Protokoll der Sitzung vom 26.06.2009

(Gitta Schüßler, NPD: Ist der endlich gewechselt? – Jürgen Gansel, NPD: Nein, er gehört nicht zu uns! Oder steht ein Parteiwechsel bevor?)

Habe ich nicht SPD gesagt?

(Zurufe: Nein, NPD!)

Diese Begehrlichkeiten von den Kollegen da drüben entsprechen dem Wahnsinn der Kollegen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Präsidentin! Unsere Position zu dem Thema war immer, ohne Ansehen von Ämtern, Personen und Parteizugehörigkeiten lückenlos parlamentarisch aufzuklären.

Die verfassungswidrige Blockade hat aus Leipzig gleich zweimal die Quittung bekommen. Die herrschenden CDU-Eliten unseres Landes stehen nicht zum ersten Mal mit der Verfassung auf Kriegsfuß.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Nach wie vor ist die Mehrheit der im Raume stehenden Vorwürfe gar nicht oder nicht abschließend untersucht worden.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: So ist es!)

Das Thema bleibt und muss weiter aufgeklärt werden.

(Beifall bei der Linksfraktion, den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Was wurde nicht alles versucht, um zu vernebeln und zu verwirren? Dabei haben die christdemokratischen Märchenerfinder die Gebrüder Grimm weit hinter sich gelassen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

So wurde die Idee von den strenggeheimen 15 000 Seiten Märchen geboren, von durchgeknallter Referatsleiterin und rachsüchtigem Kripomann. Entweder waren es beide gemeinsam oder eben die Referatsleiterin alleine, lautete der interne Marschbefehl, nachzulesen in CDU-internen Leitpapieren zum Ausschuss. Diese Diffamierungsstrategie ist gründlich danebengegangen. Nach der Befragung von zwei Dutzend Zeugen zeigt sich ein viel differenzierteres Bild. Selbst die unterirdische Rede von Minister Buttolo entstammt in Wirklichkeit der Feder eines irregeleiteten Beamten des SMI, der heute zur Belohnung und wohl um seinen Mund zu halten stellvertretender sächsischer Polizeipräsident ist.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Was ist denn eigentlich der wahre Sachsensumpf? Sind es die Ereignisse in Leipzig

oder ist es der sachsenspezifische Umgang mit diesen Vorgängen? Es fällt ins Auge, dass sich bisher kein unabhängiges Gericht mit dem Sachsensumpf beschäftigt hat. Allenfalls sind die in Sachsen besonders weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften und unter diesen vor allem die örtlich gar nicht zuständige Staatsanwaltschaft Dresden tätig geworden. Bei diesen Herren geht es eigentlich nur um den Schutz des Staates vor der üblen Nachrede des Sumpfes. Das heißt bei Ihnen Schutz vor Ermittlern, Zeugen, Journalisten, Abgeordneten und allen anderen, die es für möglich halten, dass in Leipzig etwas Ungesetzliches passiert sein könnte. Das scheint mir der eigentliche Sumpf zu sein. Dessen Urheber müssen wir fassen, um den Sumpf wirklich trockenzulegen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wir sollten uns dann nicht wundern, meine Damen und Herren, wenn unter diesen Sumpfpflegern sogar Staatsanwälte zu finden sind, die sich bei Polizisten Strafanträge zu besorgen versuchen, um Journalisten verfolgen zu können. Herr Oberstaatsanwalt Schwürzer von der Staatsanwaltschaft Dresden ist ein großer Spezialist in diesem Metier. Er versteht auch etwas von rechtswidriger Telefonüberwachung und der Verfolgung Unschuldiger und findet hierfür den Schutz seiner Vorgesetzten bis hinein ins Justizministerium. Wen wundert das, hat doch „Generalstaatsanwalt“ Ministerpräsident Milbradt bereits nach Studium des Aktenmaterials festgestellt, dass alles nur heiße Luft ist?

(Dr. Volker Külow, Linksfraktion: Vor dem Studium!)

Doch, meine Damen und Herren, da sind wir schon bei dem Problem. Warum lässt man die Justiz nicht endlich die Arbeit machen, für die sie geschaffen ist? Diese und andere Fragen werden uns über die Wahl hinaus in die nächste Legislaturperiode begleiten. Sie werden selbstverständlich Gegenstand der Wahlauseinandersetzung sein. Nicht nur im Zusammenhang mit dem sogenannten Sachsensumpf fällt eine Verrohung des Umgangs der Staatsanwaltschaft mit dem Institut des Ermittlungsverfahrens auf.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Ermittlungsverfahren werden sehr schnell eingeleitet, dauern elend lange und scheinen bei einigen Personen, die missliebig sind, gar nicht enden zu wollen.

Zwar erklärt der Justizminister immer wieder, dass sich die sächsische Justiz an einer schnellen Erledigung ihrer Verfahren messen lassen wolle, aber dies scheint für Ermittlungsverfahren gegen politisch missliebige Personen nicht zu gelten. Da gibt es Verfahren, die älter als zwei Jahre sind und bei denen man hofft, dass sie ehrenrührig sind, rufschädigend und auch die wirtschaftliche Kreditwürdigkeit unterminieren,

(Zuruf des Abg. Heinz Eggert, CDU)

damit man den Gegner, wenn man ihn schon politisch nicht besiegen, auf diese Art und Weise aus dem Feld

schlagen kann. So wird in Sachsen das Ermittlungsverfahren bereits zur Strafe, was nichts anderes bedeutet, als dass ein strafprozessuales Instrument des Rechtsstaates missbraucht wird. Eine Strafe darf im freiheitlich demokratischen Rechtsstaat nur vom Richter, aber nicht vom Staatsanwalt verhängt werden. Für manch einen, meine Damen und Herren, ist das eine Neuigkeit, denn das konnte man früher weder in Potsdam noch in Burgscheidungen lernen.

(Beifall bei der Linksfraktion, den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Im Übrigen denken diejenigen zu kurz, die das für besonders trickreich halten; denn wenn es so weitergeht, wird es im Freistaat Sachsen zum guten Ton gehören, ein Ermittlungsverfahren bei den Mackenroths und Schwürzers zu haben. Denn wer von den richtigen Leuten verfolgt wird, darf sicher sein, dass er ein rechter Kerl ist. Bestraft werden kann er ohnehin nur, wenn sich ein unabhängiges Gericht findet, was die Mackenroths und die Schwürzers offenbar so fürchten wie der Teufel das Weihwasser.

Meine Damen und Herren, der Wahlkampf ist spannend genug und wird spannender werden, wenn uns der sorbische Verwandlungskünstler erklären muss,

(Heiterkeit bei der Linksfraktion)

wie Georgs Bank, Georgs Sumpf und Georgs Brücke als großartige Erfolge der sächsischen Politik zu verstehen sind.

(Angelika Pfeiffer, CDU: Wir brauchen keinen Wessi, der uns alles erklärt! Sie sollten sich schämen!)

Ich danke Ihnen sehr herzlich.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Die NPD erhält das Wort. Herr Gansel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Rahmen dieser Unterrichtung des Landtages soll ein Abschlussbericht zum Untersuchungsausschuss über Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke in Sachsen abgegeben werden. Die Obleute der Fraktionen können heute alles Mögliche tun, aber ganz bestimmt keinen Abschlussbericht abgeben, der diesen Namen auch verdient. Abgeschlossen ist die Untersuchung korruptiver Netzwerke zwischen Justiz, Verwaltung, Politik und Immobilien- und Rotlichtmilieu in keinster Weise. Das hat die konsequente Blockadehaltung der CDU im Ausschuss und das Sich-Taubstellen des Innenministeriums sowie des skandalgeschüttelten Landesamtes für Verfassungsschutz erfolgreich verhindert.

Dem Untersuchungsauftrag konnte der Ausschuss nicht in der gebotenen Form nachkommen, weil er seitens der

Staatsregierung und der Koalitionsfraktionen streckenweise lahmgelegt, an der Nase herumgeführt oder desinformiert wurde. Deshalb unterstützt die NPD die Forderung der Linken und der GRÜNEN nach einem weiteren Untersuchungsausschuss in der neuen Legislaturperiode. Für uns muss die Aufklärungsarbeit in diesem Kontrollgremium fortgesetzt werden, weil die ungeheuerlichen Verdachtsmomente über einen kriminellen Justiz-, Politik- und Polizeiklüngel immer noch im Raum stehen und die Integrität staatlicher Stellen infrage stellen.

Für die NPD konnten die Vorwürfe aufgrund der Obstruktionshaltung der CDU zwar nicht erhärtet, aber eben auch nicht entkräftet werden. Deshalb wollen wir mit Linken und GRÜNEN die Untersuchungsarbeit im Herbst fortsetzen.

Man muss noch einmal daran erinnern, was erst zur Einsetzung dieses 2. Untersuchungsausschusses der 4. Wahlperiode geführt hat. Im Frühjahr 2007 tauchten – gestützt auf 15 600 Seiten zusammengetragenen Materials des Verfassungsschutzes – Anhaltspunkte für einen sogenannten Sachsensumpf auf. Das führte zu der Sumpfblüte von Albrecht Buttolos „Mafiarede“.

Im Frühsommer 2007 warnte er am Mikrofon dieses Landtages vor mafiösen Netzwerken, die Teile Sachsens im Griff hätten und sogar zurückschlagen würden, wenn man ihnen den Kampf ansagen würde.

Kurze Zeit später, vermutlich nach einem Krisentreffen bei Georg Milbradt, distanzierte sich der Innenminister von seinen eigenen Worten, bezichtigte sich selbst der Fehldeutung der Vorgänge und schwor so ab, wie es im Mittelalter gefolterte Ketzer taten. Das war für die CDU der Startschuss für eine beispiellose Blockadehaltung.

So musste erst ein Urteil im Organstreitverfahren vor dem Sächsischen Verfassungsgericht dafür sorgen, dass der Ausschuss seine mühselige Arbeit überhaupt aufnehmen konnte. Der Verfassungsgerichtshof stellte fest, dass die parlamentarische Untersuchung der im Mai 2007 in den Medien erhobenen Vorwürfe im öffentlichen Interesse liegt.

Da die CDU die Aufnahme der Ausschussarbeit aber schon nicht verhindern konnte, sorgte sie wenigstens für eine monatelange Lahmlegung des Ausschusses mit der Folge, dass heute längst noch kein aussagefähiger Abschlussbericht vorgelegt werden kann. Die Union verhinderte dann – immer in engster Abstimmung mit der Staatsregierung – die Heranziehung bestimmter Akten und Dossiers, etwa durch eine willkürliche Geheimhaltungseinstufung, oder sie konnte darauf verweisen, dass wichtige Akten im Landesamt für Verfassungsschutz einfach geschreddert werden.

Auch lehnte die Union immer wieder die Vorladung bestimmter Zeugen ab. Dort, wo die Vorladung nicht zu verhindern war, wurden die avisierten Zeugen eingeschüchtert, wegen ihrer Aussagen mit Strafanzeigen überzogen oder erhielten überhaupt keine Aussagegenehmigung ihres Dienstherrn. Andere Zeugen, die von der

Opposition ins Kreuzverhör der Kritik genommen worden wären, brüskierten den Ausschuss durch ihr Fernbleiben. Der ehemalige Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, Rainer Stock, erklärte sich gegenüber dem Ausschussvorsitzenden für „dauererkrankt“. Man kann nur hoffen, dass der gute Mensch überhaupt noch lebt.

Dies alles bot der CDU die Chance, den sogenannten Sachsensumpf zur bloßen „Pfütze“ und zu „heißer Luft“ zu erklären. Dafür wurden diese vermeintliche Pfütze und heiße Luft aber erstaunlich schnell zur Chefsache erklärt und wie ein regelrechtes Staatsgeheimnis behandelt. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Staatsanwaltschaft Dresden im Zusammenhang mit der Ausschussarbeit 70 Strafanzeigen gegen Zeugen und Beamte stellte und sogar in laufende Vernehmungen eingriff, indem man vor Abschluss der Zeugenvernahme weitere Anzeigen androhte? Das war Zeugeneinschüchterung mit Methode und Vorsatz.

Ein wichtiger befragter Zeuge, Rechtsanwalt Dr. Ulrich Sommer, erklärte, in seinem 30-jährigen Berufsleben als Strafverteidiger noch nie solch fragwürdiges Verhalten wie das der sächsischen Justiz erlebt zu haben.

(Heinz Eggert, CDU: Weil er die Pinzette verloren hat!)