Wenn man also über Bildungschancen nachdenken wollte, dann müsste man nicht sagen: Alles frei! – das wäre das Schlaraffenland –, sondern dann müsste man zu dem Ergebnis kommen, Geld von dem oberen Teil der Bildungspyramide in den Bereich des unteren Teils umzuverteilen,
Jetzt kann man sagen, sie sei nicht links. Ich kann Ihnen aber andere Länder dieser Erde nennen, in denen auch linke Regierungen zu dem Ergebnis gekommen sind, das wäre angemessen. (Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Aber Sie machen das Gegenteil mit Ihrer Hochschulpolitik!)
Natürlich ist es am schönsten, wenn der Staat genug Geld hat, sodass er überhaupt niemanden zu belasten braucht. Die Frage, die sich stellt, auch in der gesamten Abwägung, ist jedoch: Wo, an welcher Stelle ist ein Euro im Bereich der Bildung am besten ausgegeben, wo hat er die höchste Wirkung?
Wenn ich jetzt der Meinung bin – ich teile die Meinung von Herrn Gerstenberg –, dass wir uns in Deutschland ernsthaft Gedanken machen müssen, warum so wenig Kinder aus bildungsfernen Schichten höhere Abschlüsse machen und weswegen so wenig studieren, dann ist meine ganz persönliche Überzeugung: Das hat mit der Studiengebühr überhaupt nichts zu tun, weil über die Bildungschancen und über die Lebenschancen der Kinder viel früher entschieden wird.
Nur, der größte Teil sowohl von der NPD – da haben wir es expressis verbis gehört –, aber auch von Ihnen, von der Linksfraktion.PDS, sagt: Das Problem können wir dadurch lösen, dass wir alles kostenlos machen. – Natürlich, wenn ich im Schlaraffenland bin, habe ich das Problem der Finanzierung nicht.
Der zweite Teil, von dem ich glaube, dass man ihn auch bewusst missverstehen kann: Die Universität ist keine Professorenrepublik mehr. Die Vorstellungen des Mittelalters zum Führen einer Universität sind in der gegenwärtigen Situation nicht mehr zeitgemäß; denn es handelt sich um eine Institution, in der in erheblichem Maße öffentliches Geld verwaltet und ausgegeben wird. Deshalb ist es richtig, was Frau Kollegin Ludwig sagte: dass man eine Balance zwischen der Art der Freiheit der Universität bei Eigenentscheidung und den Aufgaben des Staates finden muss.
mit der traditionellen Finanzierung von Bildung in Deutschland, die Sie – so habe ich es verstanden, Herr Porsch – verteidigen,
natürlich –, indem Sie meinen, die Frage der sozialen Gerechtigkeit würde an dem Thema Studiengebühren festgemacht, darüber aber vergessen – –
Der zweite Punkt: Natürlich muss ich über die Führungsstrukturen nachdenken; denn die Frage, wie Entscheidungen getroffen bzw. nicht getroffen werden, ist für die Entwicklung der Universität von ganz besonderer Bedeutung. Auch hier möchte ich darauf hinweisen, dass mittlerweile quer durch alle Parteien die Meinung existiert, dass bei den Führungsstrukturen der Hochschulen in Deutschland Veränderungsbedarf besteht:
Entschuldigung, da bringt sie gar nichts mehr, sondern worum wir uns kümmern müssen, ist, ob und wie wir mehr Geld in die vorschulische Erziehung stecken,
(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS und der Staatsregierung – Bravo! bei der Linksfraktion.PDS)
(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Aber in welcher Richtung?) und genau das haben wir doch getan. Man kann nun über das Ausmaß der Finanzierung diskutieren, und wir sind natürlich auch anderen Restriktionen unterworfen. Aber wenn wir gern mehr Geld im Bereich Bildung ausgeben, würde ich dafür plädieren, es nicht wie bisher in erster Linie ganz oben auszugeben, sondern unten. – In Richtung klarer und schnellerer Entscheidungen und in der Richtung, dass die Entscheidungen von denjenigen, die die Entscheidungen zu verantworten haben, anhand eines klaren Zielkatalogs getroffen werden. (Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Und was ist mit Mitbestimmung?) (Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Dann macht das doch!) – Das müssen wir abwägen, wie wir diese Fragen – –
Herr Porsch, ich verstehe Diskussion als Diskussion und nicht als ständiges Dazwischenreden: Ich möchte Sie herzlich bitten, wirklich einmal zuzuhören und nicht ständig dazwischenzureden.
Diese Abwägung, wie die verschiedenen Kompetenzen auf die Hochschulgremien verteilt werden, werden wir hier führen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir einen Vorschlag unterbreiten werden, der gegenüber der bisherigen Situation eine Verbesserung darstellt und – dies wäre mein Wunsch – in Deutschland als Vorbild einer Hochschulgesetzgebung dienen sollte. Denn in unserem Interesse sollte es liegen, nicht hinten in der Kolonne zu marschieren und sich an anderen zu orientieren – das kann man eine Zeitlang machen –, sondern wir sollten den Mut und den Anspruch an uns selbst haben, etwas zu entwickeln, das in anderen deutschen Ländern – und möglicherweise auch im Ausland – zum Vorbild genommen werden würde.
Wenn wir diese Diskussion miteinander führen, wäre ich sehr froh darüber, wenn wir dem Gegenüber nicht unterstellten, dass er damit unredliche Absichten verfolge.
Ich wehre mich dagegen, dass auch ich hier im Grunde genommen beschuldigt wurde, ideologisch zu debattieren. Dieses Wort „ideologisch“ wurde nicht von unserer Seite eingebracht, und ich verwahre mich dagegen. Wenn wir hier nicht sachlich diskutieren, sollten wir es lieber lassen, bevor wir uns lächerlich machen.
(Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD: Die Redezeit?!) 1. Vizepräsidentin Regina Schulz: Von der Linksfraktion gibt es noch Redebedarf. Herr Prof. Porsch, bitte. Pro Fraktion fünf Minuten. Ich frage, wer noch reden möchte. – Herr Prof. Weiss. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin Herrn Prof. Weiss für das, was er gesagt hat, dankbar, so wie ich der Staatsministerin dankbar bin für das, was sie sagte, da hier noch Original-Sozialdemokratie lebt und sich dann an der Hochschulpolitik eine Konfliktlinie in der Koalition zeigt – dies sage ich nicht mit Häme, aber doch mit Aufmerksamkeit –, in der Konservatives und Sozialdemokratisches aufeinander prallen und sich offensichtlich nicht in einem Kompromiss auflösen lassen. Ich denke, das ist gut so. Insofern, Herr Ministerpräsident, lagen Sie mit Ihren ersten Sätzen schon weit daneben. Das Totschlagargument „provinziell“ hat eigentlich alles kaputt gemacht, was Sie hinterher gesagt haben. Sie sind nicht der Oberlehrer der Nation! Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es wurde hier richtig gesagt, dass in Deutschland die Hochschulen, insbesondere die Universitäten, die Orte sind, an denen der notwendige Vorlauf für die gesellschaftliche Entwicklung geschaffen wird. Es wird neues Wissen erzeugt, es wird vorhandenes Wissen weiterentwickelt und in junge Köpfe gepflanzt. Dies ist eine wirklich wichtige Aufgabe. Die Aufgabe der Universitäten geht jedoch darüber hinaus. Sie sind die Orte, an denen sich die Gesellschaft kritisch selbst überdenkt. Sie sind die Orte, an denen über die Chancen und Risiken der Zukunft nachgedacht wird, und sie sind selbstverständlich sozusagen das geistige Zentrum der Gesellschaft. In einer demokratischen Gesellschaft muss dann aber auch dieses Zentrum demokratisch organisiert und strukturiert sein; denn die jungen Leute, die an die Universität kommen, sollen ja mündige Bürger sein und werden. Sie sollen Bürger in einer demokratischen Gesellschaft sein. Dies können sie nur an einer demokratisch strukturierten Universität. (Dr. Fritz Hähle, CDU: Sie auch nicht!)
Ich auch nicht, nein –. Wir diskutieren hier, und wir sollten uns der Bewertungen enthalten und fragen: Was hat der eine gesagt, was hat der andere gesagt, und wie stehen wir dazu? Aber Sie haben einen schlechten Kommunikationstrainer. Es war jedoch bemerkenswert, dass Sie plötzlich über Schulpolitik in Sachsen und über Probleme der vorschulischen Bildung gesprochen haben. Davon war ich sehr begeistert, dies muss ich einmal sagen; denn ich hatte mir bereits aufgeschrieben, bevor Sie darauf kamen: Denken Sie vor den Studiengebühren erst einmal über die sozial verbauten Wege zum Studium nach!
Das bedeutet, dass selbstverständlich alle Gruppen der Hochschule Mitsprache- und Mitwirkungsrechte haben müssen. Man kann eben nicht aus Gründen der Effizienz innerhalb der Universitäten ein straffes, von oben nach unten organisiertes Leitungs- und Lenkungssystem einführen. Demokratie ist teuer, ja, hier muss man ein wenig investieren.