Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Herr Dr. Friedrich, Frau Orosz, Frau Dr. Runge, Frau Lay, Herr Baier und Herr Heinz.
Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 6 bis 11 folgende Redezeiten festgelegt: CDU-Fraktion 9 Minuten, Linksfraktion.PDS 72 Minuten, SPD-Fraktion 42 Minuten, NPD-Fraktion, FDP-Fraktion und GRÜNE-Fraktion je 30 Minuten, fraktionslose MdL je 5 Minuten, Staatsregierung 72 Minuten.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, auf der Ihnen vorliegenden Tagesordnung die Punkte 3 bis 5, 3. Lesungen, zu streichen. Wir haben sie bereits gestern abgearbeitet.
Meine Damen und Herren, ich frage, ob es zu der Ihnen vorliegenden Tagesordnung Ergänzungs- oder Änderungswünsche oder andere Anträge gibt. – Bitte schön.
Herr Präsident, ich bin mir nicht sicher, ob es in Ihrer Tagesordnung genauso steht wie in meiner: Die Koalitionsfraktionen bitten darum, dass der Antrag „Hospizarbeit und Palliativversorgung im Freistaat Sachsen“, Drucksache 4/6008, von der heutigen Tagesordnung genommen wird.
Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Anträge zur Tagesordnung? – Wenn das nicht der Fall ist, dann gilt die Ihnen vorliegende Tagesordnung mit den vorgenommenen Veränderungen als bestätigt.
Die Verteilung der Gesamtredezeit hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU-Fraktion 18 Minuten, Linksfraktion.PDS 13 Minuten, SPD-Fraktion, NPD-Fraktion
und FDP-Fraktion je 6 Minuten, GRÜNE-Fraktion 11 Minuten; Staatsregierung, wenn gewünscht, 10 Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sachsen braucht ein Gesetz, das sowohl freie als auch staatliche Schulen in vergleichbarer Weise fördert sowie allen Schularten größtmögliche pädagogische Freiheiten lässt. Das allerdings, was wir im Haushaltsbegleitgesetz – Artikel 7 – nachlesen können, ist in weiten Teilen eine Neuauflage des bereits im Frühjahr gescheiterten Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft. Daran ändert auch das eine oder andere Zugeständnis, das wir begrüßen, nichts.
Offenbar haben das in der vergangenen Woche auch etwa 10 000 Demonstrationsteilnehmer so gesehen. Ich bin gespannt, ob die regierungstragenden Fraktionen die wohlbegründeten Proteste zunächst in der heutigen
Debatte und dann natürlich vor allem in der Entscheidungsfindung zum Haushaltsbegleitgesetz berücksichtigen werden. Im regulären Gesetzgebungsverfahren hatten die Koalitionsfraktionen dem Kultusminister zu diesem Punkt bereits die Gefolgschaft versagt.
Wir haben diese Aktuelle Debatte beantragt, um Ihnen noch einmal die Möglichkeit zu geben, den Meinungsbildungsprozess in den Fraktionen zu befördern. Wir haben auch die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die schlimmsten befürchteten Folgen durch diese Gesetzesänderung noch verhindert werden können.
In Sachsen gibt es etwa 300 Schulen in freier Trägerschaft, davon 180 Berufsschulen. Insgesamt besuchen etwa 60 000 Kinder und Jugendliche eine freie Schule. Wir reden hier also nicht von Lobbyinteressen einer kleinen Gruppe.
Die dramatischsten Folgen des vorliegenden Gesetzentwurfs werden sich für die freien Berufsschulen ergeben. Das ist unter anderem das Ergebnis der Anhörung zu diesem Thema. Die Umstellung der Förderung in der vorgesehenen Weise gefährdet nach Angaben der Fachverbände bis zu 50 000 Ausbildungsplätze. Nun hören wir von Herrn Flath immer wieder das Argument der demografischen Entwicklung und dass das duale Ausbildungssystem gestärkt werden müsse. Kein Mensch leugnet selbstverständlich die demografische Entwicklung. Aber wir unterscheiden uns in den Antworten auf diese Herausforderung.
Was der Kultusminister bereits Anfang des Jahres mit seinem gescheiterten Privatschulgesetz versuchte und jetzt erneut ins Auge fasst, ist eine Rettung des Bestandes des staatlichen Schulnetzes – auf Kosten der freien Schulen. Dabei verkennt er mindestens zweierlei: Erstens. Einzelne Ausbildungsgänge werden alternativlos nur von freien Trägern angeboten. In Bereichen des Gesundheits- und Sozialwesens zum Beispiel gibt es schlichtweg keine staatlichen Angebote. Zweitens bleiben Sie die Antwort schuldig, woher die Ausbildungsplätze kommen sollen, die Sie mit Ihrer Beschwörung der dualen Ausbildung herbeireden. Tatsache ist doch, dass in der dualen Ausbildung zuallererst die Wirtschaft die entsprechenden Plätze bereitstellen muss.
In der Anhörung des Haushaltsausschusses zum Haushaltsbegleitgesetz gab der Vertreter der Wirtschaft hierauf keine befriedigende Antwort. Sie verkennen auch die herausragenden Leistungen, die eine hohe Anzahl von Ausbildungseinrichtungen in freier Trägerschaft gerade in der Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen erbringt. Viele von diesen Jugendlichen hätten im dualen Ausbildungsmarkt überhaupt keine Chance. Ich frage Sie: Ist es nicht besser, diesen Jugendlichen überhaupt eine Ausbildung angedeihen zu lassen, als in ideologischer Verbohrtheit das Mantra des dualen Ausbildungssystems herunterzubeten, in dem diese Jugendlichen garantiert keine Chance hätten?
Dann höre ich vom Kultusminister – Zitat –: „Wir können doch nicht für ganz Europa die Köche ausbilden.“ Ich denke, da spricht der Ingenieur. Ich sage Ihnen auch, Herr Flath: Mir ist es allemal lieber, junge Menschen hier in der Region in einem Ausbildungsberuf auszubilden, der dann in ganz Europa nachgefragt wird.
Selbst wenn Sie der Meinung sind, dass bestimmte Ausbildungsgänge eine Fehlsteuerung bedeuten; wenn Sie meinen, dass bestimmte Ausbildungen nicht mehr stattfinden sollten, weil der Bedarf dafür nicht mehr vorhanden sei, dann können Sie über die Berufsschulordnung entsprechende Korrekturen vornehmen. Wenn Sie aber einen Kahlschlag betreiben, wie Sie es im Moment vorsehen, führt dieser Weg garantiert in die Irre. Wenn Sie
hier in diesem Parlament ansonsten immer das Hohelied auf den Wettbewerb singen und diesen so sehr schätzen, wie wir es gestern von Staatsminister Tillich in Bezug auf die Landwirtschaft gehört haben, dann lassen Sie doch diesen Wettbewerb zu! Dann schaffen Sie faire Chancen sowohl für die freien als auch für die staatlichen Schulen. Es gibt mindestens drei Gutachten, die ausführen, was Ausbildung kostet. Darauf werde ich im zweiten Teil meiner Rede eingehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Debatte mutet schon etwas sonderbar an.
Sicherlich gibt es zum Entwicklungsbedarf der Schulen in freier Trägerschaft Gesprächsbedarf. Es kann bei der Erörterung des Problems aber nicht darum gehen, eine subjektive Interpretation von Fairness vorzunehmen, sondern wir haben ganz einfach nüchtern die vorhandenen Rahmenbedingungen zu analysieren und geltende rechtliche Regelungen zu beachten, und dies objektiv, meine Damen und Herren.
Meines Erachtens wird im Haushaltsbegleitgesetz zur vorliegenden Gesetzesänderung für die Schulen in freier Trägerschaft zu Recht auf die demografische Entwicklung verwiesen. Dabei verschärft sich der Wettbewerb aller Schulen, deren Angebote sich bekanntermaßen auf die gleiche Schülerklientel richten. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, zum einen den Erwartungen von freien Schulträgern auf angemessene Finanzierung zu entsprechen, zugleich muss aber auch die Situation des öffentlichen Schulsystems mit betrachtet werden. Es geht also nicht allein um einen pauschalen Kostenvergleich beider Systeme, sondern auch um die Einbeziehung von geltenden Parametern, wie Schul- und Klassengrößen, den Stundenbedarf nach Stundentafel, Jahreslehrerstunden und das Jahresentgelt, die Zahl der Klassen und Jahresstufen des Bildungsganges.
Mit der Heranziehung dieser Parameter aus dem öffentlichen Bereich für die Berechnung von Zuschüssen für Schulen in freier Trägerschaft wird die Transparenz der Berechnungsgrundlage erhöht, aber auch differenzierter ausgestaltet. Dabei ist es zu Recht auch so, dass die staatliche Vollfinanzierung nicht realisiert werden soll, sondern dass auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das mehrfach Gestaltungsräume für den
Meine Damen und Herren! Mir erscheinen diese grundsätzlichen Anmerkungen notwendig, um die Diskussion auf einer objektiveren Grundlage zu führen, als dies das Thema der Debatte versucht.
Im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung und der Aufgabenentwicklung bei freien Trägern kommt es zunehmend zu einer Schieflage, die gesetzgeberisches Gegensteuern ganz einfach notwendig macht. Es kann nicht angehen, dass entgegen rückläufiger Entwicklung von Schülerzahlen und damit verbundenem Abbau von Lehrerstellen, der Reduzierung von Schulstandorten infolge der objektiv herleitbaren Reduzierung von Mitteln für das staatliche Schulsystem diese Entwicklung bei den freien Trägern geradezu gegenläufig stattfindet. Lassen Sie mich das an wenigen Zahlen noch verdeutlichen.
Wir haben zurzeit im Bereich der freien Schulen eine Ausgabensituation von 217 Millionen Euro. Ohne Gesetzesänderung würde dieser ohnehin schon sehr hohe Betrag im Jahr 2010 auf 266 Millionen Euro ansteigen.
Ich will hier bewusst nicht gegen die Entwicklung des freien Schulsystems in unserem Land argumentieren. Aber diese Entwicklung muss sich an der Entwicklung des gesamten Schulsystems, also auch des öffentlichen Schulsystems, messen lassen und sich daran orientieren können.