Protokoll der Sitzung vom 05.10.2005

Ich rufe jetzt auf zur 3. Beratung. Da es keine Änderung gegeben hat, eröffne ich die 3. Beratung. Es liegt kein Wunsch zu einer allgemeinen Aussprache vor. Ich stelle deshalb den Entwurf Sächsisches Ausführungsgesetz zum Transplantationsgesetz in der in der 2. Lesung beschlossenen Fassung als Ganzes zur Abstimmung. Wer dem Entwurf des Gesetzes zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Stimmenthaltung und 5 Stimmen dagegen ist dem Entwurf zugestimmt und er damit als Gesetz beschlossen.

Meine Damen und Herren! Damit ist der Tagesordnungspunkt 2 beendet. Aufgerufen ist der

Tagesordnungspunkt 3

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den privaten Rundfunk und neue Medien in Sachsen

Drucksache 4/2940, Gesetzentwurf der Fraktion der FDP

Es liegt keine Beschlussempfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es spricht daher nur die Einreicherin, die Fraktion der FDP. Ich bitte das Wort zu nehmen. Herr Dr. Martens, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Unterrichtung von Wählern vor Wahlen durch die elektronischen Medien – wir haben es in der Bundestagswahl gesehen – hat erhebliche Bedeutung für die Führung von Wahlkämpfen. Dies gilt auch auf lokaler Ebene für Kommunalwahlen. Hier, so stellten wir fest, gibt es Änderungsbedarf vor allem im Hinblick auf lokale Anstalten des privaten Rundfunks, weil bei Kommunalwahlen Wählergruppierungen und Parteien Wahlwerbesendungen ausstrahlen können nach § 22 Abs. 1 des Privatrundfunkgesetzes, nicht aber Bewerber zu Personenwahlen, sprich zu Bürgermeisterwahlen. Das ist ihnen bisher nicht möglich.

Hier wollen wir einen Änderungsvorschlag einbringen, mit dem in Zukunft nach dem Gesetz über den privaten

Rundfunk auch Einzelwahlbewerber bei Personenwahlen die Möglichkeit haben, insbesondere in lokalen privaten Rundfunksendern Wahlwerbung zu betreiben. Dies werden wir in den Ausschüssen im Einzelnen noch beraten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den privaten Rundfunk und neue Medien in Sachsen“ an den Ausschuss für Wissenschaft, Hochschule, Kultur und Medien zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an den von mir genannten Ausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dies einstimmig beschlossen und der Tagesordnungspunkt 3 beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 4

Maßnahmen zur Integration von Menschen mit Behinderungen in den öffentlichen Dienst

Drucksache 4/1393, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Informationskampagne zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen

Drucksache 4/1394, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die Fraktionen können dazu Stellung nehmen. Es beginnt die Fraktion der CDU, danach SPD, Linksfraktion.PDS, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte die Fraktion der CDU, das Wort zu nehmen. Herr Prof. Schneider, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Politik für Menschen mit Behinderungen hat in einer bürgerlichen Gesellschaft einen besonderen Stellenwert. Dies wollen wir mit unseren beiden Anträgen herausstellen. Menschen mit Behinderungen stehen in der Mitte der Gesellschaft. Die Rechtsordnung in Deutschland legt dies seit Jahren zu Grunde. Dies war in Deutschland nicht immer so. Denken Sie an die Zeit des Nationalsozialismus. Behinderte Menschen sind in der Vergangenheit weithin diskriminiert worden. Denken Sie auch daran, dass Menschen mit Behinderungen vielfach nicht die Beachtung gefunden haben, die ihnen in einer Gesellschaft, deren Teil sie sind, zweifellos gebührt.

In der ehemaligen DDR gab es beispielsweise eine Beschädigtenversorgung. Sie war allerdings schwach ausgeprägt. Schwach ausgeprägt war auch die Pflicht zur beruflichen Eingliederung von Schwerbeschädigten. Ein zweites Defizit – lassen Sie mich dazu ein Beispiel aus der alten Bundesrepublik nennen: In der alten Bundesrepublik war noch weit bis Mitte der achtziger Jahre hinein die Rede von so genannten Vergünstigungen im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderungen. Das Wort „Vergünstigung“ ist in diesem Zusammenhang völlig unangebracht. Es geht vielmehr darum, bei solchen Funktionsbeeinträchtigungen, an denen Menschen leiden, im körperlichen, seelischen oder geistigen Dasein Nachteile auszugleichen.

Ein Bewusstseinswandel ist in Deutschland in den letzten 15 bis 20 Jahren eingetreten. Das IX. Sozialgesetzbuch über die Teilhabe und Integration von Menschen ist weithin im Konsens geschaffen worden. Es geht um die Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in den verschiedensten Lebensbereichen, beispielsweise, soweit es um das Abwenden von Behinderungen schlechthin geht, um die Überwindung von Erwerbsunfähigkeit. Das Beispiel der Förderung der

persönlichen Entwicklung ist zu nennen oder auch die Teilhabe am Arbeitsleben.

Meine Damen und Herren! An dieser Stelle setzen unsere beiden Anträge an. Wir sind uns als Koalition dessen bewusst, dass Menschen mit Behinderungen gesetzlich weithin abgesichert sind. Es gibt zum Beispiel Einstellungsquoten. Wir sind uns auch bewusst, dass nach der Rechtsordnung Menschen mit Behinderungen in der Mitte der Gesellschaft stehen. Aber ebenso klar ist allen Beteiligten, dass es nach wie vor Defizite im Vollzug gibt, und zwar bundesweit. Es dürfte in den folgenden Zielsetzungen Einigkeit bestehen:

1. Das wesentliche Ziel unserer sächsischen Behindertenpolitik ist, die Selbstverantwortung und Selbstbestimmung des Einzelnen zu stärken. Wir wollen den betroffenen Menschen mit Behinderungen Integration und Teilnahme schlechthin ermöglichen.

2. Es ist eine Zielvorgabe, dass wir in dieser Legislatur die Einstellungsquote im Verantwortungsbereich der Staatsregierung auf 5 % anheben.

3. Die Koalitionspartner werden sich darüber hinaus um Menschen mit Behinderungen in Integrationsbetrieben weiter verstärkt bemühen. Wir brauchen hier flexible Lösungen für bedarfsgerechte Angebote.

4. Wir müssen für Menschen mit Behinderungen möglichst günstige Bedingungen schaffen, und zwar in Abstimmung und in Übereinstimmung mit den Agenturen für Arbeit und den Wirtschaftsverbänden. Wir brauchen an dieser Stelle – darauf kommt es mir besonders an – eine Informationskampagne schlechthin.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir sind an dieser Stelle – dies möchte ich hervorheben – auf einem guten Weg. Die Behindertenpolitik im Freistaat Sachsen nimmt seit der Wende eine herausragende Bedeutung ein. Ich nenne das Beispiel des Aufbaus der sächsischen Versorgungsverwaltung. Herr Kollege Wehner und ich – das glaube ich sagen zu können – wissen, wovon wir reden. Wir waren in diesem Bereich früher berufstätig. Der Aufbau der sächsischen Versorgungsverwaltung und der heutigen Integrationsämter, meine Damen und Herren, ist ein herausragendes Beispiel für eine gelungene Behindertenpolitik. Das

ist der erste Schritt des Weges. Doch sind wir uns darüber im Klaren, dass wir mit dem bislang Erreichten nicht zufrieden sein dürfen und auch nicht zufrieden sein wollen. Wenn die Zielvorgaben, die ich eben genannt habe, erreicht werden sollen, brauchen wir folgende Maßnahmen:

Wir müssen die Öffentlichkeit und die betroffenen geeigneten Institutionen über Beschäftigungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen verstärkt und intensiver als bisher informieren.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir müssen gemeinsam mit den Agenturen für Arbeit und unseren Wirtschaftsverbänden eine Informationskampagne starten, und zwar zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, die auf diese Weise in Sachsen eine bessere Beschäftigungsmöglichkeit als bislang finden sollen.

Das ist die Grundlage unseres ersten Antrages zur Informationskampagne. Die Koalition will die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsprozess auf diese Weise gezielter als bisher unterstützen. Das ist das erklärte Ziel unserer gemeinsamen Politik.

Es ist eine Breiteninformation erforderlich, meine Damen und Herren, um die betroffenen, insbesondere privaten Arbeitgeber und Unternehmer auf diesem Wege zu erreichen. Zu dieser allgemeinen Breiteninformation möchte ich insbesondere vier Beispiele nennen:

Die Medienarbeit. Hier gilt es, über neue Fördermöglichkeiten und über die Beratungsarbeit von Integrationsfachdiensten zu informieren.

Ich möchte die Herausgabe von weiterem Informationsmaterial nennen,

den Besuch vor allem von Handwerks- oder auch Bildungsmessen sowie von Arbeitgeberveranstaltungen und schließlich und nicht zuletzt

müssen wir uns, um die privaten Unternehmen auch hier auf diesem Wege zu erreichen, die Arbeit in den Verbänden zunutze machen. Denken Sie beispielsweise an die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern, die Integrationsfachdienste und die dort tätigen Berater.

Meine Damen und Herren! Klar ist: Dies bleibt eine Daueraufgabe. Sie ist nicht mit einem einmaligen Tun erledigt – diese Breiteninformation ist eine Daueraufgabe. Menschen mit Behinderungen können ganz überwiegend und ohne weiteres beruflich eingegliedert werden. Wir müssen dies noch viel deutlicher machen als bislang. Es bestehen hier in Deutschland bundesweit nach wie vor Defizite im Vollzug. Lassen Sie uns in Sachsen auf diesem Wege beginnen. Wir sollten an dieser Stelle nicht Halt machen, sondern beginnen: beginnen mit einer Informationsveranstaltung, bei der im positiven Sinne Beispiele aus der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen herausgestellt werden sollen. Es gilt dabei vor allen Dingen, Vorurteile abzubauen. Es ist in diesem

Zusammenhang erforderlich, über Fördermöglichkeiten und den rechtlichen Rahmen mit den Betroffenen zu diskutieren.

Eine solche Informationsveranstaltung, meine Damen und Herren, ist Bestandteil der Koalitionsvereinbarung. Unter gemeinsamer Einbeziehung des SMS und des SMWA ist sie nach unserer Auffassung für die Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit die richtige Plattform. Es geht um Beteiligung der Integrationsämter, um Beteiligung der Fachberatungen für Firmen und Arbeitsprojekte, um Heranziehung und Einbeziehung der Verbände und nicht zuletzt von privatwirtschaftlichen Unternehmen. Bei einer solchen Informationsveranstaltung, die im Grunde genommen der Beginn einer Kampagne ist, wird es darum gehen, beispielsweise unbeantwortete Fragen zu beantworten. Ich nenne das Beispiel der Förderung der Einbindung von schwerbehinderten Menschen aus Förderwerkstätten in den ersten Arbeitsmarkt. Ich nenne das Beispiel der Anrechnung auf Pflichtarbeitsplätze oder auch die Bereitstellung – ein ganz wesentliches Thema – von technischen Anpassungen des Arbeitsplatzes oder von Formen des betrieblichen Eingliederungswesens. All diese Fragen können – ich habe hier nur Beispiele genannt – gezielt angesprochen werden.

Uns, der Koalition, meine Damen und Herren, geht es dabei im besonderen Maße um die Ausbildung auch und gerade von jüngeren Menschen mit Behinderungen. Wir brauchen eine Informationskampagne, die zusammen mit der IHK, den Handwerkskammern, den Verbänden praktisch auf den Weg gebracht wird. Wir freuen uns darüber, dass die Staatsregierung ihre Unterstützung zugesichert hat.

Meine Damen und Herren, ein zweiter Bereich, den wir mit dem zweiten heute zur Debatte stehenden Antrag ansprechen wollen, bezieht sich auf die Maßnahmen zur Integration von Menschen mit Behinderungen in den öffentlichen Dienst. Sie wissen alle, dass es eine durch den Gesetzgeber festgelegte Selbstverpflichtung gibt, 5 % Menschen mit Behinderungen einzustellen. Damit soll sozusagen auch die berufliche gesellschaftliche Integration gestärkt werden.

Ich möchte hier nur wenige Zahlen nennen und beziehe mich auf einen Bericht, den das Sozialministerium am 1. August dieses Jahres zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen in den öffentlichen Dienst vorgelegt hat. Die Zahl von 4 % ist eine Zahl auf Bundesebene; 4 % Beschäftigungsquote bedeutet ein Defizit von 1 % zu dem gesetzlich vorgegebenen Soll.

Interessant zu sehen ist, dass bei den Landesbehörden die öffentlichen Arbeitgeber in den ostdeutschen Ländern eine Beschäftigungsquote von 4,2 % aufweisen; sie beträgt in Sachsen immerhin 4,8 %. Wir sind also im Freistaat Sachsen – jedenfalls in den ostdeutschen Ländern – mittlerweile in einer Vorreiterposition. Dies ist ein herausragendes Beispiel für gelungene Behindertenpolitik.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt ist zu nennen, und zwar die Beschäftigungsquote in der Privatwirtschaft. Sie liegt im Freistaat wie auch in den ostdeutschen Ländern insgesamt bei 2,9 %. Es gibt also sehr viel zu tun. – Welche Maßnahmen dies im Einzelnen sind, wird Herr Kollege Gerlach Ihnen im Anschluss näher vorstellen.

Meine Damen und Herren! Wir haben seit der Wende im Bereich der Behindertenpolitik hier im Freistaat Sachsen außerordentlich viel erreicht. Denken Sie – erstens – an die Aufgabe der Versorgungsverwaltungen und der jetzigen Integrationsämter, die eine ganze Palette von verschieden gelagerten „Fällen“ außerordentlich effizient befrieden. Das ist eine Leistung, für die man nicht dankbar genug sein kann.

Denken Sie – zweitens – an die Tätigkeit der Sozialgerichtsbarkeit, die eine Reihe von Streitfällen in einem für Menschen außerordentlich sensiblen Bereich befriedet. Wir haben also so gesehen viel erreicht, und wir sind uns doch einig: Es bleibt viel zu tun. Wir wollen und dürfen bei der Frage der Fortentwicklung der Behindertenpolitik nicht stehen bleiben.