Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

Vergleicht man diese Forderung mit der Realität anderer europäischer Länder, besteht gewissermaßen sogar ein Modernisierungsbedarf. In Frankreich haben Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres kostenfreien Eintritt in staatliche Museen, in England gilt das sogar für alle Bürgerinnen und Bürger. Recht so, denn was allen gehört, soll auch allen zugänglich sein. Die Hürden für den Zugang zur Kultur müssen gesenkt werden. Besonders für Kinder und Jugendliche dürfen sie niemals finanzieller Art sein.

Wenn Einigkeit bei dem Ziel besteht, gibt es keinen Grund, bis nach der Wahl mit der Einführung zu warten. Die Sommerferien stehen vor der Tür. Stellen Sie sich Jugendliche vor, die, wenn sie sich gegenseitig fragen, was man denn heute machen wolle, erwägen, da sie von einer Ausstellung gehört haben, die nichts koste, dort hinzugehen – das wäre wünschenswert –, ebenso wie Familien mit mehreren Kindern, die sich überlegen, dass ein Museumsbesuch eine kostengünstige und gute Art des gemeinsamen Zeitvertreibs sein könnte. Museen atmen eine Atmosphäre des Geistes und des Interesses an der Welt und sind deswegen für alle Besucherinnen und

Besucher fast immer eine Bereicherung. Sie regen im besten Fall zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Gegenstand an. Deshalb darf wie die Einführung eines kostenfreien Museumstages aus unserer Sicht der kostenfreie Eintritt für Kinder und Jugendliche bis zum 16. Lebensjahr nicht länger hinausgezögert werden.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

In Ihrer Stellungnahme gehen Sie, verehrte Frau Stange, darauf ein, dass äquivalent zu unseren Forderungen bereits Modelle geprüft und vor allem im Grassimuseum für Völkerkunde in Leipzig erprobt werden. Was findet dort Anwendung? In Ihren Ausführungen steht, dass dort Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr in Begleitung Erwachsener freien Eintritt haben. Für sozialpädagogische Fachkräfte, für Schüler mit Ferienpass, für Inhaber eines Familienpasses und für Kindergartengruppen und Schulklassen gibt es Extraregelungen.

Diese Regelungen sind von unserem Vorschlag eines generellen kostenlosen Eintritts für Jugendliche bis zum 16. Lebensjahr zugegebenermaßen noch weit entfernt. Auch wenn Sie im Weiteren aufzählen, dass die Schlossbetriebe und die Museen vom Eintrittsgeld bis zum 6. Lebensjahr befreien und ansonsten Familientarife von bis zu 50 % Ermäßigung für die Kinder ermöglichen, ist das zwar eine Antwort, aber keine, die auf die konsequente Umsetzung des gemeinsamen Vorhabens schließen lässt.

Frau Staatsministerin, Sie schreiben, dass Sie derzeit das Vorhaben prüfen, indem die Museen die Aufwendungen und Ausfälle im Falle einer solchen Novellierung kalkulieren. Gleichzeitig wenden Sie sich, Frau Staatsministerin, aber gegen eine einheitlich vorgegebene Preisgestaltung des Museumseintritts als – ich zitiere – „nicht sachdienlich“. Warum eigentlich? Andere Länder können dies doch auch, und da es sich um öffentliches Eigentum handelt, kann auch öffentlich über den Umgang mit diesen diskutiert und entschieden werden.

(Beifall des Abg. Horst Wehner, Linksfraktion)

Die durch die neue Regelung entstehenden Ausfälle werden, wenn dadurch vor allem neue Besucherinnen und Besucher angezogen werden, in überschaubarem Umfang sein. Zugleich gibt uns eine politische Entscheidung des Landtages die Möglichkeit, den Museen entstehende

Ausfälle von der Landesseite auszugleichen. So verantwortlich sollten auch jene mit dem Gegenstand umgehen, die die Forderung jetzt in ihr Wahlprogramm aufgenommen haben.

(Beifall des Abg. Horst Wehner, Linksfraktion)

Mit unserem Antrag geben wir dem Plenum noch vor der Sommerpause, noch vor den Ferien und noch vor der Wahl die Gelegenheit, sich ernsthaft des Themas anzunehmen. Wenn Sie den kostenfreien Museumseintritt von Kindern und Jugendlichen wollen und auch wollen, dass die Vorbereitungen dafür unverzüglich ergriffen werden, dann können Sie unseren Antrag nicht ablehnen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Auch eine punktweise Abstimmung wäre aus der Sicht meiner Fraktion ein gangbarer Weg.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Für die CDUFraktion Herr Prof. Mannsfeld, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Abschluss der Legislaturperiode präsentiert uns die Linksfraktion einen Antrag, der noch einmal ihre Grundposition verrät: Den Landtag muss man nicht ernst nehmen, man kann ihn ruhig lächerlich machen.

Im Einzelnen stelle ich dazu für die Koalitionsfraktionen fest: Die Realisierung politischer Positionen – und seien sie zunächst in einem Wahlprogramm festgeschrieben, weil das speziell an die CDU gerichtet ist – besorgen wir schon selbst. Dazu brauchen wir nicht die Hilfe einer Partei, die argumentativ gesehen „nicht weiß, wo es langgeht“.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens. Das Prädikat „Aktionismus“ oder eher „Klamauk“ verdient der Antrag mit dem fehlenden Realitätssinn, der aus der Drucksache spricht; denn letztlich weiß die Linksfraktion ganz genau, dass man nicht am 25. Juni beschließen kann, was am 29. Juni in circa 400 staatlichen und kommunalen Museen in Sachsen gültig sein soll. Auch ist eine Zukunftsaussage nur durch ein geordnetes Haushaltsverfahren zu untersetzen und kann nicht so mir nichts, dir nichts einfach mit einem Antrag und dessen Erörterung Realität im Handeln werden.

(Beifall bei der CDU)

Also, meine Damen und Herren, kann der Antrag nicht ernst gemeint sein. Er ist letztlich billige Polemik.

Drittens. Die Idee eines kostenfreien Museumsbesuches für Jugendliche und die Ermöglichung eines eintrittsfreien Besuchertages für Erwachsene ist innerhalb der Koalition mehrfach thematisiert worden und findet sich in verschiedenen Dokumenten wieder. Eines davon ist das in der Begründung des Antrages angesprochene Wahlprogramm der CDU.

Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, Sie sollten und dürfen zur Kenntnis nehmen, dass die CDU in den Wahlprogrammen festgelegte Zielstellungen, und zwar seit 1990, soweit es die objektiven Rahmenbedingungen zugelassen haben, stets ohne Abstriche umgesetzt hat. Das werden wir auch diesmal tun, worauf sich die sächsische Öffentlichkeit verlassen kann.

(Beifall bei der CDU)

Das umso mehr, als die im Antrag beschriebene Hoffnung der Linksfraktion, wir wären nach dem 30.08. nicht mehr die größte Regierungspartei, eine Hoffnung bleiben wird; denn nur derjenige, der parlamentarische Arbeit ernst nimmt, kann auch das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler gewinnen. Für Absurditäten ist die parlamentarische Demokratie nicht geeignet.

(Beifall bei der CDU)

Wird von der SPD-Fraktion das Wort gewünscht? – Nein. Die NPD? – Herr Petzold, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sieht man einmal von der zwar sachlich richtigen, aber nicht unbedingt zur Zielförderung beitragenden Begründungspolemik des Antrages ab, so glaube ich im Namen der NPD-Fraktion die Hoffnung aussprechen zu dürfen, dass mit der Zustimmung zu diesem Antrag quer durch alle Fraktionen wenigstens am Ende der 4. Legislaturperiode einmal eine Entscheidung gefällt werden kann, die ein fast kostenneutrales, aber dennoch wirkungsvolles Zeichen für die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen setzt.

Die Forderung, allen Kindern, die auch nur irgendein Interesse an kulturellen Einrichtungen zeigen – ganz gleich, ob aus begütertem Elternhause oder aus dem eigentlichen Zielpublikum, den immer stärker finanziell verarmenden und oftmals auch geistig abstumpfenden Familien –, etwas nahe zu bringen, was nicht kommerziell ist, sondern den Menschen als Kulturwesen begreift, wird durch die NPD-Fraktion voll unterstützt.

Institutionen, die junge Menschen an die Heimatgeschichte, die Geschichte Sachsens, unsere Architektur, Literatur, an Theater und Musik heranführen, sind in erster Linie die zahlreichen Museen mit ausgefeilten museumspädagogischen Konzepten und attraktiven Präsentationen. Da sind die Burgen und Schlösser, bei deren Besichtigung man nicht einmal große Erklärungen benötigt, um das Interesse selbst jüngster Menschen zu wecken. Ist das Interesse einmal geweckt, dann haben es Lehrer in der Schule leichter. Dann sind auch Kinder eher bereit, sich in Sachbücher zu vertiefen oder sich anders kundig zu machen.

Als Ergänzung schlägt die NPD-Fraktion vor, dass alle Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr einen Erwachsenen kostenfrei mitnehmen können, um An- und Abfahrt wie auch ein Mindestmaß an Betreuung zu gewährleisten.

Wenn es gelingt, durch diese Maßnahme Kinder und Jugendliche zu erreichen, die sonst vielleicht niemals einen Schritt ins Museum oder in eine andere kulturelle Institution getan hätten, dann haben Sie auch das Publikum von morgen. Damit würden sogar die kleinen finanziellen Einbußen, die durch einen kostenlosen Eintritt hervorgerufen werden, um ein Mehrfaches wieder wettgemacht.

Lassen Sie uns mit einer Zustimmung zu diesem vernünftigen Antrag an eine positive Seite der DDRVergangenheit anknüpfen; denn damals wurde dafür gesorgt, dass alle Kinder mehrmals im Jahr mit kulturellen Inhalten konfrontiert wurden. Die NPD-Fraktion stimmt diesem Antrag vorbehaltlos zu.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion, bitte; Herr Prof. Schmalfuß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kostenfreier Eintritt in Museen für Kinder und Jugendliche ist eine der Forderungen des vorliegenden Antrages der Linksfraktion. Eigentlich greift der Antrag damit eine Diskussion auf, die nicht die Linken führen, sondern ganz andere geführt haben.

Der Antrag der Linksfraktion greift aber ein durchaus unterstützenswertes Anliegen auf. Die FDP-Fraktion befürwortet es, dass mehr Kinder und Jugendliche in unsere Museen und Theater gehen sollen. Natürlich darf dies nicht am Geldbeutel scheitern. Natürlich müssen Kulturangebote bezahlbar sein. Ein kostenfreier Eintritt für Kinder und Jugendliche würde zumindest die Geldfrage für diese klären und klingt erst einmal nach einer sozialen und bildungsfreundlichen Idee.

Begrüßungswerte Initiativen, die gerade die im Antrag angesprochene Ferienzeit berücksichtigen, gibt es aber bereits. So schließt zum Beispiel der Ferienpass der Stadt Dresden auch Angebote der staatlichen Museen ein und bietet freien oder vergünstigten Eintritt.

Mehr junge Besucher in Sachsens Kultureinrichtungen als bisher – dieses Ziel muss jedoch nicht über eintrittsfreie Tage für alle – Sie fordern das ja für alle – erreicht werden. Mehr junge Besucher können wir auch mit einem gerade für Kinder und Jugendliche interessanten Kulturangebot, mit faszinierenden Ausstellungen und bleibenden Eindrücken erreichen.

Auch hinsichtlich der finanziellen Abwägung der Forderungen vertritt die FDP-Fraktion die Position, das Kulturangebot weiter zu verbessern. Dafür brauchen unsere Museen und Theater mehr pädagogisches Personal. Die Ausstattung der sächsischen Kultureinrichtungen mit Museums- und Theaterpädagogen – wir hatten heute früh bereits darüber gesprochen – ist immer noch eine kulturpolitische Baustelle. An deren Zahl hat sich seit 2003 nichts geändert.

Bei der Forderung nach einem freien Besuchertag für alle in den staatlichen Museen schießt der Antrag jedoch in jedem Fall über das Ziel hinaus.

(Beifall des Abg. Tino Günther, FDP)

Gerade aufgrund der Ballung der staatlichen Kultureinrichtungen in Dresden werden von dieser Forderung verstärkt Touristen profitieren. Das wären Einnahmenverluste, die sich unsere Museen nicht leisten können, wollen sie auch zukünftig mit erstklassigen Ausstellungen und Angeboten aufwarten.

Die FDP-Fraktion wird sich vor dem Hintergrund meiner Ausführungen der Stimme enthalten.

(Beifall des Abg. Tino Günther, FDP)

Die Fraktion der GRÜNEN, bitte; Herr Dr. Gerstenberg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir haben vorhin im Zuge der Regierungserklärung zur Kulturpolitik des Freistaates viel über kulturelle Bildung und gleichberechtigte Teilhabe an der Kultur gesprochen. Deshalb finde ich, dass dieser Antrag heute sehr gut auf die Tagesordnung passt.

Deshalb möchten auch wir, dass dieser Punkt des Wahlprogramms – nicht nur der CDU – schon vor der Wahl erfüllt wird. Wir wollen damit auch Ihnen entgegenkommen, Herr Prof. Mannsfeld, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Bei der Ungebundenheit der heutigen Wählerinnen und Wähler weiß man ja nie, wie solch eine Wahl ausgeht. Wenn Sie heute sagen, wir lassen uns nicht vorführen, wir springen nicht über dieses Stöckchen, wir wollen nicht darüber springen, dann müssen Sie nach der von Ihnen gewünschten klaren Entscheidung vielleicht zur Kenntnis nehmen, dass Sie dann gar nicht mehr darüber springen können. Also stimmen Sie heute diesem Antrag zu und Sie haben einen Punkt erledigt!

(Beifall bei der Linksfraktion)