Torsten Herbst

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Mittwoch haben wir hier eine Regierungserklärung von Ministerpräsident Tillich mit dem Titel „Fünf Jahre Erfolg für Sachsen“ gehört.
Ich hoffe, dass er darunter nicht die Schulschließungspolitik dieser Regierung versteht. Es gibt keinen Grund, darauf stolz zu sein, meine Damen und Herren.
In den vergangenen zehn Jahren wurden über 550 Schulen geschlossen. Wenn wir noch etwas weiter zurückgehen: seit 1995 sogar 832. Das ist kein Ruhmesblatt für Sachsen.
Ich gestehe gern zu, dass der Rückgang der Schülerzahlen eine gewaltige Herausforderung für Sachsen ist und dass man Antworten finden muss. Auch aus FDP-Sicht ist keine Schule zu halten. Die Frage aber, die wir uns stellen müssen, ist die Frage, ob es ein Kahlschlag in dieser Dimension sein muss. Die Frage, die wir uns stellen müssen, lautet, ob es keine Alternativen dazu gibt. Wenn ich mir die Politik von CDU und SPD in den vergangenen
Jahren anschaue, dann habe ich nicht den Glauben, dass dort die Kraft, die Kreativität und der Wille vorhanden sind, intelligente Alternativen zu Schulschließungen zu finden.
Was ich dort sehe, ist ein stures Festhalten an Mindestzügigkeiten, an Mindestschülerzahlen. Sie versuchen, die Realität an ein nicht mehr zeitgemäßes Schulgesetz anzupassen. Das kann nicht funktionieren, das geht schief. Im Übrigen zeigen auch andere, dünner besiedelte Länder, dass durchaus auch kleine Schulen eine hervorragende Qualität liefern können.
Nun wird zu den Schulschließungen argumentiert, das müsse man machen, weil man die Qualität sichern wolle. Doch ich frage Sie: Wie sieht denn die Verbesserung aus? Entsteht die Verbesserung dadurch, dass man Schulen schließt, die über ein hervorragendes Schulklima und über eine gute Unterrichtsqualität verfügen? Entsteht die Verbesserung dadurch, dass man die Schulen aus kleinen Orten herausreißt, damit auch die Lebensqualität verringert und die ländlichen Regionen schwächt? Oder besteht die Verbesserung darin, dass man die Schulwege für Schüler verlängert und die Kosten für Eltern erhöht? Das kann es aus unserer Sicht nicht sein, meine Damen und Herren.
Nur zwei Punkte zu dem Thema Schülerbeförderung: Im Vogtlandkreis sind die Kosten von 2002 bis 2007 um 30 % gestiegen. Die Schulwege im Altkreis TorgauOschatz sind im Durchschnitt 13 Kilometer lang, die Zeit beträgt im Schnitt pro Fahrt ungefähr 30 Minuten lang. Im Schnitt! Das heißt, es gibt genügend Beispiele, wo Beförderungszeiten von 45 Minuten, von einer Stunde keine Seltenheit sind. Und da will uns jemand sagen, das wecke Lust am Lernen, das verbessere die Schulqualität? Das glaubt, denke ich, keiner hier im Raum.
Der heutige CDU-Fraktionsvorsitzende und frühere Kultusminister hat in der „Morgenpost“ vom 18. Mai 2009 gesagt: Von jedem sächsischen Dorf muss man innerhalb von 30 Minuten eine Autobahn erreichen können. Ich hoffe nicht, dass das seine Vision vom Schülerverkehr ist. Via Autobahn in die Grundschule – ich glaube nicht, dass das eine Perspektive ist, mit der die Sachsen gern leben wollen.
Nun hört man von der Regierung, dass diese Schulschließungen Geld sparen und die Qualität erhöhen. Nur, ich habe bis heute überhaupt nicht gehört, was hier tatsächlich gespart wurde. Es gibt keine Zahlen. Wird die Qualität besser, wenn die Schulwege länger werden, wenn die Entfernung zwischen Schule und Elternhaus größer wird, wenn das soziale Umfeld weiter weg ist? Dahinter mache ich ein ganz großes Fragezeichen.
Die Schulschließungen, meine Damen und Herren, sind eben nicht vorbei. Meine Kleine Anfrage zum Beobachtungsstatus hat ergeben, dass allein 75 Schulen weiterhin gefährdet sind. Das sind übrigens 5 % aller Schulen in Sachsen. Hinzu kommen verweigerte Fördermittel für 36 Schulen aus dem Schulhausbauprogramm und aus dem Konjunkturpaket.
Nun kann man sagen, es gebe keinen Rechtsanspruch, wie das der Minister im Interview erklärt hat. Das ist zwar richtig, aber die Frage ist: Ist die Taktik eine bessere, wenn Schulen jetzt nicht mehr frontal geschlossen werden, sondern wenn man es durch die Hintertür versucht, so nach dem Motto, der Kopf wird nicht mehr direkt abgeschlagen, sondern der Dolch wird langsam durch den Rücken ins Herz gebohrt? Der Unterschied ist im Ergebnis nicht vorhanden, meine Damen und Herren. Es ist bitter, dass die Schulen geschlossen werden, und diese Taktik macht es nicht besser.
Mehr zu den Alternativen in der zweiten Runde.
Ich wurde gerade von der CDU abgelenkt.
Meine Damen und Herren der Koalition, dass Ihnen die Diskussion unangenehm ist, kann ich irgendwie verstehen. Ich weiß, es ist die letzte Sitzung, Herr Colditz,
aber dass wir jetzt ein Auge zudrücken und nur Wohlfühlthemen auf die Tagesordnung setzen, das Zugeständnis können wir Ihnen leider nicht machen.
Es wird immer behauptet, dass Alternativen zu Schulschließungen nicht vorhanden sind. Da sage ich: Alternativlos ist der Tod, zu allen anderen Themen kann man immer Möglichkeiten finden.
Ich glaube, dass man Unterschiede machen sollte, Unterschiede zwischen Stadt und Land, zwischen dichter und dünner besiedelten Regionen,
und dass sich das im Schulgesetz wiederfinden sollte.
Längeres gemeinsames Lernen bis zur Klasse 6 wäre übrigens auch eine Möglichkeit, um Schulstandorte in den Regionen zu sichern.
Es gibt intelligente Lösungen, nur habe ich den Eindruck, dass die Regierungsfraktionen, aber insbesondere das Kultusministerium diese nicht wollen. Wenn Martin Dulig hier ein bisschen jammert, dass er eigentlich nicht für diese Schulschließungen ist, kann ich aus heutiger Sicht nur sagen: Die SPD windet sich, weil sie einmal etwas anderes wollte und in ihrem Wahlprogramm vieles gefordert hat, das aber nun nicht liefern kann, weil sie sich nicht durchgesetzt hat. Aber das ist eine Sache, die man am Anfang einer Koalition im Koalitionsvertrag regeln muss, und wenn man dies nicht tut, dann muss man auch damit leben, dass man für die Ergebnisse in Haftung gezogen wird, wenn man regiert.
Am 23. März 2009 hatte der Kultusminister gesagt: Wir schließen keine Schulen mehr vom Land aus, aber wir wissen: 75 Schulen stehen weiter unter Beobachtungsstatus, weitere 13 Schulen dürfen keine neuen Klassen einrichten. Was ist denn das – außer einem ganz klaren Weg hin zu weiteren Schulschließungen? Ich denke, man sollte an dieser Stelle den Bürgern keinen Sand in die Augen streuen, weil es nämlich egal ist, ob die Schulen direkt oder indirekt geschlossen werden. Wenn der Schulstandort wegfällt, ist dies ein Verlust für die Gemeinde und eine Belastung für die Schüler und die Eltern.
Es hat niemand hier, auch die Koalition bisher nicht, einmal ehrlich vorrechnen können, was denn die Einsparungen oder die Verbesserungen durch die Schulschließungen sind. Das habe ich nicht gehört. Ich sehe nur, dass sich die Regierung Alternativen verweigert. Man kann natürlich – und man muss auch – über Geld sprechen, da Geld nur endlich vorhanden ist, auch im Staatshaushalt. Das sagen auch wir von der Opposition. Aber, meine Damen und Herren, es ist die Frage, welche Prioritäten man setzt. Wir haben bei der Verwaltungsreform diskutiert, ob man beispielsweise drei Landesdirektionen – früher Regierungspräsidien – braucht. Sie kosten, wenn ich es richtig im Kopf habe, in jedem Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag. Wenn man der Meinung ist, sich diesen Verwaltungsluxus leisten zu müssen, dann kann man ja dieser Auffassung sein. Aber dann dürfen Sie nicht argumentieren, dass für die Bildung kein Geld vorhanden sei.
Wenn ich die Panikattacken – auch des Kultusministers – heute in der Zeitung sehe, wenn über Verantwortung und Steuergelder gesprochen wird, dann möchte ich einmal ein klein wenig die Frage anreißen, wer die Verantwortung dafür hat, dass wir eine Bürgschaft von 1,75 Milliarden Euro für die Landesbank im Haushalt haben. Das können Sie der Opposition, denke ich, nicht in die Schuhe schieben. Das ist Verantwortung der Regierung, meine Damen und Herren!
Aus FDP-Sicht kann ich nur sagen: Für uns gehört das Schulgesetz, für uns gehören die Förderrichtlinie zum Schulhausbau sowie die Schulnetzplanungsverordnung auf den Prüfstand, weil man nicht alles so lassen kann, wie es vor vielen Jahren einmal als sinnvoll erachtet wurde, sondern man muss sich den Realitäten stellen.
Ob das verändert wird, meine Damen und Herren, werden wir heute nicht mehr entscheiden können, das wird der Wähler am 30. August entscheiden. Ich bin jedoch sehr, sehr zuversichtlich, dass es eine Entscheidung geben wird, die sehr, sehr eindeutig ausfallen wird und die Hoffnung für die sächsischen Schulen bedeutet.
Vielen Dank.
Ich finde es sehr schön, dass die Debatte etwas Leidenschaft innehat. Aber es ist wie immer: Wenn der Regierung die sachlichen Argumente ausgehen, dann werden die Keulen ausgepackt, es wird zu kurz gesprungen, man schaut zu weit in die Zukunft oder man ist zu populistisch.
Wenn ich mir so manche Auftritte des Kultusministers und so manche Fotomöglichkeit ansehe, die er bietet, stelle ich fest, dass das alles ganz weit weg und ganz unpopulär ist, was er macht. Dass er jeden Fördermittelbescheid im Alt-Weißeritzkreis fast persönlich überreicht, macht ihn dort vor Ort natürlich sehr unpopulär.
Meine Damen und Herren! Von einem Süchtigen vorgeworfen zu bekommen, dass man vielleicht selbst einmal einen Schluck Wein trinkt, das ist schon ein wenig sehr übertrieben.
Dass die Kollegen aus anderen Bundesländern nach Sachsen kommen, hat seinen Grund, und das kann ich auch verteidigen. Ich sage auch, dass Sachsen Herausforderungen meistern muss, die anderen Ländern noch bevorstehen. Natürlich trifft der Schülerrückgang – das weiß Kollege Flath auch – Nordrhein-Westfalen mit seinem dreigliedrigen Schulsystem genauso, wo Hauptschulen, die bisher in jedem Ort vorhanden waren, in
Zukunft nicht mehr da sein werden. Selbst in den Kreisstädten kann man sich schon kaum noch vorstellen, dass in dem gegliederten Schulsystem von jeder Schulart dann noch eine Schule besteht.
Deshalb sage ich: Schaut euch das in Sachsen an, mit allen Konsequenzen, was man daraus lernen kann! Das zeigt im Übrigen auch, dass wir durchaus differenziert damit umgehen und zur Kenntnis nehmen, dass nicht alles einfach zu lösen ist.
Auf einen Punkt möchte ich noch eingehen, weil wir immer vorgeworfen bekommen, die FDP würde nur für das gemeinsame längere Lernen sein. Das wäre alles Teufelszeug, denn das würden ja die Linken auch wollen. Es gibt einen kleinen Unterschied, Herr Colditz: Für uns gibt es längeres gemeinsames Lernen nur, wenn Sozialkompetenz mit Leistungsorientierung verbunden wird.
Zum Thema Leistungsorientierung brauchen wir uns nur mal das Handeln der Regierung anzusehen, insbesondere des CDU-Kultusministers. Ich frage nur: Wer hat denn die Bildungsempfehlung aufgeweicht? Wer hat dafür gesorgt, dass Mittelschulstandorte gefährdet werden? Wer hat dafür gesorgt, dass das Gymnasium unter Druck steht, die Qualität zu halten? Das war doch ganz klar die CDU, meine Damen und Herren!
Die SPD hat ihre Aktie daran. Aber Sie, Herr Flath, waren der Minister, der das entschieden hat. Ich kann nur sagen: Die Wähler wissen, wofür die einzelnen Parteien und Fraktionen stehen, und ich vertraue auf eine sehr kluge Entscheidung am 30. August.
Personalsituation an der 96. Grundschule in Dresden (Frage Nr. 7)
Fragen an die Staatsregierung:
1. Im Schuljahr 2009/2010 werden die 1. Klassen vierzügig sein. Nach derzeitigen Informationen der Schule stehen aber nur zwei Klassenlehrer zur Verfügung. Werden alle 1. Klassen zu Schuljahresbeginn einen eigenen Klassenlehrer haben und bis wann wird die Schulleitung über die Personalentscheidung informiert?
2. Die stellvertretende Schulleiterin wird zum Schuljahresende 2008/2009 die Schule verlassen. Die Schulleiterin geht altersbedingt zum Schuljahresende 2009/2010 von der Schule. Eine Nachfolgeregelung für beide Stellen ist offen. Wann werden die Stellen für die stellvertretende Schulleiterin und die Schulleiterin neu besetzt?
Mittel des Konjunkturpakets II für Freie Schulen (Frage Nr. 8)
Fragen an die Staatsregierung:
1. Wie viele Schulen in freier Trägerschaft standen mit welchem Antragsvolumen auf den Antragslisten zur Förderung im Rahmen des Konjunkturpakets II?
2. Wie viele Schulen in freier Trägerschaft bekommen in welcher Höhe Fördermittel aus dem Konjunkturpaket II?
Herr Iltgen, an diesem Tag ahnen Sie, glaube ich, was auf Sie zukommt. Auch ich möchte mich im Namen der FDP-Fraktion ganz herzlich bei Ihnen für die Arbeit bedanken. Für die Mitglieder der FDPFraktion ist die Erfahrung nicht so lang, denn wir haben Sie nur fünf Jahre erlebt.
Herr Iltgen, ich kann mich erinnern, als ich Ihren Namen zum ersten Mal vernommen habe. Das war damals in den „Dresdner Neuesten Nachrichten“. Ich war Jungliberaler und hätte mir nie träumen lassen, dass wir einmal gemeinsam im Landtag sitzen würden. Ich habe die Zusammenarbeit als sehr angenehm, sehr fair und als sehr überparteilich empfunden. Ich glaube, Sie waren eine Zierde dieses Parlaments, und Sie haben in den vergangenen Jahren, die mit dem Sechsparteienparlament nicht einfach waren, als Präsident das Parlament sehr souverän geführt.
Ich möchte mich bei Ihnen persönlich ganz herzlich bedanken, aber auch bei den Vizepräsidenten. Ich wünsche Ihnen, Herr Iltgen, eine schöne Zeit und etwas mehr Entspannung. Aber so, wie ich Sie kenne, werden Sie nicht loslassen, uns hier zu beobachten. Ich hoffe, wir erweisen uns auch in der kommenden Legislaturperiode würdig, dieses Erbe auszufüllen.
Vielen Dank noch einmal im Namen der FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion, der SPD, der NPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Die Abg. Tino Günther und Torsten Herbst, FDP, gehen nach vorn und danken dem Präsidenten Erich Iltgen.)
Schlusswort des Präsidenten des Sächsischen Landtages zur Beendigung der 4. Wahlperiode
Erich Iltgen, Präsident des Landtages: Meine Damen und Herren! Vielen Dank für das, was ich hier hören durfte. Auch ich möchte mich bei Ihnen herzlich bedanken. Ich habe keine Abschlussrede vorbereitet. Nur so viel: Auch ich werde das Parlament in guter Erinnerung behalten, mich nur noch an die guten Dinge erinnern
und damit auch einem menschlichen Naturell entsprechen, indem man die schlechten Dinge schnell vergisst, aber das Gute behält. Es ist gut so, dass der Mensch so angelegt ist.
Ich habe gehört, dass irgendwann noch eine offizielle Verabschiedung stattfindet. Gestatten Sie mir, dass ich dann etwas tiefer in die Materie eindringe. Aber heute möchte ich über Sie sprechen, bevor Sie in die verdiente Sommerpause gehen. Ich möchte die für mich letzte Gelegenheit wahrnehmen, nach 1994, nach 1999 und nach 2004 einige Worte an Sie zu richten.
Was war das Besondere der 4. Wahlperiode? Zum ersten Mal musste die regierungstragende Arbeit auf zwei Fraktionen verteilt und die Regierungsarbeit, wenn auch nicht zu gleichen Teilen, geteilt werden. Der Landtag vergrößerte sich von drei auf sechs Fraktionen, was zweifelsfrei die Auseinandersetzung lebhafter, bunter, aber auch komplizierter machte. Organisatorisch wurden
erhöhte Anforderungen an die Verwaltung gestellt bei gleichzeitiger Streichung von Arbeitsplätzen.
Neben den üblichen Abläufen bei der Bearbeitung parlamentarischer Beratungsgegenstände erhöhten sich die Anforderungen an die Abgeordneten und das Personal durch die Einsetzung von zwei Untersuchungsausschüssen und der Enquete-Kommission, die eine hervorragende Arbeit geleistet hat. Diese war zukunftsweisend. Die anderen Ausschüsse waren natürlich auch nötig, aber die Einsetzung der Enquete-Kommission war eine Aufgabe, die dem Landtag sehr gut zu Gesicht stand und deutlich machte, dass sich der Landtag mit Zukunftsfragen beschäftigt und nicht nur mit sich selbst.
Die üblichen zwei Plenartage im Monat mussten auf drei Plenartage erweitert werden, um die in der Geschäftsordnung vorgesehenen erweiterten Initiativen der Fraktionen abarbeiten zu können. Ich muss sagen, die Geschäftsordnung ist ausgearbeitet worden, bevor das Wahlergebnis feststand.
Das sichtbare Ergebnis der Arbeit der Abgeordneten sowie der mitarbeitenden Fraktionen waren 16 000 registrierte parlamentarische Initiativen, davon allein 12 000 Kleine Anfragen an die Staatsregierung und ihre nachfolgenden Verwaltungen und Ämter. Für diese Arbeit möchte ich der Staatsregierung und allen, die daran beteiligt waren, ganz herzlich danken.
Kleine Anfragen sind sozusagen das individuelle Recht des Abgeordneten. Ich weiß, dass das viel Arbeit macht, aber es ist die besondere Beziehung des Abgeordneten zu seinem Wahlkreis, zu seinen Wählerinnen und Wählern. Von daher ist es ein Instrument, das in einer parlamentarischen Demokratie und Gesellschaft unverzichtbar ist.
Besonders die Vielzahl Kleiner und Großer Anfragen beanspruchte viel Zeit bei der Behandlung im Parlament, besonders aber in den Verwaltungen. Mit der größeren Anzahl der Fraktionen mussten dann auch Teile der Landtagsverwaltung neu untergebracht werden, was zu einer zusätzlichen Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führte, ohne dass die Qualität der Arbeit darunter litt.
Mein besonderer Dank gilt deshalb allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Landtagsverwaltung, in den Fraktionen sowie in den Ministerien und Ämtern und natürlich, wie immer, unseren fleißigen Stenografen und allen am Plenarbetrieb Beteiligten. Ich sage das mit allem Nachdruck; denn – Sie wissen das sicher – wenn hier die Plenarsitzung 23 Uhr beendet ist, arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens noch bis 1 oder 2 Uhr, sodass diese Leistung wirklich nicht hoch genug einzuschätzen ist, die sie für das Parlament erbringen.
In der zurückliegenden Wahlperiode erinnerte sich der Landtag nicht nur, wie es schon Tradition ist, am 3. Oktober an die glückliche Wiedervereinigung unseres Landes mit einem Festakt und einem Tag der offenen Tür, sondern beging in feierlicher Form den 175. Jahrestag der Verabschiedung der ersten Sächsischen Verfassung am 4. September 2006 und den 15. Jahrestag der Verabschiedung der vierten Sächsischen Verfassung am 24. Mai 2007.
In Festvorträgen im Parlament und in Redebeiträgen auf Foren wurde parteiübergreifend festgestellt, dass sich unsere jüngste Sächsische Verfassung, gemessen an der Lebenswirklichkeit des Alltags, als ein verlässliches Fundament für die Bürgerinnen und Bürger bewährt hat. Ich denke, das war eine Auszeichnung über alle Fraktionen hinweg.
Neben einer Reihe von wichtigen Gedenktagen, die wir begangen haben, möchte ich insbesondere den 27. Januar hervorheben. Seit wenigen Jahren begeht der Landtag gemeinsam mit der Staatsregierung diesen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust in AuschwitzBirkenau, stellvertretend für die vielen Lager und die vielen Millionen Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft. Ich danke an dieser Stelle allen Abgeordneten, die sich mit mir gemeinsam auf den Weg gemacht haben, in der Hölle des Grauens der Opfer zu gedenken. Gemein
sam im Gedenken waren wir uns einig, nie wieder solche Verbrechen zuzulassen und überall dort Widerstand zu leisten und sich verbal politisch auseinanderzusetzen, wo die Geschehnisse geleugnet oder die Opfer verhöhnt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen nicht beenden, ohne Ihnen, verehrte Abgeordnete, für Ihre Arbeit zu danken. Politik für die Menschen zu machen, wenn man sich getragen weiß von den Bürgerinnen und Bürgern, von Freunden, dem Partner und von der Familie – deshalb gilt unser Dank allen, die unsere Arbeit unterstützen und mittragen. Sie haben eine erhebliche Last mit zu schultern und auf so manche Gemeinsamkeit zu verzichten.
Es ist mir ein besonderes Anliegen, hier und jetzt auch jener Abgeordneten zu gedenken, die im Zeitraum dieser Legislaturperiode verstorben sind. Ich erinnere an Dietmar Jung, Uwe Leichsenring, Dietmar Franke und Werner Klinnert aus der 1. und 2. Legislaturperiode und an unseren ehemaligen Alterspräsidenten der 1. und 2. Legislatur, Herrn Dr. Heinz Böttrich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die 5. Legislaturperiode wird dadurch geprägt sein, dass sie viele neue Gesichter zeigen wird. Eine große Anzahl von Abgeordneten der 4. Wahlperiode haben sich entschlossen, sich nicht erneut um ein Mandat zu bewerben, und stehen deshalb mit ihren bereits langjährigen Erfahrungen dem Parlament nicht mehr unmittelbar zur Verfügung.
Es sind aus der CDU-Fraktion Dr. Fritz Hähle, Prof. Dr. Georg Milbradt, Prof. Gunter Bolick, Heinz Eggert, Helmut Gregert, Georg Hamburger, Steffen Heitmann, Rita Henke, Thomas Hermsdorfer, Dr. Rolf Jähnichen, Dr. Horst Metz, Wolfgang Pfeifer, Angelika Pfeiffer, Horst Rasch, Heiner Sandig, Jutta Schmidt, Volker Schimpff, Christian Steinbach, Gottfried Teubner, Hermann Winkler und auch ich. Aus der SPD-Fraktion sind es Prof. Dr. Weiss, Dr. Gisela Schwarz, Gunther Hatzsch und Johannes Gerlach. Aus der Linksfraktion sind es Prof. Dr. Peter Porsch, Regina Schulz, Elke Altmann, Dr. Cornelia Ernst, Dr. Michael Friedrich, René Fröhlich, Heiko Hilker, Caren Lay, Ingrid Mattern, Bettina Simon und Ronald Weckesser, und aus der Fraktion GRÜNE ist es Astrid Günther-Schmidt.
Sie alle haben einen wesentlichen und unverzichtbaren Anteil beim Aufbau unseres Landes und der Ausgestaltung unserer Demokratie und des Parlamentarismus. Dafür möchte ich Ihnen sehr herzlich danken.
Ich bin mir sicher, dass Ihre Erfahrungen in vielfältiger Weise nicht nur den Neuen zugute kommen, sondern
unserer Gesellschaft insgesamt. Im Namen aller Abgeordneten, die im Parlament verbleiben, sage ich Ihnen Dank und wünsche Ihnen im neuen Lebensabschnitt alles Gute und Gottes Segen.
Zu guter Letzt gilt allen, die mich in meiner Amtsführung unmittelbar und mittelbar in den 19 Jahren unterstützt haben, mein persönlicher Dank. So meinen Stellvertreterinnen und Stellvertretern im Amt, den Landtagsdirektoren, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Büro, meinem Kraftfahrer, der mich all die Jahre unfallfrei in Deutschland und in allen Ländern chauffiert hat.
Gemeinsam mit meiner Stellvertreterin und meinem Stellvertreter, die zusammen mit mir ausscheiden, möchten wir Ihnen Adieu sagen. Danke schön.
Lassen Sie mich noch zwei Sätze sagen: Meine Damen und Herren, die Tagesordnung der 140. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages ist abgearbeitet. Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Urlaub, einen Wahlkampf, der es in sich haben wird, und heute Abend ein gemeinsames Zusammensein.
Vielen Dank und auf Wiedersehen!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte das Kompliment meiner Vorrednerin nur kurz zurückgeben. Auch uns hat es Spaß gemacht. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg. Ich hoffe, Sie richten in Berlin etwas aus. Ich gehe aber davon aus, dass der kurze Draht zu Ihrem Parteifreund als Verkehrsminister nach der nächsten Bundestagswahl nicht mehr vorhanden sein wird. Aber trotzdem alles Gute.
Meine Damen und Herren! „Mobilität für alle“ steht in der Überschrift des Antrages der GRÜNEN. Mobilität, lieber Herr Lichdi, setzt auch gelegentlich auf Brücken, wenn Täler oder Flüsse zu überwinden sind. Das haben Sie vielleicht vergessen. Da die Stunde fortgeschritten ist und bei den GRÜNEN nur noch zwei Mitglieder der Antragsdiskussion folgen, werde ich meine Rede zu Protokoll geben.
Die Inanspruchnahme eines Verkehrssystems wird neben Preis und Qualität maßgeblich auch von dessen Verfügbarkeit bestimmt. Insofern greift der vorliegende Antrag mit der Frage der Verknüpfung von Verkehrsangeboten unter Berücksichtigung einer koordinierenden Taktung, gleichsam als „Kuppelstelle“, ein wichtiges Thema auf.
Natürlich sind auch wir für Mobilität – wer kann schon dagegen sein. Gerade liberale Verkehrspolitik will dabei den ÖPNV sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Gebieten so attraktiv gestalten, dass er von den sächsischen Bürgern als echte Alternative zum Individualverkehr angesehen wird. Hierfür müssen Angebot, Qualität, Vertaktung und Service massiv verbessert werden. Im Gegensatz zu den GRÜNEN zählt für uns zur Mobilität aber auch das Recht auf motorisierten Individualverkehr. Hier verstehen wir unter Mobilität eben etwas anderes – Ideologiedebatten führen uns hier dabei überhaupt nicht weiter.
Da hilft es aus unserer Sicht nicht, wie im „Masterplan SachsenTakt 21“ der GRÜNEN formuliert, den Straßenverkehr einzig als subventioniert, klimaschädlich, laut und luftverschmutzend zu diffamieren und dagegen den Schienen-ÖPNV als klimaverträglich und effizient zu verklären. Für uns gehört Individualverkehr zur Mobilität und wir sehen uns darin in Übereinstimmung mit einem großen Teil der Bevölkerung.
Bereits frühere Versuche, den Individualverkehr durch restriktive Maßnahmen einzuschränken, sind gescheitert – diese Fehler dürfen nicht wiederholt werden. Hier weise ich auch auf das Positionspapier „Nachhaltige Mobilität“ des sächsischen Innovationsbeirates vom 27. April 2009 in dem ausgeführt wird: „Die Motorisierung in Sachsen
ist heute höher als zu Beginn der Neunzigerjahre und der Pkw wird auch in Zukunft ein elementarer Bestandteil des Verkehrs sein.“
Verkehrspolitik ist natürlich immer auch Energie- und Klimapolitik. Gefragt sind daher Lösungen, die Mobilität nachhaltig organisieren. Bei der Frage der Verkehrsträger ist darauf hinzuweisen, dass deren CO2-Bilanz pro Platz, Kilometer bzw. transportierter Tonne erheblich vom Auslastungsgrad abhängt. Bei geringer Auslastung ergibt sich schnell eine Relativierung der unterstellten ökologischen Vorteilhaftigkeit bestimmter Verkehrsträger. Dies ist auch vor dem Hintergrund wichtig, wonach Untersuchungen bisher keine größere ÖPNV-Nachfrage der vor allem in ländlichen Regionen vorhandenen älteren Bevölkerungsgruppen ergaben. Hier schließt sich sofort die Frage der Finanzierung an. Individualverkehr wird privat finanziert – ÖPNV zum überwiegenden Teil durch öffentliche Gelder.
Beim ÖPNV stellt sich schnell die Frage der Rentabilität. Bei vielen Verkehrsunternehmen dürfte der Kostendeckungsgrad unterhalb der wirtschaftlichen Rentabilität liegen. Der Innovationsbeirat führt in seinem Positionspapier dazu aus: „Mit geringen Auslastungsgraden relativieren sich auch sehr schnell Ressourceneffizienz und Umweltverträglichkeit der öffentlichen Verkehrssysteme gegenüber dem Individualverkehr.“ Hier sind zukünftig effizientere Bedienformen gefragt und auch die Frage der stärkeren Sozialisierung versus Privatisierung der ÖPNVKosten muss diskutiert werden.
Unwidersprochen bestehen in Sachsen Defizite bei der gebietsüberschreitenden und erst recht bei der landesweiten Vernetzung von Verkehrsangeboten.
Erhebliche Brüche im Tarifsystem gibt es insbesondere beim Überschreiten regionaler Zuständigkeiten. Dies betrifft gleichermaßen ÖPNV und SPNV sowie die Vernetzung zwischen beiden. Einen Grund dafür spielt die Organisation von ÖPNV und SPNV in Sachsen. Diese ist durch eine Kommunalisierung der Aufgaben geprägt. Planung, Organisation und Ausgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs sind gemäß ÖPNV-Gesetz freiwillige Aufgaben der Landkreise und kreisfreien Städte. Die Aufgabenträgerschaft wurde auf fünf Verkehrs- bzw. Zweckverbände übertragen, die zu wenige Anreize für eine überschreitende Vernetzung der Verkehrsangebote haben.
Erst 1998 hatten die Verbände die vollständige Verantwortung für den Nahverkehr von der damals existierenden Landesverkehrsgesellschaft übernommen. Ohne eine Entkommunalisierung der Aufgaben zu fordern, müssen jedoch die Nachteile dieser strukturellen Zergliederung klar angesprochen werden. So könnte die Bestellung der Verkehrsleistungen aus einer Hand zu Vorteilen bei den Preisverhandlungen mit den Verkehrsunternehmen führen, das Streckennetz ließe sich nahtlos koordinieren und eine bessere Zusammenarbeit mit Verkehrsgesellschaften in anderen Ländern wie Thüringen, Sachsen-Anhalt wäre möglich. Hinzu kommt, dass ausgeschriebene Linien oft mehrere Zweckverbände betreffen. Allein an der Ausschreibung des S-Bahnverkehrs durch den Citytunnel in Leipzig sind drei der fünf Zweckverbände – ZVNL, VVO, VMS – beteiligt.
Handlungsbedarf sahen offensichtlich auch einmal die Koalitionspartner CDU und SPD. Im Koalitionsvertrag auf Seite 54 heißt es: „Es wird geprüft, ob Aufgaben, Struktur und Anzahl der Zweckverbände angepasst werden müssen. Gemeinsam mit den Verkehrsverbünden wird die Staatsregierung bis Mitte 2005 eine ÖPNV/SPNV-Konzeption für ganz Sachsen erstellen, die längerfristig Planungssicherheit schafft und klare Prioritäten setzen soll.“
Antragspunkt 5 fordert in diesem Zusammenhang, die Schaffung einer landesweiten Verkehrsgesellschaft bzw. Modelle einer stärkeren Zusammenarbeit der fünf Aufgabenträger zu prüfen.
Verkehrsminister Jurks Versuch, eine einheitliche Landesverkehrsgesellschaft zu bilden, ist allerdings bereits schon einmal kläglich gescheitert. Offiziell gibt es meines Wissens bisher auch keine beschlossene ÖPNV/SPNVKonzeption für Sachsen. Offensichtlich sieht Verkehrsminister Jurk nun plötzlich auch keinen Handlungsbedarf mehr. In der Antwort auf die Kleine Anfrage von Sven Morlok zu „Beförderungsleistungen im Schienenpersonennahverkehr“ in Drucksache 4/14012 heißt es: „Unter der kommunalen Aufgabenträgerschaft hat sich in Sachsen ein kundenorientierter und gut vernetzter ÖPNV/SPNV mit hohem Innovationspotenzial etabliert. Vor dem Hintergrund der Regelungen des ÖPNVGesetzes ist die Gründung einer landesweiten Nahverkehrsgesellschaft nicht Aufgabe der Staatsregierung“. So
weit zur Bilanz der CDU/SPD-Koalition. Diese hat ihre Gestaltungsfähigkeit offensichtlich komplett verloren – Koalitionsvertrag hin oder her.
Für uns gehört das Thema Organisation SPNV in Sachsen in der nächsten Legislaturperiode auf die Agenda des Landtages. Wir setzen uns für eine ergebnisorientierte Prüfung von Alternativen zur bestehenden Situation ein. Eine denkbare Alternative könnte dabei auch eine Landesverkehrsgesellschaft sein.
Als FDP-Fraktion setzen wir uns dafür ein, dass das Angebot von Bussen und Bahnen besonders auch im ländlichen Bereich Sachsens nachhaltig gesichert wird. Besonders mehr Wettbewerb in diesem Bereich führt zu besserem Service und günstigeren Preisen.
Davon ist im Antrag der GRÜNEN nichts zu finden. Kritisch sehen wir auch die Umsetzung der Antragsforderungen. Dies räumen übrigens selbst die GRÜNEN ein, denn im Vorwort zum „Masterplan SachsenTakt 21“ heißt es: „Es ist uns bewusst, dass viele Fragen der Umsetzbarkeit noch nicht geklärt sind“. Gerade beim Streckenausbau im Schienennahverkehr und im überregionalen Bereich würde der Antrag erhebliche Investitionen erfordern. Wir sehen aber erst einmal deutliche Prioritäten beim Schienenfernverkehr – hier verfügt Sachsen seit Jahren über massive Defizite, beispielsweise auf den Verbindungen Berlin–Dresden–Prag oder Dresden– Görlitz–Breslau.
Kritisch ist für uns zudem Antragspunkt 4, das heißt die Forderung nach einem landesweiten Mobilitätsticket für einkommensschwache Menschen. Wir sind für Mobilität auch für einkommensschwache Personen – darunter verstehen wir aber etwas anderes als das Anrecht auf eine geförderte Fahrkarte.
Zusammenfassend enthält der vorliegende Antrag ein paar interessante Ansätze, andere Punkte finden jedoch nicht unsere Zustimmung. Die FDP-Fraktion wird sich daher bei der Abstimmung enthalten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ohne Frage – der Kauf von Lernmitteln kostet Geld. Für viele Familien stellt das eine Belastung dar. Wir wissen auch, dass Schüler, die über keine oder nur über veraltete Lernmittel verfügen, natürlich benachteiligt sind. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen. Doch DIE LINKE schießt mit ihrem Gesetzentwurf aus unserer Sicht deutlich über das Ziel hinaus.
Alles kostenlos für alle, koste es, was es wolle – Herr Hahn, das ist, glaube ich, Credo der Linken.
Verantwortlich und aufrichtig ist das nicht, und zwar weder gegenüber den Eltern noch gegenüber den Kindern, die am Ende das, was Sie alles ausgeben wollen, als Schulden erben. Diese Politik ist mit der FDP nicht zu machen. Das sage ich ganz klar.
Wir müssen uns – darauf ist verwiesen worden – natürlich die Frage stellen, ob überhaupt all das, was an Lernmitteln verlangt wird, immer notwendig ist. Da stellt sich
schon die Frage, ob man einen 130 Euro teuren Supergrafiktaschenrechner braucht. Da stellt sich die Frage, ob bestimmte Arbeitsmaterialien, Arbeitshefte, die teuer sind, gekauft werden müssen. Wir meinen, nicht in jedem Fall. Nicht immer ist teurer auch besser. Manchmal tut es auch ein entsprechendes Lernmittel, das günstiger ist, den Zweck aber genauso gut erfüllt.
Wir erwarten, dass die Schulträger, die Schulen und auch das Kultusministerium bei ihren Empfehlungen und der Auswahl von Lernmitteln verantwortungsvoll entscheiden und den Blick auf Qualität und Kosten richten.
Klar gibt es auch Eltern, die finanziell an der Schmerzgrenze sind und für die der Kauf von Lernmitteln auch eine besondere Belastung darstellt. Den Kindern dieser Eltern wollen wir helfen. Ich glaube, das ist ein Grundkonsens, der uns hier im Plenum eint.
Die Frage ist nur: Wie macht man das? Geht man mit dem landesweiten Füllhorn umher und schüttet überall etwas Geld aus? Oder unterstützt man zielgerichtet, geht man direkt an die Schulen und schafft eigene Schulbudgets? Wir bevorzugen den zweiten Weg. Der Ansatz der Staatsregierung, diese Budgets einzurichten, ist zumindest schon einmal der richtige Weg, auch wenn wir sehen, dass das Geld, das dafür zur Verfügung steht, längst nicht ausreicht. Rechnet man das einmal herunter, sind es zwischen 10 und 15 Euro pro Schüler, die im Haushalt pro Jahr vorgesehen sind. Addiert man alle reellen Kosten für Lernmittel, kommt man sicher auf das Zehnfache. Der Weg ist aus unserer Sicht für alle besser, als von oben herab Geld auszugeben, dessen Wirksamkeit vor Ort nicht garantiert ist.
Wir wissen, dass es viele Schulen gibt, die sich kümmern. Sie helfen, wenn sie feststellen, dass Schüler sich Lernmittel nicht leisten können. Das passiert durch Sponsoring und Spenden, die sie akquirieren. Das ist gelebte Solidarität vor Ort. Das ist bürgerschaftliches und soziales Engagement. Genau dieses Engagement hilft auch den Familien, die nicht so viel Geld in der Tasche haben.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Linksfraktion schießt über das Ziel hinaus. Er ist ein typisches Beispiel der „Füllhorn-Politik“, nach der Geld unendlich vom Himmel fällt und unendlich vorhanden ist. Verantwortung und Glaubwürdigkeit sehen aus unserer Sicht anders aus.
Deshalb können wir dem Gesetzentwurf auch nicht zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die GRÜNEN haben mit dem Gesetzentwurf ein wichtiges Thema angesprochen, und ich glaube, die Ausschussanhörung im Landtag hat gezeigt, dass die Förderung und Unterstützung von Kindern mit Teilleistungsschwächen nicht optimal verläuft. Das Problem beginnt oft mit der Erkennung und auch der Feststellung der Teilleistungsschwächen durch den schulpsychologischen Dienst. Wenn wir uns da in Sachsen umschauen und sehen, dass es gerade einmal 40 Stellen für Schulpsychologen gibt, dann lässt sich nur feststellen: Das ist deutlich zu wenig und hier muss dringend aufgestockt werden.
Ein zweites Problem ist der Nachteilsausgleich für die betroffenen Kinder. Es gibt kein klares Verfahren für die Diagnostik der Dyskalkulie. Hinzu kommt: Nicht einmal die vorhandenen Möglichkeiten bei Legasthenie – Stichwort Notenschutz – werden zugunsten der betroffenen Kinder ausgeschöpft. Wir haben viele Reaktionen von Eltern, die sich an uns wenden. Ich glaube, sie machen das nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil sie ernsthaft vor der Problematik stehen und keinen Lösungsweg sehen.
Klar ist, dass die Kinder unter dem falschen Umgang mit den Teilleistungsschwächen leiden. Sie rutschen oft in der Leistung ab, werden auffällig, und das liegt eben nicht an der Teilleistungsstörung, sondern am Umgang damit.
Wie Frau Günther-Schmidt richtig hingewiesen hat, sind Dyskalkulie und Legasthenie kein Zeichen für mangelnde Intelligenz von Kindern. Sie sagen überhaupt nichts darüber aus. Diese Kinder sind in anderen Bereichen oftmals intelligenter und können bessere Leistungen vollbringen als vielleicht mancher Alterskamerad.
Wir brauchen wirksame Verbesserungen in diesem Bereich. Allerdings glauben wir, dass mit dem Gesetzentwurf diese Verbesserungen nicht eintreten. Es gab eine ganze Reihe von Kritikpunkten auch in der Anhörung. Wenn wir uns bei der Diagnostik umschauen, wurde bei dem starren Diagnoseverfahren befürchtet, dass es zu längeren Zeiten bis zur Anerkennung kommt. Das ist am Ende kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt.
Deshalb sind wir der Auffassung, dass der Gesetzentwurf eine ganze Reihe von guten Anregungen enthält, Anregungen, die aus unserer Sicht in der neuen Legislaturperiode auch aufgegriffen werden sollten. Wir müssen uns um bessere Lösungsmöglichkeiten bemühen. Im Moment werden wir uns zu dem Gesetzentwurf aber enthalten.
Vielen Dank.
Sagt hier niemand die Redezeit an? Das ist doch unglaublich!
Fantastisch, ich habe noch 23 Minuten. Aber da ich ein netter Mensch bin, gebe ich die Rede auch zu Protokoll.
Wer gedacht hätte, die Schulschließungspolitik sei zu Ende, der irrt. Die Schulschließungspolitik ist nur leiser geworden und sie kommt jetzt durch die Hintertür.
Das zeigt die Antwort des Kultusministeriums auf eine Kleine Anfrage von mir. Das Ministerium gibt zu, dass im Rahmen des Schulhausbau-Programms in 14 Fällen mit einem Gesamtvolumen von 4,85 Millionen Euro Schulen Fördermittel versagt wurden. Der Grund: Die Schulstandorte sind nach Auffassung des Kultusministeriums aufgrund der erwarteten Schülerzahlen nicht bestandssicher. Es geht dabei wohlgemerkt nicht um Mindestschülerzahlen, sondern um die darüber liegenden Schülerrichtwerte des Ministeriums. Der gleiche Verweigerungsgrund trifft auf 27 Sanierungsanträge von Schulträgern im Rahmen des aktuellen Konjunkturprogramms zu, die abgelehnt wurden.
Sicher erinnern Sie sich noch: Über verweigerte Fördermittel für kleine Schulen hatten wir im März-Plenum auf Antrag der FDP schon einmal diskutiert. Und unsere Befürchtungen haben sich seitdem immer mehr bestätigt. Die Staatsregierung schließt die Schulen nicht mehr direkt durch Lehrerentzug, sondern schleichend durch verwehrte Fördermittel. Auch wenn der Kultusminister glaubt, dieser Weg sei deutlich eleganter, ist für uns klar: Schulschließung bleibt Schulschließung. Und die lehnt die FDP klar ab!
Die Staatsregierung zeigt überhaupt kein Interesse, gefährdete Schulstandorte zu unterstützen. Im Gegenteil:
Die CDU/SPD-Koalition tut alles, den betroffenen Schulen beziehungsweise Schulträgern das Leben schwer zu machen. Offenbar scheut sich die CDU/SPD-Koalition im Wahljahr, offen die Anzahl und die Namen der Schulen zu nennen, die nach Meinung der Staatsregierung nicht bestandssicher sind. Schließlich war es die CDU, die im Wahljahr 2004 zu Recht für ihre Schulschließungspolitik abgestraft wurde. Nun versucht man den Umweg über Fördermittel.
Um glaubwürdig zu bleiben, muss endlich die Wahrheit über das vom Kultusministerium angestrebte Schulnetz auf den Tisch gelegt werden. Wenn es sein muss, zwingen wir Sie mit parlamentarischen Anfragen dazu. Welche Blüten die von uns bereits Anfragen 2008 abgelehnte neue Förderrichtlinie zum Schulhausbau treibt, sehen wir in Mülsen bei Zwickau. Um eine Schule zu sanieren oder einen Ersatzneubau zu errichten, muss eine andere sanierte Schule schließen. Das ist schlichtweg eine Verschwendung von Steuermitteln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Inkrafttreten der Fördermittelrichtlinie war klar, dass sie eher der Schließung als der Sanierung von Schulen dient. Diese Richtlinie zur Förderung von Schulschließungen hat die FDP von Anfang an abgelehnt. Alle unsere Bestrebungen zur Veränderung der Richtlinie haben hier im Landtag leider keine Mehrheit gefunden. Sie können sicher sein, dass wir auch im Wahlkampf darauf aufmerksam machen werden – damit endlich eine Partei in die Regierung kommt, die weitere Schulschließungen verhindert.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema hätte es verdient, hier diskutiert zu werden. Da ich aber sehe, dass sich die Reihen sehr gelichtet haben und die Konzentration bei allen ziemlich nachlässt, gebe ich die Rede zu Protokoll.
Gewalt an Schulen – das ist kein einfaches Thema. Die breite Öffentlichkeit wird darauf oft erst durch dramatische Einzelfälle aufmerksam. Wir hatten erst am Montag eine Messerattacke in einem Gymnasium in Sankt Augustin bei Bonn und am Donnerstag die Bedrohung eines Schülers mit einer Schreckschusspistole in Magdeburg. Diese Fälle und weitere schreckliche Vorkommnisse in den vergangenen Jahren an deutschen Schulen sind nur die Spitze des Eisberges.
Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen hat in seiner Studie „Jugendliche als Opfer und Täter von Gewalt“ auch die Gewalt an Schulen speziell untersucht. Demnach wurde jeder fünfte Schüler bereits mindestens einmal getreten oder geschlagen. Jedem siebenten wurde
mindestens einmal persönliches Eigentum beschädigt oder zerstört.
Gewalt ist dabei nicht auf physische Auseinandersetzungen beschränkt. Das Nachrichtenmagazin „Focus“ hat in dieser Woche Mobbing an Schulen als Titelthema. Nach Meinung von Experten werden jede Woche 760 000 deutsche Schüler Opfer von Mobbing.
Das alles kann uns nicht kalt lassen. Ich sage ganz klar: Gewalt an Schulen – egal, in welcher Form – ist nicht akzeptabel. Natürlich kann die Schule nicht der allumfassende Reparaturbetrieb für falsche Erziehung oder gesellschaftliche Probleme sein. Aber sie ist über viele Stunden am Tag der Lebensmittelpunkt unserer Kinder und Jugendlichen. Uns muss daran gelegen sein, alles für die
Sicherheit und Geborgenheit der Kinder in unseren Schulen zu tun! Es ist untragbar, dass Kinder und Jugendliche Angst vor der Schule haben, weil ihnen körperliche Gewalt oder Mobbing droht.
Wir brauchen daher in Sachsen eine detaillierte und ehrliche Analyse der Gewaltentwicklung an unseren Schulen. Bloße Statistiken zu Übergriffen und Straftatbeständen reichen nicht aus.
Was kann man tun? Zum Beispiel die Gewaltprävention stärken. Bisher gibt es auch in Sachsen schon gute Einzelprojekte wie Toleranztage. Projekte, bei denen Schüler lernen, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Wir brauchen ein Klima an Schulen, das Gewalt klar ächtet! Es ist erfreulich, dass nach der Studie von Prof. Pfeifer die Anzeigebereitschaft und die Ablehnung von Gewalt unter Jugendlichen steigt. Doch es ist nur ein kleiner Anfang.
Wir sind heute auch mit neuen Formen des Mobbings, beispielsweise über das Internet, konfrontiert. Das sind keine Kleinigkeiten; denn Schüler können dadurch psychisch extrem schikaniert werden, und nicht selten kommt körperliche Gewalt hinzu.
Wir wissen, dass Elternabende zum Thema Mobbing und Gewalt auf reges Interesse stoßen und es einen großen Informationsbedarf gibt. Lehrer, Schüler und Eltern müssen deshalb über Gefahren und Abwehrmöglichkeiten informiert werden. Nur wer Gewalt auch erkennt, wer hinschaut, kann sie wirkungsvoll bekämpfen. Zu oft werden Opfer allein gelassen und Täter nicht zur Verantwortung gezogen. Das können und dürfen wir uns nicht leisten!
Wir brauchen professionelle Unterstützung im Kampf gegen Gewalt an Schulen. Die Staatsregierung muss endlich erkennen, dass zu einer guten und modernen Schule nicht nur Lehrer, Hausmeister und Sekretärin gehören. In ganz Sachsen fehlen Schulsozialarbeiter, und die Anzahl an Schulpsychologen ist katastrophal niedrig. In Sachsen kommt ein Schulpsychologe auf über 12 000 Schüler – damit ist Sachsen im Vergleich der OECD-Länder Schlusslicht. Der Berufsverband der Schulpsychologen fordert ein Betreuer-Schüler-Verhältnis von 1 zu 5 000. Davon sind wir in Sachsen meilenweit entfernt. Gleiches gilt auch für die Schulsozialarbeit.
Ich gebe zu: Es gibt nicht DAS einfache Patentrezepte gegen schulische Gewalt. Dafür ist das Thema zu kompliziert. Aber das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass alles so bleiben kann, wie es ist. Nicht nur die besonders tragischen Fälle mit viel menschlichem Leid machen deutlich: Wir müssen Gewaltursachen genau analysieren und in allen Erscheinungsformen entschlossen bekämpfen!
Nicht nur aufgrund der fortgeschrittenen Zeit, sondern auch aufgrund seines Inhalts werde ich mich bezüglich des vorliegenden Antrages kurz fassen.
Ja, man kann und sollte angesichts tragischer Fälle wie dem Amoklauf in Winnenden über Änderungen im Schusswaffenrecht nachdenken – allerdings in Ruhe und mit Klugheit, nicht durch Aktionismus und Oberflächlichkeit. Ich war sehr froh, dass die meisten Parteien nach dem Amoklauf in Erfurt dazugelernt haben und nach Winnenden nicht gleich wieder in pure Symbolpolitik verfallen sind. Beim vorliegenden Antrag der GRÜNEN paaren sich leider Symbolpolitik, Oberflächlichkeit und Aktionismus; genau wie bei dem Vorschlag für ein Verbot von Paintballspielen, das wohl vom Tisch ist.
Nichtsdestotrotz gilt es über mehr Sicherheit im Schießsport und im Umgang mit Waffen nachzudenken. Der Zugang zu Schießübungen sowie die Lagerung von Waffen und Munition sind Punkte, die man sich genau anschauen muss. Allerdings nicht im Sinne der GRÜNEN; denn sie wollen mit ihrem Antrag jetzt das Schießen gänzlich verbieten. An Schießständen soll nicht mehr mit scharfer Munition, sondern nur noch mit elektronischen Waffen geübt werden. Auch Anscheinswaffen wie Spielzeugpistolen sollen verboten werden. Damit schießen sie im wahrsten Sinne des Wortes über das Ziel hinaus.
Sie wollen Waffen und Munition außerhalb von Haushalten lagern. Und wo? Vielleicht in schlecht gesicherten
Schützenhäusern? Mich beschleicht ein mulmiges Gefühl, wenn Hunderte Schusswaffen und Zehntausende Schuss Munition in Schützenhäusern lagern, die das Sicherheitsniveau einer Gartenlaube haben. Was ist nach Ansicht der GRÜNEN ein „ethisch vertretbarer Umgang mit Waffen“? Wer hat denn darüber die Definitionshoheit?
Weiterhin ist ihre Antragsbegründung fragwürdig. Ich zitiere: „… So stürmte 1999 in Meißen ein 15 Jahre alter Gymnasiast maskiert in ein Klassenzimmer und erstach seine Lehrerin.“ Einen Absatz später heißt es dann: „Es ist daher erforderlich, den privaten Schusswaffenbesitz erheblich einzuschränken …“. Ihr Antrag ist nicht nur schlecht durchdacht, sondern auch schlecht gemacht.
Wir sollten uns vielmehr mit den wirklichen Ursachen dieser Amokläufe auseinandersetzen. Wir wollen ernsthaft überlegen, welche Schlussfolgerungen hinsichtlich des Waffenrechts daraus zu ziehen sind. Auf Bundesebene liegt ein Referentenentwurf zur Novellierung des Waffengesetzes vor. Dieser ist bei allen Streitpunkten bereits deutlich gehaltvoller als Ihr oberflächlicher Antrag hier im Landtag.
Wir lehnen ihn ab.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es relativ kurz machen. Ich glaube, die europapolitischen Positionen der FDP sind in zahlreichen Debatten hier im Plenum deutlich geworden.
Nur zwei Worte zu beiden Anträgen: Mich erstaunt schon, dass die Vertreter der Regierungskoalition hier bemängeln, dass sie sich von der Staatsregierung nicht hinreichend informiert fühlen. Das scheint einen tieferen Grund zu haben.
Schade, dass Sie das erst am Ende der Legislaturperiode bemerken und nicht am Anfang. Man hätte vielleicht noch etwas in Ordnung bringen können, wenn man am Anfang die Regierung aufgefordert hätte, auch das Parlament in die sächsische Europapolitik einzubeziehen.
Wir werden nichtsdestotrotz beiden Anträgen zustimmen. Das erfreut Sie sicherlich, Herr Brangs.
Den Rest der Rede gebe ich zu Protokoll.
Insbesondere der Antrag der Regierungskoalition hat mich beim ersten Überfliegen etwas verwundert. Ich ging davon aus, dass die Koalition aus CDU und SPD ausreichend über die Tätigkeit der Staatsregierung auf der europäischen Ebene unterrichtet wurde und wird.
Wenn jetzt die CDU/SPD-Koalition einen solchen Antrag vorlegt, dann ist das ein interessanter Nachweis der Informationspolitik der Staatsregierung gegenüber dem Parlament in den vergangenen Jahren. Offenbar weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut.
Da verblüfft es mich schon, wenn in der Stellungnahme zum inhaltlich vergleichbaren Antrag der Linksfraktion die Staatsregierung wie folgt ausführt: „Eines derartigen Antrages bedarf es aus Sicht der Sächsischen Staatsregierung nicht. Sie steht bereits jetzt einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Landtag in Angelegenheiten der Europäischen Union offen gegenüber“.
Dass es offenbar solcher Anträge bedarf, hat aber schon die Beratung über den Antrag von CDU und SPD zum Thema „Aufgaben und Strukturen des Ausschusses der Regionen“ (Drucksache 4/13100) gezeigt.
Bezüglich des Antrages von CDU und SPD wundert mich insbesondere Ziffer 4. Dort soll über den Stand der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien berichtet werden. Wissen Sie nicht, dass Sie sich in Ihrer Koalitionsvereinbarung schon seit 2004 zur Erstellung eines solchen Berichts verpflichtet haben?
Meine Fraktion ist definitiv daran interessiert zu erfahren, was die Staatsregierung eigentlich auf europäischer Ebene so macht. Schließlich werden die Aktivitäten mit Geldern von Steuerzahlern finanziert.
Das unbestreitbare Informationsdefizit der Staatsregierung gibt es nicht erst seit gestern – nein, es besteht von Anfang an. Europa ist zu wichtig, als dass wir diesen Zustand beibehalten können!
Es muss endlich dafür gesorgt werden, dass das Parlament vollumfänglich über die Aktivitäten der Staatsregierung in Europa unterrichtet wird. Der Prozess der europäischen Einigung ist nicht beendet, sondern weiter im Fluss.
Die sächsische Politik wird in den nächsten Jahren zunehmend mehr von Entscheidungen auf europäischer
Ebene beeinflusst werden. Darauf muss man sich möglichst frühzeitig einstellen. Dies ist nur durch umfassende und vollständige Information möglich. Nur so lässt sich einem Bedeutungsverlust der Landesparlamente und des Bundes vorbeugen, der schon seit Jahren beklagt wird.
In beiden Anträgen vermisse ich im Übrigen ein klares Bekenntnis zu den anstehenden Europawahlen. Ich hätte erwartet, dass sie die Bürger auffordern, wählen zu gehen. Die FDP-Fraktion hofft, dass die beiden Anträge das Interesse an und die Akzeptanz von Europa und seinen Institutionen steigern helfen.
In der Hoffnung, dass die Anträge wirklich etwas bewirken, stimmen wir daher beiden zu.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In unserem Gesetzentwurf geht es zwar nur um eine Kleinigkeit, um die Streichung eines Stichtages im Privatrundfunkgesetz; aber diese Kleinigkeit hat weitreichende Konsequenzen. Es geht darum, zu verhindern, dass Millionen analoger UKWRadios in Sachsen ab dem 1. Januar 2015 sinnlos auf dem Schrottplatz landen. Denn wenn es nach der Staatsregierung und der derzeit gültigen Gesetzeslage geht, dann wird die analoge Hörfunkübertragung auf UKW am 31. Dezember 2014 eingestellt.
Dieser Stichtag ist aus unserer Sicht aus vielerlei Gründen unsinnig. Es geht nicht darum, technischen Fortschritt aufzuhalten. Dass eine Digitalisierung kommen wird, ist, denke ich, allen klar. Aber es geht darum, dass sich neue Technologien am Markt und beim Verbraucher durchsetzen sollen und die Entscheidung darüber nicht Beamte am Ministeriumstisch fällen.
Ich möchte nur kurz auf einige Argumente eingehen, die in der Diskussion über den Gesetzentwurf von den Gegnern des Gesetzentwurfes hervorgebracht wurden. Das eine war: Die Bundesebene schreibt uns vor, dass wir diesen Stichtag in Sachsen zwingend brauchen. Dem ist nicht so. Es gibt keine Vorschrift auf Bundesebene, die vorschreibt, dass wir zum 1. Januar 2015 den UKWHörfunk in Sachsen abschalten müssen.
Ein zweites Argument ist, man brauche die Frequenzen für andere Dienste, beispielsweise für die Datenübertragung. Dass man im UKW-Bereich verschiedene Funktionen nutzen kann, ist klar. Aber wer weiß schon heute, was im Jahr 2014 oder 2015 der technische Stand ist und was wie zur drahtlosen Datenübertragung genutzt wird. Ich halte das für einen ziemlichen Blick in die Kristallkugel. Das ist kein Argument dafür, dass alle UKW-Radios verschrottet werden müssen.
Drittes Argument: Alle Programmanbieter wollten ja diese Umstellung. Was die öffentlich-rechtlichen Anbieter
betrifft, darf man nicht vergessen, dass der Gebührenzahler bisher mit Millionen teure Digitalrundfunkexperimente bezuschusst hat, ohne dass sich die Technologie durchgesetzt hat, weil es keinen Mehrwert für die Hörer gab. Und was die privaten Rundfunkveranstalter betrifft, so müssten diese das selbst bezahlen. Deshalb braucht man sich nicht zu wundern, dass sich dort die Begeisterung sehr in Grenzen hält. Wenn man mit den einzelnen Rundfunkveranstaltern spricht, dann hört man immer das eine Argument: Die Kosten für die Umstellung werden auf sie zurollen, die müssen sie tragen. Ihre Reichweite erhöhen sie aber nicht, und die Einnahmen hängen an der Reichweite. Das heißt, wirtschaftlich ist es für die privaten Rundfunkveranstalter ein Minusgeschäft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entscheidung, wie, aus welcher Quelle und in welchem Standard zukünftig Radiosendungen produziert und verbreitet werden, wollen wir gern den Anbietern und den Hörern überlassen. Deshalb wollen wir diesen Stichtag streichen. Wir wollen damit verhindern, dass Millionen UKWRadios verschrottet werden müssen.
Sie können unserem einfach gehaltenen Gesetzentwurf zustimmen. Den Rest meiner Rede gebe ich zu Protokoll.
Wenn Sie der Auffassung sind, dass der Staat technologische Meilensteine vorschreiben soll, sind Sie dann analog – im Bereich der Verlagshäuser und Zeitungen – auch der Meinung, dass wir als Staat vorschreiben müssten, auf welcher Art von Druckmaschinen oder auf welcher Art von Papier Zeitungen und Magazine gedruckt werden sollen?
Hörfunk, so wie wir ihn kennen, gibt es seit ungefähr 90 Jahren. In den Sechzigerjahren begann die Ausstrahlung von Stereosendungen. Seither hat sich im Prinzip nichts am technischen Standard bei Rundfunkübertragungen geändert.
Ein entscheidendes Problem allerdings gibt es mit UKW: Der analoge Übertragungsstandard lässt nur eine eingeschränkte Bandbreite und damit eine begrenzte Anzahl von Programmen zu. Dieses Problem verschärfte sich mit der Einführung des privaten Hörfunks in Deutschland 1987 zur buchstäblichen „Frequenzknappheit“.
Die Lösung des Problems sahen seinerzeit viele Experten und Medienmacher in der Digitalisierung der Rundfunkübertragung. Sie hofften, dass danach ein Vielfaches an Frequenzen zur Verfügung stehen würde.
Von 1993 an bis 1998 gab es deshalb Feldversuche und bundesweite Pilotprojekte zur Einführung von Digitalradio. Als Sendestandard diente das bereits 1985 entwickelte Digital Audio Broadcasting – kurz „DAB“. Es wurde ein bundesweites Testnetz eingerichtet. Dieser Übertragungsstandard konnte sich aber nie durchsetzen – weder bei den Verbrauchern, also den Radiohörern, noch bei der Industrie und auch nicht bei den Radiomachern. Der wesentliche Grund: Der Mehrwert für den Nutzer gegenüber UKW ist nicht wirklich erkennbar.
Trotzdem hielt die Politik lange an einer „von oben“ angeordneten Digitalisierung des Rundfunks via DAB fest.
Bis 2001 wurden so bundesweit rund 350 Millionen Euro öffentliche Gelder in DAB investiert. Sachsen investierte nach Angaben der Staatsregierung allein bis 2004 fast 4,8 Millionen Euro. Inzwischen gilt DAB auf der ganzen Linie als gescheitert.
Die privaten Anbieter haben sich fast vollständig zurückgezogen, in Sachsen senden lediglich die drei öffentlichrechtlichen Programme Deutschlandfunk, Deutschlandradio und MDR Klassik via DAB.
Zudem ist die technische Entwicklung längst weiter. Neben dem Internet und damit zahlreichen Webradios, die dank moderner Handys auch mobil empfangbar sind, werden verschiedene technische Standards als Nachfolger von UKW diskutiert.
DAB-plus, DMB, DVB-T, DRM, HD-Radio – der Überblick fällt sogar Fachleuten schwer. Trotzdem hält der Freistaat Sachsen an einer vollständigen Umstellung hin zu digitaler Übertragung per Stichtag fest.
Die aktuelle Gesetzeslage sieht grundsätzlich die Umstellung von analoger auf digitale Technik ab dem 1. Januar 2010 vor. Für die Übertragung von UKWHörfunkprogrammen gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2014. Ab 1. Januar 2015 soll somit die derzeit vorherrschende Hörfunkübertragung zugunsten digitaler Übertragungstechnik eingestellt werden.
Da es momentan nach Angaben der Industrie durchschnittlich sieben UKW-Radios pro Haushalt gibt, wären mit dieser Stichtagsregelung über Nacht mehrere Millionen analoge Radios in Sachsen unbrauchbar, weil diese dann nicht mehr zum Empfang von Radioprogrammen geeignet wären.
In Anbetracht der beschriebenen Vielzahl von möglichen Übertragungsstandards haben die Verbraucher keine Möglichkeit, sich rechtzeitig und sinnvoll auf die neue Situation einzustellen und sich mit entsprechenden Endgeräten einzudecken – im Unterschied übrigens zum digitalen Antennenfernsehen. Hier war der Sendestandard klar definiert und die Endgeräte mussten nur um ein kleines, verhältnismäßig preiswertes Zusatzteil ergänzt werden.
Der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion ist deshalb vernünftig, logisch, ja zwingend nötig und leicht umzusetzen. Die Stichtagsregelung in § 4 Abs. 6 des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes wird lediglich ersatzlos gestrichen. Damit entfällt die Pflicht zur Umstellung auf digitalen Hörfunk per 31. Dezember 2014.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst einmal den Kultusminister aus seiner Bredouille erlösen, weil ich glaube, dass ein unglückliches Zitat hier zu sehr eigenartigen Reaktionen geführt hat. Aber den Anlass bot leider der Kultusminister.
Im Original heißt das Zitat: „Orandum est, ut sit mens sana in corpore sano.“ Da die wenigsten von uns Lateiner sind, übersetze ich es auch gern noch einmal. „Es ist wünschenswert, dass in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohnt.“ Dies hat Juvenal gesagt, satirisch gemeint im Hinblick auf Gladiatoren. Deshalb ist leider die Aufregung entstanden, weil das Zitat falsch wiedergegeben wurde und weil der Kontext, meine Damen und Herren, leider auch nicht stimmt.
Vielleicht ein kleiner Tipp an die Redenschreiber im Kultusministerium, das nächste Mal besser nachzuschlagen.
Meine Damen und Herren! Der eine oder andere reibt sich vielleicht verwundert die Augen bei dieser Debatte. Drei Plenarsitzungen vor dem Ende der Legislatur sprechen wir über den Sport. Die Verwunderung nimmt zu, wenn man sich bei Wikipedia einmal die Begriffsdefinition für
das Wort „Regierungserklärung“ anschaut. Da steht, sie ist eine „Erläuterung politischer Handlungen, Pläne und Absichten einer Regierung,“
„bezogen auf einen konkreten Anlass oder bei Amtsantritt auf die gesamte Legislaturperiode“. Ich glaube, alles trifft nicht zu, was hier definiert wird. Das hier ist ein Versuch eines vorgezogenen Wahlkampfes. Wenn Sie denken, es hilft, na bitte, dann führen wir eben die Diskussion.
Aber was wir heute vom Sportminister gehört haben, war eher eine Mischung aus Statistikbericht und einer Reihe von Binsenweisheiten. Wirklich Neues konnte ich hier nicht entdecken.
Zugegeben, Sportpolitik findet hier im Landtag, im Plenum eher selten statt. Man kann sich fragen, woran das liegt. Zum einen ist es sicher so, dass es weniger Konfliktfelder als in vielen anderen Politikbereichen gibt. Die Sportförderung läuft im Wesentlichen sehr geräuschlos über den Landessportbund, der, glaube ich, eine gute Arbeit macht und für die man sich auch bedanken darf, meine Damen und Herren.
Der Etatansatz für die Sportförderung ist gerade im Haushalt auch einer der Punkte, der kaum umstritten ist, sondern in der Tat fraktionsübergreifend getragen wird.
Doch, meine Damen und Herren, es lohnt sich, Sportpolitik einmal näher zu betrachten und zu diskutieren, denn auch da gibt es Handlungsbedarf. Keine Frage, Sport und insbesondere Vereinssport ist für Kinder und Jugendliche die beste Sozialarbeit, die es gibt. Dort können sie Erfolg erleben, manchmal aber auch Misserfolg. Sie lernen, sich im Wettbewerb zu behaupten – auch wenn das vielleicht einigen hier im Haus nicht gefällt –, und sie erwerben Sozialkompetenzen und Teamfähigkeit. Natürlich werden beim Sport auch Werte vermittelt: Rücksichtnahme, Fairness, viele andere Dinge, die man im normalen Leben sehr gut gebrauchen kann. Das Ganze macht – das ist das Wichtigste – auch Spaß. Es gibt Jugendliche, die wissen gar nicht mehr, wie viel Spaß echtes Fußballspielen macht. Sie bevorzugen den Sport auf ihrer Playstation. Das kann nicht zufriedenstellen. Genau diese Jugendlichen muss man auf den Sportplatz zurückholen, meine Damen und Herren.
Wir müssen die Sportförderung aber auch mehr als bisher als Jugendarbeit begreifen und gezielt unterstützen. Es geht darum, dass wir die Mitte unserer Gesellschaft stärken und über den Sport zeigen, dass man mit Anstrengung und Leistung etwas erreichen kann. Nichts verkörpert diese Philosophie besser als der Sport.
Der Staatsminister hat in seiner Erklärung betont, dass der Schulsport in Sachsen besondere Beachtung findet. Lassen Sie mich dazu feststellen: Die neuen Lehrpläne waren überfällig, die bis dahin geltenden ziemlich veraltet, sie hatten insbesondere Leistungsschwächere eher frustriert als motiviert. Ich hoffe, das wird jetzt besser. Das Lob für den neuen Lehrplan geht insofern in Ordnung.
Doch was mich erstaunt, ist, dass Sie einen Anteil von 73 % ausgebildeter Sportlehrer in Grundschulen hier überschwänglich feiern. Man kann die Sache auch einmal umgedreht betrachten, das heißt, jeder Vierte hat keine fachgerechte Ausbildung. Das ist nun wahrlich kein Ruhmesblatt für Sachsen.
Wenn man mit den Vereinen vergleicht, so werden dort ausgebildete Übungsleiter verlangt, beim Sportunterricht, der ja auch noch ein Fach ist, was eine hohe Unfallträchtigkeit besitzt, nicht. Hier wird einfach mit zweierlei Maß gemessen.