Gestatten Sie mir noch einige Worte zu der immer wieder geäußerten Kritik an der Leuchtturmpolitik. Im Moment stellt sich für mich die Frage nicht so, wie Sie versuchen es immer wieder darzustellen: dass wir das eine getan und das andere gelassen hätten. Wir haben vielmehr beides
gemacht und beides war richtig. Solange – das geht jetzt in Richtung Wirtschaftsministerium – dort noch Fördermittel zurückgegeben werden müssen – aus welchen Gründen auch immer –, kann es am Geld, an der Fördermöglichkeit nicht gelegen haben.
Zum Thema Abwasser noch eine Bemerkung, darüber sollten Sie sich in Ihrer Fraktion vielleicht auch noch etwas abstimmen. Die einen rennen durch die Lande und verlangen zentrale Anschlüsse; Sie sagen, dezentral ist in Ordnung. Ansonsten ist nicht die Staatsregierung die Rechtsaufsicht, sondern die unteren Wasserbehörden, die seit Kurzem bei den Landratsämtern angesiedelt sind.
Meine Damen, meine Herren, wir stehen, wie wir alle wissen, am Ende der 4. Legislaturperiode des Sächsischen Landtages, und es ist guter Brauch, dass ein Fachminister noch einmal eine Regierungserklärung abgibt, um eine Art Rechenschaft über das, was sich in den vergangenen fünf Jahren auf seinem Fachgebiet ereignet hat, abzulegen. Das ist gut so, und auch wir haben in diesem Hause oft und gründlich für das Ziel „Gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land“ gestritten. Die Dörfer sind die Basis unseres täglichen Lebens. Das Dorf ist Heimat. Es vereint Wohn- und Sozialfunktionen. Deshalb ist eine ganzheitliche Entwicklung notwendig.
Der ländliche Raum bedarf aufgrund seiner Differenziertheit und seiner Bedeutung für die heutige und für künftige Generationen unterschiedlicher Strategien für dessen nachhaltigen Fortbestand. Die Förderung des ländlichen Raumes beschränkt sich daher nicht nur auf die Zuschussgewährung an Privatpersonen oder Kommunen zur Finanzierung von einzelnen Investitionsvorhaben, sondern sie ist vielmehr die Summe aller Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung eines funktionsfähigen dezentralen Siedlungsgefüges. Das Dorf soll und muss auch künftig seinen eigenständigen Charakter bewahren. Dorf muss Heimat bleiben, und zwar unabhängig von der Entwicklung politischer Gemeindegrößen in der nächsten Zeit.
An dieser Stelle möchte ich einen kleinen Ausblick dahin gehend geben, dass wir für die nächste Legislatur keine „von oben verordnete“ Gemeindegebietsreform in unserem Wahlprogramm stehen haben. Dem ländlichen Raum galt und gilt es besondere Aufmerksamkeit zu widmen, da unser Land eine strukturelle, gestalterische und kulturelle Entwicklung aufweist, die in Europa ihresgleichen sucht. Damit und mit der inneren Verbindung der Bewohner mit ihren Dörfern entsteht eine Bindung, die Heimatgefühl darstellt und die man auch als Seele des Dorfes bezeichnen kann. Dazu gehören sowohl die Menschen als auch die Objekte, die Gebäude, die das Bild des Dorfes ausmachen; und das ist es, was unseren Freistaat ausmacht: Das Dorf ist die Seele unseres Freistaates.
Nach diesen etwas nachdenklichen Worten möchte ich auf die härteren Fakten zurückkommen. Einiges wurde bereits vom Staatsminister ausgeführt. Wo steht der ländliche
Raum? Wo soll es hingehen? Was haben wir dazu getan? Welche Vorstellungen hat unsere Fraktion dazu? Im Vorfeld möchte ich mich dafür entschuldigen, dass in der mir vorgegebenen Zeit von zehn Minuten nicht alles angesprochen werden kann; aber auf alle Fälle muss angesprochen werden, dass ländlicher Raum natürlich Wirtschaftsstandort ist.
Der bedeutendste Wirtschaftszweig, der dort stattfindet, ist die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft. Dort werden Arbeitsplätze gesichert und auch die Kulturlandschaft geprägt. Viel wichtiger ist aber, dass mit der Arbeit der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft die Ernährungssicherheit in Sachsen gewährleistet wird. So, wie wir uns vor 20 Jahren nicht vorstellen konnten, dass es einmal keine Mauer mehr gibt; wie wir uns vor zwei Jahren noch nicht vorstellen konnten, dass unser Bankensystem am Rande des Abgrundes steht, so hoffe und wünsche ich, dass die Ernährungssicherheit erhalten bleibt.
Die Produkte sind Grundlage für die vielfältige Nahrungsbereitstellung und die große Auswahl an Nahrungsmitteln, die wir in den Geschäften kaufen können. Angesichts dieser Bedeutung ist uns klar, dass das für unsere Fraktion einer großen Aufmerksamkeit bedarf, deshalb auch zielgerichtete Unterstützung für die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft. Wir haben bundesweit die besten Förderprogramme mit den besten Förderkonditionen und wollen dazu unsere Betriebe weiter ermutigen, wettbewerbsfähig zu bleiben und ressourcenschonende Verfahren anzuwenden.
Weiterhin halte ich es für notwendig, dass die Veredelungswirtschaft in Sachsen weiter gestärkt wird. Das heißt, dass das auf den Feldern geerntete Getreide nicht zum nächsten Hafen kutschiert und woanders veredelt wird, sondern dass das Getreide hier in tierische Produkte veredelt wird und diese dann weiter veredelt werden können.
Zur integrierten ländlichen Entwicklung gehört für mich auch, dass Kommunen nicht nur Fördermittel für Wegebau und sonstiges gern in Anspruch nehmen und auf der anderen Seite bei Genehmigungsverfahren in Tierhaltungsanlagen – –
(Heiterkeit und vereinzelt Beifall bei den Fraktionen – Volker Bandmann, CDU: Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt, wie es ist!)
Genauso ist es! Ich wollte damit auch meine Verbundenheit mit dem ländlichen Raum zum Ausdruck bringen.
Wo war ich stehen geblieben? Ich wollte damit zum Ausdruck bringen: Zur integrierten ländlichen Entwicklung gehört auch, dass Kommunen nicht Anträge oder Genehmigungen für Tierproduktionsanlagen ablehnen, sondern ihren Beitrag dazu leisten, dass, sofern alle
Ich möchte weiterhin dafür werben, dass in kommunalen Partnerschaften Nahwärmesysteme entstehen. Auch hier ist noch viel regionales Wertschöpfungspotenzial enthalten. Die Diskussion, dass – ich sage es mal so -, wenn nur einmal im Jahr der Heizlaster vorfährt, die Wertschöpfung woanders und nicht im ländlichen Raum stattfindet, führen wir schon lange. Dort haben wir auch beste Förderbedingungen, angefangen von Solarkraftanlagen bis hin zur Förderung von Wärmeerzeugungsanlagen in kommunaler Trägerschaft. Die Verantwortlichen vor Ort müssen es nur entsprechend umsetzen.
Weiterhin legen wir besonderen Wert darauf, dass auch im ländlichen Raum außerhalb der klassischen Tätigkeitsbereiche Arbeitsplätze entstehen und erhalten bleiben. Die Zahl von 72 000 erfolgreichen Unternehmen, die sich im ländlichen Raum angesiedelt haben, wurde bereits genannt. Dort, wo heute noch regional differenziert Arbeitsplätze fehlen – vor allem für qualifizierte Frauen –, werden durch die demografische Entwicklung und die Tendenzen zur Abwanderung bereits in naher Zukunft zu einem Wettbewerb um Nachwuchs und Fachkräfte führen. Beiden Herausforderungen müssen wir uns stellen.
Der Erhalt der bestehenden und die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze sind die zentralen Herausforderungen für eine nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum. Das heißt, dieser Raum darf nicht zum reinen Wohnstandort verkommen, sondern es muss auch ein Angebot an Arbeitsplätzen existieren.
Der ländliche Raum ist Lebensraum für Familien. Gerade im Zeitalter der Globalisierung, die Sachsen nicht ausspart, ist es wichtig, dass der ländliche Raum flächendeckend an die großen Zentren angebunden bleibt. Das beginnt bei Straßen, Ampeln oder Verkehrsanbindungen und geht bis hin zur viel diskutierten DSL-Frage, wozu meine Kollegin Windisch später noch etwas sagen wird.
Die Attraktivität des ländlichen Raumes hängt wesentlich davon ab, ob neben diesen Vorzügen auch die Betreuung der Kinder gewährleistet ist. Wir bekennen uns deshalb zu einem hohen Versorgungsgrad mit Kindertageseinrichtungen.
Trotz einer insgesamt guten Ausgangslage sind darüber hinaus flexible Regelungen bei Öffnungszeiten sowie Alternativangebote – Tagesmütter könnte ich hier nennen – erforderlich, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser zu gewährleisten.
Trotz aller Anstrengungen, Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen, ist eine bessere straßenmäßige Anbindung notwendig. Die von Sachsen angemeldeten Projekte zum
Aus- und Neubau von Bundesstraßen sind unverzichtbar. Der Ausbau des Staatsstraßennetzes ist fortzuführen. Dies gilt gleichermaßen für zusätzliche Ortsumgehungen, die die Einwohner vom Durchgangsverkehr entlasten und ihnen eine schnellere Verbindung in die Zentren ermöglichen. Ich möchte auf die Verbesserung und die Erweiterung der Förderkonditionen in den entsprechenden Richtlinien hinweisen, die uns der Staatsminister vorhin kundgetan hat.
Um die Attraktivität des Wohnens im ländlichen Raum weiter zu erhöhen, sind die besonderen Belastungen des Eigentums im ländlichen Raum zu überprüfen und möglichst zu mindern. Öffentliche Abgaben, Standards und Pflichten dürfen nicht dazu führen, dass das Leben auf dem Land unmöglich wird. Eigentum stiftet Identität, und gerade deshalb wollen wir junge Familien gezielt bei der Schaffung von Wohneigentum unterstützen.
Ein weiteres großes Geschäftsfeld, das den ländlichen Raum ausmacht, ist die in Sachsen einzigartige Kultur- und Naturlandschaft mit großen Traditionen und einem herausragenden Stellenwert für unsere Zukunft. Die Erhaltung der Lebensräume für die Artenvielfalt von Flora und Fauna steht im Mittelpunkt beim Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.
Um diese Ziele weiter zu verfolgen bzw. Erreichtes zu erhalten, braucht der ländliche Raum keinen grünen Sprücheklopfer, der das letzte Feinstaubpartikel aus der Sahara noch in Sachsen bekämpfen möchte. Die Menschen sind sich im ländlichen Raum dessen bewusst und wissen, was nachhaltiges Wirtschaften bedeutet – und das nicht erst in Zeiten des Klimawandels. Die Bewahrung der Schöpfung war und ist unser erklärtes Ziel. Nachhaltig zu wirtschaften ist der Leitsatz unseres Handelns auf allen Feldern der Politik. Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist eine sächsische Erfindung und wurde bereits im 18. Jahrhundert ausgehend von der Forstwirtschaft entwickelt.
Umweltschutz geht nur mit den Bürgern. Deshalb setzen wir auf Information und Aufklärung und schaffen Anreize anstatt zu verordnen. Einer dieser Anreize ist die seit wenigen Tagen zu erhaltende Abwrackprämie für Heizkessel, die nicht mehr dem neuesten technischen Stand entsprechen. Unsere Umweltpolitik nimmt die Sorgen der Bürger ernst. Pragmatismus statt Ideologie, Konzentration auf Ergebnisse statt Lust am Streit ist unsere Devise. Das bestätigt das Engagement von mehr als 500 Mitgliedsunternehmen in der Umweltallianz Sachsen, die sich durch freiwillige zusätzliche Leistungen auszeichnen und in vielen Fällen im ländlichen Raum angesiedelt sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie ich bereits sagte, reichen zehn Minuten Redezeit bei Weitem nicht aus, um all das zu beleuchten, was noch gesagt werden müsste. An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen
bedanken, die dazu beigetragen haben, dass unser ländlicher Raum lebenswert bleibt, und dazu aufrufen, kräftig mitzuwirken, dass es noch besser und noch schöner wird.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach gängiger Definition sind vier Fünftel der Fläche des Freistaates sogenannter ländlicher Raum. Dort leben rund 50 % der Menschen. Deshalb macht es Sinn, dass man, wenn man sich dem Thema nähert, darüber nachdenkt, welche Politik die richtige für eine ländlich geprägte, teilweise strukturschwache Region ist. Diesbezüglich ist es wichtig, dass wir nicht die Kopie einer Politik betreiben, die die Ballungszentren in den Mittelpunkt gestellt hat, sondern es geht darum, dass wir eine eigenständige Politik für den ländlichen Raum brauchen.
Warum sage ich das? Wenn man den Bericht der EnqueteKommission gelesen hat, stellt man fest, dass seit der friedlichen Revolution 500 000 Menschen – hierbei besonders junge Menschen – den ländlichen Raum verlassen haben. Es gibt mittlerweile – manche beklagen das, manche witzeln darüber – in diesen Regionen einen Männerüberschuss, denn vor allem gut qualifizierte junge Frauen aus dem ländlichen Raum verlassen den Freistaat.
Insofern ist es wichtig, dass wir nicht eine Politik betreiben, die eine lineare Kürzung der Inhalte der Leistungen, die dort vorgehalten werden, vorsieht. Wir können nicht dazu übergehen, Institutionen im ländlichen Raum einfach nicht mehr anzusiedeln. Wir können nicht dazu übergehen, Landesdienststellen dort nicht mehr auszuweisen. Wir können auch nicht dazu übergehen, nur darauf zu reagieren, sondern wir brauchen eine aktive und aktivierende Politik für den ländlichen Raum.
Deshalb hat die SPD-Fraktion der Öffentlichkeit vor gut zwei Wochen ein Konzept vorgestellt, aus dem hervorgeht, wie aus unserer Sicht die Antworten für die Zukunft des ländlichen Raumes lauten müssen. Ich möchte Ihnen im Rahmen dieser Debatte unsere Ziele näherbringen.
Erstens. Wir sind der Auffassung, dass wir bei der Wirtschaftspolitik konsequent auf regionale Kreisläufe Wert legen müssen. Wir müssen vor allem den Ausbau von Informations- und Telekommunikationsdienstleistungen für den ländlichen Raum voranbringen. Es geht darum, dass wir die vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen im ländlichen Raum nutzen, damit neben den Großbetrieben, die in den Ballungszentren angesiedelt worden sind und über deren Ansiedlung wir uns alle freuen, vor allem Impulse im ländlichen Raum stattfinden können.
Zweitens. Uns ist es wichtig, dass wir die flächendeckende Landwirtschaft in Sachsen fördern. Der Minister hatte dazu einiges ausgeführt. Ich glaube, dass wir über eine Ausweitung der Förderung für erneuerbare Energien im
Drittens. Wenn wir über die Themen Landwirtschaft und erneuerbare Energien sprechen und die regionalen Wirtschaftskreisläufe sehen, dann müssen wir uns auch über den Tourismus Gedanken machen. Es ist bereits gesagt worden, dass auf diesem Gebiet viel getan worden ist, aber als jemand, der selbst im ländlichen Raum zu Hause ist, könnte ich mir an vielen Stellen – nicht nur, was den Lausitzer Radweg anbelangt – vorstellen, dass wir eine noch engere Vernetzung und Verzahnung zwischen den Kreisen und Gemeinden herstellen, damit wir den besonderen touristischen Wert und diese besondere touristische Attraktivität in bestimmten Regionen noch stärker in den Fokus rücken. Es gibt eine Reihe von guten Projekten. Deshalb müssen wir die Kultur, die Gesundheit, den Wellnesstourismus – als Überbegriff für sanften Tourismus – besonders in den ländlichen Regionen in den Mittelpunkt stellen. Das ist ein Punkt, dem wir uns nähern müssen.
Viertens. Wir müssen uns aber auch darüber verständigen, dass wir alle Förderinstrumente in die Hand nehmen, um junge Familien im ländlichen Raum nachhaltig zu fördern. Wir dürfen den demografischen Faktor, der uns sachsenweit Probleme bereitet, aber im ländlichen Raum besonders hart durchschlägt, nicht verkennen. Deshalb macht es aus der Sicht der SPD Sinn, dass wir im ländlichen Raum das Angebot für Ganztagsschulen zügig erweitern. Wir müssen uns darüber Gedanken machen, dass wir ein wohnortnahes Schulangebot brauchen. Dazu kann ich mir durchaus vorstellen, dass wir dafür Schulen an mehreren Standorten nutzen.