Lieber Herr Kollege Zastrow, können Sie sich an irgendeinen Antrag erinnern, den die NPD in den Fachausschüssen eingebracht hätte? – Ich nicht.
In meinem Ausschuss haben sie die Anträge eingebracht, aber ich glaube, alle Anträge wurden nur im Finanzausschuss eingebracht. Das ist
sehr ungewöhnlich, denn eigentlich sollte man die Diskussionen schon auch in den Fachausschüssen führen.
Denn ich sage Ihnen ganz offen: Ich selbst, Herr Apfel, bin nicht Fachmann für alle diese Themenbereiche, die wir hier behandeln, und ich muss ganz ehrlich sagen – auch im Finanzausschuss –: Ich traue es mir gar nicht zu, mir über all das, was Sie da beantragt haben, ein ordentliches Urteil zu erlauben, sondern da vertraue ich sehr dem, was meine Fachpolitiker in den anderen Ausschüssen machen. Warum Sie das nicht machen, Herr Apfel, verstehe ich nicht. Das ist sehr unfair, auch gegenüber den anderen Parlamentariern in diesem Hause.
(Heinz Eggert, CDU: Weil der Apfel seinen Leuten nicht vertraut! – Vereinzelt Beifall bei der FDP, der CDU, der PDS, der SPD und den GRÜNEN – Widerspruch bei der NPD)
Eines wünsche ich mir wirklich einmal: Sie sind genauso neu im Parlament wie wir. Auch wir tun uns manchmal noch schwer, wenn wir hier vorn stehen und eine Rede halten müssen, aber wir lassen zum Beispiel noch Zwischenfragen zu. Ich würde mir gern wünschen, dass es auch Ihre Kollegen oder Sie selbst tun. Ich habe es mal von Herrn Leichsenring und auch von Herrn Dr. Müller gesehen, aber ansonsten nicht. Vielleicht bemühen Sie sich auch; das gehört auch zur Kultur in diesem Haus.
(Vereinzelt Beifall bei der FDP – Uwe Leichsenring, NPD: Was Sie über Kultur reden – also bitte! – Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD: Viel zu feige!)
Ich bin im Kulturausschuss der Stadt Dresden und engagiere mich dort. Ich kann von Kultur reden. – Aber vielleicht fange ich jetzt einmal an.
Die sächsische Finanzpolitik war bisher immer ein Aushängeschild des Freistaates Sachsen. Sie wurde auch im Chor der anderen Länder oft gelobt, und ich muss sagen, wenn man die Zahlen so sieht – sinkende Nettokreditaufnahme –: Wir sind das Land, in dem am meisten investiert wird. Wir haben eine beispielhafte Investitionsquote von 22 % und wir zahlen pro Einwohner und Jahr nur 137 Euro Zinsen für die Schulden, die wir haben. Ich glaube, andere ostdeutsche Länder müssen den dreifachen Betrag berappen.
Eines möchte ich Ihnen ganz klar sagen, vor allem an Sie gerichtet, Herr Dr. Metz: Sie verdienen für diese Art der Finanzpolitik insgesamt unseren Respekt. Das ist eine gute Basis auch für die weitere Arbeit hier in diesem Lande. Allerdings, das sei mir gestattet, verstehen wir nicht: wieso Sie sich als CDU jetzt so langsam von dem Grundsatz der soliden Haushaltsführung verabschieden. Wenn ich mich recht erinnere, hatten Sie vor, einen aus
geglichenen Haushalt bis zum Jahr 2007 vorzulegen. Neuerdings, habe ich gesehen, soll dies erst im Jahr 2009 – vielleicht – sein. Wir halten das für einen Fehler. Wir denken, dass Sie falsche Konzessionen an ihren neuen Koalitionspartner, die SPD, machen.
Noch etwas: Sie hatten im Wahlkampf angekündigt, dass Sie die Staatsverschuldung für diesen Doppelhaushalt auf gerade einmal 300 Millionen Euro begrenzen wollen. Herausgekommen sind 600 Millionen Euro. 300 Millionen Euro sind also der Preis, den der sächsische Wähler für dieses Bündnis der Wahlverlierer zahlen muss. Meine Damen und Herren, das ist uns zu teuer.
Herr Milbradt, ich habe viele sehr interessante Dinge in Ihrer Regierungserklärung gehört. Das ging aus meiner Sicht ein bisschen weit über das, was eigentlich einen Haushalt ausmacht, hinaus. Aber es waren durchaus viele überlegenswerte Sachen enthalten. Wenn ich aber sehe, welche Weichen Sie in diesem Staatshaushalt stellen, muss ich sagen: Diese Weichenstellung, die Sie in Ihrer Rede angesprochen haben, kann ich in diesem Staatshaushalt nicht erkennen. Das Einzige, was ich sehe, ist eine aus meiner Sicht relativ fantasielose Rotstiftpolitik. Eine Rotstiftpolitik, die genau an den falschen Stellen Kürzungen vornimmt und notwendige Kürzungen nicht vollzieht. Ich will nur eines sagen: Sie sparen überhaupt nicht bei sich selbst. Sie sparen so gut wie gar nicht bei der Verwaltung.
Sie sparen überhaupt nicht bei den so genannten rückwärtigen Diensten, sondern wo Sie sparen, das ist in der vordersten Linie: Sie sparen bei Lehrern, bei Polizisten, bei denen, die wir nun wirklich in diesem Land brauchen. Diesen Kampf, meine Damen und Herren, kann man nicht gewinnen. Wir halten die Prioritäten, die Sie gesetzt haben, für falsch.
Lehrerstellen: Etwa 3 400 sollen bis Ende 2006 abgebaut werden, 7 500 sind es dann bis Ende 2009. Ich sehe wohl ein, dass wir eine demografische Entwicklung haben, die natürlich dazu führt, dass wir an einigen Stellen Schulen schließen und auch bei den Lehrerzahlen sicher etwas tun müssen. Nur: Eine verantwortliche Reduzierung, die auch die Anforderungen der demografischen Entwicklung reduziert, ist doch kein Kahlschlag. Das, was Sie hier machen, ist wiederum fantasielos und gefährlich; denn wir erleben in der Bildungspolitik einen Kahlschlag. Wenn ich bei den Lehrern spare, wie will ich dann überhaupt Ihren Ansprüchen gerecht werden, eine gute Bildung zu vermitteln? Das geht mit 7 500 Lehrern weniger in diesem Land ganz gewiss nicht, meine Damen und Herren.
Ich weiß, dass Sie immer ganz stolz auf „Pisa“ schauen. Ich als FDP-Abgeordneter gebe mich mit Mittelmaß nicht zufrieden, das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Wenn wir als Sachsen in Deutschland die Einäugigen unter den Blinden sind, dann ist das vielleicht für den Moment schön. Aber insgesamt – und diesen Anspruch haben Sie als Regierung richtigerweise immer wieder formuliert: dass wir an die Spitze wollen und dass wir auch in Europa an die Spitze wollen – müssen wir, wenn wir an die Spitze wollen, etwas leisten. Dann müssen wir Prioritäten setzen. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich wäre stolz darauf, wenn wir in Sachsen uns leisten würden, mehr Geld als andere in die Bildung zu investieren, wenn wir uns leisten würden, noch mehr für unsere Schüler zu tun, und wenn wir uns leisten würden, auch wesentlich mehr Lehrer als in anderen Ländern zu haben.
Herr Eggert, das, was wir haben, reicht genau dazu, dass wir die Einäugigen unter den Blinden geworden sind. Wir freuen uns darüber, dass wir bei „Pisa“ in Deutschland gut dastehen. Wo steht Deutschland international? – Das ist zu wenig. Wir müssen mehr tun. Sachsen hätte die Chance, genau das zu tun.
Ich weiß, Herr Eggert, dass das teuer ist, nur muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich will die alte Floskel „Bildungsinvestitionen sind Investitionen in die Zukunft“ nicht bringen, das wissen Sie alle. Darüber sind wir uns, glaube ich, auch einig. Ich denke aber, dass wir – auch aufgrund eines großen Vorteils, den wir haben; denn wir kennen als Sachsen mehrere bildungspolitische und pädagogische Konzepte, wir haben ja eine gewisse Zeit hier gelebt und auch verschiedene Konzepte gesehen – daraus ein Konzept entwickeln, das wirklich ein neues Bildungssystem für Sachsen bedeutet, und Bildung zu einem Exportschlager der sächsischen Wirtschaft machen, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich noch eines dazu sagen. Wir tun ja gerade so – und das finde ich übrigens gefährlich auch den Lehrern gegenüber, wenn man sagt, man streiche mal eben 7 500 Stellen –, als ob wir sie nicht benötigen würden, als ob sie eine schlechte Arbeit machten. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich würde vieles, auch an Jugendarbeit und Freizeitarbeit – gerade auch im ländlichen Raum, wo viele Freizeitangebote weggebrochen sind –, viel lieber an den Schulen sehen. Ich würde es viel lieber unter der Obhut von Pädagogen sehen. Ich glaube, dass, wenn man dort neue Konzepte entwickeln würde und auch einmal schaut, wie es früher mit den Arbeitsgemeinschaften ganz richtig gelaufen ist, man auch von Sachsen aus ein neues Signal, auch beim Thema Bildung, nach außen setzen kann. Dass das etwas kostet, ist mir
Das ist richtig, aber es ist zu wenig. Wenn Sie in Richtung Weißwasser fahren, sehen Sie, wo sich die Jugendlichen heutzutage treffen: Sie treffen sich an der Tankstelle. Auf diese Idee wäre ich als Jugendlicher früher nicht gekommen. In meiner Schule gab es permanent Freizeitangebote und diese auch am Nachmittag. Unter der Obhut der Schule gab es Sportangebote. Ich war im Handballverein, habe Volleyball gespielt und in der AG Foto ein wenig meiner Kreativität gelernt. Das waren Angebote, die gut waren und es wert sind, ein Stück weit übernommen zu werden. Ich würde dabei keine ideologischen Schranken aufbauen. 15 Jahre nach der Einheit sollte man über solche Wege nachdenken.
Liebe SPD-Fraktion, ich bin gespannt, wie Sie das im Jahre 2009 Ihren Wählerinnen und Wählern erklären wollen. Sie haben das Thema Bildung – als einziges Thema überhaupt – im Wahlkampf ganz groß gebracht. Jetzt sind Sie diejenigen, die am Ende die Entlassung von 7 500 Lehrerinnen und Lehrern mitverantworten werden. Ich habe es schon einmal an dieser Stelle gesagt: Hätte ich als FDP-Fraktion eine solche Koalitionsvereinbarung unterschrieben, dann hätte man mich aus dem Amt gejagt. Bei der SPD-Fraktion ist das nicht so. Ich glaube, im Jahre 2009 werden Sie die Quittung dafür bekommen.
Gestatten Sie mir eine andere Frage: Ist für die CDUFraktion die innere Sicherheit eigentlich noch ein Schwerpunktthema? Ich dachte immer, das sei die Kernkompetenz der sächsischen Union. Wenn ich lese, was in den letzten Wochen und Monaten in den Zeitungen stand, zum Beispiel dass 3 000 Polizistenstellen eingespart werden sollen, dann muss ich Herrn de Maizière – der gerade nicht im Saal ist – fragen: Kann es sich der Freistaat Sachsen tatsächlich leisten, auf 3 000 Polizisten zu verzichten?
Ist der Sicherheitsstandard in unserem Land so groß, dass wir es uns leisten können, die Investition in die Polizei um zehn Millionen Euro herunterzuschrauben? Soweit ich weiß, liegt das Durchschnittsalter des Wagenparks bei der Polizei zwischen acht und zehn Jahren und das Durchschnittsalter der Computer- und Softwareausstattung zurzeit bei fünf Jahren. Damit wollen wir „intelligente Kriminalität“, wie Herr de Maizière einmal richtigerweise gesagt hat, in Zukunft bekämpfen. Ich glaube nicht, dass das geht. Wenn es um die Kriminalitätsbekämpfung geht, dürfen wir nicht sparen, meine Damen und Herren!
Wir müssen – das hat der Ministerpräsident in seiner Rede richtig angesprochen – den Einstieg in den Aus
stieg schaffen. Wir müssen den Ausstieg aus dem verkrusteten System schaffen und im Freistaat Sachsen neue Wege gehen. Ich frage Sie aber eines: Wo ist die längst überfällige große Verwaltungsreform? Ich kann sie nicht erkennen. Wo ist die Kreisgebietsreform, die wir in Sachsen dringend brauchen und die längst überfällig ist? Wann sprechen wir in Sachsen über eine Gemeindegebietsreform? Wann endlich reden wir nicht nur über den „Sachsenforst“ und neue Staatsbetriebe,
sondern wann reden wir über echte Privatisierungen? Auch in Sachsen ist die Staatsquote nach wie vor zu hoch. Ich habe den Beteiligungsbericht gelesen. Auch darin gibt es sehr interessante Punkte, bei denen ich feststelle, dass sich der Freistaat diese nicht unbedingt leisten muss. Ich sehe dort wenig Bereitschaft.
Herr Albrecht, Sie haben gesagt, dass Regierungspräsidien keineswegs das Einzige seien, worüber wir sprechen müssten. Trotzdem denke ich, dass wir genau diese drei Monster-Bürokratien nicht brauchen. Ich spreche dabei nicht nur von den Kosten, die diese Regierungspräsidien verursachen, sondern auch von den Kosten, die durch organisierte Bürokratie für die Unternehmer und die sächsischen Kommunen verursacht werden. Wann sprechen wir über die Abschaffung dieser Regierungspräsidien? Ich glaube, dass in Sachsen das zweistufige Verwaltungssystem inzwischen flächendeckend ausreichend ist. Die Regierungspräsidien braucht kein Mensch mehr, meine Damen und Herren.
Mein Respekt zu dem Umsteuern in der Beamtenpensionierung. Dieser Schritt kommt spät – aus meiner Sicht zu spät –, aber dieser Schritt ist völlig richtig. Ich bin froh, dass wir in Sachsen diesen Weg gehen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich würde mich freuen, wenn Sie noch einmal einen solchen Mut zeigten und einen solchen Weg noch einmal gingen.