Protokoll der Sitzung vom 13.03.2009

gelassene Ärzte um die Zukunft und den Wert ihrer Arztpraxen fürchten müssen.

Ich denke auch, dass es gewollt ist, dass niedergelassene Ärzte die Freude an ihrer Arbeit verlieren und junge Ärzte die Selbstständigkeit zunehmend scheuen. Dazu kommt, dass der Konflikt, der innerhalb der Ärzteschaft und innerhalb verschiedener Ärztegruppen um die Mittelverteilung entstanden ist, der Bundesgesundheitsministerin hervorragend in den Kram passt. Ulla Schmidt hat Streit gesät und eine gespaltene und damit längst nicht mehr so wehrhafte Ärzteschaft geerntet. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

All das bringt Frau Schmidt und ihren unsäglichen Weggefährten, Herrn Lauterbach, ihrem Ziel näher, nämlich ein Land zu schaffen, in dem es am Ende nur ein Gesundheitssystem mit einer einzigen Einheitskrankenkasse gibt, und ein Land zu schaffen, in dem es perspektivisch nur noch ganz wenige selbstständige Ärzte gibt. Es geht hier um ein Land, in dem es keinen Wettbewerb mehr um eine bessere Patientenversorgung und medizinische Erfolge gibt, aber dafür möglichst viele Ärzte, die bei Kliniken und medizinischen Versorgungszentren angestellt sind. Das passt ja irgendwie auch ganz gut in die Biografie von Ulla Schmidt. Ich möchte nur daran erinnern, dass sie 1976 in Aachen einmal für den maoistischen Kommunistischen Bund Westdeutschlands kandidiert hat. Das sagt, glaube ich, schon alles.

(Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE: Lächerlich!)

Frau Ulla Schmidt ist ja so, Herr Gerstenberg.

Um Frau Schmidt und auch Ihnen auf die Sprünge zu helfen – das Modell, das Frau Schmidt erreichen will, hatten wir schon einmal. Dieses Modell nannte sich DDR. Dieses Modell ist gescheitert. Ein Zurück in die DDR ist ganz gewiss der falsche Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Ich verstehe allerdings nicht, dass die CDU den einziehenden Sozialismus im Gesundheitssystem so widerspruchslos mitmacht. Ich glaube schon, dass sich viele von ihnen die Frage gestatten müssen – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sehr gern. Frau Dr. Runge wieder einmal. Ich habe über unsere Dialoge schon ein ganzes Buch voll.

Herr Zastrow, weil Sie hier Frau Ulla Schmidt allein für die Gesundheitsreform verantwortlich machen, frage ich Sie: Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass Herr Horst Seehofer für die Unionsparteien der Verhandlungsführer mit Ulla Schmidt zur Gesundheitsreform war und nach der nächtlichen Einigung von der wunderbarsten Nacht gesprochen hat, die er mit Ulla Schmidt verbracht hat? Ist Ihnen das bekannt?

Das ist mir bekannt, und ich bedaure Horst Seehofer als Mann sehr stark, wenn das wirklich seine tollste Nacht gewesen ist, wenn ich mir Ulla Schmidt so vorstelle.

Also, Herr Zastrow!

Entschuldigung, Entschuldigung!

Herr Zastrow! – Ja, die Entschuldigung ist wirklich angebracht.

Ich entschuldige mich. Aber davon abgesehen, habe ich ja vorhin – Frau Runge, wenn Sie mich ausreden lassen wollen – erstens gesagt, dass ich mich ein bisschen wundere, dass die CDU das alles so mitmacht, weil ich die CDU ja immer als eine Partei gesehen habe, die sich gegen jede Form von Sozialismus in der Gesellschaft wehrt. Das sehe ich im Gesundheitssystem nicht mehr ganz so. Und dann muss ich natürlich eines dazusagen: Die Lernfähigkeit von Herrn Seehofer beeindruckt mich schon. Inzwischen – das muss ich ganz klar feststellen – hat er seine Meinung radikal geändert, weil er gesehen oder er in seiner Rolle als Landespolitiker, als Ministerpräsident jetzt erkannt hat, dass das nicht der Weisheit letzter Schluss gewesen ist. Ich finde es interessant, dass Bayern jetzt ein Vorkämpfer für eine Reform des Gesundheitsfonds ist. Deshalb fühle ich mich im Moment relativ nah bei Horst Seehofer.

Die CDU muss die Frage gestatten, wie sie es mit dem freien Beruf des Arztes hält, wie sie es damit hält, die Selbstständigkeit von Ärzten zu fördern, und wie sie dazu steht, dass Ärzte eben auch von ihrer eigenen Hände Arbeit leben können müssen und ein Honorar bekommen, was zu der enormen Verantwortung passt, die Ärzte nun einmal in unserer Gesellschaft haben.

Kommen Sie bitte zum Schluss!

Die niedergelassenen Ärzte sind eine entscheidende Säule unseres Gesundheitssystems. Sie sind ein wertvoller Teil unseres Sozialsystems und garantieren uns eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung. Sie stehen für die hohe Qualität, die wir im deutschen Gesundheitssystem erreicht haben. Wir sollten dringend aufpassen, – –

Kommen Sie zum Schluss!

– dass mit der schleichenden Vernichtung des niedergelassenen Ärzteberufes nicht eine tragende Säule unseres Systems abgerissen wird, meine Damen und Herren.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile der CDUFraktion das Wort. Frau Strempel, bitte.

Herr Zastrow, Sie werden überrascht sein.

Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Der Titel Ihrer Debatte ist schon geschickt gummiartig gewählt und man hat am Anfang überlegt: Wo wollen Sie denn hin? Uns war das im Prinzip mindestens seit Bekanntgabe Ihrer Debatte klar, weil auch wir die Gespräche mit Experten führen und uns klar positionieren. Da werden Sie staunen. Wir haben nämlich eine klare Position zur misslungenen Honorarreform der Ärzte,

(Beifall des Abg. Holger Zastrow, FDP)

die das System der niedergelassenen Ärzte und – das ist sehr wichtig – die sogenannte doppelte Facharztschiene akut in Gefahr bringt. Hier verweise ich auf meine gestrige Pressemitteilung, wobei es immer eine Frage ist, was die Presse daraus macht. Ja, die im Bundesministerium für Gesundheit unter Leitung von Frau Ulla Schmidt erarbeitete Honorarreform, für die ein Abteilungsleiter namens Knieps den Hut der Verantwortung trägt, ist missglückt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Beifall des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Den niedergelassenen Ärzten bzw. den Ärzten insgesamt wurden 3 Milliarden Euro Honorarvolumen mehr zugesagt, doch davon kommt bei einer großen Zahl der Ärzte nichts an. Das wissen wir nun schon seit langer Zeit aus der Presse.

Die Maßstäbe der Verteilung für die einzelnen Arztgruppen sind – jetzt kommt das große Fragezeichen: bewusst? gewollt? – für einen Laien jedenfalls gar nicht und selbst für Fachleute nur schwer nachvollziehbar. Das beschließende Gremium für die Systematik des Regelleistungsvolumens ist der erweiterte Bewertungsausschuss. Selbstkritisch stellt sogar Herr Prof. Wasem als Leiter dieses Gremiums fest: „Unter dem Zeitdruck eines termingerechten Gesamtbeschlusses war es nicht die bestmögliche Ausgestaltung, die beschlossen wurde.“

Hier sage ich klar und deutlich: Die Undurchsichtigkeit bzw. Ungerechtigkeit der Honorarreform ist beabsichtigt. Sie treibt die Spaltung der Fach- und Hausärzte, Ost- und Westärzte, gewollt von hoher Bundespolitik, voran. Dabei üben sich die Verantwortlichen auf Bundesebene, ob sie nun Schmidt, Knieps oder Lauterbach heißen, in einer peinlichen „Haltet-den-Dieb-Kampagne“.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion, steht am Saalmikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ideologisches Ziel ist die Beseitigung des selbstständigen Arztes zum Nutzen einer zentralistischen Staatsmedizin und zum Schaden der Bürger.

Herr Zastrow, das habe ich auch schon in meiner letzten Rede gesagt. Wir als CDU wollen keine Staatsmedizin und schon gar keine zentralistische.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Jetzt nicht.

Sehr geehrte Abgeordnete, ich kann es kaum treffender formulieren, als im Artikel von Herrn Andreas Mihm „Ärzte auf die Barrikaden!“ vom 6. März 2009 in der „FAZ“ zu lesen war. Er schreibt – ich zitiere –: „Die Reform treibt die Spaltung der Fach- und Hausärzte voran. Letztere schließen nämlich derzeit mit Rückenwind des Gesetzgebers (an der KV vorbei) eigene gut dotierte Versorgungsverträge mit den Kassen ab. Auch das mindert den Verteilungsspielraum zugunsten der Fachärzte.“ Und weiter ist in der „FAZ“ zu lesen: „Sie haben zudem die nicht unberechtigte Sorge, dass die ambulante Facharztversorgung auf die Dauer finanziell ausgetrocknet und in die Krankenhäuser verlagert werden könnte.“ Genau das ist die Absicht, die wir als CDU nicht zulassen werden. Der freie Beruf des frei niedergelassenen Facharztes in enger Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Hausärzten und unserem guten Krankenhausversorgungssystem ist eine hohe Errungenschaft in Sachsen und in Deutschland, die wir uns nicht nehmen lassen dürfen!

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Sachsen können sich – das wissen wir nur zu gut – noch an das Gesundheitswesen Staatsmedizin DDR erinnern. Was für katastrophale Folgen hatte es!

Für mich heißt es: Die SPD darf die Gesundheitspolitik in Zukunft nicht mehr in ihrer Verantwortung haben,

(Beifall bei der CDU und der FDP)

da Vertreter der SPD-Bundestagsfraktion schon unverhohlen ankündigen, nach ihrem Wahlsieg die niedergelassenen Fachärzte abzuschaffen.

(Stefan Brangs, SPD: Das gibt es doch nicht!)

Doch, das gibt es. Und Herr Lauterbach will die KV abschaffen.

(Unruhe und Zurufe im Saal)

Es ist schlimm, dass Sie so reagieren. Herr Lauterbach will die KV abschaffen. Die SPD ist damit auf dem Weg zur Staatsmedizin. Das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU)