Die Erfolgsbilanz sächsischer Arbeits- und Wirtschaftspolitik kann wohl kaum der Anlass für diese Regierungserklärung gewesen sein: fast 40 000 Mal Kurzarbeit angemeldet, steigende Arbeitslosenquoten und ein prognostizierter Rückgang der Wirtschaft um 6 %, die Insolvenz zahlreicher Unternehmen in Sachsen, von denen Qimonda das bekannteste Beispiel war.
Das Ende der Talsohle ist noch nicht erreicht. Darin sind sich alle seriösen Wirtschaftswissenschaftler einig. Außer Ihnen, Herr Jurk, habe ich noch niemanden in dieser Debatte gehört, der Anzeichen für eine Entspannung finden konnte. Sie stellen sich hier hin und versuchen, die Gemüter zu beruhigen und Ängste zu moderieren. Das können wir Ihnen so nicht durchgehen lassen!
Sie machen es sich viel zu einfach, wenn Sie die Schuld an der Misere auf US-amerikanische Immobilienmakler
oder auch auf einzelne Bankmanager schieben. Das kann nur den Zweck haben, von der politischen Verantwortung für die Wirtschaftskrise abzulenken.
Eine wesentliche Ursache sehen wir in der mangelnden Binnenkaufkraft. Dass Deutschland Exportweltmeister ist, ist im Umkehrschluss nur Ausweis der schwachen Binnennachfrage. In der Krise trifft es Deutschland deshalb besonders hart. Wo soll die Binnennachfrage auch herkommen? In fast allen europäischen Ländern sind die Löhne gestiegen, nur in Deutschland herrscht seit Jahren Stagnation, ja, wir haben sogar sinkende Reallöhne.
Daran – das muss man einfach feststellen – hat auch die Regierungsbeteiligung der SPD nichts geändert. Schließlich regiert sie seit 1998 im Bund.
Das muss an dieser Stelle in Erinnerung gerufen werden. Im Gegenteil, mit der Agenda 2010 und mit Hartz IV haben Sie selbst dazu beigetragen, die Armut von Langzeitarbeitslosen zu vergrößern. Das ist schlecht für die Wirtschaft, denn das heißt auch mangelnde Binnennachfrage.
Eine weitere Ursache liegt unserer Auffassung nach in der Liberalisierung internationaler Finanzmärkte, die Sie heute, aber ab und an neuerdings auch Frau Merkel, bedauern. Dabei war Deutschland daran aktiv beteiligt. Deregulierung war eines der Kernelemente neoliberaler Wirtschaftsstrategen.
Nehmen wir zum Beispiel die Hedgefonds. Tun Sie doch nicht so, als hätte die SPD damit nichts zu tun! Sie sind doch überhaupt erst unter rot-grüner Regierungsbeteiligung zugelassen worden.
Bis heute gibt es keine wirkungsvolle Kontrolle, nur Absichtsbekundungen auf Gipfeltreffen, die dringend der Umsetzung in nationales Recht bedürfen. Alles auf die Immobilienmärkte in den USA zu schieben und so zu tun, als sei Deutschland Opfer der Krise, das greift viel zu kurz.
Es ist eben keine „importierte Rezession“, sondern eine, an der die neoliberale Politik in Deutschland einen entscheidenden Anteil hat, und ich sage es noch einmal: nicht ohne, sondern mit der SPD wohlgemerkt.
Meine Damen und Herren! Sachsen hat im Rahmen seiner zweifellos bescheidenen Möglichkeiten das Falsche getan. Bei der sächsischen Landesbank hat man versucht, im großen Finanzkasino mitzuspielen, und ist dabei freilich
auf die Nase gefallen. Deshalb sagen wir als Linke ganz klar: Es ist unglaubwürdig, zuerst an der Brandstiftung beteiligt zu sein und sich hinterher als Feuerwehr zu präsentieren.
Sie haben ja so recht: Diese Krise ist keine Naturkatastrophe. Sie ist von Menschen gemacht. Aber nicht von denjenigen, die nach Ihren Worten die herrschenden Spielregeln durchschaut und angewendet haben, sondern von denjenigen, die diese Spielregeln gemacht und beschlossen haben. Das war Rot-Grün und das war natürlich die Politik der CDU.
Jahrelang haben Sie eine Politik mitgetragen, die den Rückzug des Staates bedeutet hat, den Rückzug aus der öffentlichen Daseinsvorsorge, einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, einer regulierenden Wirtschaftspolitik und einer gerechten Steuerpolitik. Jetzt rufen Sie nach dem starken Staat. Das nimmt Ihnen nun wirklich niemand ab.
Herr Minister, wir sind uns darin einig: Die Niedriglohnstrategie ist die falsche Strategie. Nur hat Ihr ebenso uneinsichtiger wie starrsinniger Koalitionspartner, die CDU, Sie leider daran gehindert, auch in Sachsen eine Umkehr in der Lohnpolitik einzuleiten. Das Ergebnis ist, dass die Forderung nach Einführung von Mindestlöhnen sich bei Ihnen leider immer nur im Wahlprogramm wiederfindet, aber nie in der praktischen Politik.
Als Linke, meine Damen und Herren, sagen wir ganz deutlich: Weil Tariflöhne von 3,50 Euro in der Stunde entwürdigend sind, weil Niedriglöhne im Osten die Abwanderung in den Westen befördern und weil geringe Einkommen schlecht für die heimische Wirtschaft sind, brauchen wir Mindestlöhne in Sachsen.
Wir unterscheiden uns auch in der Einschätzung der Wirtschaftsentwicklung in Sachsen. Von selbsttragender Wirtschaftsentwicklung sind wir doch weit entfernt. Der Abstand der ostdeutschen Länder zu den alten Ländern bleibt nach wie vor groß. Noch immer liegen die Löhne im Osten ein Drittel unter denen des Westens. Was Sie ganz verschweigen: Die Legende vom wirtschaftlichen Musterländle Sachsen ist dahin.
Im letzten Jahr war die Wirtschaftsentwicklung in Sachsen die schlechteste in ganz Ostdeutschland und sie war die zweitschlechteste in der ganzen Bundesrepublik. Das kann man doch bei der heutigen Debatte nicht verschweigen.
Womit ist denn die bessere Arbeitsmarktbilanz der letzten Jahre erkauft worden? Mit der Zunahme von Leiharbeit, mit der Zunahme von Minijobs und mit Aufstockung zu Hartz IV. Das sind alles zwar sozialversicherungspflichtige Jobs, aber es ist auch das glatte Gegenteil von dem, was zumindest wir unter guter Arbeit verstehen.
Meine Damen und Herren, kommen wir zum KommunalKombi. Das ist leider nicht die Wunderwaffe, die es sein sollte. Sehen wir uns die Zahlen einmal an: Auf 300 000 Arbeitslose kommen gerade einmal 3 000 Stellen Kommunal-Kombi. Das kann noch nicht einmal die 10 000 ABM-Stellen kompensieren, die durch die falsche Politik der Großen Koalition im Bund allein in Sachsen in diesem Jahr wegfallen werden.
Wir als Linke haben mehrfach die Ausweitung des Kommunal-Kombis auf alle sächsischen Landkreise gefordert. Sie haben es persönlich hier im Plenum abgelehnt. Gott sei Dank hat uns Herr Tiefensee in Berlin erhört. Allerdings sind zwei Jahre ungenutzt ins Land gegangen. Hätten Sie – damals schon – unsere Forderung von vornherein unterstützt, dann könnten Sie heute vielleicht eine bessere Bilanz präsentieren.
Kommen wir schließlich, meine Damen und Herren, zur Leiharbeit, die auch unter Beteiligung der SPD liberalisiert wurde. Sie muss dringend zurückgenommen werden. Kurzarbeitergeld wird nicht verhindern, dass Leiharbeitnehmer die Ersten sind, die unter den Folgen der Krise leiden müssen. Das, was wir mindestens brauchen, ist die strikte zeitliche Beschränkung. Vor allem fordern wir als Linke gleichen Lohn für gleiche Arbeit, auch für Leiharbeiter.
Wir sind der Ansicht, dass es nicht trotz, sondern gerade in der Krise öffentlich geförderter Beschäftigung bedarf. Die Menschen haben es verdient, einen Arbeitsplatz in einer Situation zu bekommen, die sie selbst nicht zu verantworten haben. Die Große Koalition im Bund sorgt sich um einen Schutzschirm für die Banken. Wir als Linke fordern einen Schutzschirm für die Menschen!
Wir wollen ein Zukunftsinvestitionsprogramm von 100 Milliarden Euro, von dem unter anderem 500 000 Arbeitsplätze für öffentlich geförderte Beschäftigung finanziert werden sollen. Wir fordern gesetzliche Mindestlöhne und die Anhebung der Regelsätze von Hartz IV. Das wird die Wirtschaft ankurbeln; denn es kommt denjenigen zugute, die ihr Geld ausgeben müssen, statt es bei den Banken zu horten.
Schließlich – auch das ist zentral – wollen wir, dass mit einer Vermögens- und Millionärssteuer diejenigen für die
Denn es kann nicht sein, dass diejenigen die Kosten für die Krise und für die milliardenschweren Programme zahlen müssen, von denen schon in der Vergangenheit immer erwartet wurde, dass sie den Gürtel enger schnallen sollen.