Protokoll der Sitzung vom 20.05.2005

Sie können sich vorstellen, dass die Zahl der Sparkassen im Verbandsgebiet seit Gründung des OSGV im Jahr 1991 durch Sparkassenvereinigungen von ehemals 149 eigenständigen Sparkassen, die es damals in den vier Ländern gab, inzwischen auf 62 geschrumpft ist, natürlich durch Fusionen. Diese Entwicklung, meine Damen und Herren, wird sich fortsetzen. Die Zahl 62 ist der Stand vom September vorigen Jahres. Ich gehe davon aus, dass sich auch in Sachsen demnächst durch Fusionen die Zahl der selbstständigen Sparkassen weiter verringert. Das bringt mit sich, dass ein Geschäftsgebiet einer Sparkasse in der Regel mehrere kommunale Gebietskörperschaften umfasst und Träger der Sparkassen ein Zweckverband ist. Nach derzeitiger Rechtslage ist in diesen Fällen nur der Zweckverband Mitglied des OSGV, nicht aber die hinter

dem Zweckverband stehenden kommunalen Gebietskörperschaften. Genau das, meine Damen und Herren, soll mit dieser Änderung des Staatsvertrages verändert werden.

Eine entsprechende Änderung seiner Satzung hat übrigens der OSGV in seiner letzten Verbandsversammlung im Oktober 2004 bereits beschlossen. Der Verband war sich darüber im Klaren, dass die Satzungsänderung natürlich erst nach einer Änderung des Staatsvertrages in Kraft treten kann. Der Staatsvertrag lässt in seiner derzeit geltenden Fassung die gewünschte Erweiterung des Mitgliederkreises nicht zu. Er muss also entsprechend geändert werden.

Neben der Erweiterung des Mitgliederkreises des Verbandes enthält der Ihnen nun vorliegende geänderte Staatsvertrag noch weitere neue Regelungen. Sie können sich vorstellen, dass der Wegfall der Gewährträgerhaftung zum 19. Juli dieses Jahres natürlich Auswirkungen in Richtung des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes hat, zwar nicht zum Inhalt, aber zu den Begrifflichkeiten, die in dem alten Staatsvertrag verwendet worden sind.

Auch die Änderung des Namens des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes ist darauf zurückzuführen, dass die Girozentralen nicht zu den Mitgliedern des Verbandes zählen und die Kompetenz zur Aufstellung des Jahresabschlusses sowie des Lageberichtes in die alleinige Verantwortung des betreffenden Mitglieds des Geschäftsführenden Vorstandes gestellt wird. Nach den bisherigen Regelungen im Staatsvertrag handelt es sich um eine Aufgabe des gesamten Vorstandes.

Meine Damen und Herren, ich halte die Änderung für berechtigt. Der OSGV sowie die kommunalen Spitzenverbände sind zu dem Staatsvertrag angehört worden und die eingegangenen Stellungnahmen sind berücksichtigt. Die Kabinette in den vier Mitgliedsländern MecklenburgVorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Freistaat Sachsen haben den Staatsvertrag mittlerweile gebilligt.

Ich hoffe, dass das Anliegen des Verbandes nunmehr auch Ihre werte Unterstützung findet und dass Sie dem Gesetz zum Zweiten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über den OSGV nach Beratung in den zuständigen Gremien Ihre Zustimmung geben.

Haben Sie herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf des Gesetzes zum Zweiten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend – sowie an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen.

Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist das einstimmig so beschlossen. Der Tagesordnungspunkt 1 ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

1. Lesung des Entwurfs Schulgesetz für den Freistaat Sachsen (Sächsisches Schulgesetz – SächsSchulG)

Drucksache 4/1621, Gesetzentwurf der Fraktion der PDS

Es liegt auch hier keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es spricht daher nur die Einreicherin, die Fraktion der PDS. Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, im Sächsischen Landtag heute in 1. Lesung den Entwurf der PDS-Fraktion für ein neues Schulgesetz einbringen zu können.

Wir sind der Auffassung, dass der Irrweg der CDU/ SPD-Koalition, also der derzeitige Kurs des Kürzens, Streichens, Schließens und Entlassens im Bildungsbereich, schnellstens beendet werden muss. Aus unserer Sicht ist die Zeit überreif für einen grundlegenden Wechsel im sächsischen Schulsystem, und zwar hin zu mehr Bildung, zu besserer Qualität und zu erhöhten Zukunftschancen für die Kinder und Jugendlichen in diesem Land.

Die Ihnen heute vorliegende Drucksache ist der erste Komplettentwurf für ein alternatives Schulgesetz, der seit 1991 hier im Landtag debattiert werden wird. Seit der Verabschiedung des Schulgesetzes vor knapp 14 Jahren gab es von den Fraktionen oder von der Staatsregierung lediglich einige Einzelpunkte umfassende Novellierungen bis hin zu den jüngsten Minientwürfen von FDP und GRÜNEN. Die Schulstrukturen blieben jedoch im Kern unangetastet. Wir als PDS-Fraktion wollen aber unter anderem auch diese Strukturen nachhaltig verändern.

Das wollte ursprünglich auch die SPD, die in der 3. Wahlperiode den intern durchaus umstrittenen Entwurf für ein neues Gesetz zunächst über Jahre nur virtuell ins Internet stellte, aber nicht in den Landtag einbrachte. Erst kurz vor den Landtagswahlen reichten die Sozialdemokraten eine abgeschwächte Version ihres Schulgesetzes auch förmlich im Parlament ein, wohl wissend, dass diese wegen der ablaufenden Wahlperiode nicht mehr behandelt werden würde. Die PDS-Fraktion macht nun aber Nägel mit Köpfen.

Unser Gesetzentwurf steht unter zwei zentralen Prämissen, nämlich Modernisierung und Demokratisierung. Im Mittelpunkt stehen dabei für uns die Verwirklichung des Prinzips der Chancengleichheit und eine qualitative Verbesserung der Bildung im Freistaat Sachsen, wozu auch eine Flexibilisierung und insbesondere die Durchlässig

keit des Systems gehören, um auch Spätentwicklern eine Chance zu geben.

Nun zu einigen ausgewählten Punkten unseres Entwurfes.

Ein besonderer Schutz wird dem sorbischen Volk eingeräumt, wobei wir mit den vorgeschlagenen Regelungen auf entsprechende Vorschläge der Domowina zurückgegriffen haben, wenngleich wir nicht alle gewünschten Punkte im Gesetz berücksichtigen konnten. Die zentrale Forderung aber, dass gegen den Willen der Domowina und auch des Rates für Sorbische Angelegenheiten keine sorbische Schule geschlossen werden darf, haben wir aufgenommen.

(Beifall bei der PDS)

Bezüglich des Auftrags der Schule, also bei den Bildungs- und Erziehungszielen, haben wir uns bemüht, alle aktuellen Erkenntnisse aufzunehmen, von der Frage der Kompetenzentwicklung bis hin zur Globalisierungsproblematik. Dabei haben wir auch versucht, möglichst moderne Formulierungen zu finden, sofern dies in einem Gesetzestext überhaupt realisierbar ist.

Es gehört zu den wichtigsten bildungspolitischen Zielen demokratischer Gesellschaften, allen Heranwachsenden möglichst gleich gute Bildungschancen zu geben, sie individuell optimal zu fördern und gleichzeitig soziale, ethische und kulturelle Disparitäten der Bildungsbeteiligung und des Bildungserfolgs mittels geeigneter Maßnahmen abzubauen. Deshalb sieht unser Entwurf auch eine besondere Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen vor, die weitgehend durch Integration an den Regelschulen erfolgen soll. Hier wissen wir die Interessenvertretungen der Behinderten, aber auch die Gewerkschaften und die pädagogische Forschung ganz klar auf unserer Seite. Für bestimmte Fälle werden aber natürlich auch weiterhin spezielle, eigenständige Förderschulen vorgesehen.

Grundsätzlich lässt sich feststellen: Das gegliederte Schulwesen in der bisherigen Form fußt auf einer Auslese der Schülerinnen und Schüler, die nicht nur viel zu früh erfolgt, sondern insgesamt abzulehnen ist. Das Schulsystem, wie wir es bisher haben, hat weder vermocht, die Begabungsreserven aller Kinder und Jugendlichen auszuschöpfen, noch hat es die Spitzenleistungen hervorgebracht, die internationalen Maßstäben genügen,

wie die verschiedenen Studien – Stichwort „Pisa“ – gezeigt haben.

Was also wollen wir dem bisherigen System entgegensetzen? Kern unseres Vorschlags ist die Einführung einer Regelschule, die im Normalfall nach zehn Schuljahren zum Realschulabschluss führt, an der bei einer integrierten gymnasialen Oberstufe aber auch das Abitur erworben werden kann. In dieser Regelschule gehen sowohl die Grundschule als auch die bisherige Mittelschule auf; beide verschwinden also nach unserem Modell als eigenständige Schulformen, wobei der bisherige Grundschulbereich, also die Primarstufe der Klassen 1 bis 4, auch künftig in separaten Schulgebäuden geführt werden kann, so dass die bestehenden Schulstandorte insbesondere im ländlichen Raum und möglichst kurze Schulwege erhalten werden können.

Im neuen System sollen alle bisherigen Abschlüsse weiter erworben werden können, einen separaten Hauptschulbildungsgang soll es aber nach unseren Vorstellungen künftig nicht mehr geben. Wer den Haupt- oder Realschulabschluss anstrebt, bleibt noch maximal zwei weitere Jahre, also bis zur Jahrgangsstufe 10, an der Regelschule. Im Anschluss daran kann entweder eine Berufsausbildung aufgenommen oder über eine von mehreren Varianten doch noch die Hochschulreife erlangt werden. Wer beabsichtigt zu studieren oder auch sonst das Abitur anstrebt, kann nach der 8. Klasse auf ein Gymnasium wechseln. Das Gymnasium bleibt nach unserem Modell als zweite Schulart neben der Regelschule erhalten. Unser Vorschlag für das künftige Schulsystem bedeutet für die allermeisten Schülerinnen und Schüler einen achtjährigen gemeinsamen Schulbesuch. Frühestens dann erfolgt eine Trennung.

In den skandinavischen Ländern, die bei der Pisa-Studie herausragend abgeschnitten haben, gibt es zumeist neun gemeinsame Jahre. Dies ist jedoch bei uns praktisch nicht umsetzbar, weil dann nur drei Jahre bis zum Abitur bleiben, so dass es bundesweit nicht anerkannt werden würde, wenn wir am zwölfjährigen Abitur festhalten, was wir grundsätzlich wollen.

Dass wir bildungspolitisch den Ausbau von Ganztagsangeboten und insbesondere Ganztagsschulen besonders fördern wollen, brauche ich sicherlich nicht zu betonen. Unser Gesetzentwurf sieht vor, dass in jedem Landkreis und in jeder Kreisfreien Stadt mindestens eine Ganztagsschule angeboten werden muss. Das ist sowohl realistisch als auch finanzierbar.

Natürlich wollen wir mit unserem Gesetzentwurf auch die Rahmenbedingungen von Schule, also die bisherigen Mindestschülerzahlen und -zügigkeiten, verändern. Die Klassengröße an Grundschulen muss mindestens zehn und darf nicht mehr als 25 Schüler betragen. Ab Klasse 5 gibt es eine Mindestschülerzahl von 13 und auch hier dürfen nicht mehr als 25 Kinder in einer Klasse unterrichtet werden. Aus unserer Sicht sollen nach dem entsprechenden Beschluss des jeweiligen Schulträgers sowohl einzügige Mittelschulen als auch zweizügige Gymnasien zulässig sein, nicht als Regel, aber doch als Möglichkeit.

Noch kurz zum Problem Religions- und Ethikunterricht: Wir wollen natürlich grundsätzlich eine konfessionsungebundene Werteerziehung an unseren Schulen, am bes

ten ein für alle verbindliches Fach – angelehnt an das Brandenburger Modell – Lebenskunde, Ethik, Religion. Dies gebietet aus unserer Sicht die Trennung zwischen Staat und Kirche. Konfessioneller Religionsunterricht gehört aus unserer Sicht unter das Dach der Kirchen. Berlin kann das aufgrund der so genannten Bremer Klausel im Grundgesetz auch umsetzen; wir in Sachsen haben eine andere Verfassungslage, nach der Ethik und Religion als Wahlpflichtfächer angeboten werden müssen. Für eine Änderung der Verfassung bedürfte es einer Zweidrittelmehrheit, die derzeit nicht in Sicht ist.

Daher haben wir uns im § 39 eine besondere Regelung einfallen lassen, nach der der Religionsunterricht künftig nur von ordentlich ausgebildeten Pädagogen bekenntnisfrei erteilt werden muss und gleichzeitig über alle Religionen, Herr Minister, informieren soll. Das wäre für Sie vielleicht auch manchmal hilfreich.

Ich will klar sagen: Es ist aus unserer Sicht nicht länger hinnehmbar – wir hatten dieser Tage eine entsprechende Anfrage von einem Kollegen aus der CDU-Fraktion –, dass 90 % der Lehrkräfte, die an den sächsischen Schulen Religion unterrichten, keinerlei pädagogische Ausbildung haben. Das wollen wir ändern.

(Beifall bei der PDS)

Abschließend noch ein Wort zur Demokratisierung des sächsischen Schulwesens, die aus unserer Sicht dringend nötig ist. Wir wollen die schulische Eigenverantwortung erhöhen, mehr Autonomie ermöglichen. Doch dazu braucht es auch bestimmte Gremien, wobei wir insbesondere die Schulkonferenz stärken und deren Kompetenzen deutlich erweitern wollen. Wir plädieren für ein Mehr an Mitbestimmung und wollen beispielsweise den Schüler- und Elternräten über den bisherigen engen Rahmen hinaus das Recht zur allgemeinen politischen Positionierung zu aktuellen Fragen einräumen.

Diskutiert werden muss unseres Erachtens aber auch die Struktur der Kultusverwaltung. Das sehen wir in diesen Tagen ganz besonders. Braucht man längerfristig wirklich Regionalschulämter, die in der Vergangenheit eher Schaden als Nutzen gebracht haben, oder könnte man deren Aufgaben nicht doch weitgehend auf die Landkreise übertragen? Wir plädieren für diese Variante und möchten damit zugleich die kommunale Selbstverwaltung in Sachsen stärken.

Der vorliegende Schulgesetzentwurf ist unsere Antwort auf die offenkundige Bildungsmisere in Sachsen. Zu den darin genannten Punkten möchten wir gern mit allen Beteiligten in die Diskussion kommen. Ich freue mich schon jetzt auf angeregte Debatten in den jeweiligen Ausschüssen.

Eine grundlegende Schulreform ist aus unserer Sicht dringend nötig. Wir als PDS-Fraktion wollen und werden dazu unseren Beitrag leisten. Ein Beitrag ist der vorliegende Schulgesetzentwurf.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf „Schulgesetz für den Freistaat Sachsen“ an den Ausschuss für Schule

und Sport – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss, den Innenausschuss und den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag zur Überweisung an die von mir genannten Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich

um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist das einstimmig so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 2 beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Aktuelle Stunde