1. Aktuelle Debatte: Zum Stand der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und insbesondere im Schulbereich
Die Verteilung der Gesamtredezeit hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 36 Minuten, PDS 31 Minuten, SPD 12 Minuten, NPD 12 Minuten, FDP 12 Minuten,
GRÜNE 17 Minuten und Staatsregierung, wenn gewünscht, 20 Minuten. Meine Damen und Herren wir kommen zu
Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion der PDS das Wort. Die weitere Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde in meinem Beitrag über die aktuellen Tarifverhandlungen im Lehrerbereich im Freistaat Sachsen sprechen, mein Kollege Dr. Friedrich wird anschließend über die Übernahme des Tarifvertrages öffentlicher Dienst reden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich wollen wir als PDS nicht in den Tarifvertrag im Lehrerbereich, der derzeit verhandelt wird, eingreifen. Das ist auch nicht unsere Aufgabe, dafür gibt es Tarifparteien. Aber der Umgang der Regierung mit den Tarifparteien und den Lehrerinnen und Lehrern muss für uns hier im Landtag ein Thema sein. Äußerungen des Ministerpräsidenten, Herrn Milbradt, in der Presse und auch anderswo, wie „Wenn sie nicht unterschreiben, dann werden wir sie eben kündigen“, sind nicht geeignet, Tarifverhandlungen erfolgreich durchzuführen und diese auch zu beenden.
In diesem Schuljahr – das haben wir bereits mehrfach debattiert und das ist nach meinem Kenntnisstand auch nicht strittig – haben wir Schularten, bei denen nicht einmal der normale Unterricht, der Grundbereich abgesichert werden kann. Wir haben inzwischen an unseren Schulen das Problem, dass der Unterrichtsausfall, dass
In diesem Zusammenhang ist es für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, dass innerhalb von zwei Jahren am Gymnasium ein Arbeitsvolumen von 40 % gestrichen werden soll und Teilzeitarbeit für die Gymnasiallehrer vorgesehen ist. 40 % Schüler innerhalb von zwei Jahren! Ich glaube, auch Frau Pfeiffer – sie ist leider nicht da – könnte uns das nicht erklären.
Ach doch! Entschuldigung, ich habe jetzt auf Ihren Platz geschaut. Dort waren Sie nicht. Aber vielleicht können Sie uns das nachher erklären, falls Sie dazu Lust haben.
Funktionsstelleninhaber wie Schulleiter, stellvertretende Schulleiter, Fachberater, Fachleiter, Oberstufenberater und Lehrkräfte am Gymnasium Sankt Afra sollen aus diesem Vertrag herausgenommen werden, in der Vollzeit bleiben. Wenn wir einen solidarischen Akt der Lehrer erwarten und verlangen, dann müssen wir auch alle an Schule Beteiligten in diese Vereinbarung hineinnehmen. Da schließe ich den Minister übrigens nicht aus.
Auch er hat weniger Schüler und müsste eigentlich ebenfalls weniger zu tun haben, wie das angeblich bei den Lehrern auch sein soll.
Interessant ist aber, dass die Kollegen am Gymnasium Sankt Afra in der Vollbeschäftigung bleiben sollen. Für Elite vollbeschäftigte Lehrer, für alle anderen teilzeitbeschäftigte Lehrer, das kann wohl nicht unser Ansatz sein.
Die Schlussfolgerung für mich daraus ist eigentlich ganz klar: dass auch unser Minister erkannt hat, dass ein vollbeschäftigter Lehrer offensichtlich für die Bildung und Erziehung unserer Schülerinnen und Schüler sehr gut und sehr günstig ist. Denn sonst hätte man die Kollegen aus dem Gymnasium Sankt Afra auch einbeziehen müssen.
Gravierend ist, dass es bis jetzt keine klare Ansage gibt, wie es mit den Arbeitsverträgen der Grundschullehrer weitergehen soll. Sie wissen, dass wir in diesem Plenum – auch in dieser Legislaturperiode – bereits mehrfach über die Problematik der Veränderung der Teilzeitvereinbarung für Grundschullehrer gesprochen haben und dass uns immer wieder gesagt worden ist: Lassen Sie doch erst einmal verhandeln, wir werden sehen, was herauskommt! – Im Moment gibt es dazu nach meinem Kenntnisstand keine Aussage. Ich denke, dass die Grundschullehrer es verdient haben, endlich eine klare Ansage zu bekommen.
Wir, die PDS-Fraktion, unterstützen die Aktivitäten der Gewerkschaften und der Lehrerinnen und Lehrer uneingeschränkt. Wenn die Koalitionsregierung ihre Aufgaben im Bildungsbereich nicht erfüllen kann, sind wir glücklich und stolz, dass es in diesem Freistaat Menschen gibt, die zur Not eine bessere Bildung auch erzwingen werden.
Herr Hahn, ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen diesen Gefallen tun kann. Schauen wir mal, ob Sie das am Ende meines Redebeitrages immer noch sagen. Glückauf, Herr Präsident! Glückauf, liebe Kollegen! – Ja, Sie haben richtig gehört, ich habe „Glückauf!“ gesagt und ich kann Ihnen auch sagen, warum:
Wir werden Glück brauchen, wenn wir bei dem heutigen Stand der öffentlichen Finanzen in Zukunft klarkommen wollen.
aktuelle Stand der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst kann als „angespannte Ruhe“ bezeichnet werden.
Vonseiten der Gewerkschaft wurden erste Warnstreiks durchgeführt, aber natürlich hat die Tarifauseinandersetzung im Bereich Schule das Ganze überlagert. Selbstverständlich werde ich mich an § 9 Abs. 3 des Grundgesetzes halten. Dieser regelt die Autonomie der Tarifparteien. Deshalb werde ich mich nicht zu den Auseinandersetzungen im Schulbereich äußern. Das ist Sache der Tarifparteien. Ich glaube, wir als Landtag sind gut beraten, dies nicht zu tun, sondern den Abschluss dieser Tarifverhandlungen abzuwarten. Ich möchte mehr auf die Situation der öffentlichen Haushalte eingehen. Ein Bürger des Freistaates Sachsen hat im Moment 12 759 Euro Schulden. Die hat er nicht selbst verschuldet. Die sind in der Politik verschuldet worden.
Davon entfallen fast 10 000 Euro auf den Bund. Der Rest macht das aus, was wir hier im Freistaat Sachsen beschlossen haben. Im Bund, um es einmal drastisch zusammenzufassen, sieht die Lage äußerst dramatisch aus. Wir haben auf Bundesebene 819 Milliarden 340 Millionen Euro Schulden. Das wird der aktuelle Stand sein, wenn das Jahr 2005 vorbei ist. Damit hat die rot-grüne Bundesregierung seit ihrer Amtsübernahme den Schuldenstand des Bundes fast verdoppelt, und dies innerhalb von knapp acht Jahren. Im Jahr 2004 hat die rot-grüne Bundesregierung 39 Milliarden Euro Schulden neu aufgenommen, um den Haushalt finanziert zu bekommen. Vor dem Hintergrund, dass der sächsische Haushalt 16 Milliarden Euro umfasst, könnten wir mit diesem Betrag fast drei Jahre ganz gut leben. Was finanzieren wir nicht alles mit diesen 16 Milliarden Euro?! Wir finanzieren ein komplettes Justizsystem. Wir finanzieren eine komplette Polizei, eine Landesverwaltung und natürlich auch Schulen, wenngleich es im Moment darüber Diskussionen gibt, wie diese Finanzierung weitergeht, und deswegen Tarifverhandlungen anstehen. Aber es wird finanziert. Das heißt, die Dramatik im öffentlichen Bereich, in den öffentlichen Haushalten ist da. Wir können sie nicht wegdiskutieren. Und dies muss natürlich auch in einer solchen Debatte vorgetragen werden.
Herr Kollege Rohwer, ich möchte Sie gern fragen, da Sie jetzt über den Schuldenstand und nicht über die drohende Teilzeit bei den Lehrern spre
chen, ob ich Sie dahin gehend richtig interpretiere, dass es am Ende doch um rein finanzpolitische Entscheidungen geht und nicht um die Qualität an Schulen und nicht um die Schülerzahlen, sondern um den Sparwillen. Das ist bisher von Ihrer Fraktion immer bestritten worden. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie das jetzt öffentlich korrigieren?
Sie verstehen mich da nicht richtig. Aber ich denke, in so einer Debatte gehört es dazu, dass man auch über Finanzen spricht. Denn natürlich müssen die Ergebnisse der Tarifverhandlungen finanziert werden. Zum Schluss kostet es Geld, das wissen wir. Wir brauchen uns nicht vorzuhalten, dass es nicht so wäre. Natürlich geht es auch um Schulqualität. Zuallererst – und das war bisher in dieser Debatte nicht dabei – geht es aber um Geld, denn schließlich wollen die Lehrerinnen und Lehrer auch bezahlt werden. Das wollte ich hier vortragen.
Um es kurz zu machen: Der Tarifabschluss des Bundes im öffentlichen Dienst, wo im Moment von den Ländern dagegengehalten wird, trägt der Finanzsituation des Bundes aus meiner Sicht in keiner Weise Rechnung. Es ist eine Vereinbarung, die Mehrbelastungen verursacht. Damit fehlt wiederum Geld für Investitionen, das wir so dringend brauchen.
Aus diesem Plenum sollte deshalb heute ein Appell an die Gewerkschaften gehen – einen Appell können wir richten –, der sie an ihre Mitverantwortung für dieses Land erinnert.
Ich hoffe, dass wir vor diesem Hintergrund auch dazu kommen, dass wir dem dringend notwendigen Schuldenabbau der öffentlichen Hand ein Stück näher kommen. Glückauf und toi, toi, toi dafür.