Protokoll der Sitzung vom 14.07.2005

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Die Zukunft der Sächsischen Landesbank nach der Kapitalerhöhung

Antrag der Fraktion der NPD

2. Aktuelle Debatte: Verzichtserklärung des Ministerpräsidenten bezüglich des Länderanteils aus einer eventuellen Erhöhung der Mehrwertsteuer

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Verteilung der Redezeit hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 36 Minuten, PDS 26 Minuten, SPD 12 Minuten, NPD 17 Minuten, FDP 12 Minuten, GRÜNE

17 Minuten und Staatsregierung 20 Minuten. Wir kommen nun zu

1. Aktuelle Debatte

Die Zukunft der Sächsischen Landesbank nach der Kapitalerhöhung

Antrag der Fraktion der NPD

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion der NPD das Wort. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, PDS, SPD, FDP, GRÜNE und Staatsregierung.

Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte jetzt die Fraktion der NPD, das Wort zu nehmen. Herr Leichsenring.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, hat der Landtag einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, den wir angeschoben haben und den die PDS dann letztlich mit ihren Stimmen auch durchsetzen konnte.

(Dr. André Hahn, PDS: Positiv!)

Ja, ohne uns hätten Sie gar nichts ausgerichtet.

Obwohl es einen Unterausschuss und einen Untersuchungsausschuss gibt, haben wir es für notwendig erachtet, dass wir heute noch einmal über das Thema Sachsen LB sprechen, und zwar zur Lage der Sachsen LB nach der Kapitalerhöhung.

Am 05.07. – das wissen Sie – ist im Kabinett die Kapitalerhöhung um 300 Millionen Euro erfolgt. Damit scheint die Bank erst einmal – so schien es – im sicheren Fahrwasser. Das war eine wichtige Nachricht für die Angestellten der Bank, für Sachsen und für Leipzig.

Aber nach den Skandalen der letzten Jahre erachten wir es als notwendig, dass der Bank trotzdem große Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, denn wir sehen ja auch in dieser Woche wieder die Salamitaktik der Staatsregierung. Hier ist also immer noch Aufmerksamkeit geboten.

Das neue Geschäftsmodell, das bereits durch die Anteilseignerversammlung verabschiedet wurde, die Bank als Verbund- und Spezialbank, ist natürlich eine Chance für die Bank, indem sie sich auf ihre Stärken konzentriert. Wir sehen es auch so.

Nur durch die Integration in einem Verbund haben sowohl die Bank als auch die kleinen Institute die Chance, komplexe Leistungen anzubieten und damit zu überleben. Dezentraler Aufbau plus Rückhalt im Verbund, das ist die Chance für die Bank.

Aber in Sachsen gibt es spezifische wirtschaftliche Probleme und eine hohe Arbeitslosigkeit. Das schlägt sich auch in der Struktur der Bankenlandschaft nieder: Bonitätsprobleme, Kreditausfälle und niedrige defizitäre Deckungsbeiträge höhlen die ohnehin geringe Substanz der Sparkassen aus. Deshalb ist die dringende Frage auch dahin gehend zu richten, wie das Firmenkundengeschäft in die strategische Rolle der Bank eingebunden werden kann, denn das hat ein spezielles Chancen-Risiko-Profil, weil sich diese Kundengruppe erst nach der Wende bilden konnte; deswegen niedrige Umsatzrenditen und ein hohes Insolvenzrisiko im Vergleich zu Westdeutschland.

Wir sehen die künftige Hauptaufgabe der Sachsen LB in der Neuausrichtung des Vertriebs bis hin zur Entwicklung von Produktpaletten für mitteldeutsche Firmenkunden. Alles das muss in eine klare Verbesserung der Rentabilität münden.

Wir haben es aber satt, dass das Firmenkundengeschäft immer wieder den Status als „Wertvernichter“ angehängt bekommt. Unter diesem Pseudoargument wird dann das Ausweichen auf internationale Geschäftsfelder betrieben,

die auch nicht risikolos sind. Ich erinnere nur an die jüngste Übernahme von Consors und damit den Einstieg in das amerikanische Immobiliengeschäft.

Wenn der Aufbau Ost gelingen soll, dann geht es nur, wenn Kleinbetriebe, die unsere Unternehmerlandschaft prägen, revitalisiert werden. Das müsste der Gradmesser für Erfolg und Misserfolg der Bank sein.

Die Kapitalerhöhung, die jetzt stattgefunden hat, hat einen Riesenvorteil, nämlich der Freistaat kann nunmehr als größter direkter Anteilseigner besser seine Interessen umsetzen.

Es hat uns im Unterausschuss schon ganz schön verwundert, als wir die Firma Droege direkt auf die Arbeitsplätze angesprochen und die Auskunft erhalten haben, dass der Personalabbau besonders im Inland erfolgen soll, während die ausländischen Dependancen gar nicht betroffen sein werden. Da drängt sich für uns die Frage auf: Ist es denn berechtigt, den Grundstock zu vier Fünfteln zu plündern, um in Dublin Arbeitsplätze zu schaffen und in Sachsen wegzurationalisieren? Das kann so nicht gewollt sein.

Wir sind also der Meinung, wenn Mittel aus dem Grundstock genommen werden, dann müssen sie auch zur Stärkung sächsischer Standorte dienen, den Standorten der Bank in Sachsen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Leichsenring? – Bitte.

Herr Leichsenring, können Sie klarstellen, wie viele Arbeitsplätze die Sachsen LB im Ausland und wie viele sie im Inland hat, wenn Sie von Dublin und den doch nur wenigen Mitarbeitern, die dort sind, sprechen?

Herr Patt, wie auch immer, wir haben die Firma Droege gefragt, wo der Arbeitsplatzabbau stattfinden wird. Man hat uns explizit gesagt, dass dies Sachsen betreffen wird. Wir sind froh, dass über das Anlehnungsmodell bzw. den Teilverkauf noch nicht entschieden wurde. Wir sind der Meinung, dass nahezu alles, was eine Landesbank bei uns gut machen kann, nicht immer größerer Strukturen bedarf. Die Bank sollte aufpassen, dass sie sich nicht reflexhaft und unbedacht in eine Fusion stürzt. Wir bitten deswegen auch die Mitglieder der Staatsregierung, dass sie die Angelegenheit nicht nur unter der Maßgabe betrachtet, die Bank ausgehfein zu machen oder für externe Ratings gut aussehen zu lassen, sondern auch darauf zu achten, dass nicht alles nur unter Profitmaximierungsgesichtspunkten gesehen und aufgepasst wird, dass nicht angelsächsische „Heuschrecken-Investoren“ hier zuschlagen. Das hat auch einen Hintergrund. Erst vorgestern wurde bekannt, dass die Nord LB – –

Bitte zum Schluss kommen.

Ja. – ihre Immobilientochter Nileg an die Investorengruppe Fortress verkauft hat. Das wäre es für die erste Runde. In meinem zweiten Redebeitrag werde ich auf das akute Problem, nämlich

die unbefriedigende Aufsichtsleistung über die Bank, eingehen.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile das Wort der Fraktion der CDU. Herr Albrecht, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dieser Aktuellen Debatte, eingebracht durch die NPD-Fraktion, stellt sich grundsätzlich die Frage, wozu wir eigentlich Ausschüsse in diesem Landtag brauchen. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat sich seit längerem mit der Zukunft der Sachsen LB beschäftigt, hat dies als komplexes Thema erkannt und mit der Zustimmung – meines Wissens – aller Mitglieder gesagt: Das Thema ist uns zu wichtig, wir brauchen dazu mehr Zeit, wir wollen dieses Thema im Unterausschuss behandeln. – Das ist auch so erfolgt.

In diesem Unterausschuss ist mehrfach getagt worden, das letzte Mal in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Haushalts- und Finanzausschuss in der vorigen Woche. An dieser Sitzung haben Herr Holtmann, Geschäftsführer des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Herr Süß, Vorstandsvorsitzender der Sachsen LB, und die Unternehmensberatung Droege und Partner teilgenommen. In dieser Sitzung haben alle anwesenden Fraktionen ihr Fragerecht ausgenutzt. Ich erinnere mich, dass am Ende des Fragenteils der Vorsitzende allen Fraktionen die Möglichkeit gegeben hat, bei Bedarf weitere Fragen zu stellen. Es gab keine weiteren Fragen. Das heißt, das Thema ist voll inhaltlich besprochen worden. Dabei sind einzelne Facetten sehr, sehr detailliert vorgetragen worden, zum Beispiel die Frage der Arbeitsplatzentwicklung.

Hier möchte ich eine sehr wichtige Klarstellung vornehmen. Wenn dieses Unternehmen Sachsen LB, SachsenFinanzgruppe so aufgestellt wird, dass wir die notwendigen Forderungen der Rating-Agenturen erfüllen und damit wieder in die höhere Rating-Klasse rutschen, dann hat das für die Arbeitsplätze folgende Konsequenzen. Erstens werden die bisherigen Arbeitsplätze erhalten. Zweitens ergibt sich durchaus die Möglichkeit, für andere Geldinstitute Leistungen – zum Beispiel Belegwesen – zu übernehmen. Das heißt also, es ist bei weitem nicht so, dass Arbeitsplätze wegfallen sollen, sondern das Ziel dieser Veranstaltung ist unter anderem auch, Arbeitsplätze dazuzugewinnen. So weit zu dieser Mär.

Völlig falsch dargestellt und grober Unfug ist ein weiterer Punkt, nämlich die Verteilung zwischen dem Inlandsgeschäft und dem Auslandsgeschäft. An dieser Stelle ist mehrfach diskutiert worden, dass das Ziel der Sachsen LB ist, auch für den sächsischen Mittelstand zu arbeiten und ihm die Leistungen der Bank anzubieten. Sinn und Zweck dieser Bank ist obenan, Gewinne für die Anteilseigner zu erzielen. Diese Gewinnerzielung ist gewollt und für die Anteilseigner notwendig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass beispielsweise die kommunale Seite als Eigentümer der Bank damit einverstanden wäre, wenn diese Bank in Zukunft keine positiven Zahlen mehr schreibt.

Deshalb halte ich die Diskussion in dieser Form für völlig falsch. Sie gehört dorthin, wo sie geführt worden ist: in den Unterausschuss bzw. in den Haushalts- und Finanzausschuss. Die dort vorgetragenen Fakten, wie Kapitalerhöhung, verstärkte Zusammenarbeit zwischen Landesbank und Sparkassen in der Sachsen-Finanzgruppe, neues Geschäftsmodell für die Sachsen LB als Verbund- und Spezialbank und Liquiditätsausgleich zwischen Sparkassen und Sachsen LB, halten wir für geeignet und notwendig.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und der Staatsregierung)

Ich erteile das Wort der Fraktion der PDS. Herr Weckesser, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will das Thema in zwei Komplexen behandeln. Zuerst zum rationalen Kern dieses Antrages und der ganzen Angelegenheit. Was Sie mit dem Namen der Aktuellen Debatte andeuten, Herr Leichsenring – es soll um die Zukunft der Landesbank gehen –, war, als hätte ich es geahnt, aber wieder einmal nur Vorwand und im Übrigen – so viel sei als Hinweis gestattet –, der Unterausschuss ist nicht öffentlich. Insofern liegt das, was Sie hier gesagt haben, an der Grenze des Machbaren. In Bezug auf die Zukunft der Landesbank hat der Haushalts- und Finanzausschuss seit langem einen Auftrag – auch Herr Albrecht hat darauf hingewiesen –, und er ist ihm bisher nachgekommen. Ich gehe davon aus, dass er ihm auch in Zukunft nachkommen wird. Herr Leichsenring, Sie selber könnten als Zeuge fungieren, dass es so ist. Auch das ist zitiert worden.

Dazu kam eine – ich sage mal – mit gewissem Nachdruck zustande gekommene Bereitschaft des Finanzministers, über die Umstände der fraglichen Kapitalaufstockung selbst und vor allem über die Art und Weise des Zustandekommens der 300 Millionen Euro zu berichten. Er hat das getan und in Abstimmung mit mir als Ausschussvorsitzendem sogar hochkarätige sachkundige Gäste mitgebracht. Ich sage das nur, weil es die Mehrheit nicht weiß. Herr Holtmann war da, der unbestrittene ostdeutsche Sparkassenpapst von der SachsenFinanzgruppe, Herr Süß, der langjährige Sparkassenchef aus Dresden und derzeitige Vorstandsvorsitzende der Landesbank, Herr Raupach, Vorstand der Landesbank, sowie zwei Herren vom Beratungsunternehmen Droege und Partner.

Diese Veranstaltung dauerte rund drei Stunden. Neben dem Vergleich mit dem Status anderer Landesbanken – denn der Wegfall der Gewährträgerhaftung und damit die schwierige Situation trifft sie alle, nicht nur die sächsische – wurde ein Konzept notwendiger Maßnahmen vorgestellt. Das kann man hier nur stichpunktartig sagen. Ich will nur die wichtigsten Punkte nennen: Aufstockung des Eigenkapitals – das hatten wir –, konzerninterne Optimierung der Geschäftsfelder, interne Konsolidierung um zehn Millionen Euro, Risikominimierung um etwa 3,5 Millionen Euro und einen Liquiditätsverbund der Bank mit den Sparkassen in Höhe von etwa

5 Milliarden Euro, dazu die entsprechenden Kooperationsverträge.

Dieses Paket, das sage ich ganz deutlich, ist anspruchsvoll, anstrengend und es braucht Zeit. Uns ist gesagt worden, es solle bis 2007 umgesetzt werden. Der erste Schritt ist getan, aber erst wenn alle umgesetzt sind, besteht aus meiner Sicht die realistische Chance, dass die Bank ein gutes Rating bekommt und ihre Zukunft gesichert ist. Also kommt es zunächst darauf an, dass die Landesbank auch künftig ständiger Punkt im Haushaltsund Finanzausschuss ist, nicht nur in Dresden, sondern auch vor Ort in Leipzig.

Was will ich damit sagen? Sie sehen, der rationale Teil des gesamten Vorgangs verläuft in relativ geordneten Bahnen. Unmittelbare Gefahren sind aus dem Geschäftsmodell heraus derzeit nicht zu erkennen. So verlief auch die Sitzung. Akute Gefahren ergeben sich allerdings immer wieder aus irrationalen Komponenten der Angelegenheit. Dazu rechne ich auch untaugliches Krisenmanagement seitens der Regierung im Zusammenhang mit dem nicht aufgearbeiteten Erbe aus der Ära Weiss, Fuchs und Braun sowie die chaotische Kommunikationsorganisation. Wenn ich allein an gestern denke: ein abwesender Ministerpräsident, ein Finanzminister auf der Flucht, nicht informierte Koalition usw. Es war wahrlich kein Ruhmesblatt.