Protokoll der Sitzung vom 13.07.2005

Ein zweiter Punkt – Sie haben eine redaktionelle Einfügung für eine Mindestalterentschädigung in Höhe von 35 % der Grundentschädigung vorgenommen. Sie haben dabei übersehen, dass Mindestaltersentschädigung in Ihrem Gesetzentwurf systematisch herausgestrichen wurde. Wir haben ein neues Altersversorgungssystem, das den ursprünglichen Sockelbetrag von 35 % durch eine gleichmäßige Anwartschaft in Höhe von 3,5 % pro Jahr ersetzt. Völlig richtig, auch vergleichbar mit der Rentenversicherung.

Das, was Sie hier in letzter Minute eingefügt haben, schafft Rechtsunsicherheit. Ich behaupte, wer nach einem Jahr Mitgliedschaft im Landtag 35 % Altersentschädigung beantragt, der hat zumindest gute Argumente aufgrund Ihrer Gesetzesänderung. Auch da die Spuren der heißen Nadel.

Das heißt, Sie haben einen Schritt vorwärts gemacht – wie vorhin gesagt –, dieser eine Schritt wird von einem Schritt zurück begleitet. Das ist kein Fortschritt insgesamt, sondern das Tänzeln der Koalition. Wir werden uns deshalb bei Ihnen enthalten.

Ein kleiner Ausblick: Ich glaube, die Konkurrenz der Gesetzentwürfe hat nicht den Fortschritt in der Systematik der Abgeordnetenbezüge in Sachsen gebracht. Morgen werden wir eine Reformkommission einsetzen. Ich vertraue darauf, dass wir mit deren Empfehlung und mit unserem eigenen Willen noch in dieser Legislaturperiode die Kraft und auch den Mut zu einer echten Reform finden. Unsere Vorschläge liegen bei Ihnen auf dem Tisch und wir werden in den nächsten Jahren noch gemeinsam diskutieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der PDS)

Ich gehe sicher recht in der Annahme, dass sich die Staatsregierung zu diesen Tagesordnungspunkt nicht äußern möchte. Ich frage, ob es aus den Fraktionen noch Diskussionsbedarf gibt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Es gibt auch Abgeordnete in der Staatsregierung!)

Herr Leichsenring.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist es richtig, dass jede Fraktion ihre Gesetzentwürfe begründet und verteidigt. Das trifft auch für diejenige Fraktion zu, die es nicht fertig bekommen hat, aber für die es gute Gründe gibt. Das ist legitim. Trotzdem noch einmal ein paar Worte zu dem bisher Gesagten: Herr Dr. Gerstenberg, Ihre Ausführungen haben gezeigt, dass Sie unseren Gesetzentwurf wenigstens verstanden haben. Warum Sie ihn als verfassungswidrig kennzeichnen, verschließt sich mir, wenn doch in anderen Bundesländern genau diese Vorgehensweise Gesetz ist. Warum soll das gerade verfassungswidrig sein, zumal wenn Sie sich auf das Bundesverfassungsgericht beziehen? Dann dürfte Thüringen genau diesen Weg, den wir vorschlagen, nicht gehen.

Noch einmal: Wenn wir uns hier an die Computer des Statistischen Landesamtes koppeln – wie Sie sagen –, dann ist das ja ein Verfahren, das jederzeit änderbar ist. Wir müssen dem auch nicht zustimmen, aber wir könnten es und könnten uns viele Kommissionen, Sitzungen, Sitzungsgelder usw. sparen.

Herr Bräunig, Sie würde ich gern noch einmal einladen. Dass Sie unseren Entwurf nicht gut finden, das sei Ihnen unbenommen. Dass Sie uns vorwerfen, wir hätten ihn nicht genug erklärt, das ist etwas unverständlich. Wir haben das sowohl in den Ausschüssen als auch in der Anhörung gemacht. Ich hätte noch 27 Minuten Redezeit. Ich könnte Ihnen das noch fünfmal vortragen. Es ist nicht kompliziert. Vielleicht aber lesen Sie noch einmal unseren Gesetzentwurf. Es gibt in deutschen Bundesländern solche Regelungen. Es ist nicht kompliziert.

Wenn man uns vorwirft, dass wir einen bequemen Weg wählen, und Sie das als lästige Debatte bezeichnen, dann muss ich sagen: Lästig oder unangenehm ist der Eindruck, wenn in der Bevölkerung die Auffassung entsteht, dass es sich hier um einen Selbstbedienungsladen handelt. Das ist lästig. Das wollen wir nicht. Wenn wir einen Modus vivendi finden, der diese ganze Diskussion aus dem Parlament und aus den Expertendiskussionen

nimmt, dann ist uns allen geholfen, denke ich. Trotzdem bleiben wir ja als Gesetzgeber immer noch Herr des Verfahrens. Wir können jederzeit diesen Modus wieder ändern. Nichts hindert uns daran.

Herr Schiemann hat auch seinen Gesetzentwurf verteidigt. Natürlich, das muss er. Das ist auch in Ordnung. Wir sind trotzdem der Meinung, in Zeiten, wo es den Menschen im Lande nicht immer besser geht, sondern wo tatsächlich das stattfindet, was vorhin schon genannt wurde: dass man auf Lohnteile verzichtet, dass man, ohne dafür bezahlt zu werden, länger arbeitet, und wo den Mitarbeitern in den Firmen solche Zugeständnisse abgerungen werden und diese auch bereit sind, diese Zugeständnisse zu machen, um ihren Arbeitsplatz zu sichern, sollten auch wir ein Zeichen setzen.

Deswegen schlagen auch wir, wenn Sie das durchrechnen, eine Diätensenkung vor, die in diesem Fall 6,6 % beträgt, also ähnlich dem, was die FDP sagt. Das würde zu einer Einsparung von 430 000 Euro im Jahr führen. Das rettet den Haushalt nicht. Das ist mir ganz klar. Auch was die Kosten pro Bürger in Sachsen sind, würde es sicherlich ein Cent-Betrag sein. Aber es geht um das Zeichen, das wir setzen, dass wir, wenn es für das Volk nicht vorwärts geht, wenn die Einkommensentwicklungen zum Teil negativ sind, diesen Weg mitgehen. Das würde auch zum Aufbau eines Vertrauens beitragen, nicht nur das, aber es könnte dazu beitragen.

Ich würde mir wünschen, dass Sie unseren vorliegenden Gesetzentwurf wirklich unvoreingenommen prüfen und das Positive darin sehen. Natürlich sind wir mit unserem Gesetzentwurf nicht an die Altersversorgung herangegangen. Das gebe ich ehrlich zu. Wir haben im Landtagswahlkampf über die Diäten gesprochen und haben deswegen – Sie sehen das an der Drucksachennummer – sehr zeitig diesen Gesetzentwurf so eingebracht, weil wir natürlich auch zu unserem Wahlversprechen stehen.

Als letzter Satz noch einmal: Wenn so eine Regelung in anderen Bundesländern für gut befunden wird, dort Gesetzeskraft hat, dann ist das weder verfassungswidrig noch undurchführbar. Wenn Sie mehrheitlich der Meinung sind, dass wir das in Sachsen nicht wollen, dann nehmen wir das zur Kenntnis. Aber tun Sie nicht so, als wäre das gesetzeswidrig oder unmöglich! Das wäre unredlich von Ihnen.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Ich dachte gerade, es gibt keine Wortmeldungen mehr, aber die FDP-Fraktion, Herr Dr. Martens, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss doch noch einmal auf das zurückkommen, was insbesondere aus der Koalition hier zu unserem Gesetzentwurf vorgebracht worden ist. Das Thema der Abgeordnetenentschädigungen insgesamt ist nicht aus der Luft gegriffen und ist uns nicht einfach eingefallen, weil es nur in Sachsen auf einmal zum Thema geworden ist. Mit diesem Thema beschäftigt sich auch der Deutsche Bundestag oder auch der Landtag in Nordrhein-Westfalen. Also, dieser Vor

wurf, es sei uns aus populistischen Gründen eingefallen, uns mit diesem Thema zu beschäftigen, entkräftet sich insofern von selbst. Ansonsten wäre es ja auch nicht zu diesem bedeutenden CDU/SPD-Antrag gekommen, mit dem Sie sich jetzt rühmen, diese Abgeordnetenbezüge zeitgemäß anzupassen. Wenn wir nicht auf dieses Thema gedrückt hätten, wäre nämlich bei Ihnen überhaupt nichts passiert.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Das können Sie doch einfach einmal zugeben. Da bricht Ihnen doch nichts ab.

Aber was wir hier dann gesehen haben, das war statt Sachauseinandersetzung in vielen Teilen unsachlich. Wir hätten uns über die Reform der Altersentschädigung auseinander setzen können oder über die Umstellung von Versorgungsbezügen auf Zuschüsse, mit denen private Altersvorsorge aufgebaut werden kann, auch als Teil eines beispielgebenden Verfahrens. Wenn wir das den Bürgern später einmal anbieten und zumuten wollen, warum gehen wir nicht mit voran? Keiner hat dazu etwas gesagt.

Das Sterbegeld ist offensichtlich nach einhelliger Meinung obsolet und nicht mehr zeitgemäß, denn es wird auch im Koalitionsantrag im § 18 gestrichen.

Meine Damen und Herren, aber wenn wir es vorschlagen, wird uns hemmungsloser Populismus vorgeworfen. Das ist nicht redlich, Herr Schiemann. Sie müssen nicht so tun, als seien die anderen unredlich und Sie der Hort der Weisheit.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man sich sachlich damit auseinander gesetzt hat, so wie Herr Bräunig es versucht hat, offenbart man, dass man gar nichts verstanden hat, nämlich eine Anrechnung solcher Übergangsentschädigungen ist selbstverständlich bei uns vorgesehen. Das hat höchstens gezeigt, dass Sie unseren Antrag überhaupt nicht gelesen haben. Erst einmal drauf hauen macht sich immer gut.

(Beifall bei der FDP)

Ansonsten muss ich einiges an unberechtigten Vorwürfen für meine Fraktion wirklich einmal zurechtrücken. Herr Schiemann, ich habe nicht verstanden, warum Sie sich so echauffiert haben. Offensichtlich geht Ihnen das Thema wirklich nahe.

(Widerspruch bei der CDU)

Wenn Sie sonst den kühlen Sachpolitiker geben, werden Sie an der Stelle zum kreischenden Besitzstandswahrer.

(Beifall und Heiterkeit bei der FDP)

Da geht es um das Eingemachte des zum Apparatschik gewordenen Berufspolitikers. In der Tat, so ist das!

(Widerspruch des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Meine Damen und Herren, wenn wir eine Diätenerhöhung aus dem Jahr 2003 zurücknehmen wollen, dann in der Tat nicht deswegen, um den Haushalt zu retten, son

dern um damit ein Zeichen zu setzen. Wenn wir den Bürgern draußen Reallohnverzicht zumuten, können wir nicht als Abgeordnete draufsatteln.

(Rita Henke, CDU: Satteln wir drauf? Frechheit!)

Das hat nichts mit der von Herrn Dr. Gerstenberg gescholtenen Feigheit vorm Volk zu tun. Offensichtlich nehmen Sie an, dass sich die Abgeordneten irgendwann unterhaken müssten und dem Volk mutig begegnen, jedenfalls dann, wenn es um die eigenen Bezüge geht. Nein, das sehen wir anders.

(Peter Schowtka, CDU: Populist!)

Noch etwas zu diesem Vorwurf der besser verdienenden Fraktion. Offensichtlich spielt das bei Ihnen eine Rolle, denn die einen haben besser verdient, während die anderen als Abgeordnete das Land aufgebaut haben. Grob ungerecht! Herr Schiemann, grob ungerecht. Ich habe 1990 angefangen einen Betrieb mit bis zu 15 Mitarbeitern aufzubauen.

(Oh-Ruf von der NPD)

Ich weiß nicht, wie viele Leute Sie beschäftigen. Ich gebe 15 Leuten Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Ich lasse mir nicht vorhalten, dass wir da draußen nichts getan hätten, während ausschließlich Sie vielleicht das Land aufgebaut hätten. So geht das nicht.

(Beifall bei der FDP)

Ich lasse mir auch nicht sagen, dass es eine Zumutung wäre, wenn wir sagen würden, Sie würden falsche Anträge stellen, während unserer falsch ist. Offensichtlich steht diese Einschätzung nur Ihnen zu. Gestatten Sie, dass ich dem heftig widerspreche.

Noch eine Anmerkung zu dem, was Sie zu Nebentätigkeiten gesagt haben oder zu dem, dass man sich mit ganzer Kraft für ein Parlament einsetzt. Das Leitbild in der Verfassung ist der Parlamentarier, der aus dem Volk kommt und eine berufliche Verankerung hat und nicht das des Nur-Berufspolitikers.

(Peter Schowtka, CDU: Wir haben alle unseren Beruf!)

Es soll jemand sein, der weiß, was draußen los ist. Sie haben gezeigt, dass das bei Ihnen offensichtlich gar nicht mehr der Fall ist.

(Unruhe bei der CDU und der PDS)