Herr Kollege, dass es in Dresden so gut klappt, mag ja sein. Aber sind Sie nicht auch der Meinung, dass wir gerade dazu da sind, um auf Landesebene zu regeln, dass die Lebensverhältnisse von Kindern in allen Landesteilen gleich sind? Das heißt also, dass wir dafür sorgen müssen, dass es nicht nur in Dresden, sondern auch in kleinen Orten so ist, dass Kinderrechte beachtet werden, dass Kinder an Entscheidungen beteiligt werden usw.
Genau der Meinung bin ich. Wir sind dafür zuständig, wie Sie es gesagt haben, und wir haben dafür Sorge zu tragen. Das ist genau das, was ich gesagt habe. Ich möchte diese Aufgabe nicht auf irgendjemand anderen abwälzen. Genau aus diesem Grund werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wichtig und mir ein persönliches Anliegen, dass Kinder und Jugendliche insgesamt stärker in den Fokus der Politik gerückt werden. Es ist wichtig, dass dazu konstruktive Debatten geführt werden, die allen nutzen und am meisten natürlich der Demokratie in unserem Land.
Kinder- und Jugendrechte sind erfreulicherweise schon öfter Thema im Sächsischen Landtag gewesen. Bereits die damalige PDS-Fraktion hat 1996 einen Gesetzentwurf über die Sächsische Kinderbeauftragte oder den Sächsi
schen Kinderbeauftragten eingebracht und anhören lassen. Schon damals, 1996, hatte der Runde Tisch gegen Gewalt vorgeschlagen, kommunale und Landesbeauftragte für Kinder zu schaffen. Herr Iltgen übrigens saß diesem Runden Tisch vor, aus dem dieser Vorschlag hervorging. Vielleicht kann er sich heute daran erinnern. Als es damals zur Behandlung des Gesetzentwurfs der PDSFraktion kam, konnte er es nämlich nicht.
Seither sind 13 Jahre vergangen. Es ist leider keine Besserung in Sicht. Allgemein gilt: Mitbestimmungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche sind sehr gering und ihre Stimme wird dadurch zu selten gehört. Kinder können sich eben oft nicht selbst Gehör verschaffen, so wie es zum Beispiel Erwachsene tun. Sie können eben nicht auf Ämter gehen, Beschwerde einlegen, sich in die Stadtplanung und andere Dinge einbringen.
Die Linksfraktion im Sächsischen Landtag hat auch Verbesserungsvorschläge gebracht. Am Anfang dieser Legislatur wollten wir die Kinderrechte in der Verfassung festschreiben. Wir wollten das Wahlalter absenken und die direkte Partizipation stärken. Dies scheiterte jedoch an der starren Haltung der Koalition.
Heute geht es hier um die anwaltschaftliche Vertretung der Rechte von Kindern und Jugendlichen. Sicher ist, dass Beauftragte kein Allheilmittel sind oder sein können. Aber überall dort, wo es diese Beauftragten gibt, ist einfach Bewegung in die Debatte gekommen, in die politische Diskussion. Gute Beispiele sind hier die Länder Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und auch SchleswigHolstein. Dort sind die Ministerien eben angehalten, überall Kinderinteressen mitzudenken, egal ob bei Umwelt, Verkehr, Schule, Gesundheit oder anderen Themen. Also, ein Kinderbeauftragter kann durchaus eine Lobby für Kinder schaffen.
Aber diese Maßnahme, dessen müssen wir uns bewusst sein, kann auch nur der Einstieg in eine kinderfreundliche Politik sein. Kinder und Jugendliche müssen insgesamt einen besseren Zugang zur politischen Diskussion bekommen. Sie müssen eben als Subjekte der Politik verstanden werden und nicht als Objekte. Dazu ist eine Vielzahl von Maßnahmen erforderlich.
Die Aufgaben des hier vorgeschlagenen Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten bzw. der Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten sind vielleicht ein Stück weit zu kurz gefasst, da eben größtenteils auf die Kinder- und Jugendrechte abgestellt wird, und zwar speziell auf die UNKonvention über die Rechte des Kindes.
Weiterhin ist keine Geschäftsstelle vorgesehen, und Ihr Gesetzentwurf sieht vor, dass die oberste Dienstbehörde die Präsidentin oder der Präsident des Landtages ist. Da muss ich schon fragen: Wie wollen Sie die Weisungsfreiheit, die Sie einen Satz vorher im § 1 festschreiben und dort anführen, auch wirklich gewährleisten? Hätte hier nicht eine Rechtsaufsicht genügt?
In den Punkten Geschäftsstelle und Rechtsaufsicht hätten Sie sich durchaus an dem Gesetz über den Datenschutzbeauftragten bzw. die Ausländerbeauftragte orientieren müssen.
Ebenfalls ungewöhnlich ist Ihr Vorschlag einer sechsjährigen Amtszeit. Das kann durchaus ein Vorteil sein. Der Kinder- und Jugendrechtsbeauftragte oder die Kinder- und Jugendrechtsbeauftragte könnte dann jeweils über die Legislatur hinaus arbeiten und ist nicht von der jeweiligen Zusammensetzung des Landtages abhängig. So kann eine kontinuierliche Arbeit ermöglicht werden.
Aber ein Nachteil kann ebenso sein, dass es zu einer gewissen Amtsmüdigkeit kommen kann, dass sich Routine einschleift. Von daher würden wir einen kürzeren Zeitraum – etwa drei Jahre – für besser halten. Vielleicht, Frau Herrmann, können Sie darauf noch einmal eingehen.
Leider geht es hier nur um einen Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten – dabei betone ich Recht –, und nicht insgesamt um eine Kinder- und Jugendbeauftragte. Wie gesagt, das ist ein erster Schritt. In der Grundintention stimmen wir dem Gesetzentwurf zu. Allerdings hätten wir uns mehr Möglichkeiten auch im Bereich der Aufgaben gewünscht, zum Beispiel das Anstoßen und die Beratung zu Partizipationsprojekten für alle sächsischen Kinder und Jugendlichen.
Noch ein Wort, vielleicht auch an die Damen und Herren der Koalition gerichtet: Selbst wenn der Gesetzentwurf abgelehnt wird, etwas Gutes hatte er doch. Schließlich liegt allen Abgeordneten noch einmal die UN-Konvention über die Rechte des Kindes vor. Vielleicht lohnt es sich auch, hin und wieder einmal einen Blick hinein zu werfen.
Schönen Dank. – Die SPD-Fraktion wurde mit vertreten durch Herrn Krauß als Koalition. Die NPD hat niemanden gemeldet. Frau Schütz für die Fraktion der FDP beschließt die Runde der Abgeordneten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Vorfahrt für Kinder“ – so muss das Rezept einer Gesellschaft lauten, die auch in Zukunft lebenswert sein will. Doch wie wollen wir diese Vorfahrt gewährleisten? Kinder können sich nun einmal nicht so organisieren wie wir Erwachsenen: in Gewerkschaften, Parteien, Interessenvertretungen oder Vereinen. Nein, Kinder sind darauf angewiesen, dass ihre Eltern und die Politik – und damit Politikerinnen und Politiker, so wie sie hier im Raum sitzen – ihre Bedürfnisse berücksichtigen.
Der Vorschlag der FDP-Fraktion im Jahr 2006 war deshalb, eine Kinderkommission nach dem Vorbild des Deutschen Bundestages hier in Sachsen einzusetzen; denn Kinderpolitik ist eben mehr als Sozialpolitik. Sie strahlt in alle Bereiche aus. Sie ist wie kein anderer Bereich zu
kunftsorientiert; denn Beschlüsse der Politik nutzen oder schaden dieser kleinen Gruppe von Staatsbürgern ein Leben lang. Eine besondere parlamentarische Kontrolle aus dem Blickwinkel der Kinder ist daher sehr sinnvoll, und die FDP steht nach wie vor zur Errichtung einer Kinderkommission, auch wenn diese im Jahr 2006 abgelehnt wurde.
Aber leider wäre Sachsen mittlerweile – anders als noch 2006 – nicht mehr das erste Bundesland, das eine Kinderkommission hat, und ich darf von dieser Stelle aus die Bayern beglückwünschen, die auf Druck der dortigen FDP eine solche Kinderkommission im Landtag installiert haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schlägt hier einen anderen Weg vor. Sie will einen Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten im Landtag einsetzen. Ich halte das – dies sei mir gestattet – nur für die zweitbeste Lösung an dieser Stelle. Es gibt keinen Grund, zwischen Abgeordneten und Kindern sowie deren Interessenvertretern eine derartige Instanz einzuschalten.
Das Ergebnis einer kindergerechten Politik soll nicht ein Beauftragter sein. Zu oft dienen Beauftragte als Scheinbeleg dafür, dass man sich um ein Thema besonders kümmert. Doch es geht eben nicht nur darum, dass es einen Ansprechpartner gibt. Es geht darum, dass sich etwas bewegt und sich Abgeordnete aus den Fraktionen in den Parteien direkt mit den Belangen von Kindern auseinandersetzen. Dafür ist nichts besser geeignet als der direkte Draht ins Parlament. Ein Beauftragter kann – anders, als es eine Kinderkommission könnte – diesen Erfolg nicht garantieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die FDP ist nach wie vor die Kinderkommission die beste Lösung, und wir werden daher den Gesetzentwurf der GRÜNEN ablehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der oder die Kinder- und Jugendrechtsbeauftragte soll in erster Linie die Umsetzung der UN-Kinderkonvention begleiten und die Interessen von Kindern und Jugendlichen in Sachsen wahren. Das ist eine sehr allgemein gehaltene Zielsetzung, über die wir uns wahrscheinlich alle einig sind. Auch die Sächsische Staatsregierung nimmt die Verpflichtung der UNKinderkonvention sehr ernst, wonach Kinder und Jugendliche positive Rahmenbedingungen brauchen.
Allerdings muss man sich immer wieder vor Augen führen, dass die UN-Kinderkonvention eine völkerrechtli
che Staatenverpflichtung begründet, die die Bundesrepublik Deutschland im Grunde von Anfang an erfüllt hat. So wurden auf Bundesebene verschiedene Reformen des innerstaatlichen Rechts in die Wege geleitet. Denken Sie an die Novellierung des Sozialgesetzbuches VIII, beispielsweise durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz, oder an die Neuregelung im Bereich der bürgerlich-rechtlich geprägten Wahrnehmung der Elternverantwortung.
Die primäre Verantwortlichkeit für die Umsetzung der UN-Kinderkonvention liegt also in der Hand des Bundesgesetzgebers. Sachsen hat daran stets mitgewirkt und wird dies selbstverständlich auch weiterhin tun. Es stellt sich deshalb die praktische Frage, welche Aufgaben ein solcher sächsischer Kinder- oder Jugendrechtsbeauftragter auf Landesebene eigentlich haben könnte. Der Entwurf beantwortet dies mit der Schaffung einer neuen, zusätzlichen Institution, die dem Sächsischen Landtag zugeordnet sein und sich für die Belange und Rechte junger Menschen einsetzen soll. Ob dadurch allerdings eine praktische, nutzbringende und nachhaltige Wirkung erzielt werden kann, die über die bisherigen Aktivitäten spürbar hinausgeht, darf und muss man hinterfragen. Der Anspruch der direkten anwaltschaftlichen Vertretung wird dadurch nicht einzulösen sein.
In der öffentlichen Anhörung vom 7. Januar 2009 haben besonders die kommunalen Spitzenverbände den Entwurf abgelehnt. Sie begründeten ihre Ablehnung damit, dass mit diesem Gesetzentwurf wieder eine zusätzliche Institution ins Leben gerufen würde, und das, obwohl es bereits sehr viele Träger und Gremien auf Landes- und kommunaler Ebene gibt, die sich für die Belange von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Das ist wichtig, und es ist wohl auch richtig. Ich teile diese Auffassung und beurteile den praktischen Nutzen dieses Gesetzentwurfes sehr skeptisch.
kann ich nicht erkennen. Damit kommen wir zur Abstimmung. Auch hierfür schlage ich Ihnen artikelweise Abstimmung vor. Wir stimmen über den Gesetzentwurf der GRÜNEN ab und beginnen mit der Überschrift, die ich noch einmal vortrage. Wir stimmen über das Gesetz über die Sächsische Kinder- und Jugendrechtsbeauftragte oder den Sächsischen Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten und die Änderung des Landesjugendhilfegesetzes ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei keinen Enthaltungen und einer Reihe von Zustimmungen dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt.
Artikel 1 lautet: Gesetz über die Sächsische Kinder- und Jugendrechtsbeauftragte oder den Sächsischen Kinder- und Jugendrechtsbeauftragten. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ähnliches Abstimmungsverhalten wie soeben und Ablehnung.
Artikel 2 lautet: Änderung des Landesjugendhilfegesetzes. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Wiederum fast gleiches Abstimmungsverhalten und damit Ablehnung.
Artikel 3 lautet: Veröffentlichung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Wiederum gleiches Abstimmungsverhalten und Ablehnung.
Artikel 4 würde ein Inkrafttreten regeln. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Danke schön. Ebenfalls gleiches Abstimmungsverhalten und damit Ablehnung.
Da alle Artikel abgelehnt worden sind, erübrigen sich weitere Beratungen und Abstimmungen, und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.