Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

Dem Ganzen setzt die Richtlinie des SMI vom 22. April 2009 noch die Krone auf. Ich halte es für absolut problematisch, dass Mitgliederversammlungen auf Kreisebene nicht mehr dazu dienen dürfen, Kandidaten für Ortschaftsräte aufzustellen. Sollte dies vom Gesetzgeber damals so gewollt gewesen sein, dann – das muss ich sagen – halte ich das für verfassungswidrig. Auch wir als NPD sind davon in mehreren Ortschaften betroffen, wie es DIE LINKE für sich bereits angesprochen hat. Wir haben bereits Klage eingereicht, und wir sehen dem Verfahren gelassen entgegen. Wir werden auf alle Fälle alle Mittel ausschöpfen, dass die Bürger, die sich vor Ort engagieren wollen, dies auch können.

Insgesamt sehen wir in dem Gesetzentwurf eine Stärkung der Ortschaftsräte und werden dementsprechend auch zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP; Herr Dr. Martens, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte es kurz machen. Wir werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Die Gründe können Sie im Protokoll nachlesen. Ich werde meine Rede zu Protokoll geben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Möchte die Staatsregierung sprechen? – Bitte, Herr Minister Dr. Buttolo.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich meinen Ausführungen voranstellen, dass sich nach Ansicht der Staatsregierung die bisherigen Regelungen über die Ortschaftsverfassung und die Stadtbezirksverfassung im Wesentlichen bewährt haben und daher der im Gesetzentwurf behauptete Handlungsbedarf nicht gesehen wird.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Begründung des Gesetzentwurfs soll den Eindruck vermitteln, es bestünden in erheblichem Maße Vollzugsdefizite. Hier werden aber einzelne Problemfälle in einer Weise verallgemeinert und als Begründung dafür herangezogen, ein Regelungswerk zu konstruieren, das unpraktikabel, unzweckmäßig und bestenfalls nur überflüssig ist.

Ein Beispiel: So beabsichtigt die Änderung von § 65 Abs. 1 der Sächsischen Gemeindeordnung eine Klarstellung, dass die Ortschaftsverfassung sowohl in einzelnen als auch in allen Ortsteilen einer Gemeinde eingeführt werden kann. Diese Klarstellung ist jedoch überflüssig, denn bereits aus dem derzeitigen Wortlaut geht klar hervor, dass die Ortschaftsverfassung ohne räumliche Beschränkung eingeführt werden kann.

Entschieden abzulehnen ist die im Gesetzentwurf geplante Einführung eines Vetorechts des Ortschaftsrates per Hauptsatzung gegen Entscheidungen des Bürgermeisters oder des Gemeinderates mit aufschiebender Wirkung. Bereits nach derzeitiger Rechtslage besitzen die Ortschaftsräte ein Anhörungsrecht. Das Unterlassen der Anhörung stellt einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar, der zur Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses führt.

Die Einführung eines weitergehenden Vetorechts ist im Interesse einer funktionierenden Gemeindeverwaltung weder geeignet noch erforderlich, denn die vom Antragsteller geplante Einführung eines Vetorechts mit zeitlich befristeter aufschiebender Wirkung würde dazu führen, dass sämtliche Entscheidungen des Bürgermeisters und des Gemeinderates für zunächst schwebend unwirksam erklärt würden. Das Vetorecht würde ein starkes Hemmnis für die Verwaltung der Kommunen darstellen. Aus Praktikabilitätsgründen muss es daher bei dem bisherigen System der nachträglich anfechtbaren Beschlüsse bleiben.

Lassen Sie mich abschließend auf die Ausführungen der einbringenden Fraktion eingehen. Die Rede war von einem kooperativen Modell zwischen der örtlichen und

der gesamtstädtischen Ebene sowie von einer Entlastung des Bürgermeisters und des Stadtrates. Der vorgelegte Gesetzentwurf erfüllt diese Ziele gerade nicht, denn er durchbricht die bisherige kommunalverfassungsrechtliche Aufgabenverteilung zwischen dem Ortschaftsrat und den Organen Gemeinde und Bürgermeister mit der Folge, dass die kommunale Entscheidungsfähigkeit erheblich eingeschränkt wird.

(Beifall bei der CDU)

Für mich nicht nachvollziehbar ist, inwieweit die mit dem Gesetzentwurf verbundene erhebliche Beeinträchtigung der Handlungs- und Gestaltungsspielräume des Gemeinde- bzw. Stadtrates für diese eine entlastende Wirkung haben soll. Das genaue Gegenteil ist der Fall.

Ein Gesetzentwurf, der auch wegen der beabsichtigten Regelung zur Mittelverteilung zwischen Gemeinde und Ortschaft statt zu einer Kooperation zur Konfrontation führt, ist aus der Sicht einer an dem Gemeinwesen orientierten kraftvollen kommunalen Selbstverwaltung nicht zweckdienlich und daher abzulehnen.

Da in den Redebeiträgen von zwei Parteien auf die Wahl von Ortschaftsräten eingegangen wurde, möchte ich noch einmal ausdrücklich erwähnen: Wir haben keine gesetzliche Andersinterpretation vorgenommen. Es ist die gleiche gesetzliche Grundlage, die wir seit 1993 haben. Den anstehenden Klagen sehe ich mit Gelassenheit entgegen, denn ich kann nicht erkennen, dass es sinnvoll ist, die

Wahl von Ortschaftsräten auf die Kreisebene hochzuzonen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Stärkung der Ortschaftsverfassung. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE.

Ich beginne mit der Überschrift. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist die Überschrift mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe Artikel 1 auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist Artikel 1 mit Mehrheit abgelehnt worden.

Artikel 2. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier eine Reihe von Stimmen dafür, dennoch Ablehnung von Artikel 2.

Damit sind alle Bestimmungen abgelehnt und wir brauchen nicht in eine weitere Lesung zu gehen.

Erklärung zu Protokoll

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll zunächst eine Klarstellung in der Gemeindeordnung vorgenommen werden: Ortschaftsverfassungen können für das gesamte Gemeindegebiet erlassen werden. Ich erachte dies für überflüssig.

§ 65 Abs. 1 Sächsische Gemeindeordnung ist eindeutig: „Für Ortsteile einer Gemeinde kann durch die Hauptsatzung die Ortschaftsverfassung eingeführt werden.“ Daraus ergibt sich nicht, dass die Ortschaftsverfassung nur in einzelnen Ortschaften eingeführt werden kann. Die Bestimmung gibt dem Gemeinderat vielmehr bewusst die Entscheidungsmöglichkeit, in allen Ortsteilen oder nur in einzelnen Ortsteilen eine Ortschaftsverfassung einzuführen. Sofern dies in der Praxis, wie von den GRÜNEN ausgeführt, anders gehandhabt wird, genügt meines Erachtens eine Klarstellung durch die Rechtsaufsichtsbehörden.

Weiterhin soll dem Ortschaftsrat eine eigene Mittelverteilungsbefugnis eingeräumt werden. Schon jetzt haben Ortschaftsräte Sachentscheidungsbefugnisse und dementsprechend auch Mittelbewirtschaftungsbefugnisse. Die Mittelverteilungsbefugnis liegt bisher beim Bürgermeister bzw. Ortsvorsteher.

Mit dem Gesetzentwurf soll nunmehr in die Aufgabenverteilung zwischen Bürgermeister und Gemeinderat bzw.

Ortsvorsteher und Ortschaftsrat ohne Rechtfertigungsgründe eingegriffen werden. Dass der Ortschaftsrat ohne Aufgabenbezeichnung ein Budget zur freien Verfügung erhält, ist der Gemeindeordnung wesensfremd. In den Haushaltsplanberatungen des Gemeinderates sind die Mittel für die einzelnen Ortschaften zu erörtern und für die zugewiesenen Aufgaben konkret festzulegen.

Außerdem soll für den Ortschaftsrat ein Vetorecht eingeführt werden. Der Ortschaftsrat kann innerhalb von zehn Tagen Entscheidungen des Bürgermeisters oder Beschlüssen des Stadtrates widersprechen.

Auch hier wird das bisherige Verhältnis in der Gemeindeordnung zwischen Bürgermeister und Ortschaftsrat auf den Kopf gestellt. Eigentlich ist der Bürgermeister derjenige, der bei Gesetzwidrigkeit oder Nachteiligkeit für die Gemeinde gegen Beschlüsse des Gemeinderates Widerspruch einlegt. Ein Widerspruchsrecht eines Gremiums gegen Beschlüsse des Gemeinderates ist ein unzulässiger Eingriff in die Entscheidungskompetenz des Gemeinderates.

Wir werden den vorliegenden Gesetzentwurf deshalb ablehnen.

Meine Damen und Herren, ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

2. Lesung des Entwurfs Sächsisches Gesetz zur Erleichterung kommunaler Bürgerinformations- und Bürgerempfehlungsverfahren – Bürgerbeteilungsgesetz (SächsBürgerbeteilungsG)

Drucksache 4/13487, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 4/15375, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt wieder die Fraktion GRÜNE, Herr Abg. Lichdi. Danach folgen CDU, Linksfraktion, SPD, NPD und FDP. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu unserem zweiten Gesetzentwurf am heutigen Tag zur Stärkung der kommunalen Demokratie. Leider hat sich die Debatte vorhin in den üblichen bekannten Ritualen erschöpft, vor allem seitens der CDU. Aber ich werde meinen Redebeitrag trotzdem halten.

Ich verweise allerdings zur Qualität der Debattenlage zu diesem Gesetz in den Ausschüssen auf meinen vorherigen Redebeitrag zum Gesetzentwurf zur Ortschaftsverfassung – die war nämlich erbärmlich schlecht.

(Unruhe im Saal)

Jetzt steht also unser Gesetzentwurf für bessere Bürgerinformations- und Bürgerempfehlungsverfahren zur Abstimmung.

(Glocke der Präsidentin)

Wir haben Ihnen hier ein neues Modell vorgeschlagen, das Elemente bewährter Verfahren wie bei Bürgerbegehren aufgreift. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger auf Nachweis des bürgerschaftlichen Interesses durch Unterschriften ein verbindliches Recht auf Information und Beteiligung an Gemeindeangelegenheiten erhalten. Wir wollen verhindern, dass kontroverse Entscheidungen von der Gemeindespitze aus Sicht der Bürger überfallartig durchgesetzt werden können. Dafür wollen und müssen wir Zeit gewähren.

Wir schlagen daher einen Entscheidungsaufschub von vier Monaten vor. Genau deswegen, weil wir diesen Entscheidungsaufschub vorschlagen – Kollege Friedrich hat zu Recht dargestellt, worum es hier geht –, brauchen wir den Nachweis durch ein Verfahren wie etwa beim Bürgerbegehren zur Sammlung von Unterschriften.