Protokoll der Sitzung vom 13.03.2009

Der Freistaat Sachsen selbst leistet einen erheblichen Beitrag. Zunächst finanziert er die vielen Studienplätze für ausländische Studierende. Auch zusätzliche Fördermaßnahmen für die Vorbereitung und Betreuung der Studierenden fallen an. Dafür stellt er zusätzlich 1,2 Millionen Euro pro Jahr plus sechs Stipendien in besonderen Programmen zur Verfügung.

Zur Knüpfung von Netzwerken und Kooperationen zwischen sächsischen und internationalen Universitäten und Hochschulen unternimmt das Wissenschaftsministerium periodisch internationale Reisen. Im Augenblick

stehen Universitäten in Mittel- und Osteuropa, der Russischen Föderation und China im Vordergrund. Auch der Bund und Europa bieten Unterstützung an. Auf deutscher Ebene möchte ich den Deutschen Akademischen Auslandsdienst – DAAD – erwähnen, der viele Betreuungs- und finanzielle Unterstützungsprogramme anbietet. Europa finanziert großzügige Förderungen über Programme wie „Erasmus“ für Kooperationen unter den verschiedenen europäischen und gezielten außereuropäischen Institutionen. Unsere Hochschulen nutzen diese Angebote mit erfreulichem Erfolg.

Meine Damen und Herren! Bei allem Engagement von Europa, Bund und Freistaat – die Hauptverantwortung für Initiative und Umsetzung liegt bei den sächsischen Universitäten und Hochschulen, ihren Mitarbeitern sowie den vielen Studierenden und anderen Freiwilligen, denen ich an dieser Stelle ausdrücklich meinen Dank aussprechen möchte.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Heike Werner, Linksfraktion, und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Das Engagement der Hochschulen gliedert sich in vier verschiedene Themenkreise. An erster Stelle steht die Vermarktung der Angebote: Internetangebote, Beantwortung von elektronischen Anfragen, Bereitstellung von Informationsmaterialien – hoffentlich auch in englischer Sprache –, Beteiligung an Messen. All das wirbt für unsere Institutionen in der Welt, natürlich auch die erwähnten internationalen Reisen des SMWK.

Der zweite Aufgabenkreis betrifft die Betreuung hier in Sachsen und ist der aufwendigste. Hier gilt es, den ausländischen Studierenden die Ankunft und den Aufenthalt leichter zu machen, als wenn sie unbetreut blieben. Das Angebot ist vielfältig. Es beginnt mit studienvorbereitenden Aktivitäten, zum Beispiel Deutsch-Unterricht, sowie in einigen Fällen der Qualifizierung für die Zulassungsbedingungen von ausländischen Studierenden.

Während des Studiums gibt es ein reichhaltiges Angebot für ausländische Studierende, darunter natürlich auch studienbegleitende Angebote für Deutsch-Unterricht.

Betreuungspartner vor Ort, also die verschiedenen Auslandsämter etc. der Universitäten und die Studenten- bzw. Fachschaftsräte oder das Studentenwerk, bieten Einführungsveranstaltungen an. Besonders hilfreich ist es, wenn Studienbegleitung durch Mentoren und Tutoren stattfindet. Diese wichtige Arbeit wird oft von deutschen Kommilitonen durchgeführt. Auch Studienangebote in englischer Sprache, der – mittlerweile – Weltsprache, sind wachsender Teil des Angebotes an unseren Hochschulen und Universitäten. Sie geben damit auch solchen Studierenden die Chance zum Studium in Sachsen, die sonst an der Sprachbarriere scheitern würden.

Der dritte Kreis der Aufgaben ist die Kooperation mit anderen Institutionen, etwa durch Doppelstudiengänge. Im Verlauf dieser Studien wird von den Studenten ein Aufenthalt an den kooperierenden Universitäten erwartet.

Die TU Bergakademie Freiberg zum Beispiel hat hier eine Chance entdeckt und bietet mittlerweile 25 verschiedene Doppelstudiengänge an. Solche Kooperationen sind für ausländische Studierende von großem Interesse, weil sie damit wissen, dass ein Studienaufenthalt an sächsischen Universitäten in ihr „normales“ Studium im Ursprungsland eingebunden ist und sie zum Erfolg führt.

Der vierte Bereich des universitären Engagements betrifft die Präsenz vor Ort. Dafür möchte ich zwei Beispiele liefern. „Panda“ ist eine Kooperation von deutschen Universitäten in China, an der sich auch die Universität Leipzig und die Bergakademie Freiberg beteiligen und die mit einem gemeinsamen Büro in Peking vor Ort präsent ist. Das ist ein sehr wichtiges Angebot, weil damit interessierte Studierende vor Ort sehen und mit Menschen darüber sprechen können, was im Angebot ist.

Die Hochschule Zittau – das möchte ich erwähnen – lehrt Mechatronik an der Chinesisch-Deutschen Hochschule für Angewandte Technologie in Schanghai. Sie tut das in Kooperation mit anderen deutschen Universitäten, die andere Studiengänge betreuen. Im Verlauf des Studiums kommen dann die chinesischen Studenten nach Zittau, um dort einen Teil ihres Studiums zu absolvieren.

Meine Damen und Herren, wenn Sie jetzt den Eindruck bekommen haben, dass unsere sächsischen Hochschulen und Universitäten vieles richtig machen und dass die Staatsregierung sie dabei gut unterstützt, dann liegen Sie richtig. Können wir deshalb sagen: „Weiter so wie bisher!“? Die Antwort ist: Nein!

Warum? Nichts ist so gut, als dass es nicht noch verbessert werden könnte. Zum einen haben wir den deutschen Standard von 12 % noch nicht erreicht. Zum anderen verändert sich der internationale Markt für Universitäten seit dem Jahr 2006. Es gibt immer mehr Studienangebote von lokalen Universitäten vor Ort. Das gilt besonders für China und die mittel- und osteuropäischen Staaten.

Aber keine Sorge! Es gibt weiterhin viele potenzielle ausländische Studierende für unsere sächsischen Universitäten und Hochschulen. Doch wir müssen selbst immer besser werden, um die besten von ihnen zu finden und an uns zu binden. Wir in Sachsen können das und werden das tun.

Es gibt eine Reihe von Themenfeldern für Verbesserungschancen, die zunächst ohne zusätzliche Haushaltsmittel bewältigt werden können. Da ist zum Ersten die noch bessere Vermarktung der Stärken sächsischer Hochschulen und Universitäten zu nennen. Weiterhin brauchen wir noch breiter angelegte studienbegleitende Deutsch-Kurse und Tutorien, um die Integration der Studierenden zu erleichtern. Drittens ist eine noch bessere Betreuung der Studierenden – und zwar von allen! – auch etwas, was wir uns anschauen sollten. Viertens geht es um bessere Jobbing-Chancen für ausländische Studierende, um ihnen die wirtschaftlichen Bedingungen hier vor Ort zu erleichtern. Auf diesen und den fünften Punkt – engere Partnerschaften mit internationalen Universitäten – werde ich im zweiten Teil meiner Rede eingehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Frau Dr. Raatz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner, Herr Dr. Gillo, hat einen umfassenden Redebeitrag gehalten; ich frage mich, was er im zweiten Beitrag noch erzählen will. Ich hoffe, dass ich mit meinem Beitrag noch ein paar Aspekte einfügen kann. Dabei beziehe ich mich speziell auf die Internationalisierung der Hochschulen. Dieser Aspekt beinhaltet für mich drei wesentliche Dinge.

Erstens geht es um die Umsetzung des BolognaProzesses. Es geht um die Frage, ob mit der Bachelor- und Masterumstellung die Mobilität, die gefordert wird, auch erreichbar ist.

Es geht zweitens darum, dass der Hochschulpakt erfüllt wird; denn wir wissen alle, dass die demografische Entwicklung dazu führt, dass wir mit den eigenen Abiturienten unsere Hochschulen nicht mehr füllen können, wir also auf Studierende aus anderen Bundesländern, aber auch aus anderen Ländern angewiesen sind.

Der dritte Aspekt ist der zukünftige Fachkräftebedarf in Sachsen. Dazu hat Herr Dr. Gillo bereits etwas gesagt.

Die Antwort der Staatsregierung auf unseren Antrag zeigt, dass der Anteil der ausländischen Studierenden in Sachsen seit 1995 um 48 % zugenommen hat. Das ist erst einmal ein respektables Ergebnis. Die Hälfte davon kommt aus Europa und hier besonders aus Polen und Tschechien. Die Beispiele, die mein Kollege gerade aufgezeigt hat, wie China oder Vietnam, sind Beispiele, die für Deutschland insgesamt gelten. Darin haben wir in Sachsen noch etwas Nachholbedarf.

Wenn man Studierende fragt, warum sie nach Sachsen kommen, um hier zu studieren, dann sagen sie, wir studieren hier in Sachsen am liebsten technisch-mathematische Studiengänge und an zweiter Stelle gesellschaftswissenschaftliche Studiengänge. Es geht dabei hauptsächlich darum, dass Fachkenntnisse erworben werden, und zwar in einem entwickelten Industriestaat. Nun wissen wir alle, dass Deutschland – und auch Sachsen – nicht der einzige Industriestaat ist und wir natürlich auch mit vielen anderen Ländern diesbezüglich in Wettbewerb treten. Einige Beispiele wurden schon genannt. Die USA sind beispielsweise am attraktivsten für ausländische Studierende.

Es geht aber auch darum, dass man hofft, bessere Studienbedingungen als im Heimatland vorzufinden. Es geht um bessere Berufschancen, die man sich erhofft, wenn man in Deutschland und in Sachsen studiert, und man möchte die Sprachkenntnisse vertiefen.

Der Anteil der ausländischen Studierenden im ersten Fachsemester, des Wintersemesters 2008/2009 in Sachsen, beträgt 14,6 %. Wenn man aber betrachtet, wie sich

die weitere Entwicklung gestaltet, landen wir plötzlich bei einem Durchschnitt von 9,4 %. Das macht deutlich, dass wir eine relativ hohe Abwanderung im laufenden Studium auch von ausländischen Studierenden zu verzeichnen haben. Natürlich ist es sinnvoll, danach zu fragen, warum die Studierenden aus Sachsen weggehen oder warum so viele, wie wir es gerade gehört haben, nach Bayern gehen, warum nicht so viele hier nach Sachsen kommen. Es werden folgende Schwierigkeiten benannt:

Was am meisten erwähnt wird, ist, dass es schwierig ist, sich im deutschen Studiensystem zu orientieren. Das heißt also, man muss für die ausländischen Studierenden Möglichkeiten schaffen, dass sie hierher kommen, ordentlich betreut werden und sich in unserem Studiensystem zurechtfinden. Sie beklagen außerdem, dass sie zu wenig Kontakt zu deutschen Kommilitonen haben, das heißt, dass es eine Art Grüppchenbildung an den Hochschulen gibt, wo die ausländischen Studierenden für sich sind, aber eigentlich den Wunsch haben, wenn sie einmal hier im Land sind, natürlich auch zu erfahren, wie die deutschen Studenten leben.

Ein drittes ganz wesentliches Problem ist die Finanzierung des Studiums. Es zeigt sich, dass es wichtig ist, neben dem Stipendiensystem auch eine Arbeitsmöglichkeit zu finden, und die zeigt sich hier in den neuen Bundesländern nicht so wie in den alten Bundesländern.

Was ist zu tun? Meine Frage hat sich dabei an das Studentenwerk Freiberg/Mittweida gewendet. Ich habe gefragt: Was schlagen Sie vor? Die Studentenwerke sind ja sehr in die Gesamtproblematik gerade auch der Betreuung ausländischer Studierender involviert. Dort kam ganz klar die Antwort: Um den Anteil ausländischer Studierender zu erhöhen, muss nur die Betreuung ausgebaut werden. Herr Dr. Gillo hat dazu einige Dinge genannt. Eine ausgezeichnete Betreuung vor Ort ist das beste Aushängeschild und wird langfristig gesehen die beste Möglichkeit sein, den Anteil ausländischer Studierender dauerhaft auch hier in Sachsen zu erhöhen. Was zählt dazu?

Es zählt dazu, dass es Jobangebote für die Studierenden geben muss. Das heißt, neben BAföG und anderen Stipendiensystemen wollen die Studierenden hier auch arbeiten. Wir fordern also ein noch größeres Engagement auch unserer mittelständischen Unternehmen und der Großindustrie ein. Das ist notwendig, sonst kommt es eben zu der Abwanderung der Studierenden aus den neuen Bundesländern in die Studienstandorte im Westen, wo die besseren Jobmöglichkeiten existieren.

Wichtig ist auch, dass eine Grundversorgung am Studienort vorhanden ist. Diese sollte überschaubar und vorhersehbar sein. Hier geht es zum Beispiel um Servicepakete der Studentenwerke. Damit ist also geklärt, wie die Finanzierung von Wohnen und Essen erfolgen soll etc. Auch das hilft ausländischen Studierenden, sich vor Ort wohlzufühlen und dadurch in unsere Hochschulen zu kommen.

Es geht auch um das Vorhalten von Wohnheimplätzen für ausländische Studierende, um die Einrichtung eines

sogenannten Studio-Hotels, das heißt, um das Einrichten eines internationalen Gästehauses für kurzzeitige Studienaufenthalte.

Es geht um Tutorenprogramme in den Wohnheimen und auch um besondere Angebote für ausländische Studierende, um bestimmte Treffpunkte, Clubs, um bestimmte Speisenangebote, auch wenn wir da manchmal schmunzeln. Aber auch die Muslime wollen vielleicht hierher kommen und die haben nun einmal andere Bedürfnisse. Darauf muss man eingehen, wenn man sie hierher holen möchte.

Außerdem müssen wir intensiv werben. Wir kennen sie alle; die Initiative hatte unsere Staatsministerin Frau Dr. Stange kürzlich dargestellt: „Pack dein Studium“. Das ist eine ganz wichtige Werbemaßnahme oder Imagekampagne für unsere Hochschulen. Allerdings haben wir bisher in Bayern, Baden-Württemberg und den anderen westlichen Bundesländern geworben. Es kommt aber auch darauf an, in die anderen Länder zu gehen. Da muss man eine wesentlich bessere Zusammenarbeit auch mit der Tourismus-Marketing-Gesellschaft anstreben, die ja auf Messen und im Internet für Sachsen wirbt. Es wäre eine sinnvolle Sache, das zu kombinieren. Das würde auch Effekte für unsere Hochschulen bringen.

Ein wesentliches Ziel des Bologna-Prozesses ist die Verbesserung der länderübergreifenden Mobilität sowohl der Studierenden als auch der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Die Mobilität soll durch eine Beseitigung von Hemmnissen befördert werden. Damit ist nicht nur die räumliche Mobilität gemeint, sondern auch die Mobilität zwischen Hochschulen und Bildungsgängen. Es zeigt sich, dass dieses Ziel durch die Bachelor- und Masterumstellung eben derzeit nicht so erreicht wird, wie wir uns das vorstellen. Im Gegenteil, gerade die deutschen Studierenden gehen weniger ins Ausland als zuvor. Daher müssen wir auch darüber nachdenken, was hier zu tun und wie es zu ändern ist.

Einige Hochschulen und Universitäten haben sich auch auf den Weg gemacht. Es ist sinnvoll, in den Studienordnungen zwingend vorzuschreiben, dass ein Praktikum im Ausland zu absolvieren ist. Es ist davon auszugehen, dass die Universitäten und Hochschulen der europäischen Nachbarländer dies auch für die Anerkennung ihrer Studienabschlüsse vorsehen, denn das Problem haben wir auch. Macht sich dann ein Studierender auf den Weg und nimmt ein Semester an einer fremden oder ausländischen Hochschule wahr, kann es dazu kommen, dass diese Leistungen, die er dort erbracht hat, hier in Deutschland nicht anerkannt werden. Hier ist noch einiges auch im internationalen Raum zu tun.

Allgemein sollten dadurch die gewünschten Auslandsaufenthalte der Studierenden zunehmen. Daneben werden verstärkt Ausbildungen, zum Beispiel berufsbegleitende Masterausbildungen, angeboten, bei denen die Studierenden oft nur relativ kurze Zeit am jeweiligen Hochschulstandort verweilen. Das heißt, dass zukünftig die Studie

renden nicht mehr die gesamte Regelstudienzeit am Hochschulstandort verbringen, sondern während des Semesters an eine andere Hochschule oder ins Ausland wechseln und danach wieder zurückkommen. Das bringt natürlich Umstrukturierungen im Hochschulbereich. Darauf müssen sich die Hochschulen einstellen.

Umgekehrt werden ausländische Studierende auch eher kurzfristig Module in Sachsen absolvieren. Es wird also nicht mehr so häufig sein, dass ein Student seine gesamte Studienlaufbahn an einer Universität, zum Beispiel in Sachsen, absolviert. Auch hierauf müssen wir uns einstellen.

Da die Eingliederung der Doktoratsstudien in den Bologna-Prozess, also die Verzahnung des europäischen Hochschulraumes mit dem europäischen Forschungsraum, ein weiteres Ziel des Bologna-Prozesses ist, gilt es, sich neben den Studierenden, die nur kurze Zeit am Hochschulstandort verweilen, stärker auf die Klientel der Doktoranden und jungen Wissenschaftler einzustellen.

Darüber hinaus machen Prognosen des Zentrums für demografischen Wandel an der TU Dresden deutlich, dass ab 2015 in Sachsen bis zu 27 000 Akademikerinnen und Akademiker fehlen werden. Das ist eine Zahl, die wir uns einmal auf der Zunge zergehen lassen sollten. Sächsische Absolventen werden diese Lücke allein nicht füllen können.

(Unruhe bei den Fraktionen)

Auch aus diesem Grund ist es wichtig, die Türen unserer Hochschulen noch weiter für ausländische Studierende zu öffnen als bisher und eben die entsprechenden Rahmenbedingungen zu verbessern.

(Glocke des Präsidenten)

Insgesamt ist die Internationalisierung der Hochschulen ein wichtiges Handlungsfeld für die zukünftige Entwicklung. Dies ist auch in unserem neuen Hochschulgesetz als Aufgabe so formuliert. Wir sollten unsere Hochschulen bei dieser Aufgabe tatkräftig unterstützen.