Protokoll der Sitzung vom 26.06.2009

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, sage ich in aller Deutlichkeit und aller Entschiedenheit: Wir haben eine solche unabhängige, wir haben eine selbstbewusste, und wir haben vor allem auch eine integre Justiz im Freistaat Sachsen.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Dr. Albrecht Buttolo)

Lassen Sie mich daran erinnern, mit welchen Behauptungen der 2. Untersuchungsausschuss vor mehr als zwei Jahren gestartet ist.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Gibt es keine weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften?)

Herr Hahn, hören Sie doch einfach mal zu!

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Ja, ja!)

Herr Kollege Christian Piwarz hat in seiner Rede bereits ausgeführt, was Herr Bartl schon am 5. Juni 2007 hier im Hause mitgeteilt hat. Herr Bartl hat davon gesprochen, es sei einer Gruppe gelungen, ein „noch nicht da gewesenes Netzwerk aufzubauen [...] unter dessen Wirkung zumindest in regional begrenzten Bereichen die in den Staatsgrundsätzen angelegte Gewaltenteilung praktisch paralysiert, gelähmt, aufgehoben war“.

Sie, Herr Bartl, sind – das müssen Sie sich vorhalten lassen – mit einer vorgefassten, schon als endgültig titulierten Meinung in den startenden Untersuchungsausschuss hineingegangen.

(Beifall bei der CDU)

Von dieser Auffassung haben Sie bis dato – das haben Sie in schöner Deutlichkeit soeben klargemacht – nichts zurückgenommen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Lesen Sie doch Herrn Teubner!)

Jetzt zu Ihnen, Herr Dr. Hahn. In einer Pressemitteilung vom 12.06.2007 hat der jetzige Fraktionsvorsitzende Herr Dr. Hahn, der offensichtlich nicht gewillt ist, zuzuhören, ergänzt – ich zitiere –:

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Teubner und Kupfer!)

„Wir sehen uns in unseren Befürchtungen bestätigt, dass die sächsische Justiz“ – die sächsische Justiz, Herr Dr. Hahn! – „aus eigener Kraft den zutage getretenen Sumpf nicht trockenlegen kann und allenfalls Bauernopfer gesucht werden, um das Gros der Vorwürfe ohne vollständige Aufklärung unter den Teppich kehren zu können.“

Meine Damen und Herren! Gemessen an diesen beiden Behauptungen frage ich: Was haben die Ermittlungen im 2. Untersuchungsausschuss dazu im Bereich der Justiz ergeben? Ich sage Ihnen: Nichts, aber auch gar nichts!

(Beifall des Abg. Heinz Eggert, CDU)

Was ist im Bereich der parallel geführten – rechtsstaatlich geführten! – strafrechtlichen Ermittlungen und gegebenenfalls Gerichtsverfahren herausgekommen? Antwort: An den aufgestellten Behauptungen ist nichts, aber auch gar nichts dran.

Nicht ein vor dem Untersuchungsausschuss gehörter Zeuge – oder eine Zeugin – hat das von Ihnen Behauptete auch nur mit einem Wort im Ansatz bestätigt. Herr Dr. Martens, wir haben doch Zeugen vernommen, eine ganze Palette von Zeugen. Ich selbst habe die Zeugin „Sarah“ nach Ross und Reiter gefragt; daran müssten Sie

sich doch noch erinnern können. Was kam denn da als Antwort? Nichts!

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Sie darf doch nicht aussagen!)

Selbstverständlich ist sie frei, sich zu äußern. Sie hat sich nur auf ihr Aussageverweigerungsrecht berufen.

Meine Damen und Herren! Soweit es um den Rechtsanwalt Sommer, den Herr Bartl soeben angeführt hat, geht, so musste er, Rechtsanwalt Sommer, sich von mir die Frage gefallen lassen – nachdem in Strafverfahren mehrere Instanzen befasst waren, bis hin zum Bundesgerichtshof; nachdem es Wiederaufnahmeversuche von ihm gegeben hat, die rechtskräftig abgelehnt worden sind –, ob er unter Umständen eine falsche Strategie gewählt habe. Vielleicht könnte man das auch einmal so sehen.

(Klaus Bartl, Linksfraktion, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Meine Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund bleiben im Sachzusammenhang Justiz, mit dem ich mich hier ausschließlich befasse, drei, wie ich meine, bittere Erkenntnisse:

Erstens: Vor allem Ihr Verhalten, Herr Bartl und Herr Dr. Hahn, hat das Ansehen der Richterschaft und der Staatsanwälte im Freistaat Sachsen maßgeblich diskreditiert.

(Beifall bei der CDU)

Dass dies so ist, haben Sie offensichtlich in Kauf genommen. Vor allem Sie, Herr Bartl, haben die Existenz korruptiver und krimineller Netzwerke in Unkenntnis der Aktenlage bereits am 5. Juni 2007 als „feststehend und belastbar“ bezeichnet. Für diese Art der Stimmungsmache, Herr Bartl, sollten Sie sich in der Tat schämen.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens: Sie haben auch nicht davor zurückgeschreckt, einzelne Richter oder Staatsanwälte zu diffamieren und – ich möchte ergänzen – in den Dreck zu ziehen. Es geht um die Behauptung, dass Justizangehörige – so der Untersuchungsauftrag – Teil korruptiver Netzwerke gewesen sein sollen. Konkret ging es in der Presse um die Namen Norbert Röger und Jürgen Niemeyer. Sie, Herr Bartl, haben vom Justizminister am 12. Juni 2007 einen Bericht unter anderem über die Suspendierung Betroffener verlangt.

Sie haben in einem Interview am 21. Januar 2008 weiter gesagt: „Ich wusste, gegen wen die beiden ehemaligen Prostituierten vor der Staatsanwaltschaft aussagen würden: gegen einen Richter des Landgerichts Leipzig, einen Amtsgerichtspräsidenten und einen früheren Vorsitzenden Richter am Dresdner Oberlandesgericht – Vizepräsident war er sogar –. Diese drei sollen in dem Bordell, in dem

die Frauen arbeiteten, die Dienste Prostituierter in Anspruch genommen haben. Dieses Etablissement dürfte aber der Schlüssel“, so die weiteren Ausführungen, „für spätere Abhängigkeiten vom Rotlichtmilieu sein.“ Das war die Vermutung, die Herr Bartl in einem Interview gestreut hat.

Auf die Frage eines Journalisten, ob Sie die sofortige Suspendierung der Juristen forderten, haben Sie wörtlich geantwortet: „Das, was ich dem ‚Spiegel’ entnehme, ist wesentlich mehr als nur ein Anfangsverdacht.“ Der Jurist nennt das gemeinhin „dringender Tatverdacht.“ Jeder Polizist, der in einer Kaufhalle Angelzubehör mitnimmt, wird sofort suspendiert.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: So ist es!)

Herr Nolle, Sie haben eben von einer Diffamierungskampagne gesprochen. Das, was ich jetzt von Herrn Bartl zitiert habe, ist in der Tat die wahre Diffamierungskampagne. Abgesehen davon, dass diese Behauptung, die Sie mit befördert haben, von keinem Zeugen und keiner Zeugin bestätigt wurde: Ich bezeichne das, Herr Bartl, als Gesinnungsstrafrecht – als wirkliches Gesinnungsstrafrecht.

(Gelächter bei der Linksfraktion)

In einem Rechtsstaat, Herr Bartl, wird nicht aufgrund von Pressemitteilungen verurteilt oder abgeurteilt. Im Ergebnis geht es um ein förmliches Strafverfahren. Herr Bartl, das unterscheidet Sie von einem Rechtsstaatler.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Dann schauen Sie sich doch einmal die „Frankfurter Rundschau“ vom heutigen Tage an. In der heutigen Ausgabe geht es um den Richter Jürgen Niemeyer. Es wird berichtet, dass der Richter Niemeyer im angeblichen Sachsensumpf seinen Ruf verloren habe. Gegen ihn war das Gerücht verbreitet worden – das ist auch Gegenstand der heutigen Debatte –, er habe in einem Kinderbordell verkehrt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Meine Damen und Herren, Herr Niemeyer ist ebenso ein Opfer haltloser Gerüchte geworden wie die damaligen Mädchen, Herr Bartl, die in diesem Kinderbordell zur Prostitution gezwungen worden sind. Sie sind im Übrigen nicht nur Opfer sexuellen Missbrauches geworden, sondern im Verlaufe dieses Untersuchungsausschusses auch Opfer von Journalisten und angeblichen Aufklärern, die zwei der jungen Frauen zu Verleumdungen verleitet haben, für die sie sich jetzt verantworten müssen. – Das musste ich einmal sagen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion, und Johannes Lichdi, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Sämtliche Anschuldigungen, die gegen Herrn Niemeyer vorgebracht worden sind – Strafvereitelung im Amt und dass er jemand sei, so hieß es, der gelegentlich sexuell auf Kinder zurückgreifen würde –, haben sich als haltlos und Luft erwiesen. Ich bedaure die gegen die genannten Justizbediensteten entstandenen und beförderten Gerüchte zutiefst. Ich bedaure ebenso die von Ihnen, Herr Bartl, mitbetriebene öffentliche Vorverurteilung von Personen.

Drittens: Ganz eindeutig hat die Opposition den Bogen bei Verlautbarungen zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen Personen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss – und nicht nur dort – überspannt. Jüngstes Beispiel ist – das wurde bereits in der heutigen Debatte genannt – das Verhalten bei dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Dresden gegen den Abg. Karl Nolle, den ich leider im Saal nicht sehe. Ich hätte mir gewünscht, dass er im Saal geblieben wäre. Ein Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetruges wurde gegen ihn eröffnet.

Ich werde mich hüten, mich zum Tatvorwurf oder zu den näheren Umständen des öffentlichen Bekanntwerdens der Ermittlungen zu äußern. Letzteres mag man sicherlich zu Recht beklagen. Allerdings muss sich der Abg. Karl Nolle, der leider nicht im Saal anwesend ist, die Frage stellen, ob er sich mit seiner Rede im Plenum nicht in eigener Sache geäußert hat. War das womöglich die Botschaft: Nolle über Nolle?

(Stefan Brangs, SPD: Wir haben das verstanden!)

Meine Damen und Herren, so gesehen könnte man sich die Frage stellen, ob nicht eine Landtagsdebatte in eigener Sache politisch missbraucht wird.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das macht die CDU laufend!)

Davon, meine Damen und Herren, möchte ich nicht weiter reden. Mir geht es um etwas anderes. Herr Lichdi, in der Plenardebatte am 14. Mai 2009 – vor wenigen Wochen – haben Sie Folgendes gesagt: „Für mich drängt sich eindeutig der Verdacht auf, dass hier ein missliebiger Abgeordneter“ – es geht um den Abg. Nolle – „mit den Mitteln der Justiz mundtot gemacht werden soll. Ich sage dies ganz bewusst.“ Und weiter: „Ich glaube, hier wurde gedreht, um Herrn Nolle in ein schlechtes Licht zu rücken.“ – So weit äußerte sich Herr Lichdi.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Das glaube ich auch heute noch!)