Protokoll der Sitzung vom 21.09.2005

Es wurde tatsächlich alles schon gesagt. Ich bin hoch erstaunt, Frau Windisch, ich konnte – ausschließlich des letzten Satzes – jeden Ihrer Sätze unterschreiben. Das war in diesem Hause auch noch nicht der Fall.

Frau Kagelmann, vielen Dank, Sie haben alles dazu gesagt und alle Studien genannt. Das trifft auch für Herrn Gerlach zu. Deswegen möchte ich die Studien auch nicht noch einmal zitieren.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Vielleicht merken Sie es dann!)

Ich glaube nicht, dass sie das schaffen.

Ich möchte für unsere Fraktion einfach noch einmal festhalten: Regenerative Energien spielen in der Energieversorgung in der Zukunft eine zentrale Rolle. In diesem Energiemix wiederum spielt die Windkraft eine zentrale Rolle. Sie hat im Augenblick einen Anteil von 9,3 % an der Stromerzeugung in Deutschland erreicht. Das ist wirklich keine Nischenenergie mehr, sondern das ist eine Energie der Zukunft und sie sichert neue Arbeitsplätze.

Zur Frage des Naturschutzes möchte ich nur ein kleines Detail beitragen bezüglich der Fledermäuse. Wir haben Hinweise darauf erhalten, dass eine Gefahr für Fledermäuse auch darin besteht, dass sie sich in stillstehende Windräder als Baumersatz einnisten, die Hohlräume anfliegen und sich Unterschlupf suchen, und dass dies in ausgeräumten Agrarlandschaften geschieht. Das ist eigentlich ein wichtiger Punkt, durch den man erkennen kann: Es liegt nicht an den Windkraftanlagen, es liegt an der Umgebung. Mir fällt nur nach dem neuen Bundesnaturschutzgesetz von 2002 ein, es müssten dort eigentlich Trittsteinbiotope und Hecken angelegt werden. Bei Autobahnen wird das dann etwas wenig getan, zum Beispiel bei der A 17. Wir kennen die Geschichte. Da wäre es eigentlich die Aufgabe allgemeiner Naturschutzpolitik, das Bundesnaturschutzgesetz umzusetzen und dort etwa für Trittsteinstrukturen zu sorgen.

Wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bekennen uns klar zur weiteren Nutzung der Windenergie. Wir sehen diese Entwicklungschancen auch eindeutig im Einklang mit dem Schutz für Fledermäuse und Vögel. Wir plädieren auch für einen weiteren geordneten Ausbau der Windkraft in Sachsen. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen, der offensichtlich und so ohne jede Fachkunde aus dem berüchtigten Windkrafterlass von NordrheinWestfalen abgeschrieben ist. An diesem Spiel, liebe FDP, werden wir uns nicht beteiligen. Ich fühle mich ausnahmsweise einmal mit der Mehrheit des Hauses im Einklang.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion.PDS und der SPD)

Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich habe das seltene Vergnügen, mit dem Abg. Herrn Lichdi in voller Übereinstimmung zu sein: Es ist alles gesagt.

Ich will mich auch überhaupt nicht an den umweltpolitischen Debatten beteiligen, weil ich erstens nicht dafür zuständig bin und weil das zweitens gar nicht Gegenstand des Antrages ist. Der Antrag ist ein ganz schlichter und nüchterner Berichtsantrag. Damit hier aber nicht der Eindruck entsteht, die Staatsregierung wolle sich dem Bericht entziehen, will ich das in der kürzestmöglichen Form gern tun und im Übrigen auf die Vorausführungen verweisen.

Einer separaten Berichterstattung zu Ziffer 1, Herr Günther, bedarf es nicht, da sich nach unserer Auffassung die Antwort unmittelbar aus dem Gesetzestext ergibt.

Was die Ziffern 2 und 3 angeht, so ist zu berücksichtigen, dass seit In-Kraft-Treten der Bestimmungen der Bauordnung noch kein ganzes Jahr verstrichen ist. Deswegen sind wir außerstande zu berichten. Wir könnten irgendetwas berichten, aber es ist ohne Sinn, weil wir über die Auswirkungen der Rechtsänderung, also der Verordnung, die am 1. Juli in Kraft getreten ist, sinnvollerweise jetzt noch nicht berichten können.

Die in Ziffer 4 geforderte Gesetzesänderung ist nach unserer Auffassung überflüssig. Ich glaube, da werden wir Einvernehmen erzielen, denn § 72 Abs. 3 der Sächsischen Bauordnung enthält, wie das die Fachleute nennen, ein so genanntes intendiertes Ermessen. Das bedeutet, dass die Sicherheitsleistung im Regelfall zu erheben ist und nur in besonderen Fällen davon abgesehen werden darf. Die Staatsregierung wird einen Verwaltungsvollzug in diesem Sinne sicherstellen.

Was die Ziffern 5 und 6 angeht: Zu den Sonderlackierungen ist alles gesagt. Ich weiß übrigens nicht genau, was eine Fledermauskollision ist. Das hat sich mir nicht erschlossen. Ich habe mir gedacht, was Sie damit meinen,

aber der Ausdruck „Fledermauskollision“ ist für mich nicht klar erkennbar.

Die Farbgestaltung der Windkraftanlagen hat viele Wirkungen, zum Beispiel eine ästhetische, aber sicher keine auf die Fledermäuse. Deswegen meine ich, mindestens mit diesem Bericht sollte der Antrag für erledigt erklärt werden. Jedenfalls scheint er mir überflüssig zu sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD und den GRÜNEN)

Dazu also Staatsminister de Maizière. Meine Damen und Herren, gibt es noch einmal Redebedarf seitens der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich um das Schlusswort von Herrn Abg. Günther, FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verschiedene Dinge muss man noch einmal erklären. Lieber Herr Gerlach, Sie sprachen vorhin in Ihren Ausführungen darüber, wie denn das Erzgebirge früher einmal aussah, und erklärten, dass aufgrund von Bergbau der Wald gerodet wurde. Dem ist nicht so, es lag an der Glashüttenindustrie. Wenn man richtig argumentieren will, muss das schon so sein.

Noch einmal zur Erklärung, weshalb die Rückbauverpflichtung für uns das Wesentliche ist: weil es in Zukunft nicht so sein wird, dass Windkraftanlagen einfach umgebaut werden. Es wird in Zukunft das Problem entstehen, dass die 25 000-Euro-GmbHs, die zum großen Teil die

Windkraftparks betreiben, aufgrund einer zukünftigen Änderung des EEG eben kurz und bündig in Insolvenz gehen. Dann werden sich aufgrund der heutigen Diskussion sehr viele Grundeigentümer, Städte und Gemeinden dafür bedanken, weil auf deren Tisch die Entsorgung liegt, denn es gibt keinen Ansprechpartner mehr. Die GmbH ist aufgelöst. Da können Sie als Grundstückseigentümer oder Gemeinde machen, was Sie wollen, Sie müssen die Geräte entsorgen. Das war unter Punkt 4 der für uns inhaltliche Sinn unseres Antrages.

Ansonsten bedanke ich mich bei allen Windmachern – CDU, SPD, Linksfraktion.PDS und GRÜNE –, weil unsere Plakate immer einmal gern erwähnt wurden. Die Abstimmung hat gezeigt, wem die Leute gerade in dieser Geschichte vertrauen und wem nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das war das Schlusswort. – Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 4/2784 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Bei einer geringeren Anzahl von Pro-Stimmen und keinen Stimmenthaltungen ist sie mit übergroßer Mehrheit abgelehnt worden, meine Damen und Herren. Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 10

Aussetzung und Prüfung der Personalentwicklungskonzepte für Beamte im mittleren, gehobenen und höheren Dienst in der sächsischen Steuerverwaltung

Drucksache 4/2818, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu nehmen die Fraktionen wie gewohnt Stellung. Zuerst spricht die Einreicherin, Frau Hermenau, die Fraktionsvorsitzende. Danach folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der sperrige Titel des Antrages soll mitnichten bedeuten, dass es hier um etwas Langweiliges geht, sondern das ist eine sehr wichtige Debatte. Sie steht in Verbindung mit einer Debatte, die wir vor der Sommerpause hatten. Da ging es um die Mehrwertsteuererhöhung. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere. Es ging darum, ob es nötig ist, in diesem Land die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um andere Sachen zu finanzieren, oder ob man es lassen kann. Wir haben daraufhin Kleine Anfragen gestellt, um herauszufinden, inwieweit die sächsischen Finanzämter in der Lage sind, Umsatzsteuer – das ist das Äquivalent zur Mehrwertsteuer im technischen

Verfahren – zu erheben, und ob man überhaupt alle Summen hereinbekommt. Die Antworten waren höchst interessant, Herr Metz. Die Frage nach der Effizienz des Steuereintreibens ist für uns eine viel wichtigere als die Frage, ob man Steuerarten erhöhen muss. Jetzt hat sich herausgestellt, auch wenn es große Unterschiede bei den Summen gibt, dass es noch Effizienzreserven gibt. Das wollen wir hier gern diskutieren.

Wenn man zum Beispiel das Problem der Schwarzarbeit betrachtet, hat man, wenn man sich die Umsatzsteuerwegfälle und die Sozialversicherungsbeiträge, die nicht entrichtet werden, ansieht, deutschlandweit einen zweistelligen Milliardenbetrag zu erwarten, der den öffentlichen Kassen entgeht. In der Wirtschaft, das muss man deutlich sagen, sind die Betriebe, die im Umsatzsteuerbereich ehrlich sind, im Nachteil in der Konkurrenz gegen

über den Betrieben, die im Umsatzsteuerbereich betrügen und nicht steuerehrlich sind.

Dazu haben wir Ihr Personalentwicklungskonzept aus dem Jahr 2002, mit dem Sie universell einsetzbares Personal an den Finanzämtern entwickeln wollen, noch einmal unter die Lupe genommen. Was stellt sich heraus? In Zukunft sollen alle sechs Jahre die meistens im Außendienst beschäftigten Beamten rotieren. Das bedeutet, dass sie alle sechs Jahre ihre informellen Kontakte, ihre Szenekenntnisse, ihr Spezialwissen im Bereich der Steuerhinterziehung aufgeben. Sie wollen damit – das kann ich nachvollziehen, Herr Finanzminister – der möglichen Korruption einen Riegel vorschieben, indem eine nicht zu große Verbrüderung mit der Szene stattfindet. Die Frage ist doch, wenn man sich die Sachgebiete vor Augen führt, worüber wir reden. Wir reden über illegale Beschäftigung, über ausländische Werksverträge, wir reden übers Rotlichtmilieu, wir reden übrigens auch über Bankenprüfungen. Das ist doch wirklich ganz feines Spezialwissen. Wenn Sie das alle sechs Jahre ändern wollen, geht, glaube ich, mehr Wissen verloren, als Sie vielleicht damit der Korruption vorbeugen.

Um diesen schmalen Grat näher zu definieren, müssen wir uns in der Sache noch einmal unterhalten. Ein mögliches Indiz dafür, dass es dadurch Einbußen bei den Einnahmen der Umsatzsteuer gegeben haben kann, belegt sich aus dem Jahr 2004, da bei den Betriebsprüfungen trotz Mehreinsatz von Prüfern und der Steigerung der Prüfungsanzahl im Vergleich zu 2003 fünf Millionen Euro weniger eingenommen wurden. Wenn man von dem von der CDU sehr geschätzten Musterland Bayern lernen möchte: Dort hat der Rechnungshof festgestellt, dass die Personalfluktuation an den Finanzämtern ein größeres Problem ist als die Unterbesetzung der Prüfungskapazitäten. Das heißt im Klartext, es ist nicht so schlimm, wenn hier und da ein Beamter zu wenig im Amt ist, aber es ist ein Problem, wenn die Leute mit den Spezialkenntnissen dauernd woanders hin versetzt werden.

Insofern finden wir, dass es notwendig ist, den Landesrechnungshof damit zu beauftragen, unabhängig zu prüfen, ob es wirklich, wie Sie sagen, maßvoll ist, alle sechs Jahre den Personalbesatz rotieren zu lassen. Wenn Sie es sich einmal praktisch vorstellen: Sie haben 40 Mitarbeiter in einem Finanzamt. Wenn alle innerhalb von sechs Jahren rotieren, ist das ein Sechstel pro Jahr, also sechs bis sieben Mitarbeiter von 40. Neue Mitarbeiter werden in der Größenordnung angelernt. Ich halte das nicht für maßvoll, sondern ich glaube, dass das überzogen ist. Wir sollten das noch einmal diskutieren. Ich habe in Ihrem Personalentwicklungskonzept vom Oktober 2002 nachgelesen und gefunden, dass es keine statistische Anwendungsregelung sein soll, sondern Sie sind eher der Meinung, es soll eine den sich ändernden Gegebenheiten anzupassende lebendige Grundlage für die Verwaltungsarbeit in den Finanzämtern sein. Sie haben zumindest in der Planung gehabt, das bis zum Jahr 2004 auszuwerten. Von der Auswertung ist in den Antworten nichts zu vernehmen gewesen.

Die Frage wäre also, ob diese Auswertung erstens erfolgt ist oder ob man sie zweitens zusammen mit der Verlängerung der Übergangsregelungen bis zum Jahresende 2005 ausgesetzt hat und sie noch folgt. Wenn diese Auswertung der jetzt eingeschlagenen Wege im Personalentwicklungskonzept an den sächsischen Finanzämtern noch aussteht, ist erst recht mindestens der Haushalts- und Finanzausschuss zu beteiligen, eigentlich sogar das ganze Parlament. Denn wissen Sie, Herr Finanzminister, ob wir die Steuern akkurat einnehmen oder nicht, bewegt hier eigentlich jeden Abgeordneten, spätestens in der Haushaltsberatung, wenn es wieder einmal nicht reicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CDUFraktion spricht die Abg. Strempel.

Herr Präsident! Liebe Abgeordnete! Als ich den Tagesordnungspunkt gelesen habe, stellte ich mir die notwendige Frage, wozu die Abgeordneten da sind. Ich habe die von Ihnen mit beschlossene Sächsische Verfassung herangezogen, Frau Hermenau. Artikel 39 Abs. 2 sagt eindeutig, dass wir die gesetzgebende Gewalt sind und unter anderem – das ist richtig – die Ausübung der vollziehenden Gewalt überwachen, sprich die Exekutive. Wir sind Stätte der politischen Willensbildung. In Artikel 59 ist zu lesen: „Die Staatsregierung steht an der Spitze der vollziehenden Gewalt.“ Das ist auch sehr richtig.

Trotzdem stellt sich für mich und meine Fraktion die Frage, wie weit wir als Legislative gehen sollten, die vollziehende Gewalt zu überwachen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das dürfen Sie selbst entscheiden!)

Wir könnten dies, wenn wir wollten, bis ins kleinste Detail tun. Ich mache Ihnen einen Vorschlag, den Sie vielleicht sogar aufnehmen: Wir könnten uns unter anderem demnächst mit der Materialbeschaffungskonzeption im Statistischen Landesamt befassen. Das kostet ja auch Steuergelder. Ein weiteres Beispiel wäre der Personaleinsatzplan im Regierungspräsidium in Chemnitz. Warum eigentlich nicht? – Müssen wir als Legislative jedes Detail überprüfen? Übersteigt das nicht vielleicht ein bisschen die Kapazitäten dieses Hauses? Auch diese Frage muss gestellt werden.

Nun zum Thema und Ihrem sagenhaften Misstrauen. Personalentwicklungskonzepte sind Instrumente eines modernen Personalmanagements. Sie haben auch ein entsprechendes Studium absolviert, Frau Kollegin.

(Antje Hermenau, GRÜNE: So ist das!)

Bestandteil eines solchen Personalentwicklungskonzeptes kann unter anderem das Instrument der Rotation sein. Es gilt bei jedem Instrument der Personalführung, das Für und Wider abzuwägen. Das ist völlig richtig. Das Instrument der Rotation hat sicherlich Vor- und auch Nachteile. Die Vorteile sind unter anderem die Möglichkeit zur

persönlichen und fachlichen Weiterentwicklung der betroffenen Beamten, die Vermeidung von so genannter Betriebsblindheit und auch – das ist gerade in dem sensiblen Bereich der Steuerverwaltung ein entscheidender Vorteil – die Vorbeugung von Korruption. Ohne den Beamten etwas unterstellen zu wollen, ist es doch unbestritten, dass gerade die im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so herausgehobenen informellen Kontakte, Szenewissen und speziellen Erfahrungen eben auch dazu führen können, dass Abhängigkeiten an Stellen entstehen, wo wir sie eigentlich vermeiden wollen.

Auch Ihr Argument, dass eine Rotation negative Auswirkungen auf die Motivation der betroffenen Mitarbeiter haben könnte, wenn diese Mitarbeiter an ihrem bisherigen Arbeitsplatz zufrieden waren, möchte ich etwas anders darstellen. Bei diesen betroffenen Mitarbeitern handelt es sich um Beamte der sächsischen Landesverwaltung. Beamte unterliegen – und sie werden bei Dienstantritt dazu verpflichtet – einer Dienst- und Treuepflicht gegenüber ihrem Dienstherrn. Im Gegenzug sind sie unkündbar und erwerben Pensionsansprüche.