Bundeszentrale für politische Bildung ein Medienpaket „Kontra geben“. Ich denke, so etwas würde in Sachsen bestimmt auch sehr gern angenommen werden.
Herr Minister, Sie haben als Einstieg in Ihre Erklärung den Satz vom Fußball im Besonderen und den Sport im Allgemeinen gewählt. Nebensache ist aber nicht, was im Umfeld des Fußballs alles so in den Stadien und außerhalb passiert. Danach äußern Sie sich zum Schulsport; ja, Sie versprechen sogar eine Qualitätsoffensive. Wovon Sie nicht sprechen, sind die überdurchschnittlich hohen Zahlen beim planmäßigen und außerplanmäßigen Unterrichtsausfall im Sportunterricht.
Ich habe einmal die Staatsregierung gefragt, worauf sie dies zurückführt. Die Antwort lautete damals lapidar –
Zitat: „Bei den Bemühungen, den Unterricht in den versetzungs- und vor allem prüfungsrelevanten Fächern abzusichern, wird oft ein Ausfall des Sportunterrichts in Kauf genommen.“ Eine ähnliche Antwort bekam später der Kollege Herbst von der FDP. Sie stellen einfach immer nur fest: Sie haben nicht genügend Lehrer, Sie lassen lieber Sport ausfallen als andere Fächer, dann dürfen Sie aber eine solche Rede, wie Sie sie vorhin abgeliefert haben, nicht halten. Wenn man Dinge ernst meint, dann sollte man auch Taten folgen lassen.
Wir haben nicht nur das Problem zu weniger Lehrkräfte, sondern wir haben auch das Problem, dass die Schulsporthallen zum Teil sehr marode sind. Meine Fraktion hatte im Dezember dazu einen Antrag auf dem Plenum; Martin Dulig hat bestritten, dass die Lage so ist, wie ich sie geschildert habe. Heute haben Sie selbst darauf Bezug genommen. Hier gibt es also noch sehr, sehr viel zu tun.
Ich möchte an dieser Stelle noch ein Problem aufwerfen, zu dem Sie leider auch nichts gesagt haben, obwohl Sie kurz auf die neuen Lehrpläne eingegangen sind: Wenn man auf dem Gymnasium das Glück hat, keinen Unterrichtsausfall im Bereich Sport zu haben, werden ab der 7. Klasse Mädchen und Jungen getrennt unterrichtet. So weit, so gut. Da gibt es dann aber zum Beispiel den Lernbereich Gymnastik/Tanz/Aerobic – natürlich nur für Mädchen – und Kampfsport/Zweikampfübungen – natürlich nur für Jungs. Beide Lernbereiche sind für die jeweiligen Personengruppen nicht abwählbar – was gleichzeitig heißt, dass ein Mädchen nicht am Lernbereich Kampfsport/Zweikampfübungen teilnehmen kann; aber gerade für Mädchen wäre dieser Bereich möglicherweise auch schön.
Willkommen zurück im Fünfzigerjahre-Weltbild der sächsischen CDU, kann ich dazu nur sagen. Wenn Sie ein Gesamtbild des Sports in Sachsen malen wollen, gehören solche Mosaiksteine meiner Meinung nach dazu.
Vielleicht hätte es Ihnen ja auch ein wenig weitergeholfen, wenn Sie in unsere Große Anfrage zur Situation von Männern in Sachsen hineingeschaut hätten. Ich weiß, Sie haben diese Anfrage damals sehr belächelt und auch verspottet;
aber Sie hätten etwas Lektüre gehabt, um die Situation des Sports in Sachsen etwas differenzierter darstellen zu können.
Aus den Antworten der Staatsregierung geht nämlich zum Beispiel hervor, dass Sportvereine, die mehr männliche Mitglieder haben, natürlich mehr Förderung erhalten als solche, in denen mehr Frauen aktiv sind. Auch das gehört zur Bestandsaufnahme des sächsischen Sports und ist leider kein Ruhmesblatt.
Kommen wir nun zu den materiellen Voraussetzungen oder auch zum Schulturnhallenzustand. Bis zu meiner Kleinen Anfrage im März 2008 hatte die Sächsische Staatsregierung noch keinen Überblick über den baulichen Zustand dieser Turnhallen. Lediglich für die Regionalstelle Chemnitz der Bildungsagentur wurden Übersichten zu Mängeln und Risikoabschätzung von Sporthallen erstellt. Gleichwohl steht außer Zweifel, dass es solche Mängel gibt.
Wir wissen zum Beispiel dank eines Schwarzbuches des Dresdner Stadtelternrates, dass allein in Dresden eine ganze Reihe von Schulen betroffen ist. Viele Schulturnhallen bzw. Sportgeräte werden vom TÜV gesperrt. Wir wissen auch, dass diese Mängel zu teilweise erheblichen Einschränkungen des Sportunterrichts führen. Ich würde schon ganz gern von Ihnen wissen, welche Lösungen Sie anbieten, wenn aufgrund der baulichen Mängel kein regulärer Sportunterricht mehr möglich ist. Wir haben das schon im Dezember diskutiert – damals hatten Sie keinen Überblick, und ich würde einmal vermuten, das hat sich nicht wesentlich gebessert. Sie haben eine umfassende Berichterstattung zum Thema abgelehnt und stellen sich jetzt hier hin, als sei alles in Ordnung. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, es stimmt, Sport ist keine Nebensache. Er wird aber auch nicht zur Hauptsache, wenn hier vermeintlich warme Worte in einer Regierungserklärung nichtssagend aneinandergereiht werden. Ich empfehle der CDU fünf Jahre Trainingslager in der Opposition.
Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie gut, dass ich mir noch ein bisschen Redezeit aufgehoben habe. – Ich weise wirklich in aller Schärfe zurück, was Sie hier gesagt haben, Herr Minister. Im Ausschuss für Schule und Sport haben Sie unter „Sonstiges“ vorgetragen, dass die Drittklässler in Sachsen einen Sportvereinsgutschein erhalten werden. Auf meine Nachfrage: „Nur Grundschüler der 3. Klasse oder auch Förderschüler?“ wurde geantwortet: „Nur Grundschüler.“ Zu meinem großen Erstaunen – vielleicht auch Entsetzen – hat keiner aus der Koalition auch nur gezuckt, weil er es vielleicht ansatzweise unanständig gefunden hätte, sondern es wurde zur Kenntnis genommen und war erledigt.
Gleich. Ich will den Satz noch zu Ende führen und gestatte natürlich danach gern eine Zwischenfrage.
Danach war der Ausschuss beendet, und im Kultusministerium, so war wahrzunehmen, brach hektische Betriebsamkeit aus. Man hat dann den armen Mitarbeiter, der das nicht wissen konnte, weil er nur stellvertretender Abteilungsleiter ist, zu demjenigen gemacht, der Schuld habe. Aber wir haben uns damals die Homepage gesichert. Dort haben Sie nur von Grundschülern gesprochen, nicht von Förderschülern.
Das haben Sie auch über das Wochenende nicht rausgeputzt bekommen. Sie haben eine Presseerklärung herausgegeben, wollten das aber eigentlich erst am Montag danach vorstellen. Dann haben Sie gesagt: „Natürlich waren die Förderschüler von Anfang an drin.“ Auf Ihrer Homepage waren sie aber erst in der Woche darauf drin.
Herr Colditz, jetzt gestatte ich die Zwischenfrage.
Herr Colditz, dass nehme ich natürlich zur Kenntnis, und das beziehe ich ganz dringend auf mich; denn durch meine Aktivität – davon bin ich felsenfest überzeugt – hat sich diese hektische Aktivität erst entfaltet.
(Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion – Beifall des Abg. Rolf Seidel, CDU – Zuruf von der NPD: Was für eine Glanzleistung nach fünf Jahren!)
Gern.
Ich teile Ihre Einschätzung. Ich kann es ja nur vermuten. Ich bin fest davon überzeugt, dass meine Aktivität dafür gesorgt hat, dass die Förderschüler in das Projekt hineinkommen. Natürlich wird Herr Wöller immer etwas anderes erzählen. Ich habe im Ausschuss gesessen und weiß auch, was danach passiert ist. Ich gehe einmal davon aus, dass es so abgelaufen ist, wie ich es dargestellt habe.
Ich muss sagen: Es ist doch okay, wenn Opposition etwas erreichen kann. Auch Förderschüler brauchen diesen Gutschein.
Danke schön.
Danke schön. – Es geht mir um die Annahme und Behandlung gefährlicher Abfälle.
Die Firma S. D. R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH unterhält am Standort Pohritzsch (Nordsachsen) eine Anlage zur Schadstoffimmobilisierung. Der genehmigte Positivkatalog beinhaltet eine Vielzahl von gefährlichen Abfällen, welche wasserlösliche Schwermetalle bzw. deren Verbindungen enthalten.
Fragen an die Staatsregierung:
1. Welche Bestimmungen enthält die notwendige wasserrechtliche Genehmigung für das genannte Unternehmen, um zu verhindern, dass die wasserlöslichen Schwermetalle bzw. deren Verbindungen in das Grundwasser bzw. in Gewässer eingeleitet werden?
2. Wann wurde die notwendige wasserrechtliche Genehmigung für das Unternehmen erstmalig erteilt und wann erfolgten Modifikationen welchen Inhalts?
Ich gehe einmal davon aus, dass auf dem Betriebsgelände, zum Beispiel in den Hallen, Maßnahmen durchgeführt werden, um mit Wasser beispielsweise Maschinen oder Fahrzeuge zu reinigen. Ich würde gern wissen, wie dafür gesorgt wird, dass dieses Wasser zum Beispiel die Hallen nicht verlassen kann.
Danke schön.
In meiner Frage geht es um die Annahme gefährlicher Schlämme.
Die Firme ETU GmbH, Altbernsdorf verfügt seit 1993 über eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, welche mehrfach modifiziert wurde. Bestandteil der Genehmigungen war jeweils auch die Annahme gefährlicher Schlämme.
Fragen an die Staatsregierung:
1. Wie hat sich im Zeitablauf seit der ersten Genehmigung die zulässige Menge bezüglich der Annahme gefährlicher Schlämme durch die Firma ETU entwickelt (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren sowie nach genehmigter täglicher und jährlicher Höchstmenge)?
2. Wie hoch ist die am 12.06.2008 durch das damalige Regierungspräsidium Dresden (AZ: 64D-8823.12/86/Alt- bernsdorf-05) genehmigte Menge bezüglich der Annahme
gefährlicher Schlämme (Bitte um Aufschlüsselung nach genehmigter täglicher und jährlicher Höchstmenge)?
– Ja, ich möchte gern nachfragen. Ich würde gern wissen, ob die letzte ETU-Genehmigung vor dem 12.0.2008, die für die sogeannte Bodensanierungsanlage erteilt wurde, nach wie vor gültig ist.
Ich habe noch eine zweite Frage. Ich möchte von Ihnen gern wissen, ob die offenbar im Dezember 2008 genehmigte Annahme gefährlicher Schlämme, die über die Firma Becker in Reichenbach bezogen werden, über einen Zeitablauf von
fünf Jahren jährlich 500 Tonnen, Bestandteil der Genehmigung vom 12.0.2008 ist oder der vorherigen Bodensanierungsanlage.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich kann mich kurz fassen. Da die FDP einen ähnlichen Antrag bereits am 18. April 2008 auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt hatte und da wir über diese Problematik auch sonst schon des Öfteren gesprochen haben, müssen wir nur feststellen: Der einzige Unterschied zu damals ist, dass der damalige FDP-Antrag einen größeren Berichtsanteil enthielt und die Mittel für Schülerbeförderung ursprünglich nur für besonders belastete Landkreise erhöht werden sollten.
Bereits damals habe ich gefragt, was einen besonders belasteten Landkreis ausmacht und wie denn ein angemessener Schülerbeförderungszuschuss unter diesen Rahmenbedingungen aussehen soll. In dem Antrag der FDP vom vorigen Jahr habe ich darauf keine Antwort gefunden und deshalb einen Änderungsantrag eingebracht. Dieser beinhaltete, dass das Land grundsätzlich die Schülerbeförderungskosten tragen soll.
Ich stelle nun mit Wonne fest, dass Sie meinen Änderungsantrag offenbar übernommen haben. Das halte ich für klug.
In der Vergangenheit war es üblich, dass auch die CDU hier zur Schülerbeförderung gesprochen hat. Ich kann wenigstens Herrn Seidel von vor einem Jahr zitieren; das kann ich heute nicht machen. Was Herr Seidel damals gesagt hat, war gar nicht so dumm.
Passen Sie auf, und dann nehmen Sie das Lob vielleicht zurück! Ich weiß es nicht, Herr Bandmann. Herr Seidel sprach nämlich damals die folgenden weisen Worte: „Ich halte es für ungerecht, dass die Eltern, deren Kinder schon längere Wege in Kauf nehmen müssen, da ihre Gemeinde keine Schule hatte oder hat, nun auch noch zur Erfüllung der Schulpflicht ihrer Kinder den Transport anteilig finanzieren müssen.“
Ich hoffe, in der abgegebenen Rede steht etwas ähnlich Kluges drin.
Da wir jetzt sowieso nur Wiederholung spielen, möchte ich nur noch auf einige Punkte aufmerksam machen.
Bis 1994 gab es einen Sonderlastenausgleich, der die Schülerbeförderung regelte. Ich halte das für eine bessere Lösung als das, was wir heute bekommen. Seit 2005 werden keine aussagekräftigen Statistiken mehr zur Schülerbeförderung erhoben. Ich fürchte, dahinter steckt Absicht. Man muss sich das aus anderen Statistiken mühsam zusammensuchen.
Schließlich Ganztagsangebote: Die jetzigen Rahmenbedingungen für Ganztagsangebote und der Schülerverkehr,
wie er derzeit läuft, bedeuten, dass häufig das „MamaTaxi“ die Kinder abholen muss. Das kann nicht sein.
Also: Da wir als Fraktion GRÜNE auch schon immer der Meinung waren, dass das Verursacherprinzip hier greifen muss, und da der Freistaat Sachsen für die Schulschließungen verantwortlich ist, werden wir dem FDP-Antrag gerne zustimmen.
Vielen Dank.