Wenn Sie die Hessische Verfassung zitieren, in die in der unmittelbaren Nachkriegszeit die Todesstrafe aufgenommen worden ist, dann wissen Sie wie andere, die sich damit beschäftigt haben, dass dieser Verfassungsartikel nicht wirksam ist. Denn auch wenn Sie es vielleicht noch nicht gehört haben: Bundesrecht bricht Landesrecht! Ich vermute aber, Sie haben davon gehört. Sonst würden Sie hier den Antrag stellen, die Sächsische Verfassung zu ändern und die Todesstrafe einzuführen. Das tun Sie nicht, weil Sie genau wissen, dass es nichts nutzen würde. Was von Ihnen geboten wird, ist blanker Populismus.
Lassen Sie mich noch etwas sagen: Sie können noch so laut und heftig unter dem Grölen Ihrer Kameraden auf den Biertisch trommeln. Die Todesstrafe wird keine Verbrechen verhindern und sie hilft nicht. Sie nützt nichts.
Lassen Sie mich zu Ihrem leuchtenden Vorbild in Rechtspolitik, Lech Kaczynski, anmerken: Wir als Liberale wie wahrscheinlich die Mehrheit des Hauses wollen eine Rechtspolitik nach dessen Vorbild nicht, nach Ihrem erst recht nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach dem ersten Betrachten des Antrags könnte man ihm angesichts der Stimmung in der Bevölkerung aufgrund der Ereignisse im Fall Stephanie zustimmen. Die sächsische Bevölkerung trägt die breite Meinung, dass die Gesetze verschärft werden müssten. Es werden auch Stimmen laut, die fordern, dass Psychologen für fehlerhafte Gutachten zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie durch ein Fehlgutachten Triebtätern die Möglichkeit zu Wiederholungstaten geben.
Nach dem zweiten Betrachten kommen wir allerdings zu einer anderen Meinung. Wir denken, dass Tod nicht durch Tod gesühnt werden kann. Daher hat es Sinn, dass diese Form der Bestrafung in Europa der Vergangenheit ange
hört. Die Zeiten eines Herrn Freisler und einer Hilde Benjamin sind – der Demokratie sei Dank! – vorbei.
Sehen wir uns doch die Statistik des vergangenen Jahres zur Todesstrafe an! Da wurden in China, Kuwait, Iran, Pakistan, Saudi Arabien, in anderen Ländern des Nahen Ostens und Asiens sowie in den USA 1 668 Todesurteile vollstreckt. Ändert dies etwas an der Tendenz der Verbrechen oder schließt es diese vielleicht aus? Wohl kaum, wenn man nicht versucht, die Ursachen für Verbrechen einzudämmen oder sie zu bekämpfen. So werden wir im Jahr 2007 wieder eine Statistik über Todesurteile im Jahr 2006 erfahren.
Unverständlich ist, weshalb die NPD-Fraktion nur die Todesstrafe für Kindermörder wünscht. Macht sie einen Unterschied zu anderen Morden? Wir sind uns darin einig, dass Mord, ob an Kindern oder an Erwachsenen, als schlimmste Form von Verbrechen zu bewerten ist. Wie bei jedem anderen Verbrechen gibt es auch bei Mord unterschiedliche Motive. Ob vorsätzlich oder krankhaften Ursprungs – egal, Todesstrafe laut NPD.
Meine Herren von der NPD, dieser Antrag ist nichts weiter als blanker Populismus. Wo war denn Ihr nationaler Aufschrei, als vor wenigen Wochen in Sachsen-Anhalt ein farbiges Kind von Leuten mit rechtem Gedankengut misshandelt wurde? Wohlgemerkt, ein Kind! Oder war das nur ein Versehen? Haben wir das vergessen?
Das war die erste Runde der Abgeordneten. Es ist weiterer Redebedarf avisiert. Herr Leichsenring, bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Also, um Beifall von Ihnen zu bekommen, werde ich mich nicht verbiegen.
In Deutschland werden in jeder Stunde drei Kinder sexuell missbraucht, aller 20 Minuten eines. Das sollten wir uns vor Augen halten, wenn wir über dieses Thema sprechen. Wie kann man das Bestreben, Kinder vor Sexualstraftätern endlich wirksam zu schützen, als Populismus abtun? Wieso sind Sie von unserem Antrag betroffen? Warum machen Sie die Opfer nicht betroffen? Ich wusste gar nicht, dass die USA von Nationalsozialisten
Ich halte das, was Sie hier abgelassen haben, für ausgesprochen zynisch. Angesichts Ihrer hysterischen Reaktionen könnte man fast den Eindruck gewinnen, dass Ihnen Täterschutz wichtiger ist als der Schutz der Opfer.
Dr. Martens, die Todesstrafe und auch wirklich lebenslange Haft verhindern schon Verbrechen, denn dieser Mensch erhält keine zweite Chance. Dieser Gedanke hat ja auch schon etwas für sich.
Beim Umgang mit Sexualstraftätern kann es nur ein Ziel geben, nämlich die Öffentlichkeit vor solchen Tätern zu schützen.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Vor manchen Politikern auch! – Stefan Brangs, SPD: Wenn Dummheit quietscht, Dummheit schützt vor Strafe nicht!)
Die Rückfallquote bei Sexualstraftätern liegt übrigens bei 27 %. Das scheint Ihnen ja gut zu gefallen. Deswegen gibt es keine härteren Strafen für diesen Personenkreis.
Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigt für den Erfassungsraum 1989 bis 1999, dass jedes Jahr zwischen 12 000 und 17 000 Kinder sexuell missbraucht wurden, also Verbrechen nach §§ 176, 176 a und 176 b Strafgesetzbuch – für Dr. Martens. Von dem Leid, das die Kinder erleben, habe ich heute von Ihnen hier überhaupt nichts gehört. Ihnen ist es wichtiger, irgendwelche Assoziationen zu Regimes von vor 70, 80 Jahren herzustellen, als einmal das Leid der Kinder anzusprechen.
Die Gesamtzahl von Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung – das sind also sexuelle Nötigung, sexueller Missbrauch Schutzbefohlener usw. – lag allein 1999 bei 51 000 Fällen. Das wird heutzutage nicht anders sein.
Es müsste sich endlich auch in der forensischen Psychiatrie, ähnlich wie in der allgemeinen Psychologie, die Erkenntnis durchsetzen, dass eben nicht allein nur die elterliche Erziehung und die soziale Umgebung es sind, die einen Sexualstraftäter krank machen. Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von Einzelstudien zur Rückfallprävention von Sexualstraftätern. Hinsichtlich der Effektivität der Behandlungsmaßnahmen sind aber nur begrenzte Aussagen möglich. Ich weiß, das liegt unter anderem an der Schwierigkeit, vergleichbare Kontrollgruppen zu bilden.
Zusammenfassende Untersuchungen der vorliegenden Einzelstudien haben zwar grundsätzlich mögliche Senkungen der Rückfallgefahr durch eine Behandlung nachgewiesen – das will ich Ihnen auch gern zugeben –, aber einzelfallbezogene genaue Prognosen sind bis heute nicht möglich, weil es keine objektivierbaren Daten gibt. Das ist der ganze Grund.
Zahllose Erfahrungen der letzten Jahre mit rückfälligen Sexualstraftätern zeigen, dass therapeutisches Wollen und Handeln eben an Grenzen stoßen.
Es ist Aufgabe – das sagt meine Fraktion – verantwortungsvoller Politik, daraus die richtigen, notwendigen Folgerungen zu ziehen. Ein wirksamer Opferschutz ist ein weitaus wichtigeres Rechtsgut als das Recht der Täter, ein neues Delikt zu begehen.
Der wirksamste Opferschutz ist, die Sexualstraftäter unter Verschluss zu halten, auch wenn Ihnen das nicht passt. Und dies kann bei schuldfähigen Straftätern mittels der von uns geforderten Erhöhung des Strafrahmens mit einer anschließenden Sicherheitsverwahrung oder bei schuldunfähigen Straftätern mit entsprechend angepassten Bestimmungen des Maßregelvollzugs geschehen. In beiden Fällen bedeutet das aber, rückfallgefährdete Delinquenten – das sind für mich alle Sexualstraftäter – dauerhaft aus dem Verkehr zu ziehen.
Meine Damen und Herren! Vergewaltigte und ermordete Kinder haben keine Lobby. Das Medieninteresse ist kurzzeitig und unbeständig. Auch finanziell haben ermordete Kinder und Angehörige keine Lobby. Aber in diesem Staat geht es ja nur um Finanzielles.
Ganz anders bei Tätern: Heerscharen von Psychospezialisten verdienen ihr Geld mit diesen Themen. Diese Tatsachen sollten wir in den Blickpunkt unseres Interesses stellen.
Wir haben in meiner Heimatstadt Königstein auch so einen Fall. Da ist ein siebenjähriges Kind vergewaltigt worden. Das war vorigen Sommer. Der Täter läuft heute noch frei herum, weil er Rechtsmittel gegen seine Verurteilung eingelegt hat. Er erfreut sich also der Freiheit. Die Eltern mussten beim Weißen Ring betteln gehen, damit das Kind einen Psychologen bezahlt bekommt. Dafür hat der Staat kein Geld. Wir haben heute bei dem CDUAntrag gesehen, wofür die Koalition ihr Geld lieber ausgibt: nicht für das Leid der Kinder, sondern sie wollen lieber uns bekämpfen.
Dass die Mehrheit der Deutschen die Forderung, die wir erheben, teilt, darin sind wir uns sicher. Vor einer Volksabstimmung haben Sie aber Angst. Das sieht man auch an anderen Themen. Sie haben Angst vor dem eigenen Volk. Wie eine Volksabstimmung ausgehen könnte, haben wir übrigens letztens in der Sächsischen Schweiz gesehen, Herr Dulig.
Nehmen Sie den Volkswillen wahr, nehmen Sie ihn ernst. Ich weiß, dass Sie unserem Antrag nicht zustimmen dürfen. Das ist mir klar. Dann schreiben Sie ihn ab und bringen Sie ihn wieder ein. Als Plagiatoren sind Sie ja Spitze, wenigstens etwas, worin Sie Spitze sind.
Wir sind in der zweiten Runde der Abgeordneten. Gibt es weiteren Aussprachebedarf? – Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister der Justiz Mackenroth, Sie haben das Wort.