Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen schriftlich vor. Wünscht noch ein Abgeordneter, das Wort zu nehmen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. –
Dann rufe ich jetzt zum Schlusswort auf. Wer möchte von der SPD oder der CDU sprechen? – Frau Nicolaus, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns – aus unterschiedlichen Positionen – mit dem Thema LVA umfänglich auseinander gesetzt. Ich bin auch für einzelne Beiträge dankbar, dass sie nicht zu Vorverurteilungen geführt haben. Ich möchte aber anmerken, dass mich der Beitrag der FDP-Fraktion schon etwas schockiert hat, denn gerade Sie, Herr Herbst, haben in Ihren Ausführungen Vorverurteilungen in den Raum gestellt. Diese weise ich zurück. Wir alle in diesem Hohen Hause wollen Aufklärung haben. Dazu soll unser Koalitionsantrag dienen. Ich bin dafür, dass diesem Antrag zugestimmt wird. Wir werden den Antrag der Linksfraktion.PDS nicht ablehnen, ich werbe aber abschließend noch einmal dafür, unserem Antrag einmütig stattzugeben.
Wenn die Resultate vorliegen, werden wir uns in diesem Hohen Hause darüber unterhalten, wie mit den Ergebnissen weiter verfahren werden soll.
Ich möchte Sie ganz herzlich bitten, dass wir den Dingen Einhalt gebieten, die über die Presse kolportiert werden. Bestimmte Dinge werden in den Raum gestellt, die man nicht mehr zurücknehmen kann. Das gesprochene Wort ist auch ein Wort, das sich letztendlich in den Medien niederschlägt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der bisherigen Debatte sind eine ganze Reihe von Facetten aus der LVA-Affäre angesprochen worden. Ich sehe kaum Ergänzungsbedarf. Ein Punkt, der uns sehr wichtig ist, ist aber zu kurz gekommen. Auf diesen möchte ich in meinem Schlusswort gern noch einmal hinweisen, weil er leider bei den Ausführungen der Sozialministerin nicht ausreichend beleuchtet worden ist. Es handelt sich um die Mitverantwortung der Sächsischen Staatsregierung für die Vorgänge bei der LVA Sachsen.
Deshalb möchte ich mich ganz persönlich an Sie, Frau Orosz, wenden. Da Sie zum Zeitpunkt der fraglichen Entscheidungen noch nicht Ministerin waren – Kollege Pellmann hat darauf hingewiesen –, haben Sie persönlich
keine Schuld am Versagen von Rechtsaufsicht. Sie haben zwei Möglichkeiten, mit der eingetretenen Situation umzugehen. Sie können sich entweder schützend vor Ihre Amtsvorgänger und die dazugehörigen Staatssekretäre stellen, indem Sie zur Vertuschung beitragen und damit indirekt oder direkt etwas rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen ist. Oder – das ist die zweite Variante – –
Hören Sie doch zu, Frau Henke! – Oder Sie nutzen den Umstand, dass Sie persönlich nicht involviert waren, um schonungslos, vorbehaltlos aufzuklären, welche Fehler gemacht worden sind, und stellen die vorhandenen Missstände ab.
Nach den Stellungnahmen zu den Anträgen, nach den Antworten zu der Kleinen Anfrage in der Sache – es gibt da eine Anfrage – und auch in der heutigen Rede ist für mich nicht deutlich geworden, wofür Sie sich entschieden haben: für Abwiegelung oder für Aufklärung. Ich sage es ganz deutlich: Der Verweis auf die in der Tat begrenzte Rechtsaufsicht ist meiner Fraktion zu wenig. Auch wenn Sie selbst nicht involviert gewesen sind: Das Ministerium, dem Sie heute vorstehen, hat doch ganz offenkundig selbst die begrenzten Aufsichtsrechte nicht ausreichend wahrgenommen und insofern versagt. Nicht wahr, Kollege Dulig?
Wo war denn die Rechtsaufsicht? Wo war die Kontrolle bei der Entscheidung über die Belegung von bestimmten Reha-Kliniken? In der Antwort der Sozialministerin auf die Kleine Anfrage der SPD – von den Kollegen Dulig und Gerlach – wird festgestellt, dass die LVA die Einrichtung in Bad Gastein seit Februar 1995 belegt. Das Sozialministerium – so Frau Orosz – habe davon erst im Februar 2000, also fünf Jahre später, überhaupt Kenntnis erhalten.
Ich frage Sie: Hat man im Ministerium geschlafen? Gab es keine Beratungsgespräche, keine Berichte, keine Informationen und keine Rechenschaftslegungen, die dem Ministerium zumindest zugänglich waren? Wie kann es sein, dass das Sozialministerium von gravierenden Abweichungen von den Soll-Zuweisungen und umstrittenen mündlichen Belegungsanweisungen erst durch Prüfmitteilungen des Bundesrechnungshofes erfährt?
Ich könnte weitere Zitate aus der Kleinen Anfrage bringen, die zeigen, dass das Ministerium fast nichts gewusst
hat. Die Frage ist: Haben Sie nichts wissen wollen? Da reicht allein der Verweis auf die staatsanwaltlichen Ermittlungen nicht aus. Von den zu Recht umstrittenen Belegungszusagen über 15 Jahre hinweg war in der Debatte schon mehrfach die Rede. Auch davon – so die Ministerin – will ihr Ministerium aus der Presse erfahren haben. Ich frage Sie: Wo war denn eigentlich der sonst so viel beschworene Wettbewerb? Für die auserwählten Kliniken waren und sind ja wohl die 15-jährigen Belegungszusagen eine regelrechte Gelddruckmaschine.
Ich habe bei der Staatsministerin eine eindeutige Aussage darüber vermisst – auch das ist ein Punkt –, ob in den gültigen Verträgen bzw. Belegungszusagen irgendwelche Ausstiegsklauseln existieren, zum Beispiel bei unangemessenen Kostensteigerungen bei dieser langen Laufzeit in den gebundenen Kliniken. Falls nicht, ergibt sich die Frage, ob die Verträge, die nun wohl bis 2017 laufen, mit solchen Ausstiegsklauseln wenigstens korrigiert oder ergänzt werden. Wir begrüßen den Antrag der Koalition, weil die Möglichkeit besteht, dass die Ministerin noch einmal Bericht erstatten und auch auf diese Frage eingehen kann.
Wir werden dem Antrag zustimmen. Ich denke, insgesamt hat die heutige Debatte gezeigt, dass es notwendig ist, darüber im Parlament, hier im Landtag, zu sprechen. Es ist leider zu befürchten, dass sich der Landtag mit dieser Affäre nicht zum letzten Mal befasst hat.
Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt abstimmen. Wir beginnen mit dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, Drucksache 4/4429. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist der Antrag beschlossen.
Ich rufe die Drucksache 4/4282 auf, ein Antrag der Linksfraktion.PDS. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer großen Anzahl von Stimmenthaltungen ist dem Antrag mehrheitlich zugestimmt worden. Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.
Todesstrafe für Kindermörder – Lebenslange Haft bzw. Sicherungsverwahrung für schweren Kindesmissbrauch auch bei Ersttätern – Wirksame Vorbeugemaßnahmen zum Schutz von Kindern in Deutschland
Die NPD-Fraktion beginnt als einreichende Fraktion. Danach folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, FDP, GRÜNE, Herr Abg. Mirko Schmidt und die Staatsregierung. Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am Montag letzter Woche jährte sich zum 25. Mal ein besonderer Tag in der deutschen Justizgeschichte. Vor 25 Jahren erschoss eine Mutter vor den Augen der Richter in einem Saal des Lübecker Landgerichtes den Mörder ihrer jüngsten Tochter. Diese Mutter war Marianne Bachmeier.
Der wegen Sexualverbrechens vorbestrafte 35 Jahre alte Schlachter Grabowski aus Lübeck war angeklagt, das siebenjährige Mädchen in seiner Wohnung vergewaltigt und erwürgt zu haben. Wie kaum eine andere Tat beschäftigt dieser Fall die Öffentlichkeit bis heute. Die Selbstjustiz einer zutiefst verwundeten Mutter, die als Rachegöttin auftritt und den Mörder ihrer Tochter eigenhändig mit dem Tode bestraft, löste eine Welle von Sympathiebekundungen aus. Die Tat von Marianne Bachmeier schaffte auch eine anhaltende Diskussion in der Öffentlichkeit darüber, welche die angemessene Strafe für einen grausamen Kindermörder sein kann.
Auch die in den letzten Jahren immer wiederkehrenden spektakulären Sexualmorde an Kindern – man denke nur an Marc Dutroux in Belgien – haben wohl jeden in Erregung versetzt, der noch ein Herz im Leib hat. Die Frage ist: Was ist uns der Schutz von Kindern überhaupt wert? Welchen Wert haben Kinder für das Gemeinwesen und für den Staat überhaupt? Wie gedenkt dieser Staat eine Verletzung dieses Wertes zu sanktionieren?
Meine Damen und Herren! Wenn es darum geht, Rechtsgüter zu schützen – und Kinder sind wohl das wertvollste zu schützende Gut eines Volkes –, dann muss dies der Staat nach Auffassung der NPD vor aller Welt deutlich machen. Das fordert auch der überwiegende Teil unseres Volkes.
Die NPD-Fraktion hat deshalb heute diesen Antrag eingebracht, um diesem Anliegen Rechnung zu tragen. Mit unserem Antrag wollen wir die Staatsregierung auffordern, sich auf allen ihr zur Verfügung stehenden Handlungsebenen, vor allem über den Bundesrat, ebenso nachdrücklich wie nachhaltig für die Einführung der Todesstrafe für Kindermörder einzusetzen.
Dazu ist vor allem eine Änderung des Artikels 102 des Grundgesetzes, des § 211 des Strafgesetzbuches und der Protokolle Nr. 6 und 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention erforderlich.
Auch vor dem Hintergrund der jüngsten Fälle grausamen Kindesmissbrauchs und Kindesmordes ist es an der Zeit, diesem Zustand mit einer drakonischen Verschärfung der Bestimmungen des Strafrechts und durch andere Vorbeugemaßnahmen wirksam entgegenzutreten.
Artikel 9 der Sächsischen Verfassung gebietet, die Jugend vor sittlicher, geistiger und körperlicher Verwahrlosung besonders zu schützen. Die Verfassung verpflichtet unser Land, den vorbeugenden Gesundheitsschutz für Kinder und Jugendliche zu fördern; dazu aber gehört vor allem der Schutz der Kinder vor sexuellem Missbrauch.
Sicher wird es Ihnen gelingen, in unserem Antrag wieder einmal irgendeinen NS-Zusammenhang zu konstruieren oder unserer Fraktion einmal mehr Populismus vorzuwerfen. Aber was heißt das schon? Populismus kommt vom lateinischen Begriff Populus – das heißt Volk –, und dieser politische Kampfbegriff soll jene verächtlich machen, die dem Volk aufs Maul schauen. Dafür, meine Damen und Herren, brauchen wir uns nicht zu schämen, denn wir geben ganz offen zu, dass wir die Sachverwalter der Lebensinteressen des deutschen Volkes sind.
Meine Damen und Herren, die NPD-Fraktion fordert unter anderem die Einführung der Todesstrafe für Kindermörder. Wenn das Populismus oder Ausdruck einer angeblich von Ihnen ja immer so bezeichneten Menschen verachtenden Ideologie ist, dann hat das Bundesland Hessen eine populistische, Menschen verachtende Verfassung. In Artikel 21 Abs. 1 der gültigen – wohlgemerkt: der gültigen! – Hessischen Verfassung heißt es, ich zitiere: „Ist jemand einer strafbaren Handlung für schuldig befunden worden, so können ihm aufgrund der Strafgesetze durch richterliches Urteil die Freiheit und die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen oder beschränkt werden. Bei besonders schweren Verbrechen kann er zum Tode verurteilt werden.“ – So weit die Hessische Verfassung.
Offenkundig befinden wir uns also mit unserer Forderung in guter Gesellschaft. Auch im EU-Mitgliedsstaat Polen wird über die Wiedereinführung der Todesstrafe inzwischen ganz offen diskutiert. Nach einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ plädiert auch der polnische Präsident Lech Kaczynski für die Wiedereinführung der Todesstrafe in Polen. Meine Damen und Herren, ist denn nun auch der polnische Präsident ein Populist mit Menschen verachtender Ideologie?
Zu der von uns angestrengten Strafrechtsreform gehört im Übrigen auch, dass endlich Schluss ist mit immer neuen Therapieplätzen, Therapieexperimenten und hotelähnlichen Gefängnisaufenthalten für Kinderschänder. Die jetzigen Behandlungen mit Aussicht auf einen baldigen Vollzug sind aber nicht geeignet, potenzielle Straftäter abzuschrecken.
Über die Todesstrafe für Kindermörder hinaus fordern wir deshalb auch die drakonische Anhebung des Strafrahmens in Fällen sexuellen Missbrauchs nach den §§ 176, 176a und 176b. Dass dazu eine Neudefinition des Begriffes „lebenslang“ gehört, versteht sich von selbst. Die NPDFraktion will sich dafür einsetzen, dass in den deutschen Gesetzen endlich wieder das drin ist, was auch draußen drauf steht. Lebenslang heißt für uns eben auch lebenslang und nicht 15 Jahre!
Meine Damen und Herren, ein vergewaltigtes, geschändetes Mädchen oder eine junge Frau leiden lebenslänglich an ihren seelischen Verwundungen – lesen Sie die Berichte der Opfer. Nach Auffassung der NPD-Fraktion kann und darf es nicht länger möglich sein, dass die Opfer lebenslänglich bekommen, die Täter aber nicht.
Mit Punkt 5 unseres Antrages fordern wir die Einrichtung einer Gen-Datenbank für alle Sexualstraftäter. Ja, Sie haben richtig gelesen, es handelt sich nicht um einen Druckfehler. Denn das, was beim BKA seit Jahren getan wird, ist keine Gen-Datenbank. Es handelt sich um eine Datenbank mit den so genannten genetischen Fingerabdrücken von Tätern bzw. von Tatortspuren. Diese Daten werden aus den uncodierten Bereichen der jeweils analysierten DNS gewonnen und ausdrücklich nicht aus jenen DNS-Abschnitten, die zu den Genen gehören. Damit werden aber die entscheidenden Möglichkeiten fortschrittlicher Verhandlungstechnik ausgeblendet. Mit Hilfe einer echten Gen-Datenbank, die auf eine Analyse der genträchtigen DNS-Abschnitte setzt, wäre es möglich, weitere verhandlungsrelevante Hinweise auf den Täter zu bekommen, wie zum Beispiel die Hautfarbe, die Augen- oder die Haarfarbe des Verbrechers. Darauf zu verzichten, meine Damen und Herren, wäre so, als würde man auf Personenbeschreibungen durch einen Tatzeugen verzichten wollen. Aber genau das scheint heute opportun zu sein. Schließlich verschließt man lieber die Augen vor der multikriminellen Wirklichkeit in vielen Großstädten, in denen es immer wieder auch bandenmäßige Vergewaltigungen durch bestimmte Tätergruppen gibt.
Im Rahmen unseres Maßnahmenkataloges fordern wir im Übrigen die Einführung einer lebenslangen Meldepflicht für alle haftentlassenen Sexualstraftäter. Wir sehen darin eine wirksame Möglichkeit, potenziellen Wiederholungstätern zu signalisieren: Hab dich in Acht, wir haben dich im Blick! Diese Maßnahme würde sicher auch den einen oder anderen potenziellen Täter von der Erstbegehung einer Sexualstraftat abschrecken.
Darüber hinaus, meine Damen und Herren, denke ich: Obwohl die NPD sicherlich unverdächtig sein dürfte, amerikanischen Vorbildern nachzueifern, fordern wir
abschließend die Einrichtung einer über das Internet abrufbaren bebilderten Datenbank aller Sexualstraftäter mit ihren aktuellen Meldedaten. Dies ist in ähnlicher Weise in den Vereinigten Staaten gängige Praxis. Damit erhalten Eltern die Möglichkeit, sich darüber zu informieren, ob sich in ihrem Wohnviertel ein ehemaliger Sexualstraftäter angesiedelt hat. Auch zur Erhöhung des Verfolgungsdrucks für potenzielle wie für ehemalige und eventuell rückfallgefährdete Sexualdelinquenten halten wir dieses Mittel für wirksam und damit für notwendig.
Meine Damen und Herren, natürlich wissen auch wir, dass die Todesstrafe bzw. lebenslange Sicherheitsverwahrung allein das Problem der Kinderschändung nicht werden lösen können. Der Kampf gegen Verbrecher und gegen Perverse ist nicht von heute auf morgen zu gewinnen, aber wir müssen ihn aufnehmen, wenn wir in Deutschland endlich wieder Sicherheit für unsere Kinder haben wollen.