Protokoll der Sitzung vom 08.12.2005

(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Wir brauchen nicht mehr Regelungen, auch nicht örtliche Bauvorschriften. Demnächst kommen Sie auf die Idee und bringen örtliche Vorschriften für das Bauen unter besonderer Berücksichtigung von Belangen der Frau als solcher ein.

(Heiterkeit bei der FDP)

Wir brauchen nicht mehr Regelungen, sondern weniger Bürokratie, weniger Regelungswut. Damit würde den Menschen sicherlich mehr gedient als mit solch einem Gesetzentwurf. Den lehnen wir ab.

Danke.

(Beifall bei der FDP, der CDU und vereinzelt bei der NPD)

Das war die erste Runde der Aussprache. Ich frage, ob es aus den Fraktionen weiteren Redebedarf dazu gibt. – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Mackenroth.

Ich will die Worte der Abg. Hamburger und Weihnert nicht wiederholen. Auch das, was Herr Dr. Martens gesagt hat, finde ich durchweg richtig. Deswegen gebe ich meine Rede zu Protokoll.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wenn es keinen weiteren Aussprachebedarf gibt, dann frage ich den Berichterstatter des Ausschusses, Herrn Jung, ob er noch einmal das Wort ergreifen möchte. – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung. Ich schlage gemäß unserer Geschäftsordnung vor, über den Gesetzentwurf artikelweise zu beraten und abzustimmen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf das Gesetz zur Änderung der Sächsischen Bauordnung, Drucksache 4/2499, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Wir stimmen zuerst über die Überschrift ab. Wer der Überschrift zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist anderer Meinung? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist die Überschrift mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe Artikel 1 auf. Wer kann dem zustimmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Stimmverhalten wie soeben. Artikel 1 ist mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe Artikel 2 auf. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Stimmverhalten. Damit ist Artikel 2 mehrheitlich abgelehnt worden.

Nachdem somit sämtliche Bestimmungen des Gesetzentwurfs abgelehnt worden sind, findet über diesen Entwurf keine weitere Beratung und Abstimmung mehr statt. Damit ist die 2. Beratung abgeschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärung zu Protokoll

Sehr geehrte Damen und Herren, die Zielrichtung des Antrages ist zwar unterstützungswürdig, gleichwohl hat die vorgeschlagene Änderung nicht Bauordnungsrecht, sondern das Städtebaurecht zum Gegenstand. Dieses fällt in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die Sächsische Bauordnung ist daher nicht der richtige Standort zur Schaffung derartiger Vorschriften.

Soweit in Artikel 1 Nr. 3 des Entwurf die „Ausrichtung … der Gebäude“ als Regelungsgegenstand örtlicher Bauvorschriften genannt wird, fehlt es sogar an einer Kompetenz des Landesgesetzgebers, da der Bund die Stellung der baulichen Anlagen in § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Baugesetzbuches zum Regelungsgegenstand der Bebauungspläne gemacht hat. Ebenso gehört die Lage der Gebäude im unbeplanten Innenbereich zu den Einfügungsmerkmalen des § 34 Abs. 1 BauGB.

Die Ausrichtung der Gebäude ist damit Gegenstand des Bauplanungsrechts, das (immer noch) zur konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes gehört (Arti- kel 74 Nr. 18 Grundgesetz). Von dieser Kompetenz hat der Bund im Baugesetzbuch abschließend im Sinne von Artikel 72 Abs. 1 Grundgesetz Gebrauch gemacht. Für eine Regelung der Gebäudestellung durch die Landesgesetzgebung ist daher kein Raum.

Gestaltungsvorstellungen von Gemeinden, die die Belange des Umweltschutzes berücksichtigen, insbesondere die Vermeidung von Emissionen und die Nutzung erneuerbarer Energien, lassen sich bereits hinreichend nach geltendem Recht verwirklichen. Die Instrumentarien des geltenden Bauplanungsrechts reichen aus, um der verstärkten Bedeutung der genannten Belange angemessen Rechnung tragen zu können.

Zu den erneuerbaren Energien hat der Bund im Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) vom 24.06.2004 (BGBl. I S. 1359) eine Regelung getroffen, die die Gemeinden jetzt ermächtigt, in Bebauungsplänen bestimmte bauliche Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energien bei der Errichtung von Gebäuden vorzuschreiben (§ 9 Abs. 1 Nr. 23b BauGB). Gleichzeitig hat der Bund die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie ausdrücklich als öffentliche Belange in § 1 Abs. 6 Nr. 7f BauGB hervorgehoben.

Damit wird zugleich deutlich: Die Frage, inwieweit der Einsatz erneuerbarer Energien bei der Errichtung von Gebäuden zu berücksichtigen ist, ist städtebaurechtlicher

Natur. Sie gehört damit ebenfalls nicht zu den Regelungsgegenständen des Bauordnungsrechts. Die Musterbauordnung 2002, die der Freistaat Sachsen mit der Sächsischen Bauordnung 2004 weitgehend umgesetzt hat, enthält demgemäß auch keine Ermächtigung, örtliche Bauvorschriften über den Einsatz erneuerbarer Energien zu erlassen.

Die vorgeschlagene Regelung widerspricht weiter der Funktion der Sächsischen Bauordnung (SächsBO) als Gefahrenabwehrrecht. Dieser Funktion dienen zum Beispiel gesetzliche Beschaffenheitsanforderungen für Baugrundstücke, Baustoffe und Bauausführung. Soweit die SächsBO auch Regelungen zur Baugestaltung enthält, geht es allein um die Verhütung von Verunstaltungen. Insofern dies nicht Gründe der Gefahrenabwehr erfordern, ist es nicht Aufgabe des Bauordnungsrechts, dem Bauherrn über kommunale Satzungen bestimmte Formen der Energienutzung vorzuschreiben oder zu verbieten. Die private Entscheidung, ob und in welchem Maße der individuelle Strom- und Wärmebedarf über Solaranlagen, Generatoren, das gemeindliche Versorgungsnetz etc. gedeckt werden soll, gehört daher nicht in die staatliche Bauüberwachung.

In der Begründung des Gesetzentwurfes wird behauptet, dass andere Bundesländer vergleichbare Regelungen in ihren Bauordnungen getroffen hätten. In der Tat hat es solche Bestrebungen vereinzelt und in Ansätzen gegeben. Hier bleibt aber abzuwarten, wie die Rechtsprechung solche Versuche der Kompetenzüberschreitung durch den Landesgesetzgeber wertet.

Unabhängig von den rechtlichen Bedenken widerspricht der Gesetzentwurf den mit den letzten Novellierungen (1999 und 2004) der Sächsischen Bauordnung verbundenen Zielsetzungen. Einerseits schränken sie den Bauherrn ein, da sie das Bauen verteuern. Andererseits erscheint es heutzutage, da man sich allerorten um Deregulierung bemüht, kontraproduktiv, die Regelungsgegenstände der örtlichen Bauvorschriften ohne sachliche Notwendigkeit auszuweiten. Die hohen Energiepreise machen zudem ebenfalls – ohne gesetzliche Regelungen – den Einsatz erneuerbarer Energien attraktiv. Die zu dieser Thematik erfolgte Expertenanhörung im Innenausschuss hat diese Auffassung schließlich bestätigt.

Zusammenfassend möchte ich deshalb die Ablehnung des Antrages empfehlen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung des Sächsischen Schulgesetzes

Drucksache 4/1242, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 4/3541, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Sport

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: GRÜNE, CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich eröffne die Aussprache. Frau Günther-Schmidt erhält für die Fraktion der GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser grüner Schulgesetzentwurf steht heute zur 2. Lesung an. Das Hauptanliegen unseres Gesetzentwurfs besteht natürlich darin, die Schwächen des gültigen Schulgesetzes auszugleichen. Deshalb liegen unsere Schwerpunkte insbesondere auf folgenden Aspekten: Senkung der Mindesteinschulungs- und Mindestschülerzahlen, Bindung der Lehrerzuweisungen an eine verbindliche Lehrer-Schüler-Relation, Aufhebung des Hauptschulganges und Einführung von Gemeinschaftsschulen.

Unser Gesetzentwurf geht davon aus, dass grundsätzlich niedrigere Mindesteinschulungs- und Mindestschülerzahlen als in der derzeitigen Regelung zum Bestand von Schulstandorten beitragen können. Kritiker unterstellen uns gern, dass wir die demografische Entwicklung und den daraus resultierenden Schülerrückgang ignorieren und ein überdimensioniertes Schulnetz erhalten wollten. Das ist eindeutig nicht so.

Während der öffentlichen Anhörung zu unserem Gesetzentwurf im Ausschuss für Schule und Sport wurde vielmehr die Haltung der Staatsregierung kritisiert, die Schülerzahltiefststände zum Maßstab für die Schulnetzplanung zu erheben. Ich zitiere den Sachverständigen Manfred Kuthe: „Dabei scheint der Blick auf die schwachen Jahrgangsbreiten des Schülertals fokussiert, ohne die wieder stärkeren Geburtenraten der folgenden Jahre zu berücksichtigen.“

(Heinz Lehmann, CDU: Die gibt es doch gar nicht!)

Doch, die gibt es, Herr Lehmann!

Unser Gesetzentwurf sieht vor, dass temporäre Unterschreitungen der Anforderungen an die Mindestschülerzahlen nicht automatisch zum Mitwirkungsentzug und nicht automatisch zur Schulschließung führen müssen.

Die Auswirkungen der derzeitigen Regelung sehen wir. Seit 1992 wurden ungefähr ein Drittel der Grund- und Mittelschulen und zirka ein Fünftel der gymnasialen Standorte geschlossen. Die Folge ist insbesondere im ländlichen Raum eine verheerende Konzentration, die dazu führt, dass längere Schulwege und erhöhte Schüler

beförderungskosten getragen werden müssen. Unser Gesetzentwurf zeigt den Weg aus der verfehlten Schulnetzpolitik der Staatsregierung. Er garantiert darüber hinaus eine verbindliche Lehrer-Schüler-Relation von 1 : 14 und sieht ausdrücklich eine Personalaufstockung für besondere pädagogische Rahmenbedingungen vor. Ich nenne beispielhaft Ganztagsschulen, Gemeinschaftsschulen und Brennpunktmittelschulen. Diese Verbindlichkeit würde anerkennen, dass besondere pädagogische Konzepte besondere personalwirtschaftliche Erfordernisse nach sich ziehen. Bei Ganztagsschulen und Brennpunktmittelschulen ist dieses Anliegen unter Fachleuten unstrittig.

Die von der CDU/SPD-Landesregierung geplanten Gemeinschaftsschulen sollen im Modellversuch längeres gemeinsames Lernen ermöglichen. Für uns GRÜNE ist längeres gemeinsames Lernen kein Modellversuch, sondern dringende Notwendigkeit, um die Ungerechtigkeiten des mehrgliedrigen Schulsystems zu überwinden. Deshalb sieht unser Gesetzentwurf hier einen verbindlichen Status vor. Das bedeutet auch, dass Gemeinschaftsschulen natürlich mehr Geld für pädagogisches Personal bereitgestellt bekommen.

Eine Randbemerkung: In Schleswig-Holstein regiert ebenfalls eine Koalition aus CDU und SPD. Dort sind Gemeinschaftsschulen ebenfalls im Koalitionsvertrag niedergelegt. Allerdings hat Schwarz-Rot dort einen Förderfonds aufgelegt, der die finanziellen Förderbedarfe für Gemeinschaftsschulen abdecken soll. Warum das in Sachsen nicht möglich sein soll, müsste mir bitte erklärt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die von uns angestrebte Aufhebung des Hauptschulganges hat in der öffentlichen Anhörung für den meisten Widerspruch und die heftigste Aufregung gesorgt. Offenbar ist es immer noch gängige Meinung, dass nur ein gegliedertes Schulsystem für eine begabungsgerechte Zuweisung der Schülerinnen und Schüler auf ihre Bildungskarrieren sorgen könne.

(Beifall des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Herr Colditz, wer so etwas denkt, hat noch nichts von früher und individueller Förderung verstanden. Ich verweise gern auf den gestrigen Beitrag des Ministerpräsidenten. Ich war verblüfft. Er hat genau diesem Anliegen den Mund geredet.

Im internationalen Vergleich ist der Hauptschulabschluss eine zu geringe Qualifikation. Dort werden in der Regel Abschlüsse unterhalb des Realschulabschlusses nicht vergeben. Da unser Gesetzentwurf neben den genannten