Protokoll der Sitzung vom 21.06.2006

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Ja!)

Zum anderen, und das verschweigt die FDP-Fraktion komplett, weil es nicht in ihre Strategie passt, gilt die Forderung zur Bekämpfung der Spielsucht natürlich auch für die privaten Anbieter. Wenn die Folgen wirklich spürbar sein sollten, würden sie auch bei den Privaten eintreten, und dann sollten wir es beim Staat belassen, da stimme ich mit Herrn Rohwer überein, um die Einnahmen möglichst auch künftig in der bisherigen Höhe zu sichern.

(Beifall der Abg. Regina Schulz, 0Linksfraktion.PDS)

Angesichts dessen, meine Damen und Herren, unterstützen wir eine schnelle rechtliche Klärung. Wir fordern die Staatsregierung auf, dem Landtag möglichst bald einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Wir danken der FDP-Fraktion dafür, dass sie das Thema zum Gegenstand eines Antrages gemacht hat. Der Vorlage selbst können wir wegen anderer inhaltlicher Positionen jedoch nicht zustimmen. Einer Überweisung an die Ausschüsse werden wir uns jedoch nicht entgegenstellen. Das allerdings hätten Sie unkomplizierter und kürzer haben können.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Danke schön. – Ich bitte Herrn Brangs von der SPD-Fraktion. Ihn hält es schon nicht mehr auf dem Platz. Los geht’s!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon viel über das Bundesverfassungsgerichtsurteil gesagt worden und auch darüber,

(Heiterkeit bei der FDP – Auf der Rückseite des Rednermanuskripts steht offenbar etwas die FDP-Fraktion Erheiterndes.)

warum dieses Urteil bestimmten Veranstaltern die Möglichkeit einräumen möchte, ebenfalls im Sportwettenbereich tätig zu werden.

Herr Brangs, legen Sie einmal bitte Ihren Schein richtig hin.

Zum Schein? Was soll ich machen?

Legen Sie bitte Ihren Redebeitrag aufs Pult.

Ich bin manchmal etwas kurzsichtig, deshalb. Ich muss das Pult höher stellen, damit ich besser lesen kann.

Richtig ist, dass sich das Bundesverfassungsgericht eindeutig geäußert hat. Entscheidend ist bei diesem Urteil, dass es vor allen Dingen eine klare Aussage dazu gemacht hat, dass das Gesetz konsequent am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht auszurichten ist. Seit diesem Urteil – das ist das Interessante – gibt es anscheinend einen privaten Hauptsponsor der FDP. Den gibt es auf Bundesebene allemal. Das ist „betandwin“. Es gibt eine schöne Vielzahl von Veranstaltungen, die zum Thema Sportwetten durchgeführt werden. Insofern gehe ich davon aus, dass der heutige Antrag auch von „betandwin“ gesponsert ist.

Der Ansatz, den die FDP-Fraktion hinter diesem Thema sieht, ist der Großangriff auf das staatliche Wettmonopol, den sie aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil ableitet. Ihnen geht es anscheinend nicht darum, dass wir etwas für die Sportförderung und gegen die Spielsucht tun sollten, sondern eher darum, dass den mit Ihnen eng verbandelten Sponsoringfirmen vielleicht doch der wirtschaftliche Durchbruch in der Bundesrepublik ein wenig einfacher gemacht wird. Insofern finde ich das ein bisschen peinlich. Ich habe Ihren Antrag mit den Anträgen der FDPBundestagsfraktion verglichen und festgestellt, dass er bis auf wenige Kommas und einige Umstellungen in den Sätzen ein identischer Antrag der Bundes-FDP ist. Insofern haben Sie das abgeschrieben, was Ihre Bundestagsfraktion auch schon versucht hat.

Deshalb eine klare Ansage durch die SPD-Fraktion: Das staatliche Wettmonopol steht für uns nicht zur Disposition, weil wir glauben, dass die Bekämpfung der Spielsucht und vor allen Dingen die Förderung des Sports von staatlicher Seite erfolgen sollte. Deswegen ist es sachgerecht, dass wir uns davon weiterhin nicht abbringen lassen.

Herr Brangs, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich wollte Sie fragen, ob Sie einen Zielkonflikt sehen. Sie sagen auf der einen Seite, dass die Spielsucht eingedämmt werden soll. Am besten soll gar keiner spielen. So könnte niemand süchtig werden. Folglich gibt es auch kein Angebot. Auf der anderen Seite wollen Sie so viel wie möglich Geld umleiten, um Sportförderung zu betreiben.

Nein, das ist kein Widerspruch. Dazu komme ich auch gleich. Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Spielsucht und Spiel. Vielleicht spielen Sie ja auch. Ich weiß nicht, ob Sie süchtig sind. Des Weiteren glaube ich, dass mit Blick auf die Gewinnmaximierung von betriebswirtschaftlichen Unternehmen

die Frage der Bekämpfung solcher Elemente eine andere Rolle spielt als beim Staat. Der Staat ist nach meiner Auffassung eher dafür geeignet, etwas dagegen zu tun. Dazu komme ich nachher gleich noch.

Ich will noch einmal sagen, dass das Sportwettenmonopol aus unserer Sicht nicht zur Diskussion steht. Für uns geht es um vier Punkte, wovon drei Punkte im Kern wesentlich sind, warum das staatliche Wettmonopol aus unserer Sicht der Aufsichts- und Steuerungsfunktion des Staates und seiner Verpflichtung zum sozial verantwortlichen Handeln weiter unterliegen sollte. Das ist der Jugendschutz, die Frage der Suchtprävention und vor allem – das habe ich eingangs schon gesagt – die Frage, wie man die Gewinneinnahmen sozial verteilt.

Die Zahl ist noch nicht genannt worden. Einige Vorredner haben schon darauf hingewiesen. Wir haben die Situation, dass genau aus diesem staatlichen Wettmonopol heraus viele Sportvereine gefördert werden. Wir haben, wenn man den Zahlen Glauben schenken darf, im Breitensport eine Förderung von 550 Millionen Euro aus diesen Einnahmen, nämlich aus Toto/Lotto sowie Oddset. Um die Finanzierung des Sportes auch weiterhin sicherzustellen, ist es nach unserer Auffassung richtig, dass das staatliche Sportwettensystem reformiert wird. Das ist unstrittig. Aber wir müssen deshalb nicht Tür und Tor öffnen, um auch privaten Anbietern jegliche Möglichkeit einzuräumen. Wir werden es verfassungsrechtlich anpassen müssen. Das ist unstrittig. Aber das kann man natürlich auch tun. Dafür braucht man keine anderen Ansätze.

Ich möchte auch zugeben, dass das Bundesverfassungsgericht bei seiner Begründung die Aspekte der Suchtprävention bei den bisherigen Sportwetten ein wenig vernachlässigt hat. Das will ich gern einräumen.

Wenn es eine Rechtfertigung für das staatliche Wettmonopol gibt, dann liegt sie in der besonderen Verantwortung des Staates für diesen Bereich. Wir müssten natürlich darüber nachdenken, ob wir bei allen verfassungsrechtlichen Zwängen tatsächlich keine Möglichkeit mehr hätten gegenzusteuern. Nach meiner Auffassung hat das Gericht das ausdrücklich offen gelassen. Es hat nach dem, was ich gelesen habe, in der Urteilsbegründung gesagt, dass die gegenwärtige verfassungsrechtliche Schieflage durch eine konzessionierte Freigabe an Private oder durch eine gesetzliche Neuregelung des staatlichen Wettmonopols behoben werden kann.

Im Interesse der Sportvereine – darauf komme ich wieder zurück – zum Schutz vor privatem Aktionismus glaube ich allerdings, dass der zweite Weg, nämlich die Änderung der verfassungsrechtlichen Grundlagen, das heißt die Änderung über Gesetze, zu versuchen, das staatliche Wettmonopol zu reformieren, der richtige Weg ist.

Ich bin davon überzeugt, dass das die sauberere Lösung ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber dafür ausreichend Zeit gelassen. Diese Zeit sollten wir nutzen und sollten sie uns auch nehmen.

Ein Punkt ist für mich – auch mit Blick auf die Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion – wichtig. Ich würde dafür werben, dass man einmal Klartext redet und Sie mir als FDP deutlich machen, wie ein privater Anbieter, egal, wer es auch immer ist, den verschärften Auflagen des Bundesverfassungsgerichtes besser Rechnung tragen kann, wenn er erhebliche Wettbewerbs- und Werbebeschränkungen auferlegt bekommt und ein umfangreiches Suchtpräventionsprogramm machen und eine klare Absage – das hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich geäußert – an finanzielle Interessen geben muss, um soziale Gewinnbeteiligung zu ermöglichen. Es würde mich schon interessieren, wie das dann zusammenpasst. Ich glaube, dass auch private Anbieter diese Vorgabe erfüllen müssen. Das ist klar. Ich denke aber, dass privaten Anbietern dieser Spagat zwischen Marktwirtschaft, Suchtprävention und Werbeverbot wesentlich schlechter gelingt als der öffentlichen Hand. Insofern denke ich, dass der Weg, den es schon jahrelang gibt, der richtige Weg ist. Wir müssen ändern, aber wir müssen nicht davon abrücken.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Da die NPDFraktion auf ihren Redebeitrag verzichtet hat, sind Sie, Herr Weichert, für die Fraktion der GRÜNEN aufgerufen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. März in Sachen Sportwetten hat bereits jetzt einen Gewinner, nämlich die Organisation der SOSKinderdörfer. Die staatliche Gesellschaft Oddset hat den SOS-Kinderdörfern ihre bereits gebuchten Banden bei der Fußballweltmeisterschaft kostenfrei überlassen, nachdem das Bundesverfassungsgericht klargestellt hat, dass die staatliche Gesundheitsfürsorgepflicht und die uneingeschränkte Werbung für das Wetten nicht im Einklang stehen.

Mit der einen Hand Geld über die Wetteinnahmen einstreichen und es mit der anderen Hand bei der Bekämpfung der Spielsucht wieder ausgeben, das passt nicht zusammen. Oddset hat gehandelt und das Werbeverbot umgesetzt. Nun sind in unseren WM-Stadien die Banner der SOS-Kinderdörfer zu sehen, eine noch nie beobachtete Auswirkung des Urteils des höchsten deutschen Gerichtes. Ich freue mich darüber, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die FDP liegt mit ihrem Antrag in der Sache richtig. Es ist nicht sinnvoll, den Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes in eine Wiederherstellung des staatlichen Wett- und Lottomonopols münden zu lassen. Richtigerweise verweist die Antragstellerin auf die Möglichkeiten des Internets. Heute braucht man das Haus nicht mehr zu verlassen, um sich arm und krank zu spielen. Das lässt sich alles vom heimischen PC aus erledigen. Eine Wiederherstellung des staatlichen Wettmonopols, bei dem nur

55 % der Einnahmen ausgespielt werden, käme einem Anachronismus gleich. Wir stimmen daher dem Antrag in der Tendenz zu.

Allerdings, meine Damen und Herren, sind die angestrebten Ziele im Bereich Jugendschutz und Spielsucht nur dann zu erreichen, wenn kompetente Gesprächs- und Verhandlungspartner mit am Tisch sitzen. Wir erachten es daher für nötig, den vorliegenden Antrag entsprechend zu ändern und die Sächsische Landesstelle gegen Suchtgefahren e. V. und die Verbraucherberatung Sachsen von vornherein einzubeziehen. Damit wollen wir den Verdacht gar nicht erst aufkommen lassen, dass die Sicherung der Einnahmen für Sport und Kunst der Hauptzweck ist und der Verbraucherschutz, die Bekämpfung der Suchtgefahren nachrangig sind. Deshalb, meine Damen und Herren, wird durch die Annahme unseres Änderungsantrages klargestellt: Der Sächsische Landtag beugt vor; der Sachverstand bei der Bekämpfung der Suchtgefahren und der Verbraucherschutz werden von Anfang an in eine Neuregelung integriert und nicht als Alibiveranstaltung nachgeschoben.

Ich denke, meine Damen und Herren, Sie sehen das sicherlich genauso. Deshalb vermute ich, dass Sie unserem Änderungsantrag zustimmen. Der Überweisung stimmen wir natürlich auch zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war die Runde der Fraktionen. Gibt es weiteren Aussprachebedarf seitens der Fraktionen? – Dann bitte ich die Staatsregierung. Herr Staatsminister der Justiz Mackenroth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Recht der Sportwetten berührt die Zuständigkeitsbereiche verschiedener Ressorts der Staatsregierung. Erlauben Sie mir, dass ich hier in Vertretung meines Kollegen, des Innenministers Dr. Buttolo, insbesondere aus ordnungsrechtlicher Sicht dazu Stellung nehme.

Anlass für den Antrag ist das bereits mehrfach erwähnte Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Das Verfassungsgericht hat in dieser Entscheidung trotz der grundsätzlichen Bestätigung das bestehende staatliche Monopol für Sportwetten in seiner jetzigen Ausprägung als mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit für nicht vereinbar erklärt. Das Gericht hat dem Gesetzgeber zwei Möglichkeiten aufgezeigt, um einen verfassungsgemäßen Zustand herzustellen:

1. Die Beibehaltung des staatlichen Monopols, wenn und soweit es konsequent am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren und Wettleidenschaft ausgerichtet ist, oder

2. die gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung privater Anbieter von Sportwetten.

Der Antrag der FDP-Fraktion setzt sich unter anderem dafür ein, dass die Spielsucht aktiv bekämpft und dem Verbraucher- und Jugendschutz Rechnung getragen wird und dass auch in Zukunft ein Teil der Einnahmen gemein

nützigen Zwecken für Sport, Kultur und Umwelt zufließen soll. Diese Ziele teilt die Staatsregierung auch aus ordnungspolitischer Sicht uneingeschränkt. Auch Herr Abg. Brangs hat das eben noch einmal gesagt.

Dennoch denke ich, ist der Antrag verfrüht. Er redet, wenn ich es richtig sehe, einem Nebeneinander von staatlichen und privaten Anbietern das Wort. Ob es dazu kommt oder ob wir nur den staatlichen oder nur den privaten Teil haben werden, ist noch offen. Bei dieser Frage haben unter anderem die Ministerpräsidenten ein entscheidendes Wort mitzureden. Im Moment ist nicht absehbar, wann die Entscheidung der Ministerpräsidenten fällt. Morgen auf der MPK steht die Sache zwar auf der Tagesordnung, ob sie abschließend beraten wird, wissen wir nicht, und wir wissen auch nicht, wie die Entscheidung aussehen wird.

Wer sich bereits jetzt auf ein festes Modell, auch auf die Zulassung privater Anbieter, festlegen will, der, denke ich, wird dem komplexen Sachverhalt nicht gerecht.

Das Bundesverfassungsgericht hat uns ganz bewusst bis Ende 2007 Zeit gegeben, die Materie neu zu regeln. Der Meinungsbildung – auch der der Ministerpräsidenten – sollte der Landtag derzeit nicht vorgreifen.

Mein Kollege Innenminister hat sich bereits im Rahmen der Innenministerkonferenz im Mai gegen eine zu frühe Festlegung auf eine der vom Verfassungsgericht aufgezeigten Möglichkeiten ausgesprochen. Zudem – auch das kommt hinzu – sind die in der Begründung genannten Aspekte derzeit Gegenstand einer von den Ministerpräsidenten in Auftrag gegebenen umfassenden und umfangreichen Prüfung. Solange diese nicht abgeschlossen ist, kann konsequenterweise eine seriöse –

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?