Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

(Heiterkeit)

Und er weiß ganz genau, was er damals gesagt hat. Es ist unsere Aufgabe, dass wir nachhaken.

Herr Dr. Gerstenberg, das lassen wir uns auch von den GRÜNEN nicht verbieten. Das werden wir selbstverständlich weiterhin so machen, zumindest bis zur parlamentarischen Sommerpause. Danach ändert sich sowieso alles.

(Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Da seid ihr nur noch fünf!)

Ich muss leider auch feststellen – darin haben Sie sicher recht –, dass, wenn man sich auf die Landesregierung verlässt, man zuweilen tatsächlich verlassen ist. Vielleicht wäre es ganz gut gewesen, wenn wir zu dieser sehr komplexen Thematik einen eigenen Gesetzentwurf gemacht hätten. Wir haben darauf vertraut, dass das Wort von Herrn Dr. Metz Gewicht hat und dass die Staatsregierung diese – aus unserer Sicht – Kleinigkeit, zumal die Bundesregierung schon einen Vorschlag gemacht hat, relativ leicht in sächsisches Recht überführt. Das ist leider nicht passiert. Beim nächsten Mal werden wir das entsprechend beachten.

Was das Thema Glaubwürdigkeit betrifft, Herr Dr. Gerstenberg, fassen Sie sich bitte selbst an die Nase! Wir stehen hier als eine Partei, die eine Regierungsverantwortung nicht wie die PDS grundsätzlich ablehnt. Uns gefällt die Oppositionsrolle auf Dauer nicht. Wir wollen dieses Land mitgestalten und nicht nur jammern und meckern, so wie Sie es immer machen, Herr Kollege Hahn.

Wenn wir hier stehen und eine solche Regelung fordern, dann sehen Sie, dass wir die Messlatte für uns selbst sehr, sehr hoch legen. Ich weiß genau, was passiert, wenn wir auf der Regierungsbank sitzen und wir im Herbst oder im Winter keine Änderung geschafft haben.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Das, liebe Kollegen, ist konsequente Politik, und das meine ich mit Worthalten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Über die Latte werden Sie nicht springen!)

Es ist eben ein Unterschied, wenn man aus moralischen und grundsätzlichen Überlegungen draußen laut „Diäten runter!“ fordert und es dann nicht umsetzt. Wir haben das gemacht. Wir haben die beiden letzten Diätenerhöhungen abgelehnt und jeden Cent davon für soziale und karitative Zwecke eingesetzt. Das können Sie bis auf den letzten Cent überprüfen. Das ist ein deutschlandweit einmaliges Modell! Alle sieben Abgeordneten der FDP-Fraktion machen dabei mit und haben sich einem strengen Reglement unterworfen. Auch die künftig 14 oder 15 Abgeordneten, die wir nach den Wahlen haben werden, werden dieses Modell fortführen.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD – Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Herr Zastrow, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Das ist FDP und das ist der Unterschied zu allen anderen Parteien hier!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es steht die Frage, ob darauf noch jemand reagieren möchte. – Die Staatsregierung? – Nein. Herr Zastrow, wünschen Sie noch ein Schlusswort?

(Holger Zastrow, FDP, geht zum Saalmikrofon. – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Er möchte sich entschuldigen!)

Ich hätte trotzdem auch mal eine Frage.

(Heiterkeit im Saal)

Und zwar geht die Frage an die Regierungskoalition. Sie haben ja diesmal nicht gesprochen. Die Regierungskoalition hat aber auch das letzte Mal, wenn ich mich recht erinnere, nicht gesprochen, sondern nur der Minister. Warum sagen Sie uns eigentlich nicht, was Sie von dem Thema halten, wie Sie dazu stehen und bis wann wir damit rechnen können, dass das Renteneintrittsalter von 67 Jahren für Minister kommt? Das würde mich mal interessieren. Zweimal haben Sie dazu geschwiegen. Das finde ich schade. Ich denke, die Bürgerinnen und Bürger draußen würden auch gern wissen, wie Sie dazu stehen.

Auch ich würde gern wissen, wie Sie sich ab September verhalten werden.

(Beifall bei der FDP)

Das war das Schlusswort der FDP. Damit kommen wir zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 4/15422 zur Abstimmung. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist der Antrag nicht beschlossen.

Der Tagesordnungspunkt 9 ist damit beendet.

Erklärung zu Protokoll

Es ist richtig, meine Damen und Herren von der Fraktion der FDP, es wurde im Sommer zu einem ähnlich lautenden Antrag zugesagt, eine sachliche Prüfung durchzuführen. Diese Prüfung hat inzwischen stattgefunden. Sie haben nicht ganz unrecht, wenn Sie sagen, dass eine solche Prüfung zu lange dauert. Vielleicht war man im zuständigen Justizministerium mit anderen, „wichtigeren“ Dingen befasst.

Mein Kollege Enrico Bräunig hat in der gestrigen Debatte zum Besoldungsgesetz darauf hingewiesen, dass eine Notwendigkeit besteht, im Rahmen einer umfassenden Dienstrechtsreform auch über die Altergrenzen beim Eintritt in den Ruhestand zu sprechen.

Im Rahmen dieser Dienstrechtsreform wird auch die Frage der Ministerpensionen einer neuen Regelung bedürfen. Gleichzeitig werden wir darüber reden müssen, ob eine vierjährige Dienstzeit ausreichend ist, um den Anspruch auf ein Ruhegehalt zu erwerben.

Um eine nachhaltige Akzeptanz bei den Bürgern für eine Erhöhung des Renteneintrittsalters zu bewirken, dürfen

sich auch die politisch Verantwortlichen von den Veränderungen selbst nicht ausnehmen.

Das, was wir von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erwarten, müssen wir auch selbst tun.

Im Abgeordnetengesetz ist eine Anhebung des Renteneintrittsalters von regulär 60 auf 65 schon 2005 erfolgt. An einer Anhebung des Eintrittsalters auch für Ruhegehaltsansprüche unserer Minister geht kein Weg vorbei. Ob es dann tatsächlich 65 oder 67 werden, darüber möchte ich im Moment nicht spekulieren.

Für eine Dienstrechtsreform, die den Namen auch verdient, ist es aber in dieser Legislatur zu spät. Da ich davon ausgehe, dass wir ab September wieder in Regierungsverantwortung stehen, werden wir diese Reform ab September in Angriff nehmen.

Ansonsten kann dies die FDP-Fraktion als wichtigstes Projekt sofort in Angriff nehmen, um Glaubwürdigkeit zu beweisen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 10

Einstieg in den Hochschullastenausgleich weiterverfolgen – Personal- und Finanzausstattung durch Hochschulvereinbarung langfristig sichern

Drucksache 4/15329, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wir beginnen mit der Aussprache. Die Fraktion GRÜNE beginnt, danach die gewohnte Reihenfolge. Herr Dr. Gerstenberg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, dass auch Herr Zastrow jetzt wieder zur Ruhe findet. Wir gehen zu einem ernsten Thema über.

Vor zwei Wochen haben die Wissenschaftsminister von Bund und Ländern ein 18-Milliarden-Paket für Wissenschaft und Hochschule geschnürt. Neben dem Pakt für Forschung und Innovation und der Verlängerung der

Exzellenzinitiative wurde der Hochschulpakt bis zum Jahr 2015 verlängert. Dieses Paket war und ist hochgradig umstritten. Gerade die Vereinbarungen zur Fortsetzung des Hochschulpaktes sind aus unserer Sicht unzureichend und kein gutes Signal für künftige Studienberechtigte.

Die Wissenschaftsministerin und -minister haben sich offenbar vorgenommen, die Mängel des ersten Hochschulpaktes fortzuschreiben, denn der Pakt ist und bleibt unterfinanziert und der Finanzierungsbetrag pro zusätzlichem Studienplatz reicht wieder allenfalls für Billigstudienplätze ohne Qualität.

So unzureichend und wenig ambitioniert die Vereinbarungen sind – selbst sie stehen auf der Kippe. Zwar wurden Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und Pakt für Forschung und Innovation bereits auf dem ShowBildungsgipfel der Bundeskanzlerin Merkel als zentrale Projekte auf dem Weg in die Bildungsrepublik Deutschland benannt; doch trotz des damals erklärten Zieles, künftig 10 % des Bruttoinlandsproduktes für Bildung auszugeben, strichen die Finanzministerinnen und -minister das Paket jetzt kurzerhand zusammen. Die Halbwertszeit des Versprechens, endlich Ernst zu machen mit Zukunftsinvestitionen in Bildung und Forschung, ist offenbar sehr kurz, und das bei CDU und SPD.

Die Wurzel des Übels, das jetzt zu besichtigen ist, liegt freilich tiefer. Die Mehrheit unseres Landtages wollte keine bloße Fortsetzung dieses von vornherein unzureichenden Paktes. Am 16. November 2006 haben gemeinsam mit unserer Fraktion CDU, SPD und DIE LINKE in einem Landtagsbeschluss die Staatsregierung aufgefordert, ernsthaft einen schrittweisen Einstieg in den Hochschullastenausgleich nach dem Motto „Geld folgt Studierenden!“ vorzubereiten. Die Idee war, es sollte nicht einen sofortigen Umstieg auf die Vollkostenfinanzierung von Studienplätzen durch die Länder geben, sondern diejenigen Länder, die derzeit zu wenig Studienplätze zur Verfügung stellen, sollten durch einen allmählichen Einstieg über die Teilfinanzierung gewonnen werden. Uns allen war klar, dass ein solches Vorhaben ganz nach Max Weber das hartnäckige Bohren dicker Bretter über lange Jahre erfordert.

Es lag auf der Hand, dass potenzielle Zahlerländer wie Niedersachsen oder Baden-Württemberg für eine gewisse Zeit Kompensation brauchen und dass der Hochschullastenausgleich mit dem allgemeinen Länderfinanzausgleich abgestimmt werden muss. Alles das wäre in der verstrichenen Zeit machbar gewesen.

Was ist stattdessen passiert? Frau Stange und Herr Tillich, der nicht anwesend ist – Sie können mich gern korrigieren –, aber ich habe nach dem Beschluss des Landtages im Jahr 2006 nichts von der Staatsregierung gehört, nichts von ernsthaften Bemühungen, diesen Hochschullastenausgleich voranzubringen, das heißt, die CDU-Wissenschaftsminister Schritt für Schritt zu überzeugen. Die SPD-Finanzminister haben den Systemwechsel zwar im Frühjahr dieses Jahres in die Verhandlung eingebracht, aber da stand bereits die heiße Phase der Verhandlung an und niemand konnte ernsthaft erwarten, dass sich die Unionsländer unter Zeitdruck darauf einlassen würden.

Nach unserem Eindruck haben Sie, Frau Ministerin, und das Wissenschaftsministerium bei diesem Thema zweieinhalb Jahre tief und fest geschlafen, statt hartnäckige Überzeugungsarbeit zu leisten. Noch tiefer ist allerdings das Versäumnis der Ministerpräsidenten Milbradt und Tillich gewesen. Sie hätten die besondere Rolle gehabt, ihre unwilligen CDU-Kollegen von der Notwendigkeit und den Chancen eines solchen Systemwechsels zu überzeugen und gemeinsam Lösungen zu finden. Statt

dessen kuscht Ministerpräsident Tillich jetzt vor seinen CDU-Kollegen, verrät den sächsischen Standpunkt und fällt der Wissenschaftsministerin auf dem Höhepunkt der Hochschulpaktverhandlungen in den Rücken. Seitdem wissen die Mitglieder der sächsischen Hochschulen, was sie vom Hochschulpolitiker Tillich zu halten haben. Sie und wir dürfen jetzt nur noch gespannt sein, wie lange sein Versprechen der Studiengebührenfreiheit hält.

Angesichts dieser Entwicklung wäre es allerdings völlig verfehlt, den Systemwechsel hin zu „Geld folgt Studierenden“ aus dem Blick zu verlieren oder ihn gar ganz aufzugeben. Deshalb wollen wir die Staatsregierung nicht aus der Verantwortung entlassen, sondern auffordern, endlich einen ernsthaften und hartnäckigen Anlauf zum Hochschullastenausgleich zu nehmen und sich nicht von ihm zu verabschieden. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass bei der Umsetzung eines solchen gerechten und solidarischen Hochschulfinanzierungssystems Sachsen erheblich gewinnen würde.