Protokoll der Sitzung vom 06.10.2005

Zusätzlich zu dieser freiwilligen Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft existiert für die sächsischen Sparkassen ein Kontrahierungszwang. Die Verordnung über die Geschäfte und die Verwaltung der Sparkassen, § 5 Verpflichtung zur Führung von Girokonten Abs. 1, verpflichtet alle Sparkassen im Freistaat Sachsen – ich zitiere –, „für natürliche Personen mit Wohnsitz im Trägergebiet auf Antrag Girokonten zur Entgegennahme von Einlagen zu führen“. Damit ist für alle Bürger, sofern die Versagungsgründe nach § 5 Abs. 2 nicht entgegenstehen, die Führung eines Girokontos auf Guthabenbasis bei allen sächsischen Sparkassen jederzeit möglich.

Zur Preisgestaltung eines im Antrag der NPD-Fraktion genannten Mikrokontos von 4,00 Euro pro Monat ist anzumerken, dass bereits zum heutigen Zeitpunkt die Sparkasse Leipzig für 3,00 Euro pro Monat ein OnlineKonto mit EC-Karte anbietet.

(Uwe Leichsenring, NPD: Es betrifft die armen Leute, die haben kein Online!)

Die Einführung von so genanntem „grünen Geld“ bei einer neu zu gründenden Sächsischen Sozialbank ist gegenstandslos, da die Landesbank Sachsen bereits zum heutigen Zeitpunkt zu den führenden Finanzinstituten im Geschäftsbereich der erneuerbaren Energien gehört. Darüber hinaus existieren im Übrigen bereits einige Spezialbanken wie die Umweltbank oder die GLSGemeinschaftsbank.

Sehr geehrte Damen und Herren! Vor dem Hintergrund meiner Ausführungen, der vorhandenen Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft sowie der rechtlich vorhandenen

Regelung der Sächsischen Sparkassenverordnung wird deutlich, dass die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind, allen Bürgern im Freistaat Sachsen den Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr zu ermöglichen.

Deshalb empfehle ich den demokratischen Fraktionen, den NPD-Antrag abzulehnen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Gibt es von der Fraktion der GRÜNEN Redewünsche? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Dr. Metz bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Kollegen Frau Strempel und Herr Schmalfuß haben die Situation, so wie sie ist, umfassend und konkret geschildert. Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Deswegen gebe ich meine Rede zu Protokoll.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Gibt es aus den Fraktionen noch Redebedarf? – NPD-Fraktion? – Herr Abg. Leichsenring. – Das ist das Schlusswort?

(Uwe Leichsenring, NPD: Nein!)

Noch nicht. Also ist es ein Redebeitrag.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Schmalfuß, das Aufdecken von Missständen, die Sie und auch ich nicht zu verantworten hatten, hat nichts mit dem Sturmreifschießen der Sachsen LB zu tun. Ihre Argumentation ist hier sehr abenteuerlich.

Es gibt in der deutschen Bankenlandschaft schon ein Kreditinstitut, das etwas Ähnliches anbietet wie das, was wir hier vorschlagen. Es handelt sich um die im ostthüringischen Eisenberg beheimatete Ethikbank, die zur Gruppe der Genossenschaftsbanken zählt und die nicht nur im Bereich so genannter nachhaltiger Investments aktiv ist, sondern sich auch darum bemüht, mit dem Angebot von Mikrokonten einem dafür in Frage kommenden Personenkreis die Inanspruchnahme von Dienstleistungen zu ermöglichen. Bemerkenswert ist sicherlich, dass sich erstmals eine deutsche Bank mit dem Angebot ausdrücklich an den großen Kreis von Personen wendet, die trotz einer Selbstverpflichtung der Banken, welche in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum feiert, noch immer kein Girokonto erhalten.

Ich frage Sie: Ist die Lage in Thüringen um so vieles anders als in Sachsen? Ist in Sachsen alles tutti paletti, und in Thüringen haben die Leute Schwierigkeiten, ein Konto zu bekommen? Das glauben Sie selbst nicht.

Wenn also in Thüringen die Notwendigkeit gesehen wird, so eine Bank aus dem Boden zu stampfen, dann scheint es

dafür Bedarf zu geben. Wenn wir bundesweit von 500 000 Menschen ohne Girokonto reden, dann sind das nicht alles irgendwelche geschäftsuntüchtigen Kunden, sondern dann sind es Leute, die schlichtweg kein Konto erhalten. Wenn Sie sich dann noch die Vermögens- und Einkommenssituation in den neuen Bundesländern anschauen, dann können Sie sicher sein, dass überproportional viele in den neuen Bundesländern von der Situation betroffen sind, ohne Konto leben zu müssen. Dann geht es schon an der Realität vorbei, wenn man sich nur auf ein Papier beruft, in dem die Banken sich zu irgendetwas verpflichten. Sie wissen selber, dass Papier sehr geduldig ist. Die Realität ist doch manchmal etwas anders.

Wenn man sich die Ethikbank in Thüringen genauer betrachtet, entdeckt man einige Haken und Ösen dieser Offerte. In erster Linie ist dabei der Preis zu nennen. 7,50 Euro sind kein Pappenstiel, gerade für jemanden, der in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Der Preis ist vor allen Dingen höher als für ein online geführtes Konto, das dort für fünf Euro zu haben ist.

Es ist schon etwas perfide, Herr Dr. Schmalfuß, wenn Sie Hartz-IV-Empfängern oder Menschen, die vielleicht noch weniger Einkommen haben, sagen, dass sie alles online abwickeln können, vielleicht möglichst noch mit DSLFlatrate. Das können Sie ja mal mit 331 Euro bestreiten.

Bei vielen anderen Banken sind die Gebühren für Guthabenkonten oder andere Girokonten gleich hoch wie bei Online-Konten.

Nicht zuletzt sind die Kündigungsmöglichkeiten bei der Ethik-Bank deutlich enger als die ZKA-Empfehlung. Während bei der Ethik-Bank allgemein Pfändungen als Grund einer Kündigung genannt werden, ist nach der ZKA-Empfehlung die Führung unzumutbar, wenn – und jetzt hören Sie zu –„die bezweckte Nutzung des Kontos nicht gegeben ist, weil zum Beispiel das Konto durch Handlungen vollstreckender Gläubiger blockiert ist.“ Da können Sie sich vorstellen, wie schnell dort jemand wieder sein Konto verliert, wenn er schon mal eins ergattert hat.

Letztendlich werden auch in Thüringen nur Kunden akzeptiert, die überhaupt in der Lage sind, mit den Gläubigern Vereinbarungen zu treffen und ihr Konto online zu führen. Damit kann die Ethikbank zwar eine ganz bestimmte Zielgruppe innerhalb der überschuldeten Haushalte erreichen, für die überwiegende Zahl der Schuldner bei den Beratungsstellen ist das Konto aber aufgrund der Bedingungen nicht nutzbar. Unser Fazit lautet deshalb: Es ist eine durchaus gute Idee, die die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Thüringen hatten, aber wir könnten es in Sachsen besser machen, fußend auf den Erfahrungen aus Thüringen.

Wir haben deshalb in unserem Antrag vorgeschlagen, dass die Sächsische Sozialbank für einen niedrigen subventionierten Pauschalpreis – wobei man da auch über die vier Euro diskutieren kann; ob das nun drei Euro oder 3,50 Euro sind, das sei einmal dahingestellt, wir wollten einfach eine Zahl hineinschreiben – jedem Kontoinhaber

alle grundlegenden Banktransaktionen – Überweisungen, Daueraufträge, Bargeldabhebungen und Kontoauszüge – zur Verfügung stellt.

Nun ist mir auch klar, Frau Strempel, dass allein mit dem Personenkreis, der für diese Schuldnerkonten infrage kommt, dieses Institut nicht wirtschaftlich arbeiten kann und nicht zu halten ist. Deswegen haben wir gesagt, dass wir uns darüber hinaus dafür einsetzen, dass über eine Rahmenvereinbarung mit den sächsischen Sparkassen sichergestellt wird, dass auch in den Filialen der sächsischen Sparkassen die Konten dieser Sächsischen Sozialbank mitgeführt werden können, und durch die Verflechtung der Sachsen LB mit den Sparkassen über die SFG ist es überhaupt kein Problem, die Konten dort mit zu führen.

Um die Sächsische Sozialbank zusätzlich noch als soziales und ökologisches Institut am Markt zu positionieren, schlagen wir vor, dass sie auch Privatkunden Geldanlagen bietet, die unter dem Begriff „Grünes Geld“ zusammengefasst sind und die nach ökologischen Kriterien ausgesucht wurden.

Genauso – war unser Vorschlag – sollten mittelständische Unternehmen, die wegen ihres Engagements für die Umwelt mit dem Gütesiegel „Bioland“, „Naturtextil“ oder „Grüner Stromnebel“ ausgezeichnet wurden, mit einem Bonuszins gefördert werden. Auch hier kann man durchaus die Liste erweitern bzw. verändern. Das soll ja eine Diskussionsgrundlage sein. Damit kann nachhaltiges Wirtschaften gefördert werden.

Die Gründung einer Sächsischen Sozialbank mit den von mir skizzierten Grundzügen wäre ein wichtiger Beitrag des Freistaates zu einer ökonomischen Entwicklung, die neben der rein mikroökonomisch betrachteten Sicherung zukünftiger Marktanteile auch wert- und kulturbehaftete Grundfragen wie die Frage nach der Integration der drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales berücksichtigt.

Deshalb bitte ich Sie, sich unserem Antrag nicht leichtfertig aus parteipolitischem Kalkül heraus zu verschließen, sondern wirklich ernsthaft zu prüfen, welche positiven Impulse eine Sächsische Sozialbank im Freistaat freisetzen könnte. Wie gesagt, intern wurde aus anderen Fraktionen durchaus zugestanden, dass der Vorschlag etwas an sich hat. Es wird aber argumentiert, dass in Sachsen alles in Butter ist, obwohl zirka 50 000 Menschen in Sachsen – das ist die Zahl, die ich allerdings nicht verifizieren konnte – ohne Girokonto sind. Da muss man doch einfach anerkennen, dass diese Leute ein Problem haben, anstatt das hier leichtfertig damit abzutun, dass alles in Butter ist, dass wir es nicht brauchen, die Banken sich zu irgendetwas verpflichtet haben – die 50 000 haben sie nie erreicht.

Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Gibt es aus den Fraktionen darauf noch Erwiderungswünsche? – Das kann ich nicht erkennen.

(Holger Apfel, NPD: Dann betrachten Sie es als Schlusswort!)

Gut. Sie verzichten jetzt auf das Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 4/2953 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dafür und einer großen Anzahl von Gegenstimmen ist die Drucksache 4/2953 nicht beschlossen.

Erklärung zu Protokoll

Die NPD hat wieder einmal einen „Schuss ins Blaue“ gewagt, ohne sich nur annähernd über die Fakten informiert zu haben. Tatsache ist: Es gibt für Sozialleistungsempfänger und Schuldner bereits die Möglichkeit, ein Girokonto für jedermann auf Guthabenbasis zu beantragen. Eine entsprechende Empfehlung – „Girokonto für jedermann“ – für alle Kreditinstitute hat der Zentrale Kreditausschuss im Jahre 1995 gegeben.

Das sächsische Sparkassenrecht geht noch darüber hinaus: Für Sparkassen in Sachsen ist ein Vertragszwang in der Sächsischen Sparkassenverordnung enthalten. Im Klartext: Es besteht grundsätzlich die Verpflichtung, ein Girokonto für jedermann einzurichten oder fortzuführen. Nur in Ausnahmefällen darf ein Institut davon abweichen, nämlich wenn zum Beispiel der Kontoinhaber Leistungen missbraucht oder Vereinbarungen nicht einhält.

Zur Förderung des Mittelstandes und dem ökologischen Anliegen: Für den Mittelstand bestehen bereits etliche Förderinstitutionen. Ich nenne hier

die SAB, die Mittelstandsförderprogramme des Freistaates, aber auch Programme im Bereich der Umweltförderung abwickelt,

die Hausbanken, welche KfW-Förderprogramme durchleiten,

die Bürgschaftsbank als Selbsthilfeeinrichtung der Wirtschaft sowie

die Sächsische Beteiligungsgesellschaft mbH (eine hundertprozentige Tochter der SAB) und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft mbH (Selbsthilfeeinrich- tung der Wirtschaft), die kleinen und mittelständischen Unternehmen Beteiligungskapital zur Verfügung stellen.

Wie Sie sehen, gibt es für eine zusätzliche Bank keinen Bedarf.

Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

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