Protokoll der Sitzung vom 23.09.2005

Wird das Schlusswort noch gewünscht, Herr Herbst? – Sie verzichten.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung. Mir liegt der Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS in der Drucksache 4/2932 vor. Soll er noch einmal eingebracht werden? – Bitte sehr, Frau Bonk.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kürze ist angesagt und auch Übereinstimmung. Auch wir begrüßen den Antrag der FDP-Fraktion. Noch mehr begrüße ich die Begrüßung, die dem von allen Seiten entgegengebracht wird. Das ist mal etwas Schönes.

Trotzdem wollen wir den Antrag gern in einigen Punkten konkretisieren, weil es in der Praxis Phänomene gibt, die im Rahmen von Unterrichtsausfall mit erfasst werden müssen. Meine Kollegin Frau Falken hat beispielsweise Aufgabenerteilung und Stillarbeit erwähnt. Diese Punkte muss man gesondert von normalem Unterricht betrachten und dementsprechend auch erfassen. Verwaltungsmäßig wird man sicher organisieren können, dass es für die Lehrerinnen und Lehrer nicht heißt, noch einmal so lange am Schreibtisch zu verbringen.

Deswegen bitten wir um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, der beantragt, in der Statistik über den Unterrichtsausfall den langfristig planmäßig fachfremd vertretenen Unterricht extra zu erfassen, dass Stillarbeit als eine besondere Form von Vertretungsunterricht extra erfasst werden soll und natürlich auch, –

(Unruhe im Saal)

Hey, das geht kurz, aber trotzdem ist es wichtig.

wenn im Ergänzungsbereich Ausfall stattfindet. Das sind im Grunde Unterpunkte zu der Statistik, die von der FDP-Fraktion vorgeschlagen wird. Ich bitte deshalb für eine transparente, wirklich alle Phänomene erfassende Statistik, die ermöglicht, Qualität zu verbessern, um Zustimmung.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Volker Bandmann, CDU: Phänomenal!)

Gibt es Redebedarf zum Änderungsantrag? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir sofort zur Abstimmung. Ich rufe auf den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS in der Drucksache 4/2932, Neufassung Punkt 2. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen Stimmenthaltungen und einigen Stimmen dafür ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Herr Dr. Hahn, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären. Ich habe für diesen Antrag gestimmt,

(Volker Bandmann, CDU: Damit haben wir gerechnet!)

weil er auf der Basis der Drucksache 4/0054 entstanden ist, ein Antrag der SPD-Fraktion zur Unterrichtsversorgung an sächsischen Schulen. Es gibt eine Beschlussempfehlung des Schulausschusses vom 16. März 2002, unterschrieben von Frau Henke, dass der Schulausschuss einvernehmlich mit allen Fraktionen von links, damals PDS über SPD, bis zur CDU vom Minister Auskunft zu diesem Punkt fordert, den wir jetzt beantragt haben. Das ist bis heute nicht geschehen. Wir haben also lediglich das beantragt, was CDU-, SPD-, und PDS-Fraktion im

Jahr 2002 gemeinsam beschlossen haben. Ich finde es hochinteressant, dass CDU- und SPD-Fraktion genau das abgelehnt haben, was seit Jahren aussteht.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gibt es weitere Erklärungen? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich jetzt abstimmen über die Drucksache 4/2863. Wer möchte die

Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist die Drucksache beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Erklärung zu Protokoll

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie werden meine Fraktion im letzten knappen Jahr hier im Landtag vermutlich gut genug kennen gelernt haben, um zu wissen, dass Anliegen nach mehr Transparenz bei uns normalerweise immer auf offene Ohren stoßen. Wissen kann man nie genug, insofern finden wir es auch erst einmal richtig, dass die FDP diesen Antrag eingebracht hat. Nur ist die Argumentation der FPD wieder einmal typisch.

Da heißt es im Antrag: „Damit erhöht sich der Druck, Missstände abzustellen.“ Das ist aus unserer Sicht eine verfehlte Herangehensweise. Man versucht, erst einmal möglichst fußnotengenaue Zahlenkulisse aufzubauen, um auf diesem Umweg zur Formulierung des mehr als unklaren politischen Zieles zu gelangen, „Missstände abzustellen“.

Die Notwendigkeit, Missstände abzustellen, springt Ihnen in Sachsen nicht zuletzt in der sächsischen Schulpolitik auf Schritt und Tritt in die Augen. Um das zu erkennen, braucht man nicht immer mehr statistisches Material und immer peniblere Statistiken, sondern nur den gesunden Menschenverstand.

Wir in diesem Hause wissen doch – und wir haben diese Diskussion in jeder Plenarwoche aufs Neue –, dass Schulpolitik in Sachsen dank der Kahlschlagspolitik der Regierungskoalition längst zu einer reinen Schulschließungspolitik verkommen ist. Es ist das erklärte Ziel dieser Staatsregierung, Hunderte von Schulen dichtzumachen, Lehrer zu entlassen und demzufolge in den kommenden Jahren nicht mehr, sondern weniger Unterricht anzubieten.

Und wenn wir schon partout von Zahlen sprechen wollen, meine Damen und Herren – die FDP nennt diese Zahlen ja in ihrem Antrag –, dann reicht uns Nationaldemokraten diese eine Zahl voll und ganz: 463 101 Unterrichtsstunden sind zwischen Oktober 2004 und März 2005 an sächsischen Schulen ausgefallen; der MDR spricht für den gleichen Zeitraum sogar von 500 000 Stunden.

Diese Zahlen sind in unseren Augen aussagekräftig genug. Weil man aber, wie eingangs erwähnt, nie genug wissen kann, schließen wir uns dem FDP-Antrag an, wobei es aber darauf ankäme, dass diese Statistiken über ausgefallene Unterrichtsstunden zeitnah erfolgen und zeitnah ausgewertet werden müssen, also mindestens halbjährlich, wie es im Antrag auch gefordert wird; sonst sind sie nämlich wertlos.

Und was uns bei alledem viel wichtiger ist: Es darf letztlich nicht darum gehen, nur mehr Statistiken zu bekommen, sondern das statistische Material muss auch dazu führen, dass der dokumentierte Ausfall von Unterrichtsstunden abgestellt wird. Wenn das unterbleibt, ist diese ganze Zahlenerhebung eine reine Mängelverwaltung, ohne dass sich in der Sache selbst auch nur das Geringste ändert.

Wir werden diesem Antrag also zustimmen – ebenso dem Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS – in der Hoffnung, dass diese Statistik langfristig zu einer Verbesserung der Unterrichtsversorgung führt und nicht nur ein Stück hektischer Bürokraten-Aktionismus ist.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

EU-Struktur- und Landwirtschaftsfonds: Partizipationsmöglichkeiten lokaler und regionaler Akteure in Sachsen für die Diskussion über die Förderperiode 2007 bis 2013 frühzeitig verbessern!

Drucksache 4/2482, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Es beginnt die Fraktion der GRÜNEN. Es folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Herr Abg. Weichert, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Europa ist im wahrsten Sinne des Wortes in keiner guten Verfassung. Ja, man kann mit Fug und Recht behaupten: Europa hat keine Verfassung.

Zusammen mit allen europaengagierten Fraktionen dieses Hauses bedauern wir es, dass der Prozess der weiteren europäischen Integration in diesem Jahr sichtbar ins Stocken geraten ist. Das Ergebnis der Abstimmungen in Frankreich und den Niederlanden war auch Ausdruck eines Gefühls der Bürgerinnen und Bürger, dass sich Europa zu weit von den Menschen entfernt hat.

Die Vorlage der EU-Dienstleistungsrichtlinie, die ja vor allem die wirtschaftliche Existenz der Facharbeiter bedroht, hat zudem berechtigte Ängste geschürt.

Unser Antrag, meine Damen und Herren, knüpft an den grundsätzlichen europapolitischen Konsens der Demokraten an. Unser Antrag knüpft ferner an ein Staatsverständnis an, das von den Geboten der Subsidiarität und der Bedeutung des mündigen Bürgers geprägt ist. Worum geht es?

Die Entwürfe zu den Verordnungen für die nächste Förderperiode, zum EFRE, zum ESF, zum ERLA, liegen seit Juli 2004 vor. Die Programmplanung zur Förderperiode 2007 bis 2013 sieht im Artikel 10 vor – ich zitiere –: „Der Mitgliedsstaat organisiert eine Partnerschaft mit den Behörden, Organen und sonstigen kompetenten Einrichtungen, die für die Zivilgesellschaft, die Umweltorganisationen und die Nichtregierungsorganisationen repräsentativ sind.“

Unser Antrag, meine Damen und Herren, zielt auf diese zivilgesellschaftlichen Komponenten ab. Das Ziel des Antrages ist es, den Kreis der Partner bei der Erarbeitung des Programms und der kooperativen Mitwirkung möglichst weit zu ziehen und alle potenziellen Partner zu ermutigen, ihre Kompetenz einzubringen. Dies setzt eine Verwaltung voraus, die die Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern nicht als notwendiges Übel oder als unnötige Belastung, sondern als Bereicherung begreift, eine Verwaltung, die sich als Dienstleister der Bürgerinnen und Bürger begreift.

Das Programm nennt als potenzielle Partner neben regionalen, lokalen und städtischen Behörden explizit die Wirtschafts- und die Sozialpartner, die Umweltorganisationen und die Vereine, die sich mit der Förderung der

Gleichstellung von Männern und Frauen beschäftigen. Neben der Vorbereitung und Begleitung der Rahmenpläne sollen die zivilgesellschaftlichen Organisationen auch an der Durchführung der operativen Programme beteiligt werden.

Europa, das lässt sich nach der Lektüre sagen, lädt die Zivilgesellschaften zum Mitmachen ein. Uns ist bekannt, dass diese Beteiligung im Freistaat Sachsen nichts Neues ist. Sie funktioniert im Rahmen der Begleitausschüsse. Unser Antrag zielt darauf ab, an dem Vorhandenen anzuknüpfen und den Beteiligungsprozess mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren zu verbessern, zu intensivieren und dort, wo möglich, auf eine breitere Basis zu stellen.

Darum, meine Damen und Herren, beantragen wir zusätzlich zur formalen Umsetzung die Durchführung von Anhörungen, zu denen breit eingeladen wird. Wir möchten dabei auch die Europaparlamentarier aller Parteien einbinden. Wir wollen, dass über Europa diskutiert und auch gestritten wird. Denn nur über den demokratischen Diskurs ist zu erfahrbaren, welchen konkreten Nutzen Europa für uns alle hat.

Meine Damen und Herren, über Europa kursieren zu viele Vorurteile und es sind zu viele Halbwahrheiten im Umlauf. Wir haben hier im Hause bereits über die Gurkenkrümmungsverordnung geredet,

(Lachen der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

die ja eigentlich auf einen Wunsch der Wirtschaft zurückgeht. Sie wird aber immer wieder benutzt, um als Beispiel für den Auswuchs der Brüsseler Bürokratie zu dienen. Licht ins europapolitische Dunkel bringen wir nur, wenn wir die konkreten europäischen Themen aus den Verwaltungen heraustragen und sie in der Öffentlichkeit diskutieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Europäischen Strukturfonds und der Landwirtschaftsfonds sind überaus nützliche Instrumente, die uns in Sachsen schon viel geholfen haben und die wir auch weiter benötigen werden. Sie werden gebraucht von der Wirtschaft; den Nutzen haben aber oft auch viele Einzel- und Privatpersonen, die es häufig nicht einmal wissen, dass sie von den europäischen Segnungen profitieren. Umso mehr ist es nötig, hier in Sachsen öffentlich über Europa zu diskutieren und zu beraten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich würde mich sehr freuen, wenn Sie unserem Anliegen in diesem Antrag meiner Fraktion Ihre Zustimmung gäben.

(Beifall bei den GRÜNEN)