Protokoll der Sitzung vom 17.10.2008

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 121. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Frau Altmann, Frau Nicolaus, Herr Dr. Friedrich, Frau Matthes, Frau Strempel, Herr Schön, Herr Gebhardt, Herr Dr. Gillo, Herr Hamburger, Herr Brangs, Herr Winkler, Herr Weckesser und Herr Jurk.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 3 bis 9 folgende Redezeiten festgelegt: CDU 74 Minuten, Linksfraktion 58 Minuten, SPD 38 Minuten, NPD, FDP, GRÜNE je 30 Minuten, fraktionslose MdL je 5 Minuten, Staatsregierung 58 Minuten.

Meine Damen und Herren! Mir liegt ein als dringlich bezeichneter Antrag der Linksfraktion unter dem Titel „Keine weitere Verschärfung der Zugangsvoraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe zulassen!“ in der Drucksache 4/13548 vor. Der Landtag hat nach § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Möglichkeit, die Dringlichkeit festzustellen. Entspricht er dem Antrag auf Feststellung der Dringlichkeit, dann ist noch heute darüber zu beraten.

Ich bitte um Einbringung und Begründung der Dringlichkeit. Herr Dr. Pellmann, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die gegenwärtige Weltfinanzkrise führt dazu, dass manch andere, ebenso wichtige Themen in den Hintergrund treten können. Damit besteht insbesondere die Gefahr, dass sozialpolitisch relevante und nicht ganz unkomplizierte Sachverhalte faktisch schleichend am Landtag vorbei zu einer Entscheidung geführt werden. Genau darum geht es.

Der Bundesrat hat am 10. Oktober, also nach dem Termin, bis zu dem wir einen Antrag fristgemäß hätten einreichen können, dem Bundestag einen Gesetzentwurf zugeleitet, mit dem das Beratungshilfegesetz wesentlich geändert werden soll. Die Zielrichtung besteht darin, dass man für Einkommensbenachteiligte, insbesondere für Hartz-IVBetroffene, die Zugangsmöglichkeiten zu professioneller Rechtshilfe einschränken möchte. Die Selbstbeteiligung soll sich erhöhen.

Ich sage Ihnen: Das wird zu einer Benachteiligung dieses Personenkreises in Größenordnungen führen. Das werden und können wir nicht hinnehmen!

Genau deshalb, so meinen wir, ist der Antrag dringlich; denn möglicherweise entscheidet der Bundestag bereits vor unserer nächsten Zusammenkunft im Plenum, wo wir noch etwas bewegen könnten, über diese Sache. Deshalb beantragen wir, dass das Thema heute behandelt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht so ungewöhnlich in diesem Hause, aber ich muss rügen, dass die Staatsregierung in dieser Frage sozusagen am Landtag vorbei gehandelt hat und Mitinitiator dieses unsäglichen Gesetzentwurfs war, den es möglichst wieder zu kippen gilt. Deswegen bitte ich Sie, der Dringlichkeit unseres Antrags unbedingt zuzustimmen, sodass wir ihn heute noch behandeln können.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wird dazu das Wort gewünscht? – Herr Lehmann von der CDU-Fraktion, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion unterstellt in der Begründung der Dringlichkeit ihres Antrags, dass sich der Sächsische Landtag mit dem Thema in einer regulären Sitzung nicht mehr rechtzeitig beschäftigen könne. Dem liegt wohl die Vermutung zugrunde, dass der Deutsche Bundestag früher abschließend über den Gesetzentwurf berät. Wir sind nicht der Meinung, dass der Deutsche Bundestag das tun wird.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Woher wissen Sie das?)

Deswegen betrachten wir das, was von der Linksfraktion vorgetragen wird, als konstruierte Dringlichkeit. Da die Voraussetzung nach § 54 der Geschäftsordnung nicht erfüllt ist, werden wir die Dringlichkeit ablehnen.

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Dr. Pellmann, bitte.

Herr Lehmann, wir sind uns doch sicherlich darin einig – das zeigt gerade die heutige Zeit –, dass man vieles nicht so, wie Sie es getan haben, voraussagen kann. Insofern wissen wir beide nicht, wann der Bundestag entscheidet; das kann schon in der nächsten oder der übernächsten Woche der Fall sein. Auch Sie wissen das nicht!

Genau um dem vorzubeugen, wollen wir, dass der Antrag heute auf die Tagesordnung gesetzt wird, damit wir als Landtag wenigstens reagieren können und vor der Öffentlichkeit nicht so dastehen, als hätten wir uns um diese wichtige Sache, die viele Menschen in diesem Lande betrifft, nicht gekümmert.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Dr. Martens, bitte.

Herr Kollege Dr. Pellmann, zur Dringlichkeit – unabhängig davon, wie man den Antrag inhaltlich bewertet – ist eines anzumerken: Der Bundesrat hat in seiner 848. Sitzung die Vorlage beschlossen, das heißt, das Thema ist aus dem Bundesrat heraus. Eine Einwirkungsmöglichkeit des Freistaates Sachsen

über den Bundesrat auf das Gesetzgebungsverfahren besteht damit nicht mehr.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Inhaltlich schon!)

Im Übrigen hat Ihre Fraktion im Deutschen Bundestag jede Menge Zeit, darauf einzuwirken, dass dieses Gesetz nicht zustande kommt.

Deswegen schließe ich mich den Worten des Kollegen Lehmann an: Dieser Antrag ist nicht dringlich.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Noch einmal Herr Dr. Pellmann, aber bitte zum letzten Mal für Ihre Fraktion.

Herr Präsident, ich möchte hierzu Folgendes sagen: Wir wissen natürlich, dass der Bundesrat einen grundsätzlichen Fehler begangen und das Gesetz bereits als Entwurf in den Bundestag

eingebracht hat. Aber Fehler sind dazu da, dass man sie korrigiert. Der Bundesrat hat sehr wohl die Möglichkeit, einen Gesetzentwurf, den er auf den Weg gebracht hat, rechtzeitig zurückzuziehen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt über die Dringlichkeit des Antrags in der Drucksache 4/13548 abstimmen. Wer der Dringlichkeit zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist die Dringlichkeit des Antrags mehrheitlich abgelehnt. Damit wird er nicht in die heutige Tagesordnung aufgenommen.

Meine Damen und Herren, ich frage, ob es weitere Anträge zur Tagesordnung gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann gilt die Ihnen vorliegende Tagesordnung unverändert für unsere heutige Sitzung.

Wir beginnen mit

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: IT-Standort Sachsen – Perspektiven im globalen Wettbewerb

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

2. Aktuelle Debatte: Das Demokratieverständnis der sächsischen Blockparteien nach den Kreistagswahlen

Antrag der Fraktion der NPD

Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen und der Staatsregierung hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 39 Minuten, Linksfraktion 26 Minuten, SPD

14 Minuten, NPD 17 Minuten, FDP und GRÜNE je 12 Minuten, Staatsregierung 20 Minuten.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

IT-Standort Sachsen – Perspektiven im globalen Wettbewerb

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Als Antragstellerinnen haben zunächst die Fraktionen der CDU und der SPD das Wort. Danach folgen die Linksfraktion, NPD, FDP, GRÜNE.

Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, dass die CDU-Fraktion das Wort nimmt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren heute über ein aktuelles wirtschaftspolitisches Thema, das fast täglich durch die Presse geht. Die „Computerwoche“ berichtete am 8. September dieses Jahres:

„Die Erfolgsstory des Halbleiterstandortes Sachsen hat in den vergangenen Monaten einen Dämpfer bekommen.“

Am 7. Oktober jubelte unser Wirtschaftsminister – er ist leider nicht da – in den „DNN“ mit Blick auf das Engagement ausländischer Investoren bei AMD:

„Guter Tag für Mikroelektronikstandort Sachsen!“