Protokoll der Sitzung vom 24.06.2005

rungsunion immer weiter aufgeschaukelt und werden zu einer noch weit schwereren Krise führen, als sie ohnehin da ist.

Ein weiteres extrem gefährliches Ungleichgewicht für die europäische Wirtschaft baut sich durch das zunehmende Auseinanderlaufen der Inflationsraten in den einzelnen europäischen Ländern auf. Seit der Euroeinführung legt die Europäische Zentralbank einen gemeinsamen Zinssatz für die Euroländer fest, wodurch eine Differenzierung nach regionalen Gesichtspunkten nicht mehr möglich ist. Es versteht sich daher von selbst, dass dieser Geldmantel den unterschiedlichen Volkswirtschaften nicht im Allergeringsten passt.

Für Deutschland, wo die Binnennachfrage noch nie so schwach war wie heute, sind die von der EZB festgelegten Zinsen viel zu hoch, was dazu führt, dass unser Land zusehends in monetäre Weimarer Verhältnisse mit extrem hoher Arbeitslosigkeit und einer zunehmenden Erosion des Sozialstaates hineinschlittert.

Für Spanien beispielsweise ist der gemeinsame Zinssatz viel zu gering. Dies führt dort zu der paradoxen Situation, dass die Jahresinflationsrate mit 3,1 % weit höher ist als der Leitzins der EZB von 2 %, so dass jeder Sparer dort schon Kaufkraftverluste hinnehmen muss, wenn er sein Geld zum EZB-Leitzins anlegt. Dies führt in Spanien zu einem gewaltigen und immer stärker eskalierenden Inflationsschub, der nicht mehr durch eine Erhöhung der Zinsen gebremst werden kann.

Die mangelnde nationale Anpassungsfähigkeit der Währungen zerstört die Integrität der nationalen Volkswirtschaften und damit auch die sozioökonomischen Systeme in den einzelnen Ländern, ohne eine funktionierende EU-Wirtschaft als Ersatz zu schaffen. Ich habe gerade Prof. Hanke hinsichtlich dessen zitiert, was der Euro in den nächsten Jahren anrichten wird.

In Deutschland hat der Euro dazu geführt, dass das angesammelte enorme private Kapital zunehmend nicht mehr in unserem Land, sondern im Ausland investiert oder auf den internationalen Finanzmärkten verspekuliert wird. Die hohe deutsche Sparquote und damit indirekt das dadurch entstandene Kapital ist aber mit unserer schwachen Binnennachfrage verknüpft und verursacht dadurch zum Beispiel Arbeitslosigkeit, also auch das Brachliegen von volkswirtschaftlichen Ressourcen.

Diese Ressourcen müssen durch Investitionen wieder aktiviert werden und das ist eben die ureigenste Aufgabe des Kapitals in einer Volkswirtschaft. Denn wozu soll es sonst noch dienen?

Durch den Euro wird diese Aufgabe in Deutschland nicht mehr in ausreichendem Maße wahrgenommen. Der nationale Spar-, Kapital- und Investitionskreislauf funktioniert nicht mehr und wird auch nicht durch einen gleichwertigen übernationalen Kreislauf ersetzt. Das ist der tiefere währungstheoretische Grund, weswegen der Euro auf lange Sicht gesehen eine ernste Bedrohung für unsere Volkswirtschaft darstellt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie als politisch einflussreiche Mitglieder der Altparteien haben diese Situation mit zu verantworten. Sie hätten in Ihren Parteien dafür wirken können, dass es nicht zu der jetzigen Situation kommt. Es ist jetzt aber Ihre Pflicht, nicht

nur passiv zuzuschauen, sondern aktiv zu werden und für die Revitalisierung der nationalen Währungen einzutreten.

Lesen Sie mal das Buch des Wirtschaftswissenschaftlers Hollnagel mit dem Titel „Der Euro-Crash 2007“! Es ist natürlich spekulativ, ob dieser 2007 oder 2008 oder wann auch immer kommt, aber trotzdem: Es gibt sehr viel ernst zu nehmende Stimmen, die dieser Währung, die wir jetzt hier haben, keine allzu rosige Zukunft geben.

Herr Leichsenring, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Herr Leichsenring, ich habe ja immer noch auf die Antwort gewartet, warum Sie nicht zur DDR-Mark zurück wollen. Ich kann es ja verstehen, aber ich hätte es gern mal aus Ihrem Munde gehört. Aber Sie agieren wirtschaftlich in Richtung einer Autarkie, sind für geschlossene Grenzen, sind für Abschottung. Wäre es nicht im Sinne Ihrer Wirtschaftspolitik sehr konsequent, wenn Sie nicht für die D-Mark, sondern für die Wiedereinführung des sächsischen Talers kämpfen würden?

(Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Ich weiß nicht, auf welchem Fachgebiet Sie Ihren Doktor gemacht haben. Also solche plumpen Fragen!

(Alexander Delle, NPD: Sehr kompetent! …)

Aber bitte schön. „Abschottung“ werden Sie bei uns nicht hören. Wenn wir sagen: „Grenzen dicht für Lohndrücker“, dann meinen wir ja gerade nicht, dass kein Handel betrieben werden darf. Aber mit der Abschaffung der Währung, der D-Mark, und der Entsorgung der eigenen Währungshoheit nach Brüssel haben wir natürlich alle Instrumente aus der Hand gegeben, aktiv Wirtschaftspolitik zu machen. Was haben wir denn noch? Wie können wir denn noch Wirtschaftspolitik machen?

Wir können nicht mehr subventionieren, wie wir wollen, da müssen wir Brüssel fragen. Wir können über die Zinsen nichts mehr regulieren. Wir haben fast nichts mehr in der Hand. Da kann sich der Bundeskanzler oder wer auch immer hinstellen und sagen: Wir tun etwas für Arbeitsplätze. – Ja, sagen Sie doch – – Unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen machen Sie gar nichts für Arbeitsplätze. Wir haben nichts mehr zu sagen, weil wir keine Hoheit mehr über die Währung haben.

Das ist doch das Problem und das hat nichts mit dem sächsischen Taler zu tun, sondern wir sind eben gerade der Meinung, dass souveräne Nationalstaaten auch eigene Währungen haben sollten. Das können Sie schlecht finden. Das ist unsere Ansicht. Wir bringen diese hier sachlich dar. Ihnen bleibt es überlassen, jetzt wieder Konstruktionen zum Dritten Reich oder zum Nationalsozialismus herzustellen. Das überlasse ich

Ihnen gern. Sie werden das Talent haben, das zu schaffen.

Wir wollten heute hier ein sachliches Angebot machen und in diesem Sinne sprechen wir uns dann noch einmal wieder.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Ich frage die CDUFraktion, ob sie erwidern möchte. – Nein. Die PDS-Fraktion? – Nein. SPD? – Nein.

(Jürgen Gansel, NPD: Das ist ein Meinungsbildungsprozess hier! – Alexander Delle, NPD: Sehr feige!)

FDP? – Nein. Und die Fraktion der GRÜNEN? – Auch nicht. Die Staatsregierung? – Auch nicht.

(Jürgen Gansel, NPD: Die Euro-Parteien haben nichts zu sagen!)

Herr Leichsenring, Sie haben wieder das Wort. Halten Sie noch einen Debattenbeitrag oder das Schlusswort?

(Uwe Leichsenring, NPD: Das können Sie sehen, wie Sie wollen!)

Herr Leichsenring? – Schlusswort?

(Holger Apfel, NPD: Einen Beitrag! – Dr. Johannes Müller, NPD: Kein Schlusswort!)

Einen Debattenbeitrag.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin heute früh mit einem Mann zusammen im Fahrstuhl gefahren, der hat in der Zeitung – die habe ich jetzt mal hochgehalten; ich darf den Titel nicht sagen, sonst werde ich gerügt – von „Arroganz der Macht“ gesprochen. Arroganz der Macht! Das ist genau das, was Sie jetzt hier zelebrieren. Ich bin froh, dass die Zuschauertribüne relativ gut besetzt ist, erleben doch die Anwesenden hier mit,

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

wie wichtig Ihnen eigentlich Probleme sind, die den Menschen durchaus auf den Nägeln brennen.

(Zuruf von der FDP: Aber nicht so!)

Wenn man den Umfragen glaubt – da gibt es verschiedene Umfragen –, ist die Hälfte, wenn nicht gar über die Hälfte der Deutschen immer noch für die Wiedereinführung der D-Mark. Aber Sie interessiert das in diesem Hause nicht. Aber gut.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Dann sind wir ja für die Todesstrafe!)

Das wäre auch mal ein Punkt, über den wir sprechen könnten, Herr – –

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Wie ich schon im ersten Teil meiner Rede deutlich gemacht habe, wird der Euro also das Konfliktpotenzial innerhalb Europas durchaus vergrößern. Auch wenn die warnenden Stimmen vor der Einführung der Währung in den Wind geschlagen wurden, ist es nun nach den desillusionierenden Erfahrungen mit dem Euro und aufgrund der nicht zu erwartenden Besserung höchste Zeit – ich sage das noch einmal –, das Ruder herumzureißen.

Sprechen wir mit Prof. Friedmut Malik, auch ein Wirtschaftsprofessor: „Die EZB“, also die Europäische Zentralbank, „erfüllt nicht eine einzige der Voraussetzungen, die für eine stabile Währung erforderlich sind.“

Aber das interessiert Sie ja alles nicht. Ich habe extra noch einmal nachgeschaut, er ist kein NPD-Mitglied.

Wahre Staatsmänner lernen aus neuen Entwicklungen und Einsichten. Unverantwortlich ist es aber, wenn man trotz besseren Wissens an einem aussichtslosen Projekt festhält und so eine Politik der verbrannten Erde verfolgt.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ausstieg aus dem Euro ist ein Gebot elementarster volkswirtschaftlicher Vernunft. Außerdem: Die Europäische Union ist ja kein existenzieller Staat und nach der Logik des Maastricht-Urteils bleibt die Europäische Union ein Staatenverbund und damit ein Zweckverband funktioneller Integration. Wie es der Völkerrechtler Hans Peter Ibsen ausdrückte: „Die Völker bleiben Herren der Verträge.“ Deutschland hat also das Recht – in unseren Augen auch die Pflicht –, aus der europäischen Währungsunion auszusteigen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Was passiert dann?)

Dann wird die D-Mark eingeführt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Und das kostet wieder! …)