Protokoll der Sitzung vom 09.12.2004

Was ich mir aber wünschen würde, wäre schon jetzt vor Ort mehr Flexibilität. Dann würde das Problem, das der Ministerpräsident heute früh in der Regierungserklärung angesprochen hat, dass so wenig Kinder geboren werden, wahrscheinlich etwas minimiert. Denn warum gebären zum Beispiel so wenig Akademikerinnen Kinder? Weil sie, wenn sie in einem sehr hoch gestellten Job be

schäftigt sind, natürlich Angst haben, ihr Kind nicht betreut zu bekommen. Die Regelöffnungszeiten reichen nicht aus. Ich bin der Ministerin dankbar, dass sie sich sehr darum bemüht, dass Betriebskindergärten eröffnet werden, um den Öffnungszeiten, die gebraucht werden, Rechnung zu tragen, damit auch eine Rettungssanitäterin oder eine Ärztin, je nachdem, ihr Kind betreut bekommt. Wir haben in Sachsen auch das Angebot der Tagesmütter, die bei uns über eine Landespauschale bezuschusst werden. Das ist eine sensationelle Sache. So etwas haben die anderen Bundesländer nicht.

(Zuruf der Abg. Dr. Barbara Höll, PDS)

Ich denke, darauf sollten wir gemeinsam stolz sein. Ich bin nicht der Meinung und auch unsere Fraktion ist nicht der Meinung, dass ein Rechtsanspruch letztlich eine Verbesserung hinsichtlich der Betreuungssituation oder der -qualität bringen würde – das ist es nicht –, sondern wir sehen andere Kriterien. Diese haben wir hier schon benannt und sehr ausführlich diskutiert.

(Dr. Cornelia Ernst, PDS: Das gehört aber dazu, Frau Nicolaus!)

Von dieser Warte aus können wir uns Ihrem Votum leider nicht anschließen, wofür Sie geworben haben. Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen und einen viel besseren einbringen. Danke. (Beifall bei der CDU)

Hat sich daraus noch weiterer Aussprachebedarf ergeben? – Dies scheint nicht der Fall zu sein.

Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 3 der Geschäftsordnung vor, über den Gesetzentwurf artikelweise zu beraten und abzustimmen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zunächst zur Abstimmung über die Überschrift des Gesetzes. Wer dieser Überschrift zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist eine ganze Reihe. Die Gegenprobe! – Das ist die Mehrheit. Ich bitte um die Stimmenthaltungen. – Stimmenthaltungen gibt es ebenfalls. Mit knapper Mehrheit ist die Überschrift abgelehnt.

Ich bitte um Abstimmung zu Artikel 1 – Änderung des Gesetzes über Kindertageseinrichtungen. Wer diesem Artikel zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Eine größere Anzahl. – Die Gegenstimmen! – Eine Mehrheit. Die Enthaltungen! – Gleiches Abstimmungsverhalten wie soeben und demzufolge ebenfalls abgelehnt.

Ich lasse abstimmen über Artikel 2 – In-Kraft-Treten. Wer stimmt dem Artikel 2 zu? Den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das ist eine größere Anzahl. – Die Gegenstimmen, bitte! – Diese Zahl ist eindeutig größer. Die Stimmenthaltungen! – Ich kann paralleles Abstimmungsverhalten feststellen.

Meine Damen und Herren! Nachdem somit sämtliche Bestimmungen des Gesetzentwurfs abgelehnt wurden, findet gemäß § 44 Abs. 7 der Geschäftsordnung über diesen Entwurf keine weitere Beratung und damit auch keine 3. Lesung statt. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

Fortsetzung Tagesordnungspunkt 5

Meine Damen und Herren! Wir schalten etwa anderthalb Stunden zurück. Inzwischen liegt das Ergebnis der geheimen Abstimmung zur Wahl von stimmberechtigten Mitgliedern und deren Stellvertretern für den Landesjugendhilfeausschuss vor.

Es wurden 122 Stimmen abgegeben. Bei der Wahl der stimmberechtigten Mitglieder waren zwei Stimmscheine ungültig und bei der Wahl der Stellvertreter war ein Stimmschein ungültig. Es wurde wie folgt abgestimmt:

Der Abgeordnete Alexander Krauß erhielt 87 Jastimmen, 8 Neinstimmen und 12 Enthaltungen.

Herr Thomas Müller: 89 Jastimmen, 8 Neinstimmen, 10 Enthaltungen.

Frau Martina Weber: 89 Jastimmen, 8 Neinstimmen, 10 Enthaltungen.

Frau Christine Zippel: 87 Jastimmen, 9 Neinstimmen, 11 Enthaltungen.

Herr Falk Neubert: 73 Jastimmen, 21 Neinstimmen, 14 Enthaltungen.

Frau Anja Stephan: 72 Jastimmen, 19 Neinstimmen, 16 Enthaltungen.

Frau Freya-Maria Klinger: 65 Jastimmen, 25 Neinstimmen, 17 Enthaltungen.

Herr Martin Dulig: 82 Jastimmen, 13 Neinstimmen, 11 Enthaltungen.

Herr Mirko Schmidt: 21 Jastimmen, 44 Neinstimmen, 40 Enthaltungen.

Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, dass ich jemanden vergessen habe, und bitte um Entschuldigung. Herr Lars Rohwer – Sie stehen an dritter Stelle – 79 Jastimmen, 16 Neinstimmen, 13 Enthaltungen. – Großes Bedauern, es war keine Absicht.

Meine Damen und Herren! Ich stelle somit fest: Herr Krauß, Herr Müller, Herr Rohwer, Frau Weber, Frau Zippel, Herr Neubert, Frau Stephan, Frau Klinger und Herr Dulig sind gewählt. Befindet sich unter den eben genannten Abgeordneten jemand, der seine Wahl nicht annimmt? Dann möge er sich jetzt melden. – Das ist nicht der Fall.

Somit kommen wir zur Verlesung der Ergebnisse der stellvertretenden Mitglieder:

Herr Thomas Kunz: 86 Jastimmen, 6 Neinstimmen, 13 Enthaltungen.

Herr Christoph Stolte: 86 Jastimmen, 7 Neinstimmen, 12 Enthaltungen.

Herr Maik Kaufhold: 84 Jastimmen, 7 Neinstimmen, 14 Enthaltungen.

Herr Matthias Knaak: 85 Jastimmen, 8 Neinstimmen, 12 Enthaltungen. Herr Hans-Otto Schlotmann: 83 Jastimmen, 7 Neinstimmen, 15 Enthaltungen. Herr Tilo Kießling: 67 Jastimmen, 23 Neinstimmen, 18 Enthaltungen. Frau Kerstin Lauterbach: 70 Jastimmen, 19 Neinstimmen, 19 Enthaltungen. Herr Dietmar Jung: 70 Jastimmen, 19 Neinstimmen, 20 Enthaltungen. Herr Philipp Schäfer: 82 Jastimmen, 11 Neinstimmen und 12 Enthaltungen. Herr Alexander Delle: 20 Jastimmen, 47 Neinstimmen, 37 Enthaltungen. Somit sind gewählt: Herr Kunz, Herr Stolte, Herr Kaufhold, Herr Knaak, Herr Schlotmann, Herr Kießling, Frau Lauterbach, Herr Jung und Herr Schäfer. Befindet sich jemand unter den eben Genannten, der seine Wahl als Stellvertreter nicht annimmt? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Sie haben aufmerksam verfolgt, dass zwei Abgeordnete nicht gewählt worden sind. Ich frage jetzt die Vertreter der NPD-Fraktion, deren vorgeschlagenes stimmberechtigtes Mitglied, Herr Mirko Schmidt, nicht gewählt wurde und deren vorgeschlagener Stellvertreter, Herr Alexander Delle, nicht gewählt wurde, ob sie heute noch einen zweiten Wahlgang mit diesen Namen oder mit neuen Namen beantragt. – Herr Abg. Leichsenring.

(Uwe Leichsenring, NPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden heute keinen weiteren Wahlgang beantragen.)

Danke schön.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Ich beglückwünsche all diejenigen Damen und Herren, die gewählt worden sind, zu ihrer Wahl.

Wir fahren in der allgemeinen Tagesordnung fort und kommen zu

Tagesordnungspunkt 12

Föderalismusreform-Kommission

Drucksache 4/0252, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Für einen dem Sozialstaatsgebot und der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilen des Bundesgebietes verpflichteten Föderalismus

Drucksache 4/0265, Dringlicher Antrag der Fraktion der PDS

Die Dringlichkeit des PDS-Antrages wurde durch das Präsidium am 2. Dezember 2004 festgestellt.

Die Fraktionen können dazu Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: CDU, SPD, PDS, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wie immer, wenn gewünscht.

Ich erteile dem Sprecher der CDU das Wort. Herr Abg. Schiemann, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den deutschen Ländern, im Bundesrat, im Bundestag hat man sich eine sehr große Reform vorgenommen: Innerhalb eines Jahres – so kann man sagen – hat man sich vorgenommen, eine Vielzahl von Änderungen in den Beziehungen zwischen den deutschen Ländern und der Zentralregierung, der Bundesregierung, oder dem Bundestag herbeizuführen. Ich weiß nicht, ob für diese Reform ein Jahr genug ist, ob man in einem Jahr das, was man sich im November 2003 vorgenommen hatte zu diskutieren, überhaupt leisten kann. Ich erinnere dabei an die Gemeinsame Kommission zur Änderung des Grundgesetzes Anfang der neunziger Jahre, die – so glaube ich – fast die dreifache Zeit benötigte und dann am Schluss ein Reförmchen hervorgebracht hat.

Die Tätigkeit der Föderalismuskommission, die wahrscheinlich am 17. Dezember ihren Abschluss findet, ist

von größter Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland. Die Föderalismuskommission entscheidet dabei entlang schwieriger und sich überkreuzender Interessenlinien oder auch Trennlinien des Bundestages, der Landtage, der Regierungen der Länder und der Bundesregierung, der Länder im Osten und der im Westen des Vaterlandes, der armen und der reichen Länder, der Länder im Norden und der im Süden. Sie entscheidet unter anderem über die Macht oder die Ohnmacht – und das halte ich für die Diskussion in meiner Fraktion für besonders wichtig – der Landtage in den deutschen Ländern.

Vom Ergebnis der Föderalismuskommission hängt es ab, ob wir im Sächsischen Landtag wichtige Gesetzgebungskompetenzen neu erhalten werden oder ob unser Einfluss weiter schwindet. Den letzten Stand der Verhandlungen können Sie unter anderem dem Eckwertepapier der erweiterten Obleuterunde vom 10. November 2004 entnehmen, das den Mitgliedern des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses vorliegt. Ich weiß nicht, ob neben dem Eckwertepapier inzwischen die Strategien der Parteien geändert worden sind. Ich gehe davon aus, dass innerhalb dieses letzten Monats weitergearbeitet worden ist und dass vielleicht der Sachstand in diesem Papier nicht abschließend erkennbar sein wird. Wir werden sehen, was uns die Staatsregierung berichten wird.

Wir bleiben – und das möchte ich nochmals betonen – in dem Spannungsverhältnis zwischen Zentralisierung –

Zentralstaat und Dezentralisierung – Föderalismus. Wir brauchen den Föderalismus, die klare Dezentralisierung staatlicher Macht und staatlicher Entscheidungsprozesse. Dezentralisierung schafft mehr Bürgernähe und Transparenz der Entscheidungen.