Aber – das konnte ich bislang in jeder Rede zu einem Jahresbericht aussagen, und ich möchte mich hier gern wiederholen – im Petitionsausschuss werden parteipolitische und ideologische Grenzen weitgehend zurückgestellt, um im Interesse der Bürger zu arbeiten und zu entscheiden. Frau Simon als Ausschussvorsitzende hatte an dieser konstruktiven Arbeitsatmosphäre einen entscheidenden Anteil. Deshalb mein herzliches Dankeschön und ganz privat alle guten Wünsche für Ihre Zukunft.
Natürlich darf auch in diesem Jahr der Petitionsdienst nicht unerwähnt bleiben – meine Vorredner haben das ja schon gemacht –, da er im Hintergrund kompetent und ungeheuer fleißig dem Ausschuss zuarbeitet und auch im Umgang mit schwierigen Petenten Geduld und Einfühlungsvermögen beweist.
Das Petitionsrecht gehört zu den wichtigsten Rechten der Bürger in einem Gemeinwesen. Jeder Bürger hat gemäß Artikel 35 der Verfassung des Freistaates das Recht, sich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Der Petitionsausschuss ist also der Ausschuss, in dem die Volksvertretung, die Abgeordneten, direkt oder indirekt, aber auf jeden Fall immer sehr konkret mit den Sorgen und Nöten der Bürger konfrontiert werden.
Die thematischen Schwerpunkte lagen im Berichtszeitraum in den Bereichen Sozialversicherung, Rente, natürlich auch das immer grüne Thema GEZ, also die Rundfunkgebühren. Auch Petitionen im Zusammenhang mit den Leistungen nach SGB II, also Hartz-IV-Beschwerden, Verkehrs- und Schulwesen nahmen einen breiten Raum ein. Es ist jetzt natürlich schwer, neue Zahlen zu nennen. Es ist ja alles schon einmal besprochen worden.
Die Spitzenreiter beim Einreichen von Petitionen waren auch im vergangenen Jahr die Dresdner mit 89 Petitionen.
In einigem Abstand folgen dann die Leipziger mit 60 Petitionen, und – Frau Simon hat es bereits gesagt – bezogen auf die Einwohnerzahl kamen die meisten Petitionen aus dem Altkreis Löbau-Zittau.
Aber, meine Damen und Herren, das alles und noch viel mehr kann man in dem Bericht selbst nachlesen. Er ist in diesem Jahr wieder sehr übersichtlich gegliedert, informativ und sollte von Ihnen allen bitte nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern wirklich auch gelesen werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach Artikel 35 der Sächsischen Verfassung hat jede Person das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an die Behörden des Freistaates und die Kommunen sowie an die Volksvertretung Sachsens, den Landtag, zu wenden.
Ich freue mich, heute und nicht im Dritten Reich in einem Petitionsausschuss tätig sein zu dürfen. Wissen Sie, weshalb? Zu dieser Zeit war Kritik nicht gern gesehen. Der Eingang einer Petition wurde dafür genutzt, den Petenten wegen unliebsamer Kritik am System persönlich zu verfolgen. Darüber sollen Sie sich einmal Gedanken machen. Zum Glück haben sich die Zeiten geändert.
Der Petitionsausschuss als Schnittstelle zwischen Bürgern und Landtag nimmt auf, was den Menschen am Herzen liegt, welche Probleme sie mit Gesetzen, mit Behörden haben, welche Vorschläge und Lösungsansätze sie entwickelt haben. Ich bin davon überzeugt, dass er einen wichtigen Beitrag gegen die Politikverdrossenheit leistet. Ich habe nämlich ein Problem, das sich heute höchstwahrscheinlich wieder darstellen wird: dass viele Einzelfälle, die wir behandeln, im Normalfall ganz groß in der Öffentlichkeit, im MDR-Fernsehen, in der „Bild“-Zeitung dargestellt werden, und zwar als Einzelfälle. Wenn wir aber heute über die Gesamtheit der Petitionen berichten, gehe ich davon aus, dass unsere Presseerfolge ziemlich mäßig sein werden. Damit habe ich ein Problem.
Meine Damen und Herren! Die Möglichkeit, die Eingabe auch online an den Ausschuss zu richten, ist neu und ein wichtiger Schritt hin zur Nutzung heutiger Kommunikationsmittel. Er ermöglicht den direkten Kontakt mit den Bürgern, und er wird nicht, wie viele es gedacht hatten, im Überschwang genutzt. Wir werden nicht zugeschüttet mit Online-Petitionen. Ich hätte, sehr geehrte Abgeordnete, natürlich eine Bitte an Sie. Es ist möglich, auf unserer parlamentarischen Webseite, die wir alle haben, einen Link einzustellen hin zum Petitionsdienst, um jedem Bürger, der unsere Webseiten besucht, zu ermöglichen, eine Petition zu verfassen.
Mehr Transparenz der Arbeit des Ausschusses ist aber nur dann möglich, wenn die gesamten Wege der Entscheidungsfindung nachvollziehbarer werden. Das bedeutet, dass die Stellungnahmen der Ministerien und Behörden dort auch eventuell einsehbar sein könnten. Nur dann ist das Verfahren auch wirklich als bürgernah zu charakterisieren.
Täglich drei Schreiben erreichten den Ausschuss 2008. Diese insgesamt 1 033 Schreiben sind ein deutliches Zeichen für das gestiegene Vertrauen in den Petitionsausschuss. Er ist für viele Bürger wahrlich die letzte Anlaufstelle als Alternative zur Resignation. Es wäre fatal für das Ansehen der Politik, dieses Vertrauen zu enttäuschen.
Die Frage, in welcher Größenordnung Petitionsverfahren eine positive Erledigung finden, zählt zu einer der am meisten gestellten. Weit mehr als ein Drittel der Petitionen war im Berichtsjahr ganz bzw. teilweise erfolgreich. So wurden allein 123 an die Staatsregierung überwiesen oder konnten als erledigt abgeschlossen werden.
Ich habe ein großes Problem beim Bearbeiten von Petitionen, wenn ehrenwerte Bürger dieses Landes mit einem echten Problem auf einen zukommen, aber die Behörden nicht wirklich gegen Gesetze verstoßen und sich die Bürger wirklich betroffen fühlen in ihren Anliegen, ich ihnen aber nicht helfen kann. Das ist ein großes Problem, mit dem ich persönlich zu kämpfen habe. Bei einigen dieser Fälle waren auch sehr komplexe Moderationsverfahren für einen Lösungsweg notwendig mit Anhörung der Beteiligten bei Ortsbesichtigungen, wie zum Beispiel der Mehrfachpetitionen zum Thema verkehrsrechtliche Anordnung aus einer unserer Kreisstädte. Zahlreiche Fälle konnten aber auch in einem vergleichsweise frühen Stadium positiv abgeschlossen werden. Allein das Einschalten des Petitionsausschusses im Zusammenhang mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde bewirkte eine ausführliche Behandlung in der zuständigen Behörde.
In diesem Zusammenhang möchte ich ein Lob an den Petitionsausschussdienst richten, an alle Mitarbeiter, an Frau Nolting und ihr Team. Sie sorgten für eine schnelle Bearbeitung und kümmern sich vorbildlich um die ihnen anvertrauten Petitionen und Petenten. Einen herzlichen Dank auch hier ganz persönlich an die Vorsitzende, Frau Bettina Simon. Ich habe die Zusammenarbeit genossen. Sie war fair und hat mit Herz gearbeitet. Respekt, Frau Kollegin!
Die FDP-Fraktion misst den Petitionen und dem Petitionsausschuss eine hohe Bedeutung bei. Dabei sind wir uns sicher mit anderen Fraktionen einig, dass er das zentrale Gremium für die Anliegen der Bürger ist. Er ist ein gutes Beispiel für direkte Demokratie. Wir nehmen die Bürger ernst. Alle Abgeordneten im Petitionsausschuss müssen sich in die Lage der Menschen versetzen können. Das haben wir im Ausschuss alle getan. Es liegt
in der Natur der Sache, dass wir nicht immer einer Meinung waren, aber wir konnten oft etwas bewegen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einmal im Jahr haben wir im Hohen Haus die Gelegenheit, jeweils über den Bericht des Petitionsausschusses des Vorjahres öffentlich zu sprechen und die Arbeit zu würdigen. Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, mich zuerst bei den Mitarbeitern des Petitionsdienstes, dem Team von Frau Nolting, für ihre tatkräftige Unterstützung in allen Fragen und Anliegen und auch für ihre Geduld mit den Petenten und sicher auch manchmal mit uns zu bedanken.
Im vergangenen Jahr hat der Petitionsausschuss wieder eine Vielzahl von Petitionen beraten. Alle organisatorischen Angelegenheiten und der Kontakt zu den Petenten liegen in den Händen der Mitarbeiter des Petitionsdienstes. Sie schaffen somit überhaupt erst die Voraussetzungen dafür, dass wir so viele Petitionen bearbeiten können. Sie schaffen für uns eine produktive Arbeitsatmosphäre. Das ist ein Grund, weshalb ich gern im Petitionsausschuss arbeite.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im vergangenen Jahr haben wir es endlich geschafft, dass Petitionen auch per Internet eingereicht werden können. Dadurch haben wir den Petitionsausschuss und auch das Parlament leichter zugänglich und transparenter gemacht. Es ist gut, dass uns das in dieser Legislatur noch gelungen ist. Ich hoffe, dass diese Möglichkeit auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsdienstes die Arbeit erleichtert, aber darin bin ich mir nicht so ganz sicher.
Die Arbeit im Petitionsausschuss bringt es mit sich, dass ich mich auch mit Themen beschäftige, die sonst eher nicht zu meinen Themenbereichen gehören. Ich persönlich erfahre das als Bereicherung. Auch die anderen Mitglieder des Ausschusses, die vor mir gesprochen haben, haben bereits darauf hingewiesen, wie wichtig Bürgernähe für sie ist und dass der Ausschuss eine Möglichkeit ist, den Kontakt zu Bürgern zu halten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Bericht können Sie nachlesen, mit welchen Themen sich die Menschen im vergangenen Jahr an uns gewandt haben. Fast 11 000 äußerten den Wunsch, einen Fonds einzurichten, aus dem die Schulmaterialien der Schülerinnen und Schüler finanziert werden sollen, deren Eltern über wenig Einkommen verfügen. Im Haushalt hat die Staatsregierung Geld vorgesehen – ob das ausreichend ist, ist eine andere Frage.
Auch die sächsischen Studierenden waren aktiv: Sie sammelten fast 8 000 Unterschriften zur Novellierung des Sächsischen Hochschulgesetzes und noch einmal 10 000 gegen die Unterfinanzierung der Studentenwerke.
4 000 Menschen haben sich für ein Klagerecht für Tierschutzvereine eingesetzt. – Wenn Sie sich darüber wundern, dass Frau Simon eine andere Zahl genannt hat, dann hat sie einfach anders sortiert. Die Zahl, die ich nenne, ist die Summe aus Sammel- und Massenpetitionen.
Es gab auch 1 000 Menschen, die sich für ein Mobilitätsticket für Geringverdienende ausgesprochen haben.
Einige dieser Themen haben hier im Landtag in der einen oder anderen Form eine Rolle gespielt. Was dabei deutlich wird: Bürgerinnen und Bürger interessieren sich für landespolitische Anliegen und sind bereit, sich für ihre Überzeugungen starkzumachen. Der Petitionsbericht beweist, dass die Menschen in Sachsen an Politik interessiert sind. Es ist an uns Abgeordneten, die Politik so zu gestalten, dass wir die Verbindung zu den Menschen und zu ihren Anliegen nicht verlieren.
Auch lokale Themen mobilisierten mitunter viele Menschen. So unterstützten 772 Bürgerinnen und Bürger einen geplanten Gemeindezusammenschluss im Landkreis Leipzig und über 800 Unterschriften gingen zum Thema Kiesabbau in der Nähe von Zwickau ein. Hier zeigt sich also ein ähnliches Bild: Die Menschen haben Lust und Interesse daran, ihre Umgebung mitzugestalten; aber sie vermissen es manchmal, dass sie dabei ernst genommen werden.
Diese Legislatur ist nun bald zu Ende und oft werden gerade in Wahlkämpfen die Bürgerin und der Bürger wieder entdeckt. Der Petitionsbericht zeigt, dass es uns ein Anliegen sein muss, die Menschen auch zwischen den Wahlen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Denn die Briefe der Menschen zeigen auch ihre Enttäuschung und ihren Frust – darüber, dass sie sich nicht ernst genommen fühlen, dass ihre Stimme nicht zählt, egal, wie viele sich hinter einem Thema versammeln, dass Entscheidungen nicht verständlich formuliert werden.
Hier stellt sich natürlich auch die Frage an uns Mitglieder des Petitionsausschusses, wie es mit unseren Entscheidungen aussieht. Herr Günther hat bereits darauf hingewiesen, dass die Antworten manchmal schwer verständlich sind. Das ist eine Form von Barriere und es ist deshalb ein Auftrag an uns alle, zu versuchen, bessere Formulierungen zu finden.
Auch das Problem, dass man an manchen Stellen doch nicht weiterhelfen kann, ist mir sehr bewusst und auch ich reibe mich daran. Kompromisse könnten manchmal konkret vor Ort gefunden werden. Aber genau dort hat der Petitionsausschuss auch seine Grenzen. Deshalb wünsche ich mir für solche Situationen zusätzliche Obleute, die vermittelnd eingreifen können.
Die Mitglieder des Petitionsausschusses, die mit in der Schweiz waren, wissen aus der Vorstellung des Systems in der Schweiz, dass dort andere Möglichkeiten bestehen.
Das wäre eine Idee, über die man nachdenken muss. Wir müssen auf alle Fälle verhindern, dass Menschen politikverdrossen werden.
Bedanken möchte ich mich zum Abschluss meiner Rede auch bei Bettina Simon, die als Ausschussvorsitzende unser „Schiff Ausschuss“ gesteuert hat, die das souverän und klug getan hat und dabei immer locker und freundlich geblieben ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, diese Unterrichtung zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Unterrichtung des Petitionsausschusses, Drucksache 4/15326, zustimmend zur Kenntnis genommen worden.