In Sachsen wurden 2004 63,8 Millionen Euro Lotteriesteuer eingenommen und 2006 sind es nach den Planungen 65,7 Millionen Euro. 2004 sind 78 Millionen Euro als Erträge aus Staatslotterieveranstaltungen als allgemeine Haushaltsmittel in den Haushalt eingeflossen. Sie sehen, es geht um ganz erhebliche Beträge, meine Damen und Herren. Wir müssen uns dem Problem stellen, die EU wird ansonsten mit einer weitergehenden Deregulierung den schlichten Wegfall staatlicher Wettmonopole veranlassen. Machen wir uns nichts vor: Auch der Markt wird dies regeln, denn die Anbieter von Internetwetten müssen nicht in Deutschland zugelassen werden. Sie können überall ihren Geschäftssitz halten, meine Damen und Herren.
Die Möglichkeit zu handeln haben wir noch. Die Frist läuft bis Ende 2007. Wir sollten die Zeit nutzen. Deswegen bitte ich, diesem Antrag zuzustimmen bzw. um entsprechende Überweisung an die Ausschüsse.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf noch ergänzen, weil der Kollege das gerade im Hinausgehen gesagt hat. Er hat nicht „oder“ gemeint, sondern er hat „und“ gemeint. Er hat die Überweisung des Antrages an den Ausschuss beantragt. So habe ich das gleich einmal für Sie mitgemacht, Kollege.
Aber kommen wir zum ursprünglichen Antrag: Eigentlich könnte man den Eindruck haben, wenn man diesen Antrag liest, die FDP will Wettmeister werden. Ähnliche Plakate gibt es ja derzeit. Trotzdem darf ich Sie einmal etwas in die Mythen zurückführen. Als Einstieg möchte ich mit Ihnen in den antiken Mythen nachschauen.
Da gab es mal den König Midas. In seinem Streben nach Weisheit nahm dieser – einfältig, wie er war – die Lehrer des Dionysos gefangen. Um dessen Freilassung zu erwirken, bekam König Midas von Dionysos die Fähigkeit, dass alles, was er berührt, zu Gold wird. Doch was die Probleme eines Finanzministers mit einem Schlag lösen könnte, wurde schnell zum Fluch: König Midas drohte fast zu verhungern und zu verdursten.
Meine Damen und Herren, wir werden im FDP-Antrag mit der Aussicht auf wunderbare Einnahmen gelockt. Wir als CDU-Fraktion sehen aber auch Risiken und hätten wohl den Antrag abgelehnt, wenn über ihn denn heute abgestimmt worden wäre. Dem ist der Kollege von der FDP zuvorgekommen, indem er die Überweisung beantragt hat.
Was liegt denn heute vor? Im Antrag der FDP geht es um die bundesweite Aufhebung des staatlichen Sportwettenmonopols. Private Sportwettenanbieter sollen über klare, einheitliche und übersichtliche Markteintritts- und Veranstaltungskriterien – kurz gesagt: unkompliziert – Sportwetten anbieten dürfen. Ihre Lobbyarbeit für die sächsischen Sportwettenanbieter ist natürlich nachvollziehbar, auch dass Sie als liberale Partei private Anbieter fördern wollen. Auf vielen anderen Gebieten wollen wir das auch. Trotzdem gibt es grundsätzlich gute Gründe für ein staatliches Sportwettenmonopol.
Meine Damen und Herren, im FDP-Antrag ist das Ziel formuliert, trotz Privatisierung die Einnahmen auf gleichem Niveau zu halten. Das ist grundsätzlich vernünftig; leider kann man die Zweifel daran, dass es gelingen wird, nur schwer zerstreuen, denn es ist nun einmal so: Wir leben in einem europäischen Dienstleistungsmarkt, in dem Privatanbieter von Sportwetten mit anderen Leistungen gleichzustellen sind. Der gemeinsame Markt bedingt diese Regel; er bedingt damit auch, dass aus unterschiedlichen Gründen weder Konzessionsabgaben noch eine Abschöpfung über gesonderte Steuern möglich sind. Mir ist es wirklich ein Rätsel, wie die FDP unter Marktbedingungen den Passus „unveränderter Teil der Einnahmen“ realisieren will. Vielleicht können heute dazu Wetten abgeschlossen werden.
Meine Damen und Herren, die FDP will sich in ihrer Argumentation der Schützenhilfe des Bundesverfassungsgerichtes bedienen. Dieses hat in seinem Urteil festgestellt, dass ein staatliches Monopol für Sportwetten nur dann mit dem Grundrecht auf freie Berufsausübung vereinbar ist, wenn es konsequent am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahr ausgerichtet ist.
Aber Ihre Antragsbegründung verschweigt ein kleines Detail: Dieses Urteil bezieht sich auf ein Gesetz des Freistaates Bayern. Dort erfüllte der staatliche Wettbetrieb Oddset die Ansprüche – sagen wir: suboptimal. Mängel gab es in der Gestaltung der Werbung, in der Abwicklung des Glücksspiels und an vielen anderen Stellen, denn zu Recht wird von einem staatlichen Glücksspielanbieter ein besonders verantwortungsvoller Umgang mit seinen Kunden erwartet. So hat das Bundesverfassungsgericht den Freistaat Bayern vor die Wahl gestellt: Die Bayern sollten entweder das Gesetz nachbessern, damit es wirklich der Suchtbekämpfung dient, oder aber private Wettunternehmen zulassen. Es gab zwei Möglichkeiten, die das Bundesverfassungsgericht eingeräumt hat.
Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Nicht das staatliche Monopol wurde kritisiert, sondern dessen Umsetzung.
Also bitte, meine Damen und Herren von der FDP, bemühen Sie heute nicht das Bundesverfassungsgericht.
Wie ging die Geschichte mit Oddset in Bayern weiter? Infolge des Urteils hat der Freistaat nachgebessert. Oddset verzichtet mittlerweile auf eine aggressive Werbung; die Kontrolle wurde verbessert, indem Wetten nur über Kundenkarten möglich sind; außerdem verbesserte Oddset die Präventionsprogramme und schulte die Mitarbeiter in den Annahmestellen. Sie können heute sagen, dass dieser Rahmen auch auf private Sportwettenanbieter anzuwenden ist; doch befürchte ich, dass am Ende eher der schon König Midas beherrschende Wunsch nach dem Gold siegt.
Meine Damen und Herren, hier kommen wir wieder zu König Midas und den auf ihm lastenden Fluch. Sportwetten sind Glücksspiele, die auf Jugendliche eben auch sehr anziehend wirken. Gerade mit der Sportwette ist die Aussicht auf einen schnellen Gewinn verbunden. Zu schnell überschätzen Jugendliche ihr Wissen über Sport; viel zu schnell ist dabei das Lehrlingsgehalt verspielt – am Ende droht die Schuldenfalle.
Meine Damen und Herren, die Zukunft der Jugendlichen verspielt zu sehen kann nicht unser Ziel sein. Nehmen wir einmal als Beispiel die Fußballweltmeisterschaft – nicht umsonst bin ich heute mit diesem abgeänderten Plakatslogan in diese Rede eingestiegen. Ich freue mich über dieses Fußballfest – über den Spaß der Fans und natürlich über jeden Sieg unserer Nationalelf.
(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ich freue mich auch über Angola! – Zuruf von der NPD: Aber ohne Fahne!)
Zu Recht wird von einem staatlichen Glücksspielanbieter ein besonders verantwortungsvoller Umgang mit seinen Kunden erwartet. So stellt Oddset über eine Identitätsprüfung den Jugendschutz sicher. Spielsüchtige werden – zumindest, wenn sie bereits Haus und Hof verspielt haben – durch eine Schufa-Selbstauskunft vom Spiel ausgeschlossen. Die bewusste Begrenzung der Wettleidenschaft ist die gesetzlich festgeschriebene Selbstverpflichtung bei einem staatlichen Anbieter. Ob private Anbieter mit vergleichbarem Aufwand sich selbst beschränken, darf dann wohl doch bezweifelt werden.
Nun hat die FDP auch „betandwin“ in Neugersdorf angesprochen – wie ich finde, zu Recht. Ich muss deutlich sagen: Ich sehe die Sache in Neugersdorf als einen Sonderfall, den wir noch einmal gesondert betrachtet müssen. Ich habe gerade noch einmal nachgeschaut, ob es heute schon eine Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht gibt, aber es war leider noch nichts eingetroffen, bevor die Debatte angefangen hat. Insofern werden wir bald noch etwas Neues aus der Rechtsprechung hören.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion spricht sich klar für die besondere Verantwortung des Staates im Umgang mit Glücksspiel und damit gegen eine Privatisierung aus. Den Anforderungen des Jugendschutzes und der Suchtprävention kann im Grundsatz am besten durch ein staatliches Monopol begegnet werden.
Nicht zuletzt sagt auch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich Ja zum staatlichen Monopol. Wir wollen nicht Gold um jeden Preis und deswegen werden wir im Ausschuss über diesen Antrag weiter debattieren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rohwer, es ist in Ihrem Interesse sicher ganz gut, dass Sie an Sportwetten nicht teilnehmen, Sie könnten sonst arm werden; aber wir wollen das nicht weiter vertiefen.
Lassen Sie mich mit dem Positiven beginnen: Der vorliegende Antrag der FDP-Fraktion greift in der Tat ein aktuelles Problem auf; denn nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. März 2006 besteht kein Zweifel mehr daran, dass im Bereich der Sportwetten gesetzlicher Klärungsbedarf besteht. Die Auswirkungen des Urteils – darüber hat bisher noch keiner gesprochen – betreffen beileibe nicht nur die Sportwetten, sondern über kurz oder lang den gesamten Lotto- und Totobereich mit womöglich erheblichen finanziellen Auswirkungen auch auf die Länder.
Doch so positiv das Anliegen der FDP-Fraktion ist, so untauglich sind die Lösungsvorschläge seitens der Liberalen – ganz abgesehen von dem Umstand, dass es sicher weit sachdienlicher gewesen wäre, Sie hätten den Antrag gleich an den Ausschuss überwiesen und in den zuständigen Fachausschüssen beraten lassen statt hier im Plenum des Landtages.
Herr Kollege Herbst, eine wirklich differenzierte Debatte kann schon aus Zeitgründen heute hier nicht stattfinden. Gestatten Sie mir dennoch einige wenige Bemerkungen zum Sachverhalt und zum vorliegenden Antrag.
Das Bundesverfassungsgericht hat Ende März das staatliche Monopol für die Oddset-Wetten in seiner derzeitigen Form für verfassungswidrig erklärt und insbesondere Nachbesserungen zum Schutz Spielsüchtiger gefordert. Der Gesetzgeber muss nun unverzüglich – spätestens aber bis zum 31. Dezember kommenden Jahres – die rechtlichen Bestimmungen für den Bereich der Sportwetten neu regeln. Das aber, meine Dame und meine Herren von der FDP, bedeutet keineswegs einen zwangsweisen Verzicht auf das staatliche Wettspielmonopol, wie es die Liberalen gern hätten, sondern das Gegenteil ist der Fall – Kollege Rohwer hat zu Recht darauf hingewiesen.
Die Karlsruher Richter haben ausdrücklich ein derartiges Monopol des Staates für zulässig erklärt, wenn dies in einem neuen Gesetz klar geregelt ist, auf überzogene Werbung und Spielanreize verzichtet und zugleich der Schutz vor Spielsucht verstärkt wird.
Die FDP will dagegen das Urteil dazu nutzen, das staatliche Monopol zu Fall zu bringen oder zumindest weitgehend auszuhöhlen und die Kunden den diversen privaten Anbietern zuzuführen – ganz nach dem Motto: Der Markt ist alles, der Staat ist nichts.
Für unsere Fraktion will ich ganz klar sagen, dass dies nicht unsere Position ist. Natürlich gibt es auch aus unserer Sicht viel drängendere Probleme als die Neuregelung der Sportwetten, aber wir brauchen auch hier eine Lösung; denn am Ende geht es um eine ganze Menge Geld und nicht zuletzt um Arbeitsplätze, auch hier bei uns in Sachsen. Darauf ist hingewiesen worden. Bundesweit, meine Damen und Herren, gibt es derzeit rund 25 000 Lottoannahmestellen. Jede zweite wäre bei einer
Die 16 deutschen Bundesländer haben derzeit Einnahmen aus Steuern, Abgaben und Gewinnausschüttungen bei Lotto, Sportwetten und anderen Glücksspielen von jährlich etwa fünf Milliarden Euro – eine enorme Summe, auf die sie weder verzichten sollten noch wirklich verzichten können. Dies würde zum Beispiel auch die bisherige Finanzierung in den Bereichen Kultur, Umwelt, Jugend und Wohlfahrtspflege massiv infrage stellen. Besonders betroffen wäre ohne Zweifel der Sport, der am meisten von den Gewinnausschüttungen im Lotto- und Totobereich profitiert. Auf diesen Umstand, also die Gefährdung der künftigen Finanzierung des Breitensports, hat auch der Sportausschuss des Deutschen Bundestages hingewiesen, der sich am 31. Mai 2006 mit der Problematik befasste und in der sich der amtierende Vorsitzende der Sportministerkonferenz, der Bremer Senator Röwekamp, nachdrücklich für einen Erhalt des staatlichen Wettmonopols einsetzte und selbst vor den Gefahren einer „kontrollierten Liberalisierung mit Lizenzen“ warnte.
Geregelt werden muss zudem, was mit den vier noch zu DDR-Zeiten erteilten Lizenzen für kommerzielle Totobetreiber werden soll, die Bestandsschutz haben. Für diese sollte der Bestandsschutz auch fortgelten, weil ansonsten neue Rechtsstreitigkeiten drohen, wie sie mit dem jüngsten Urteil schon die ersten Auswirkungen haben. Die Politik sollte aus unserer Sicht die rechtlichen Rahmenbedingungen alsbald an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts anpassen. Wir erwarten diesbezüglich auch beim bevorstehenden Treffen der Ministerpräsidenten der Länder erste konkrete Vereinbarungen, denn gerade die Länder sollten ein vitales Interesse an einer möglichst zügigen Gesetzgebung haben. Die Karlsruher Richter haben in ihrem Urteil nämlich auch auf die Möglichkeit einer Gesetzgebung durch den Bund hingewiesen, wenn sich die Länder nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können. Sollte es dazu kommen, dass der Bund ein entsprechendes Gesetz erlässt, wären mit Sicherheit ein Teil der Einnahmen oder vielleicht sogar die kompletten Ausschüttungen für die Länder verloren. Dazu darf es aus unserer Sicht nicht kommen.
Was die Reduzierung der Werbung und die Vorbeugung gegen Spielsucht angeht, so hat Oddset nach dem Urteil sehr schnell reagiert und die Werbemaßnahmen drastisch eingeschränkt. Da die Gerichtsentscheidung – ich habe darauf hingewiesen – in abgestufter Form auch für die Lotterien gilt, haben auch hier die Anbieter ihre Marketingaktivitäten reduziert und zum Beispiel die Bandenwerbung bei der Fußballweltmeisterschaft eingestellt. Das ist aus unserer Sicht ein richtiger Schritt, auch wenn einigen Profivereinen in der Bundesliga dadurch Werbeeinnahmen verloren gehen. Die langfristige Sicherung der Zuschüsse für den Breitensport aus den Wettgewinnen ist aus unserer Sicht eindeutig wichtiger.
Die FDP-Fraktion – da komme ich auf Ihren Antrag zurück – plädiert im Kern für eine Freigabe der Veranstal
tung und Vermittlung von Sportwetten für private, kommerziell agierende Anbieter und will dies in der Folge logischerweise auch auf andere Lotterien ausweiten. Der angegebene Grund für die Ablehnung der Fortführung des staatlichen Monopols – jetzt komme ich auf die Begründung des Antrages zurück –, dass bei einer vom Gericht geforderten effektiven Suchtbekämpfung die Einnahmen für die Länder immer weiter zurückgehen würden, hält einer näheren Prüfung nicht stand. Zum einen ist er sachlich fragwürdig – ich erkläre es Ihnen auch –, denn viele Menschen tippen seit Jahrzehnten, einfach weil sie Spaß haben, ohne spielsüchtig zu sein. Sie werden das auch weiter tun, wenn die öffentliche Werbung reduziert wird.