Ich erinnere mich sehr gut an die Neujahrsansprache unseres Ministerpräsidenten in der Staatskanzlei, als er gefordert hat, Kinderreiche besser zu fördern. Wie immer bei den Etablierten: Er hat es gefordert, aber es ist beim Reden geblieben. Wir haben nichts mehr gehört, dass die Koalition irgendeine Initiative ergriffen hätte, um Kinderreiche im Freistaat besser zu fördern.
Zu mehr Kinderfreundlichkeit gehören natürlich auch ausreichend und für alle Kinder vorgehaltene KitaPlätze. Wir brauchen den Zugang zu den Kindertageseinrichtungen für alle, auch für die Kinder von Arbeitslosen, und zwar mit Rechtsanspruch. Es kann nicht sein, dass nach Kindern, die den Kindergarten besuchen können, und solchen, die aus dieser Gemeinschaft ausgeschlossen sind, selektiert wird, weil Kindertagesstätten keine Verwahranstalten für die Kinder von berufstätigen Eltern sein sollen, sondern weil dort Sozialkompetenz erworben werden soll. Die ist für Kinder von Berufstätigen genauso notwendig wie für Kinder von nicht berufstätigen Menschen.
Man lernt im Kindergarten Grundkompetenzen – ich deutete das schon an – wie Höflichkeit, Anstand. Man wird mit den Bräuchen des Landes vertraut gemacht, lernt Kinderlieder, Volkslieder und wird hoffentlich vor Sozialdemokraten verschont, die in die Kindergärten gehen und versuchen, Kinderlieder oder uralte Kindergedichte auszutreiben, wie uns Frau Dr. Schwarz einmal anschaulich geschildert hat, als sie im Kampf gegen Kinderlieder Kindertagesstätten besucht hat.
Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen für die Kindertagesstätten, wie kleinere Gruppen, vernünftige Fortund Weiterbildung der Erzieherinnen. Was wir aus meiner Sicht nicht brauchen, sind irgendwelche Hochschultanten, die in die Kindergärten geschickt werden und
Na ja, wenn Sie aber noch länger Ihrem Bildungssystem ausgesetzt sind, kommen solche Ansichten zutage. Dann wird erzählt, wie toll Multi-Kulti ist. Dann wird erzählt, dass das deutsche Volk das größte Verbrechervolk der Erde ist. Ich sage Ihnen ein Beispiel. Vor 14 Tagen riefen mich Eltern an, die sich erregt haben, dass statt „Hotzenplotz“ im Kindergarten die Geschichte „Als Adolf Hitler das rosarote Kaninchen stahl“ erzählt wird. Solchen Mist hören die Kinder in sächsischen Kindertagesstätten! Dagegen verwahren wir uns.
Wir wollen eine liebevolle Hinwendung zu den Kindern. Dazu braucht man übrigens kein Hochschulstudium. Der Bildungsplan ist eine Herausforderung für das gesamte Bildungssystem. Die Kooperation zwischen Grundschule und Kindergarten muss verbessert werden, ganz klar, denn es sind eigenständige Bildungseinrichtungen, die gleichberechtigt aufeinander zugehen.
Ja. – Man muss die Eltern in die Verantwortung hineinlassen, denn der Kindergarten ist zu wichtig für machtpolitische Spielchen. Wir müssen mehr Geld in den Kindergarten stecken, als das bisher getan wird. Es kann nicht sein, dass das Mittagessen im Kindergarten zum Teil teurer ist als in einer Mensa. Das ist die falsche Herangehensweise.
Ja. – In diesem Sinne: Die Eltern, Erzieherinnen und Kinder wollen keine plakativen Sprüche mehr hören, sondern sie wollen endlich Taten sehen. Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Mehr Geld für Sachsens Kindertagesstätten: Gut für unsere Familien – gut für den Wirtschaftsstandort“. Sicherlich wird dem Thema dieser Aktuellen Stunde keiner widersprechen. Tatsächlich gibt es eine Investitionsförderung für die Kindertageseinrichtungen und auch in unserem Landeshaushalt sind tatsächlich mehr Gelder eingestellt. Trotzdem möchte ich den Dank an unsere Kommunen voranstellen, die es bisher trotz leerer Kassen geschafft
haben zu investieren und dies sicherlich weiter tun werden. Es stellt sich aber für mich vor allem die Frage, ob das Geld tatsächlich ausreicht, um eine optimale frühkindliche Bildung und Betreuung in Sachsen zu ermöglichen und inwieweit dieses Geld dafür sorgt, dass es den Familien und dem Wirtschaftsstandort besser geht. Dies lässt sich nach meiner Ansicht ganz klar mit Nein beantworten. Auch wenn die Erhöhung des Landeszuschusses auf 1 800 Euro gestiegen ist, waren doch die Ausgabensteigerungen in den letzten Jahren bei den Kommunen weitaus höher, vor allem was Personal- und Energiekosten anbelangt.
Die Erhöhung der Landespauschale war keine wirkliche Verbesserung für die Kinderbetreuung, sondern ein dringendes Erfordernis, um die Qualität und die Quantität des Angebots überhaupt erhalten zu können. Auch die jetzt beschlossene Investitionsförderung für Kindertageseinrichtungen in Höhe von 15 Millionen Euro sichert letztlich nur den Bestand der jetzigen, der noch guten Standards. Der derzeitige Geburtenanstieg zieht kurzfristig den Bedarf an mehr Plätzen in Kindertageseinrichtungen nach sich und die Kommunen können dies objektiv zurzeit allein nicht leisten. Derzeit bezahlen Eltern durchschnittlich etwa 100 Euro pro Platz und Monat in einer Kindertageseinrichtung. Der Anteil der Eltern an den Kosten der Bildung und Betreuung ist dabei weiterhin erheblich, und es ist nicht zu erwarten, dass die Elternbeiträge zukünftig sinken werden, wenn man an der gegenwärtigen Finanzierung der Kindertageseinrichtungen festhält.
Der Anteil des Freistaates an den Kosten der frühkindlichen Bildung und Betreuung ist im Vergleich zu Schule und Studium nur gering. Dies ist unserer Ansicht nach nur Ausdruck dessen, dass der Kindergarten nach wie vor als eine soziale Wohltat begriffen wird und nicht als der wichtigste Baustein in der frühkindlichen Bildung unserer Kinder. Wenn man den Bildungsauftrag in Kindertageseinrichtungen wirklich ernst nimmt, muss zukünftig die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen anders gestaltet werden und über kostenlose Plätze in Kindergärten nachgedacht werden. Das mag aus Sicht der CDU-Fraktion als unfinanzierbar gelten. Meiner Meinung nach ist es eine Frage der politischen Schwerpunktsetzung.
Während den Eltern auferlegt wird, 100 Euro pro Monat für die frühkindliche Bildung ihrer Kinder auszugeben, werden sozialverträgliche und nachgelagerte Studienbeiträge als Ausverkauf des Sozialstaates abgelehnt. Wenn man beide Sachverhalte nebeneinander legt, wird man erkennen, dass Elternbeiträge für den Besuch von Kindertageseinrichtungen sozialpolitisch bedenklich und bildungspolitisch auf alle Fälle falsch sind.
Sollen also wirklich der Wirtschaftsstandort, die Familie und die frühkindliche Bildung gestärkt werden, muss man zwingend über die Höhe der Elternbeiträge nachdenken. All die beschlossenen und von der Koalition angesprochenen Ausgabensteigerungen sind demnach keine Wohltat, sondern zwingend erforderlich, um den Standard des Wirtschaftsstandortes attraktiv zu halten.
Dass der Ausbau von Kindertageseinrichtungen dabei dringend erforderlich ist, zeigt das Beispiel Infineon. Am 11. Juni wurde bekannt, dass das Unternehmen sich mit 150 000 Euro am Umbau der Kindertageseinrichtung Dresden-Klotzsche beteiligt und gleichzeitig Belegrechte für 60 Kinder in dieser Einrichtung gesichert hat. Dies zeigt, dass die Kinderbetreuung als so genannter weicher Standortfaktor eine enorme Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Sachsen hat.
Den Standortvorteil, den wir vor allem gegenüber den alten Bundesländern haben, dürfen wir nicht aufgeben. Gleichzeitig müssen wir uns auch dessen bewusst sein, dass die westdeutschen Bundesländer langsam, aber sicher in diesem Bereich aufholen. Ein Ausruhen auf dem Erreichten kann es daher nicht geben.
Der von der Koalition vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des SächsKitaG, der gerade in den Ausschüssen beraten wird, ist in großen Teilen nur der halbherzige Versuch einer weiteren Verbesserung. Beleg dafür ist, dass es zwar eine Klausel gibt, die die Zugangskriterien für Kindertageseinrichtungen einschränken soll, diese aber weiterhin ermöglicht. Wenn wir zukünftig bei der frühkindlichen Bildung und Erziehung vorn bleiben wollen, werden solche Gesetzentwürfe nicht ausreichen.
Zuletzt möchte ich noch darauf hinweisen, dass eine noch so gute frühkindliche Bildung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen nur ein Baustein für ein familienfreundliches Sachsen sein kann. Trotz der verhältnismäßig guten Verteilung von Kindertageseinrichtungen im Land und deren guter Ausstattung beklagen wir eine sehr niedrige Geburtenrate und ein nicht gerade kinderfreundliches Klima. Die Verbotsschilder auf Wiesen und Beschwerden der Nachbarn über Kindergeschrei sind hierfür nur ein kleiner Beweis.
Wenn wir es nicht schaffen, dass Familien und Kinder in weiten Teilen der Gesellschaft wieder als Wert an sich gelten, hilft auch noch so viel Geld in der Kindertagesbetreuung wenig. Geben wir unseren Kindern und Jugendlichen wieder das Gefühl, dass wir stolz sind auf sie, auf ihre Fähigkeiten und Talente, auf ihre Gaben und Leistungen, und unterstützen wir Eltern in ihren Aufgaben und bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mehr Geld für sächsische Kindertageseinrichtungen: Gut für Familien, gut für den Wirtschaftsstandort!, das klingt schön und ist eine außerordentlich zeitgemäße Forderung. Nur leider kommen im Titel dieser Aktuellen Debatte die Kinder, um die es eigentlich geht, gar nicht vor. Im Titel werden verschiedene politische Ansprüche deutlich, denen frühkindliche Bildung und Betreuung gerecht werden soll, beispielsweise Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit
verbunden, den Eltern die Entscheidung für ein Kind zu erleichtern, Beschäftigung von Frauen zu fördern – Kinder verstanden als Zukunftsinvestition und Kinder als Standortfaktor. All das sind teils berechtigte Gesichtspunkte, in denen sich auch grüne Forderungen widerspiegeln. Nur dürfen dabei die eigentlichen Akteure, die, die ihre Kindheit leben und gestalten wollen, nicht zu kurz kommen. Es stellt sich doch die Frage: Bleiben die berechtigten Ansprüche der Kinder auf einen fairen Anteil gesellschaftlicher Zuwendung, wie Raum, Zeit, finanzielle Mittel, und eine anregungsreiche und entwicklungsfördernde Umwelt, nicht auf der Strecke, wenn wir zwischen ökonomischen Zwängen und einem übernommenen Bild von Familienkindheit den Ausgleich versuchen? Wir müssen Kinder endlich als eigenständige Bevölkerungsgruppe mit berechtigten Ansprüchen und Interessen wahrnehmen. Wir müssen versuchen, die Welt auch mit Kinderaugen zu sehen.
Der Entwurf des Sächsischen Bildungsplanes, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist da ein Anfang. Er wird den eben erhobenen Ansprüchen ein Stück weit gerecht. Wir haben unsere Zustimmung zu diesem Bildungsplan deutlich gemacht. Der Kita-Gesetzentwurf wird dagegen den durch diesen Bildungsplan gesetzten Maßstäben nicht gerecht. Wir kritisieren unter anderem die nicht ausreichenden Möglichkeiten der Kinder- und Elternbeteiligung, die mangelnde Teilhabe, da Zugangsbeschränkungen im Gesetz nicht ausgeschlossen werden. Daran ändert weder das Investitionsprogramm noch die Erhöhung der Kita-Pauschale etwas. Beides ist schlicht nicht ausreichend und wird dem Anspruch an Qualitätsentwicklung nicht gerecht. Erstens wird zwar die Investitionssumme erhöht, aber die Eigenbeteiligung der Kommunen liegt bei 50 %. Wer soll das bezahlen? Zweitens. Ziel der Investitionen soll die Schaffung einer guten, entwicklungsfördernden Umgebung für Kinder sein. Warum werden gleichzeitig Qualitätsstandards nicht mehr im Gesetz festgehalten? Drittens. Tagespflege in Räumen Dritter ermöglicht Billig-Kitas. Viertens. Die Erhöhung der Kita-Pauschale ist nicht ausreichend, um den Personalschlüssel für Erzieherinnen in den Kitas entsprechend dem Bildungsplan zu erhöhen. Das wäre aber nötig, um die Qualifizierung und Weiterbildung der Mitarbeiter zu ermöglichen und die nötige Vor- und Nachbereitungszeit zur Verfügung zu stellen. Ich plädiere dafür. Zuerst muss eine Kita gut für Kinder sein. Sie muss ihnen, unabhängig von ihrer Herkunft, nicht nur bestmögliche Bildungs- und Entwicklungschancen bieten, sondern ein Kinderleben aus eigenem Recht ermöglichen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Neubert, ich hätte mir gewünscht, dass Ihre Galle nicht die Funktion des Gehirns übernommen hätte.
Sie sind leider nicht bereit wahrzunehmen, dass Sachsen bei der Kinderbetreuung Spitze ist, Sie sind nicht bereit, die deutlichen Verbesserungen der letzten Monate wahrzunehmen und Sie sind nicht bereit, die Wirklichkeit in diesem Land wahrzunehmen.
Die Wahrheit ist doch: Sachsen hat ein flächendeckendes und hochwertiges System an Kindertagesstätten.
Selbst wenn wir demnächst unseren Kindern beibringen würden, über das Wasser der Elbe zu laufen, dann würden Sie, Herr Neubert, kommen und würden uns vorwerfen: Guck an, schau hin! Die Kinder können noch nicht einmal schwimmen. Noch nicht einmal das haben sie denen beigebracht. – Sie finden immer etwas, an dem Sie nur herumkritteln können. Keine Frage, man kann alles besser machen, aber deshalb muss man nicht alles schlechtmachen.
Mit dem neuen Haushaltsjahr haben SPD und CDU die finanziellen Mittel für die Kindertagesstätten kräftig aufgestockt. So stieg zum Beispiel die Landespauschale. Die Gemeinden erhalten nunmehr 1 800 Euro pro Kind und Jahr. Das sind immerhin 136 Euro mehr als zuvor. Es sei – weil Herr Neubert den Eindruck erweckt hatte, das sei nicht der Fall gewesen – noch angefügt, dass wir auch im letzten Haushalt diese Pauschale erhöht hatten.