An der Finanzierung scheitert auch die Arbeit im Sächsischen Industriemuseum. Was nützt ein neuer wissenschaftlicher Beirat, den Sie in Ihrer Rede erwähnt und gelobt haben, ein Beirat, der die Industriekultur auf solide theoretische Füße stellen soll, wenn unter diesen Füßen kein sicherer finanzieller Grund ist?
Die jährliche Abschmelzung der Mittel um 7 % macht den Museumsverbund nach und nach arbeitsunfähig. Sie alle kennen dazu die aktuellen Botschaften. Sie wurden hier auch schon genannt. Ich werde sie nicht wiederholen. Aber ich kann einfach nicht akzeptieren, wenn sich CDU wie SPD mit den Aussagen des Koalitionsvertrages herausreden, der diese Abschmelzung nun einmal unabänderlich festschreibe; als ob dies höhere Gewalt sei.
Halten Sie sich doch einfach an eine andere Passage desselben Koalitionsvertrages, nach der die sorgfältige Pflege der überlieferten und gesicherten Werke in Museen selbstverständlich ist. Bitte, so wie Sie gegenüber dem Industriemuseum handeln, werden Sie Ihrer Verantwortung für das industriekulturelle Erbe nicht gerecht.
Die Museumskonzeption – ein ureigenes kulturpolitisches Instrument – ist nach zweijähriger Verzögerung doch noch auf den Weg gekommen. Aber wen wundert es: Den Status eines Kabinettsbeschlusses hat sie nicht. Das Finanzministerium lässt grüßen. Herr Heitmann hat sie heute im Namen der CDU noch einmal ganz und gar infrage gestellt.
Namentlich dem Japanischen Palais wird es nicht sonderlich helfen, wenn ein neuer Ideenwettbewerb ausgeschrieben wird. Ideen dafür liegen seit Jahren auf dem Tisch. Wenn aus den Ideen Realität werden soll, dann ist zuerst ein wichtiger Schritt notwendig: Das Regierungsdogma, dass die Ausstellungsfläche der staatlichen Museen nicht erweitert werden darf, muss fallen. Sonst würde nach der Entscheidung für ein neues Haus der Archäologie das großartige Japanische Palais zu einer Art Eventtempel verkommen.
Herr Heitmann, in diesem Punkt bin ich vollkommen mit Ihnen einig: Ich sehe es auch als dringlich an, für die Ethnographischen Sammlungen und die Naturkundlichen Sammlungen mit ihren hervorragenden Beständen dort neue Ausstellungsflächen zu schaffen.
Ich hätte auch gern am Ende Ihrer Rede geklatscht, wenn Sie nicht diese eigenartigen Ausführungen zur Demokratie gemacht hätten. Ich kann Ihnen nur sagen, diese von Ihnen gewünschte klare Mehrheit in Sachsen wird es genauso wenig geben wie es Klarheit für Dresden im Sinne der CDU gegeben hat.
Meine Damen und Herren! Die Wahrnehmung, aber auch die Interpretation der eigenen Vergangenheit sind Ausgangspunkt für individuelle und kollektive Identitätsentwürfe, auch dafür, für welche Handlungen wir uns entscheiden. Just in diesem wichtigen, aber sensiblen Bereich der Erinnerungskultur haben Staatsregierung und das fachlich zuständige Ministerium jedoch versagt.
Sie haben nur wenig dazu beigetragen, das Bewusstsein für den kategorialen Unterschied zwischen nationalsozialistischer Diktatur und SED-Unrechtsstaat zu schärfen. Der Frage nach der historisch-politischen Einordnung der nationalsozialistischen und der kommunistischen Diktatur und deren jeweiligen Stellenwert in unserer Erinnerungskultur sind Sie aus dem Weg gegangen.
Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen: Es ist peinlich, es ist unverständlich und für mich tief enttäuschend, dass die Stiftung Sächsische Gedenkstätten auch unter den SPD-Staatsministerinnen Barbara Ludwig und Dr. Eva-Maria Stange Spielball machtpolitischer Auseinandersetzungen geblieben ist und dass sie es nicht geschafft haben, die Blockade der CDU aufzulösen.
Der Konflikt mit den Opferverbänden, der dem Ansehen der Stiftung und ganz Sachsens enorm geschadet hat, wurde einfach weitere fünf Jahre ausgesessen.
Es ist ebenso peinlich, dass es sechs Jahre nach der gesetzlichen Errichtung der Stiftung noch immer keine
Die Situation scheint jetzt beinahe noch vertrackter als vorher. Zum Aussetzen der Gespräche mit den ausgetretenen Opferverbänden, der Nichteinbringung der dringend notwendigen Novelle des Sächsischen Gedenkstättengesetzes kommen jetzt noch unglückliche Personalentscheidungen oder besser gesagt Nichtentscheidungen hinzu, die die Arbeitsfähigkeit der Stiftung und damit auch die hier so häufig eingeforderte Bildungsarbeit in Sachsen gefährden. Es stellt sich die Frage, welchen Wert Entscheidungen der Stiftungsgremien haben, wenn sie durch die Staatsregierung durchkreuzt werden. Wir brauchen auch hier, in diesem Bereich der Erinnerungskultur mehr Fachlichkeit, mehr Wissenschaftlichkeit und weniger Staatsnähe und parteipolitische Instrumentalisierung.
Historische Bildung, Geschichts- und Erinnerungspolitik verfolgen hohe Ziele, nämlich das Bewusstsein für die Stärken und die Vorzüge der Demokratie zu wecken und zu vermitteln, dass Freiheit ein besonders hohes Gut ist, und damit gleichzeitig dafür zu sorgen, dass für Unfreiheit und staatliche Repression, für Beschneidung demokratischer Grundrechte und Menschenrechte bei uns kein Platz ist und niemals mehr sein wird.
Angesichts dieser Ziele ist die Stiftung in einem unhaltbaren Zustand. Ich kann nur hoffen, dass sich hier in Kürze grundlegend etwas ändert. Wir werden mit Sicherheit unseren Beitrag dazu leisten, und das nicht nur im 20. Jahr nach der friedlichen Revolution.
Meine Damen und Herren! Kulturelle Bildung ist ein Thema, das höchste Bedeutung verdient. Alle meine Vorredner haben dazu schon gesprochen. Für uns sind in dieser Hinsicht Bibliotheken ein entscheidendes Instrument. Die Schlüsselkompetenz Lesen ist Wegbereiter zu jedem anderen Bildungs- und Kulturgenre. Der Verweis auf die Förderung über das Kulturraumgesetz reicht nicht aus, denn „Bibliothekssterben“ ist nicht nur eine Internetseite, sondern traurige sächsische Realität.
Wir brauchen in Sachsen ein Bibliotheksgesetz, das die Aufgaben der Bibliotheken als Orte von Kultur und Bildung festschreibt.
Meine Damen und Herren! Kunst und Kultur sind das Lebenselixier, das Kreativität, Offenheit und Toleranz, Kommunikation und Intensität fördert. Ohne Kultur wäre Sachsen nur die Hälfte wert. Diese arme Hälfte will ich mir gar nicht vorstellen.
Mit seiner reichen Kultur gewinnt Sachsen Identität und Zukunftsfähigkeit in Zeiten des Wandels. Wir Bündnis
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Ich frage zuerst die Linksfraktion. – Das ist nicht der Fall. Dann die CDU-Fraktion. – Bitte, Prof. Mannsfeld.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für ein Segment der Kulturpolitik – verschiedene Vorredner haben das bereits thematisiert – müssen wir am Ende der Legislatur ohne Umschweife feststellen, dass die erhoffte Rendite hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Ich spreche von dem Kulturaspekt, den die industrielle Entwicklung in Sachsen in den vergangenen reichlichen 150 Jahren an Zeugnissen und Denkmalen hinterlassen hat.
Das industrielle Erbe unseres Landes, das im gesamtdeutschen Kontext immer noch dazu führt, Sachsen als ein Pionierland der Industrie- und Wirtschaftsentwicklung einzuordnen, gilt es zu bewahren und im öffentlichen Bewusstsein als notwendigen Kontrapunkt zu oft einseitiger Betrachtung der Hinterlassenschaft von Barock, Renaissance oder Klassizismus zu sehen. Denn das industrielle Erbe ist ein wesentliches und identitätstiftendes Element in unseren Städten oder gar ganzen Landstrichen.
Am Anfang der Legislaturperiode bestand womöglich noch begründete Hoffnung, dass das Industriemuseum Chemnitz und der mit ihm kooperierende Zweckverband entscheidende Entwicklungsimpulse vermitteln kann. Doch die Handlungsfähigkeit dieses Verbundes auf der Basis der bestehenden Finanzierungssystematik blieb begrenzt, und so gelang es nicht, seine Rolle als Nukleus für die museale Aufarbeitung, Dokumentation und Vernetzung von Angeboten aus dem industriell-technischen Bereich in dem erhofften Maße zu spielen. Wir haben hier einiges zu diesen Grundlagen, speziell zu dem Vertrag, gehört. Dies lässt darauf schließen, dass man sich als Redner nicht so übermäßig mit den Grundlagen dieser Konstruktion beschäftigt hat. Aber das lassen wir lieber außen vor.
Angesichts der Erfahrungen mit diesen Festlegungen haben die Koalitionsfraktionen im Januar 2007, somit vor rund zweieinhalb Jahren, einen Antrag in den Geschäftsgang eingebracht, der den Titel trug: „Technik aus der Vergangenheit für die Zukunft – Industriekultur in Sachsen fördern“. Trotz der Benennung einer großen Anzahl von Akteuren und Aktivitäten in der Antwort konnte nicht übersehen werden, dass die Staatsregierung noch keinen fest umrissenen Weg weisen konnte, wie das Erbe industriegeschichtlicher Traditionen besser erfasst, katalogisiert
Ein reichliches Jahr später hat die FDP-Fraktion die Forderung nach einem Landesmuseum für Industrie- und Technikgeschichte erhoben. Aber auch dieser Forderung konnte nicht zugestimmt werden. Dies hätte bedeutet, die Erfordernisse für Erhalt, Vermarktung und Pflege der sächsischen Industriekultur ausschließlich in die Verantwortung des Staates zu legen.
Jetzt steht das bestehende Industriemuseum – wie man lesen konnte und bereits mehrfach angesprochen wurde – vor finanziellen Schwierigkeiten, die aber – das muss ich ausdrücklich erklären – nicht von der bekannten degressiven Landesfinanzierung herrühren. Vielmehr ist die Stadt Chemnitz in ihrer Philosophie bisher davon ausgegangen, dass bei einem geringeren Beisteuern vom Freistaat die Stadt es ebenso handhaben kann, obwohl jeder die Konditionen kannte. Angesichts der Tatsache, dass es sich um eine eigene städtische Institution, ein städtisches Museum, handelt, ist dies durchaus eine fragwürdige Position. Dass man die Beschlusslage eigentlich bis jetzt noch nicht ganz verstanden hat, belegt eine aktuelle Mitteilung der Stadt Chemnitz. Sie will nun von dem in Rede stehenden Fehlbetrag 50 % übernehmen. Erwähnt sei hierzu auch die Stadt Crimmitschau, welche ebenfalls bereit ist, etwas beizusteuern, und erwartet jetzt, dass das Land die übrigen 50 % beisteuert.
Auf diese Weise gefährden wir das zarte Pflänzchen Industriemuseum und Zweckverband nur noch mehr. Denn selbst wenn am kommenden Montag ein wissenschaftlicher Beirat am Industriemuseum gebildet wird, bleibt die Erweiterung des Denkansatzes in Richtung Industriekultur unbestritten. Das sollte das Ziel für die kommenden Jahre sein.
Da wir vorhin schon vom Kollegen Heitmann ganz nachdrücklich dargestellt und auch begründet bekamen, dass es im bundesdeutschen Vergleich kein Flächenland gibt, welches so viel für die Kultur ausgibt, muss man auch einmal bereit sein, eine Konstruktion anzuerkennen, deren Finanzierungsbedingungen von Anfang an – spätestens seit 2004 – klar und ablesbar waren, und dass Unterstützungen des Staates für solche kulturellen, wenn auch wichtigen Belange Grenzen haben.
Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, werden wir am Ende der Legislaturperiode keine befriedigende Lösung mehr erreichen können. Ich erkläre aber ausdrücklich für meine Fraktion, dass die wiederholt begründete Notwendigkeit für das Thema Industriekultur in Sachsen und seine museale Aufarbeitung, die Bestimmung seines Kernbestandes, Präsentation, Marketing, touristische Umsetzung und die damit verbundenen Möglichkeiten der Vermittlung von Zeugnissen der Industriegeschichte an die junge Generation wichtige Aufgabenfelder für die neue Wahlperiode des Landtags sein müssen. Hierzu liegen nun bereits verschiedene praktikable Überlegungen
vor, die von einem Kompetenzzentrum Industriekultur über die Gründung einer gemeinnützigen GmbH bis zur Stiftung Sächsische Industriekultur reichen.
Das ist eine Stiftung, in welcher Wirtschaftsbetriebe – gestatten Sie mir bitte einen Nebensatz: Die Wirtschaft hat sich in diesem Konstrukt in den letzten Jahren sehr stark zurückgehalten –, Gemeinden und Landkreise sowie das Land ihre gemeinsame Verantwortung wahrnehmen können. Dabei ist auch zu prüfen, wie und in welcher Form die verdienstvollen Vorarbeiten des Industriemuseums und seines Zweckverbandes integriert werden.
Im Übrigen: Wenn das Modell einer Stiftung weiterverfolgt wird, darf auch daran erinnert werden, dass schon eine Kulturstiftung existiert, die möglicherweise eine solche zusätzliche Aufgabe übernehmen könnte.
Meine Damen und Herren! Die kulturpolitische Debatte sollte auf jeden Fall Anlass sein, auf eine Schwerpunktaufgabe hinzuweisen, für die in den nächsten Jahren unbedingt eine konstruktive Lösung gefunden werden muss.
Ziemlich am Ende dieser Debatte zur Kulturpolitik erlaube ich mir auch die bilanzierende Aussage, dass Kulturpolitik in Sachsen durch das Wirken der Koalition auf gutem Wege gewesen ist. Es ist für mich kein Feld zu sehr vordergründiger Profilierung.
Möchte von den Fraktionen, die noch Redezeit haben, jemand das Wort ergreifen? – Das ist nicht der Fall. Dann erhält Frau Staatsministerin Stange das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir ein kurzes Wort zum Abschluss. Ich möchte mich zunächst ganz herzlich nicht nur für die Lobesworte bedanken, sondern auch für die Anregungen, die aus der Diskussion zur weiteren Umsetzung der Kulturpolitik in Sachsen gegeben wurden. Ich habe fraktionsübergreifend ganz viele Gemeinsamkeiten in den Ansätzen gefunden, auch für eine gemeinsame Fortsetzung.
Ich möchte auf einige wenige Punkte eingehen, um sie einfach nicht im Raum stehen zu lassen. Herr Külow, der Rahmenvertrag mit den Anwälten der Wettiner – sprich mit den Wettinern – ist zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden. Dieser Rahmenvertrag beinhaltet, dass man nun in den nächsten Jahren in einem geordneten Verfahren am Ende des Prozesses zu einem Abschluss der Verhandlungen kommt. Aber der Rahmenvertrag, den Sie erwähnt haben, ist abgeschlossen worden.
Ein zweiter Punkt. Das Japanische Palais ist, Herr Gerstenberg, Teil der Museumsfläche. Es bedarf demnach dort keiner Nachkorrektur, es sei denn, es stellt jemand streitig, was ich aber derzeit nicht sehe.