Protokoll der Sitzung vom 19.04.2005

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst ist eines der zentralen Ressorts, das wesentlich über die Zukunft unseres Landes und unserer Kinder zu entscheiden hat. Fest steht – darin sind wir uns in diesem Plenum sicherlich alle einig –, dass wir möglichst vielen Jugendlichen beste Chancen und Bedingungen für ein Studium wünschen. Eine international wettbewerbsfähige Ausbildung ist der beste Schutz

vor Arbeitslosigkeit und damit die beste Arbeitsmarktpolitik, die wir in Sachsen verfolgen können.

(Beifall bei der FDP)

Wir Sachsen brauchen noch mehr bestmöglich ausgebildete Studenten, die hier in Sachsen ihr Studium abschließen können und wollen, denn unsere Wirtschaft und Gesellschaft brauchen viel gut ausgebildete junge Menschen, um sich weiterentwickeln zu können.

In kurzer Frist wird der bisherige Wachstumskurs der sächsischen Wirtschaft von einem zunehmenden Fachkräftemangel behindert werden. Der vorliegende Haushaltsplan für den Doppelhaushalt 2005/2006 lässt jedoch für unsere Fach- und Hochschulen keinen finanziellen Spielraum für die erforderlichen Qualitätsverbesserungen.

Die Universitäten und Fachhochschulen haben durch den Hochschulkonsens eine kurzfristige Planungssicherheit bis zum 31.12.2010, werden aber durch dieses enge Korsett von Sparmaßnahmen in ihrer erforderlichen Weiterentwicklung gebremst und eingeengt. Neue Aufgaben, wie die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen – im Übrigen eine der größten Reformen der Studienganggestaltung –, binden zusätzlich viele hochschulinterne Ressourcen. Fakt ist, dass wir dringend mehr finanzielle Mittel für die Fach- und Hochschulen brauchen, um langfristig international konkurrenzfähig als Wissenschaftsstandort Sachsen zu sein.

Der vorliegende Doppelhaushalt schafft nicht die Grundlagen für eine Qualitätsverbesserung in Forschung und Lehre, sondern führt bestenfalls zur Stagnation in der Entwicklung des Hochschulwesens im Freistaat Sachsen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns gemeinsam die Effizienz der Hoch- und Fachschulen in Sachsen verbessern. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es nicht zu akzeptieren, dass fast die Hälfte der Studenten, die pro Jahr ihre Universität in Sachsen aus welchen Gründen auch immer verlassen, keinen ordentlichen Abschluss vorweisen können. Eine so niedrige Effizienz bei der Ausbildung können und wollen wir uns nicht leisten.

(Beifall bei der FDP)

Hinter jedem Studenten, der sein Studium abbricht, verbergen sich ein persönliches Schicksal, ein Verlust für die Wirtschaft und für die öffentlichen Haushalte. Dieser Verlust, meine Damen und Herren, wiegt viel schwerer als die Kosten für die dringend benötigte bessere Studienberatung, bessere Lehrbedingungen und Fortschritte in der internationalen Ausgestaltung der Studiengänge. Auch hier setzt der vorliegende Doppelhaushalt keine Zeichen, sondern hält nur allzu oft Streichungen parat. Zukunftsweisende Themen wie autonome Hochschulen, vielleicht auch als Stiftungsuniversität mit mehr Freiheiten bei der Personalauswahl, eigene Budgethoheit und selbständige Auswahl der Studenten könnte ohne Kostensteigerung zu mehr Effizienz und besserer Qualität in Forschung und Lehre führen. Aber auch hier lässt der Haushalt keine Anzeichen in dieser Richtung erkennen.

In Sachsen existieren aber auch hoch effiziente Einrichtungen für die Studenten. Kollege Wöller hat sie angesprochen: die Berufsakademie Sachsen, Einrichtungen,

wo fast jeder Absolvent innerhalb eines Jahres einen Arbeitsplatz bekommt, mit weniger als einem Prozent Abbrecherquote und einer Studiendauer von drei Jahren. In Sachsen existiert im tertiären Sektor keine vergleichbare Bildungseinrichtung, die so effizient und so hart an der Praxis ausbildet wie die Berufsakademie Sachsen.

Vor allen Dingen durch die Regionalisierung eröffnen die jeweiligen staatlichen Studieneinrichtungen, so zum Beispiel in Bautzen oder in Breitenbrunn, jungen Menschen auch in strukturschwachen Regionen eine Ausbildung, ohne den Wegzug aus ihrer Heimat anzutreten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie reagiert denn die Staatsregierung auf die sowohl durch die Studenten als auch von der sächsischen Wirtschaft akzeptierte Ausbildung an der Berufsakademie Sachsen? Der erste Vorschlag der Koalition war nicht nur an der Realität – wir haben steigende Studienzahlen und steigende Nachfrage – vorbei, sondern diskreditiert die sehr gute Arbeit an der Berufsakademie Sachsen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind etwa 30 Dozentenstellen aufgrund fehlender finanzieller Mittel unbesetzt.

Vor diesem Hintergrund hat die Koalition immerhin das Budget aufgestockt, jedoch nicht, wie ein Beschluss des Sächsischen Landtages aus dem Jahr 2002 vorgesehen hat, auf 4 500 Studenten, sondern abweichend auf 4 400 Studenten. Ich füge hinzu, wir haben jetzt mehr als 4 500 Studenten an allen staatlichen Studienakademien in Sachsen. Von dem Ausbauwunsch, der damals beschlossen wurde – Steigerung auf 5 000 Studenten –, scheint die Koalition sogar ganz abgerückt zu sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP-Landtagsfraktion möchte vor dem Hintergrund der positiven Entwicklung der Berufsakademie Sachsen – Herr Wöller scheint ja diese Auffassung zu teilen – die Finanzausstattung deutlich verbessern. Gegen den vorliegenden Haushaltsentwurf sollen den Berufsakademien in Sachsen insgesamt 37,6 Millionen Euro, das entspricht 3,8 Millionen Euro mehr als im Budgetansatz der Koalition, zur Verfügung gestellt werden. Auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion, Drucksache 4/0824, antwortete die Staatsregierung, dass der Bedarf der sächsischen Wirtschaft, die ja die Studenten im Rahmen der dualen Ausbildung im praktischen Teil betreut, um fast ein Viertel höher ist, als derzeit ausgebildet werden können, das heißt mit den vorhandenen Kapazitäten.

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie aus Ihrer Verantwortung gegenüber der jungen Generation, dem Änderungsantrag, den ich hier gleich mit einbringen möchte, der FDP-Landtagsfraktion zur Budgeterhöhung der Berufsakademie Sachsen zuzustimmen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Insgesamt ist der Einzelplan 12 nicht vom Gestaltungswillen der Regierungskoalition hin zu einem hervorragenden Bildungs- und Technologiestandort in Europa geprägt, sondern durch die buchhalterische Verwaltung des finanziellen Mangels. Der vorliegende Einzelplan 12 gefährdet die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Sachsen. Deshalb lehnt die FDP-Landtagsfraktion den vorliegenden Einzelplan 12 ab.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Ich rufe die Fraktion der GRÜNEN auf. Frau Abg. Herrmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unsere Fraktion begrüßt die Anhebung der Mittel im Einzelplan 12 von 1,608 Milliarden Euro auf 1,766 Milliarden Euro. Trotz der erheblichen Mehraufwendungen ist keine konsistente Strategie im Wissenschafts- und Kulturbereich zu erkennen. Die Fortsetzung der bisherigen Ansätze ist weder nachhaltig noch offen für neue Aufgaben in der Zukunft. Wie die Mittel insbesondere im Bereich der Hochschulen konkret umgesetzt werden, bleibt hauptsächlich eine Frage kommender Hochschulreformen. Die konkrete Ausgestaltung von Hochschulautonomie oder von Globalbudgets wird unsere intensive Begleitung erfordern. Trotz der Mehraufwendungen im Einzelplan 12 erkennt unsere Fraktion sowohl erhebliche als auch unverständliche Fehlentscheidungen in diesem Haushaltsentwurf. Ich will hier jedoch nur einige dieser Punkte ansprechen, die sich auch in unseren Änderungsanträgen wiederfinden und mit denen wir Position beziehen.

Unsere Anträge verdeutlichen den Anspruch der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, „Lebenslanges Lernen“ zu einem Hauptthema der laufenden Legislatur zu machen. Im alten Haushaltsentwurf, meine Damen und Herren, war das Wiedereinstiegsprogramm gestrichen. Dieses Programm dient vor allem der Förderung junger Mütter, denn sie bleiben nun einmal nach der Babypause zu Hause. Ein Drittel der Akademikerinnen wird nach Angaben der „Zeit“ niemals Mutter, nicht, weil sie keine Kinder wollen, sondern weil Kinder Jobverlust, Karriereknick oder gar das Ende einer Karriere in der Wissenschaft bedeuten können. Eine höhere Qualifikation zum Beispiel durch eine Promotion sichert aber ganz klar bessere Berufs- und Karrierechancen. Wir begrüßen deshalb die Wiederaufnahme des Programms. Das Wiedereinstiegsprogramm schließt eine Lücke im Stipendien- und Fördersystem, das nach wie vor sehr auf geradlinige lückenlose Wissenschaftsbiografien orientiert ist. Wir wollen aber für dieses Programm einen eigenen Haushaltstitel. Der Erfolg des Programms in der Vergangenheit gibt uns Recht. Etwa 80 Prozent der Geförderten konnten ihre Forschungsvorhaben zu Ende führen. Das Programm trägt so vor allem und überwiegend zur dringend notwendigen Förderung von Frauen in der Wissenschaft bei.

Die von der Koalition angestrebte Deckungsfähigkeit innerhalb der Titelgruppe Graduiertenförderung ist nicht sicher. Welche Kriterien und Mechanismen gibt es bei der Vergabe dieser Mittel? Ein echtes Bekenntnis zum Wiedereinstiegsprogramm braucht Klarheit und eine verlässliche Bereitstellung der Mittel. Darüber hinaus ist mittelfristig eine Ausweitung dieses Programms anzustreben, wenn wir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch und gerade in der Wissenschaft anstreben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lebenslanges Lernen, meine Damen und Herren, steht im engen Zusammenhang mit der Qualitätsentwicklung im frühpädagogischen Bereich und der damit verbundenen breiten Ausbildung der Erzieherinnen auf Hoch

schulniveau, wie sie von der Staatsregierung nun endlich angestrebt wird. Die Rückführung der Zuschüsse an die Evangelische Fachhochschule um 100 000 Euro im Jahr 2005 und 250 000 Euro im Jahr 2006 ist deshalb und angesichts des einzigartigen Profils dieser Hochschule nicht nachvollziehbar.

Die Evangelische Fachhochschule für Soziale Arbeit Dresden betreibt neben den klassischen Studiengängen zur sozialen Arbeit Weiterbildung für Erzieherinnen und Erzieher sächsischer Kindertagesstätten auf Fachhochschulniveau. Die derzeitigen Ressourcen sächsischer Universitäten und Fachhochschulen zur Erfüllung des Auftrags des SMS, sächsische Kita-Leiterinnen verpflichtend auf Fachhochschulniveau auszubilden, wird nach Angaben des Ministeriums als unzureichend betrachtet. Dennoch will Frau Ministerin Orosz an die Spitze der frühpädagogischen Förderung in Deutschland. In der „FAZ“ stellte sie dazu am 30. März 2005 fest: „Wenn uns der Durchbruch zur Akademisierung gelingt, sind wir die Ersten in Deutschland auf diesem Feld.“ Wie Wunsch und Wirklichkeit der Ministerin zusammengehen sollen, ist uns angesichts der Kürzungsentscheidungen bei der Evangelischen Fachhochschule schleierhaft.

Die Evangelische Fachhochschule verfügt seit 23. März 2005 über ein Institut für Frühpädagogik, dessen Ziel die Praxisentwicklung und Forschung im Bereich der Frühpädagogik ist. Die Hochschule baut mit ihren Kooperationspartnern dieses Institut auf. Die Struktur des Instituts für Frühpädagogik kann eine institutionelle Verbindung von Ausbildung, Forschung und Vernetzung der teilnehmenden Kindertagesstätten gewährleisten. Damit könnte das Institut eine Schlüsselfunktion für die Qualitätsentwicklung der sächsischen Kindertagesstätten übernehmen.

Die Robert-Bosch-Stiftung hat die Evangelische Fachhochschule als einzige Hochschule in Sachsen für die Förderung des Aufbaus eines entsprechenden Zentrums ausgewählt. Damit steht eine Förderung im Umfang von 100 000 Euro pro Jahr in den nächsten fünf Jahren in Aussicht. Bedingung der Förderung ist neben fachlicher Qualität, die die Hochschule nachweist, allerdings zweierlei: erstens keine Parallelstruktur in Sachsen, sondern eine Vernetzung der Initiativen, und zweitens eine klare ideelle und finanzielle Förderung durch den Freistaat. Die im Haushaltsentwurf vorgesehenen Kürzungen gefährden die Aufrechterhaltung des Studienbetriebs und den vorgesehenen Umbau der Hochschule. Wir halten das für einen großen Fehler.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine politisch und haushaltstechnisch bedenkliche Entwicklung zeigt sich bei den Studentenwerken. Die angestrebte Deckung von Wohnheimbauten durch die Mensenversorgung ist eine unakzeptable Mehrbelastung der Studentenwerke. Die einseitige Deckungsfähigkeit ist haushaltstechnisch bedenklich, da konsumtive und investive Mittel deckungsfähig gemacht werden. Wir haben im Ausschuss einen Antrag gestellt, die einseitige Deckungsfähigkeit aufzuheben, denn eine inhaltliche Deckungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn Wohnheimsanierungen und Mensenzuschüsse deckungsfähig gemacht werden. Die Koalition hat diesem Antrag leider nicht zu

gestimmt. Wir halten das für falsch. Jetzt droht bei Überschreitung der Investitionsausgaben eine Kürzung der Zuschüsse für die Mensenversorgung. Letztendlich werden die abzusehenden steigenden Kosten für das Mensaessen an das letzte Glied der Kette weitergegeben, an die Studenten.

Meine Damen und Herren, bereits mit unserem Antrag zur Entwicklungszusammenarbeit als dauerhafte Aufgabe des Freistaates Sachsen haben wir Anfang des Jahres die Bedeutsamkeit des Programms „Stube“, des Studienbegleitprogramms für Studierende aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Südosteuropa möglich gemacht. Dieses außeruniversitäre bundesweite Programm bietet Studierenden, besonders jenen, die über kein Stipendium verfügen, zahlreiche Hilfestellungen an. Es ist nach der Definition des Ökumenischen Informationszentrums auch deshalb wichtig, weil „man Brücken bauen muss zwischen dem in Westeuropa erworbenen Wissen und den Bedingungen vor Ort. Die Studierenden dürfen den Kontakt zur Situation in ihren Heimatländern nicht verlieren, damit nach dem Studium eine gelungene Reintegration stattfinden kann.“ Bis in den Haushalt 2002 waren im Titel Entwicklungszusammenarbeit für das StubeProgramm 51 100 Euro eingestellt. Anfang des Jahres haben Sie unserem Antrag zur Entwicklungszusammenarbeit als dauerhafte Aufgabe zum Teil zugestimmt und unsere Vorschläge in den Haushalt eingearbeitet. Derzeit sind 25 000 Euro dafür vorgesehen. Das ist ein Kompromiss. Wir hätten uns mehr gewünscht.

Im Kulturbereich begrüßen wir die Anhebung der Kulturraumförderung um zehn Millionen Euro als ermutigendes Zeichen in Zeiten allgemeiner Sparwut. Bund, Länder und Gemeinden haben seit 2001 ihre Kulturausgaben deutlich zurückgefahren. Wir werden jetzt darauf achten, dass die Kommunen die Aufstockung der Landesmittel nicht zur Abschmelzung ihrer Anteile nutzen, denn Kulturpflege ist und bleibt in der Regel eine kommunale Aufgabe. Dass die Sorge berechtigt ist, zeigt die Antwort des SMWK auf unsere Anfrage im Vorfeld der Haushaltsberatungen. In den Kulturräumen haben einige kommunale Träger aufgrund steigender Zuwendungen des Kulturraums die direkten Zuschüsse für ihre Einrichtungen 2005 entsprechend verringert. Das bedeutet, dass in den Kulturräumen insgesamt voraussichtlich nicht mehr Mittel als 2004 für die Kulturpflege zur Verfügung stehen. Wir stellen uns deshalb hinter die Formulierungen aus dem Jahresbericht 2004 des Deutschen Kulturrates, dem Spitzenverband, welcher den Bund, die Länder und die Gemeinden auffordert, die kulturelle Daseinsvorsorge zu gewährleisten.

Ein weiterer Antrag im Rahmen unseres Schwerpunktes „Lebenslanges Lernen“ und kulturelle Bildung gilt der Erhaltung der Fachstellen für öffentliche Bibliotheken. Sie sind unverzichtbarer Bestandteil eines funktionierenden Bibliotheksnetzes im Freistaat Sachsen. Mit der Schließung der Fachstellen gehen die wichtigsten Koordinierungsund Weiterbildungseinrichtungen für etwa 600 Bibliotheken in Sachsen verloren. Die Abschaffung der drei Stellen oder auch die Reduzierung auf nunmehr eine Stelle bedeutet nach Aussage des SMWK, dass mit einem Qualitätsverlust gerechnet werden muss. Besonders im Interesse der zirka 300 ehrenamtlich betriebenen

Bibliotheken sollten die drei Fachstellen mit regionalem Bezug erhalten bleiben. In zahlreichen Briefen, die den Landtag erreicht haben, weisen die Bibliotheken aus dem ländlichen Raum und aus kleineren Kommunen darauf hin, dass die Fachstellen die einzigen fachlich-regionalen Ansprechpartner sind und es auch bleiben müssen. Der ehemalige Staatsminister Prof. Dr. Meyer führte an diesem Pult aus: „Die Fachstellen ermöglichen gerade kleineren Kommunalbibliotheken, im Zusammenwirken mit anderen überhaupt zu existieren, weil Aufgaben, die sich zeitlich-punktuell ergeben – und es wäre gar nicht möglich, Personal für bestimmte Aufgaben einzustellen – von staatlichen Beratungsstellen übernommen werden. Ich sehe diese große Bedeutung.“ Offensichtlich wird sie heute nicht mehr in diesem Maße gesehen.

Meine Damen und Herren, wir wissen um den Wert informeller Bildung. Bildung findet wesentlich auch außerhalb etablierter Einrichtungen und Institutionen statt. Deshalb setzen wir uns für die Erhaltung der WilhelmOstwald-Gedenkstätte in Großbothen ein. Wir beschränken jedoch unseren Antrag auf die bisherige Fördersumme von 50 000 Euro, die ausreicht, um die Gedenkstätte für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In der Umsetzung des nunmehr vorliegenden integrativen Konzepts erscheint eine stärkere Anbindung an die Universität Leipzig oder gar eine Übernahme durch die Universität wünschenswert.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der PDS)

Meine Damen und Herren, es ist noch Diskussionsbedarf von den Fraktionen angezeigt worden. Ich frage die CDU-Fraktion. – Nicht. Die PDS-Fraktion? – Herr Dr. Külow, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Unterkapitel Kunst und Kultur im Koalitionsvertrag beginnt mit dem programmatischen Verweis auf die einzigartige Dichte der Kulturlandschaft in Sachsen. Dieser zutreffenden Feststellung folgen Leitlinien der schwarz-roten Kulturpolitik, denen mit Ausnahme der Bemerkung zur Stiftung Sächsische Gedenkstätten auch die PDS-Fraktion zustimmen kann. Damit unterscheidet sich dieser Abschnitt zunächst wohltuend von den meisten anderen Passagen der Koalitionsvereinbarung. Auch die konkreten Festlegungen im Bereich der Kultur, dem eine Summe von 183 Millionen Euro im 1,76 Milliarden Euro umfassenden Etat des SMWK zugebilligt wurde, sind auf den ersten Blick durchaus positiv einzuschätzen. Dazu zählt insbesondere der erhöhte Finanzzuschuss von zehn Millionen Euro für das Kulturraumgesetz, der nach der 1994 erfolgten Deckelung allerdings längst fällig war.

Mit dieser Ausstattung bleiben die Kulturräume noch immer erheblich von den 100 Millionen Euro entfernt, die wir in der Vergangenheit gefordert haben. Diesen Betrag halten wir weiterhin für notwendig, um die zunehmende Aushöhlung des Kulturraumgesetzes bzw. die mitunter schon einsetzende „Kannibalisierung“ zwischen den einzelnen Kulturräumen und Kultursparten auf Dauer zu verhindern.

Insofern ist die im Koalitionsvertrag bekundete Absicht zu begrüßen, gemeinsam mit den Kulturräumen und unter Einbeziehung des Kultursenats ein nachhaltiges kulturpolitisches Entwicklungskonzept für Sachsen zu erarbeiten. Die PDS-Fraktion fordert das schon lange.

Die in diesem Kontext und mit Blick auf die Theaterund Orchesterlandschaft sowie die sächsische Museumslandschaft geforderte Erhöhung der Effizienz lässt allerdings wenig Gutes erahnen. Hier verrät eine ökonomische Sprache künftige Einsparungen, wie sie beim Sächsischen Industriemuseum bereits festgelegt sind. Möglicherweise werden auf diese Weise einstige Vorzeigeprojekte, wie zum Beispiel das Haus der Archäologie, sogar diskret beerdigt bzw. in museologische Zombies verwandelt. Im Doppelhaushalt sind jedenfalls keine Mittel für diese Vorhaben eingestellt.

Bei einigen Neuerungen des Doppelhaushalts bleibt zunächst abzuwarten, wohin die kulturpolitische Reise künftig geht. Dazu zählen wir den Übergang der Allgemeinen Kunst- und Kulturförderung auf die Sächsische Kulturstiftung. Zweifellos geht damit parlamentarische Transparenz verloren. Wir sind aber durchaus offen für etwaige positive Entwicklungen in dieser Richtung, werden jedoch in nächster Zeit genau hinsehen, ob die übertragenen Förderaufgaben wirklich bewältigt werden.

Eine kritische und zugleich engagierte Unterstützung durch die PDS erfährt selbstverständlich auch die Bewerbung von Görlitz als „Kulturhauptstadt Europa 2010”,

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

deren visionäre Kraft unbedingt vom ganzen Land getragen werden muss. Die vom Freistaat zugesagten 200 000 Euro an finanzieller Unterstützung und die gestern erfolgte Weglobung des Regierungssprechers zum Sonderbeauftragten für die Kulturhauptstadtbewerbung lassen allerdings Zweifel aufkommen, ob die Staatsregierung dieser Aufgabe gerecht wird und ob Sachsen vor Beginn der Entscheidungsphase wirklich optimal aufgestellt ist.

Noch kritischer, ja, völlig verständnislos betrachtet die PDS eine Reihe von haushaltspolitischen Entscheidungen der Staatsregierung, die in den letzten Wochen und Monaten zu Recht auf viel Widerstand gestoßen sind. Da ist zum einen die ursprünglich geplante Auflösung der Staatlichen Fachstellen für Öffentliche Bibliotheken, deren Mitarbeiter ich hier auf der Gästetribüne ganz herzlich begrüßen möchte. Der nunmehr angekündigte Erhalt nur noch einer Fachstelle gegenüber bislang drei regionalen Filialen wird bedauerlicherweise das Bibliothekssterben insbesondere im ländlichen Raum einläuten. Die PDS-Fraktion wird daher einen entsprechenden Änderungsantrag einbringen. Ihre hehren Worte vorhin, Herr Dr. Wöller, kann ich in diesem Zusammenhang nur als Heuchelei bezeichnen.

Als noch verheerendere Maßnahme – das ist gerade schon ausgeführt worden – erwies sich die Streichung jeglicher finanzieller Unterstützung für die Wilhelm-Ostwald-Gedenkstätte, die bekanntlich inzwischen geschlossen ist.