Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

Ich habe sie nicht darauf aufmerksam gemacht, sondern Frau Nicolaus hat den Brief bis zum Ende zitieren dürfen. Sie hat ihre Redezeit um knapp zwei Minuten überzogen. Was war eigentlich Ihr Antrag, Herr Bartl?

(Zuruf von der Linksfraktion: Dass sie Redezeit kriegt!)

Frau Nicolaus, gehen Sie bitte ans Mikrofon 7.

Es ist von der Sache her bedauerlich, dass ich nicht mehr Redezeit hatte. Darf ich noch etwas klarstellen bezüglich des Antrages zur Aufhebung der Immunität? – Die Mitglieder des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunitätsangelegenheiten hatten das Schreiben der Staatsanwaltschaft vorliegen. Da waren – das war aufgrund der Kürze der Zeit nicht mehr ausführbar – zwei Punkte angehängt, die angeblich abgekoppelt waren.

Es ging um zwei Sachverhalte. Das war einfach nicht richtig. Man hat eine Woche später beide Sachverhalte

nach § 170 eingestellt. Das bedeutet Freispruch, wie vor Gericht. Meiner Ansicht nach wollte man bewusst den Abgeordneten suggerieren, dass noch etwas dahinter kommt, was ganz schwierig wäre, und hat das aufgebauscht. Das finde ich natürlich nicht in Ordnung und wollte es noch einmal klarstellen. Diese Sachverhalte sind nach § 170 eingestellt, wie ein Freispruch vor Gericht.

(Dr. Jürgen Martens, FDP, steht am Mikrofon.)

Eine sachliche Richtigstellung oder ein Redebeitrag?

Weder noch, sondern ein Geschäftsordnungsantrag: Für die FDP-Fraktion beantrage ich eine Auszeit vor der Abstimmung.

Von welcher Länge?

Eine Viertelstunde.

Gut, eine Auszeit vor der Abstimmung.

(Unterbrechung von 20:41 bis 21:04 Uhr)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, wieder Platz zu nehmen. – Herr Dr. Martens, Sie hatten die Auszeit beantragt. Bitte tragen Sie uns jetzt Ihr Ergebnis vor.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Nach dem, was vorhin hier vorgetragen wurde, ist es nicht auszuschließen, dass die Entscheidungsgrundlage, über die das Haus heute befinden muss, eine andere ist als jene, über die man im Geschäftsordnungsausschuss befunden hat. Ob das so ist, vermag ich gegenwärtig nicht endgültig abzuklären und zu verifizieren, sodass wir zwei Möglichkeiten haben, um uns darüber Gewissheit zu verschaffen: entweder die Rücküberweisung in den Ausschuss oder aber die Vertagung aus Fristgründen. Im Hinblick auf die Einfachheit des Verfahrens schlage ich deshalb die Vertagung dieses Tagesordnungspunktes auf den morgigen Tag vor.

Wer möchte zu diesem Antrag Stellung nehmen? – Kollege Lehmann, CDU-Fraktion; bitte.

Herr Präsident! Wir haben uns jetzt in der Auszeit noch einmal mit dem Protokoll der Sondersitzung befasst und festgestellt, dass wir auf der Basis der uns vorliegenden Dokumente korrekt entschieden haben. Das, was jetzt auf der Grundlage anderer Dokumente, die uns nicht zur Verfügung stehen, vorgebracht wird, ist nicht Gegenstand unserer heutigen Befassung. Wir sollten uns an das halten, was wir bereits im Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschuss besprochen haben. Deshalb lehnen wir das Ersuchen auf Vertagung ab.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Herr Bartl, bitte.

Herr Präsident! Wir unterstützen selbstverständlich den Antrag der FDP-Fraktion und machen ihn uns zu eigen.

Die Abgeordnete hat dem Hohen Haus erklärt, dass wenigstens zwei Sachverhalte von dem, was dem Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschuss zur Begründung des Antrages auf Aufhebung bekannt gegeben worden ist, nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt worden seien. Damit ist die Entscheidungsgrundlage, die den Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschuss betroffen hat, eine andere als die, die heute zu entscheiden ist. Wenn dem so ist, was ich nicht weiß, hätte uns ja wohl die Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich informieren müssen, dass sich etwas an dem, was zum Antrag ans Parlament gegenständlich war, geändert hat. Wenn jetzt sehenden Auges, ohne das zu prüfen und ohne der Abgeordneten ohne Begrenzung der Redezeit die Möglichkeit zu geben, hier zu entscheiden, das auf übelste Art durchgezogen wird, verletzt das nach unserer festen Überzeugung Artikel 54 der Verfassung und nimmt jedem, der sich in irgendeiner Form der Verfassung verpflichtet fühlt, die Möglichkeit, dem zuzustimmen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Lichdi, Sie sprechen für die GRÜNE-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist kein alltäglicher Vorgang, wenn der Sächsische Landtag die Immunität einer Abgeordneten aufhebt. Von daher sollte das Verfahren über alle Zweifel erhaben sein. Wir haben jetzt hier diesen Sachverhalt gehört. Wenn eine Fraktion – hier die FDP-Fraktion, und wir können uns anschließen – sagt, sie braucht noch etwas Zeit, um das zu verifizieren, dann würde es dem Stil und einem guten Verfahren entsprechen, wenn diesem Begehren stattgegeben werden könnte.

Ich bitte auch die CDU-Fraktion, ihre Position in dieser Frage noch einmal zu überdenken, um dann gemeinsam zu vertagen und morgen zu einer Entscheidung zu kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Brangs, Sie sprechen für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist das ein Vorgang von besonderer Bedeutung. Die Immunität ist grundsätzlich auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil wir uns dafür einen eigenen Ausschuss und eigene Regelungen gegeben haben.

In der Darstellung von Frau Nicolaus sind Zweifel aufgekommen. Wir als SPD-Fraktion wollen diese Zweifel

ausgeräumt wissen und damit das mildeste Mittel anwenden. Das mildeste Mittel wäre in dem Falle eine Vertagung auf den morgigen Tag.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Flath spricht noch einmal für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Nach der Erklärung unseres Koalitionspartners ist klar, dass wir als Fraktion allein keine Mehrheit haben und demzufolge einer Vertagung auf morgen zustimmen müssen.

Ich will aber die Gelegenheit nutzen, in einer solch schwierigen Angelegenheit darauf zu verweisen, was der Präsident zu Beginn des Tagesordnungspunktes einführend gesagt hat: Es geht hier nicht um eine Bewertung.

Hier sind zahlreiche Vorwürfe zur Sprache gekommen, die die Mitglieder meiner Fraktion in keiner Weise bewerten und einordnen können. Über die Immunitätsfrage haben wir in der Fraktion in letzter Zeit häufig diskutiert. Es gab sicher gute Gründe, zu Beginn, nach der Wiedererrichtung des Freistaates Sachsen aus historischen Erfahrungen heraus diese Immunität in der Verfassung zu verankern.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Im Laufe der Jahre – das möchte ich an dieser Stelle sagen – hat es sich aber zunehmend herausgestellt, dass hier eine Schieflage entstanden ist. In der Bewertung im Land wird die Immunität im Grunde als ein Privileg des Abgeordneten angesehen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Es ist nicht der erste Fall, Herr Prof. Porsch, den wir hier zu beraten haben.

Für den Abgeordneten selbst – und es kann jedem passieren, dass gegen ihn Vorwürfe im Raum stehen – wird es in dem Augenblick zum Nachteil, wenn es vorher eine Berichterstattung in der Presse gegeben hat. Da wir das in dieser Legislaturperiode nicht mehr regeln können, ist meine Anregung, die Sommerpause zu einer Meinungsbildung zu nutzen und zu Beginn der nächsten Legislaturperiode zu einem Ergebnis zu kommen. Ob das noch zeitgemäß ist, ob es bessere Formen gibt, das müssen wir heute nicht bewerten.

Ich will noch einmal zusammenfassen: Nach der Erklärung unseres Koalitionspartners stimmt die CDUFraktion, da sie allein keine Mehrheit hier im Hohen Hause hat, der Vertagung auf den morgigen Tag zu.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wünsche, eigene Darstellungen,

Meinungen mitzuteilen? – Erhebt sich Einspruch, dass ich über den Antrag auf Vertagung, der seitens der FDPFraktion gestellt wurde, abstimmen lasse? – Somit frage ich jetzt: Wer der Vertagung dieses Themas auf den morgigen Tag zustimmt, der melde sich bitte jetzt. – Danke schön. Wer stimmt nicht zu? – Wer enthält sich? – Bei 6 Enthaltungen ist das mit großer Mehrheit so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass sich dieser Ausschuss dann bitte morgen am Rande des Plenums zusammenfindet, um ausstehende Fragen zu klären. Wir werden Ihnen morgen früh bei der Feststellung der Tagesordnung einen Vorschlag unterbreiten, wann wir die vermutlich endgültige Behandlung dieses Themas und die Abstimmung morgen – –

Herr Bartl, bitte.

Herr Präsident! Bei allem Respekt: Wir haben Bedenken, dass das rechtlich möglich ist. Das Plenum hat den Antrag nicht an den Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschuss zurücküberwiesen; er hat keine Selbstbefassungsmöglichkeit oder Ähnliches

mehr; dann hätte zurücküberwiesen werden müssen. Es gibt die Alternativen, die Kollege Dr. Martens für die FDP vorgetragen hat. Jetzt muss es, wie man sagt, eine informelle Meinungsbildung geben, und im Ergebnis der informellen Meinungsbildung muss dann bitte auf der Ebene der parlamentarischen Geschäftsführung – oder wer immer sich verständigt, wenn man es einordnet – oder im Präsidium entschieden werden. Aber ich glaube, der Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschuss hat jetzt keine Mitwirkungsmöglichkeiten mehr.

Einverstanden. – Aber ich möchte noch einmal den Appell wiederholen, der darin bestand, dass wir das in einer menschlich vernünftigen Zeit morgen früh erledigen, damit wir Ihnen bei der Feststellung der Tagesordnung diesen neuen Tagesordnungspunkt zur Abstimmung vorschlagen können. Einverstanden? – Widerspruch? – Nein.