Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Frau Bonk, Herr Winkler, Herr Morlok, Frau de Haas, Herr Dr. Friedrich und Frau Schütz.
Meine Damen und Herren! Gemäß § 79 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages habe ich die 79. Sitzung für den heutigen Tag auf Verlangen der Linksfraktion.PDS einberufen. Ihnen liegt der Beratungsgegenstand vor.
Das Präsidium hat folgende Redezeiten beschlossen: CDU-Fraktion 60 Minuten, Linksfraktion.PDS 40 Minuten, SPD-Fraktion 20 Minuten; NPD-Fraktion, FDPFraktion, GRÜNE-Fraktion je 15 Minuten, fraktionslose MdL je 3 Minuten, Staatsregierung 40 Minuten.
Meine Damen und Herren! Zur Tagesordnung liegen mir ein Antrag der CDU- und der SPD-Fraktion in der Drucksache 4/8933 sowie ein Antrag der Fraktion GRÜNE in der Drucksache 4/8934 vor.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Verweis auf die gutachterliche Stellungnahme des Juristischen Dienstes vom 4. Juni beantrage ich im Namen der Koalitionsfraktionen die Erweiterung des Tagesordnungspunktes 1 um den Koalitionsantrag in der Drucksache 4/8933, Rückhaltlose Aufarbeitung der Aktenbestände des Landesamtes für Verfassungsschutz über Bestrebungen der Organisierten Kriminalität in Sachsen. Nach § 81 Abs. 4 wäre die Tagesordnung damit zu erweitern.
Wie der Titel sagt, ist die Koalition sehr um die Aufklärung der Vorgänge bemüht. Wir wollen aber ein Verfahren anwenden, das rechtsstaatlichen Prinzipien genügt. Insbesondere soll immer die Unschuldsvermutung gelten. Vorverurteilungen und auch Anschuldigungen sind nicht unser Stil.
Sondersitzung eine Geschäftsordnungsdebatte aufgenötigt wird. Ich möchte auf die Verfassungslage hinweisen. Es ist das verfassungsmäßige Recht eines Viertels der Mitglieder des Landtages, eine Sondersitzung einberufen zu lassen. Dies ist geschehen. Die CDU-Fraktion hätte die Möglichkeit dazu gehabt; sie hat es nicht getan.
Jetzt wird über Anträge gesprochen, die uns überhaupt nicht vorliegen. Weitere Anträge kommen. Keinem Abgeordneten liegen die Anträge vor, die jetzt auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen. Das ist für uns ein völlig inakzeptables Verfahren.
Ich will noch etwas zu der gutachterlichen Stellungnahme sagen. Sie widerspricht allem, was im Präsidium des Landtages gesagt und vereinbart worden ist.
Wenn es möglich wäre, dass jetzt x-beliebig viele Anträge auf die Tagesordnung gesetzt werden, dann könnte das Minderheitenrecht, eine Sondersitzung zu beantragen, durch die Koalition oder andere Fraktionen jederzeit unterlaufen werden. Das ist für uns nicht hinnehmbar.
Ich füge hinzu, dass der Präsident eine Einladung zur heutigen Sitzung verschickt hat, in der es unter Verweis auf die Geschäftsordnung heißt: „Einziger Tagesordnungspunkt: Antrag der Linksfraktion.PDS...“
Jeder Fraktion steht es frei, Änderungsanträge zu unserem Antrag zu stellen. Jede Fraktion kann sich in Redebeiträgen artikulieren und einzelnen Punkten zustimmen oder diese ablehnen. Was hier jetzt stattfindet, ist das Unterlaufen des verfassungsmäßigen Rechtes einer Minderheit, im Rahmen einer Sondersitzung im Landtag Dinge zu thematisieren.
Ich sage darüber hinaus, dass im Papier des Juristischen Dienstes die Formulierung steht, dass die Tagesordnung in diesem Punkt als festgestellt zu betrachten ist; ich verweise auf den zweiten Absatz.
Ferner verweise ich auf § 81 Abs. 4 der Geschäftsordnung: „Gegenstände, die nicht auf der festgestellten oder vom Landtag erweiterten Tagesordnung stehen, können nicht beraten werden, wenn zehn vom Hundert der Mitglieder des Landtages widersprechen.“
Genau dies tun wir hiermit. Wir möchten, dass eine Debatte auf der Basis des von uns eingereichten Antrages geführt wird. Dazu kann sich jeder verhalten. Wir wollen nicht, dass jetzt die NPD, die Koalition oder die GRÜNEN mit irgendwelchen Anträgen kommen. Das widerspräche dem Charakter einer Sondersitzung.
Ich verstehe nicht, inwieweit Ihr Minderheitenrecht dadurch infrage gestellt wird, dass wir eigene Anträge stellen. Sie haben die Sondersitzung beantragt; wir treffen uns hier. Über Ihren Antrag werden wir reden; denn er steht auf der Tagesordnung. Inwiefern sind Ihre Rechte eingeschränkt, wenn auch wir unsere Anträge zu demselben Thema auf die Tagesordnung bringen wollen?
Glauben Sie denn wirklich, Sie seien die Einzigen, die aufklären wollen? Uns eint hier ein Gedanke. Angesichts dessen finde ich es schon etwas seltsam, wenn hier eine solche Debatte vom Zaun gebrochen wird.
Herr Präsident! Es dürfte dem Hohen Haus bekannt sein – ich nehme an, bis zum letzten Platz –, dass die Beantragung einer Sonderlandtagssitzung im Kernbereich der Minderheitenrechte liegt. Deshalb gibt es den § 79 Abs. 4 der Geschäftsordnung, der einen ganz klaren Wortlaut hat:
„Verlangen ein Viertel der Mitglieder des Landtages oder die Staatsregierung die Einberufung des Landtages, so haben sie den gewünschten Beratungsgegenstand anzugeben. Der Präsident hat den Landtag unverzüglich zu einer Sitzung mit dem gewünschten Beratungsgegenstand einzuberufen.“ Und nur dazu!
Der gewünschte Beratungsgegenstand ist von der Linksfraktion.PDS in ihrem Antrag bezeichnet worden. Wenn Sie zu diesem Antrag Änderungsanträge stellen wollen, können Sie sie doch getrost einbringen und damit auf das, was beraten und beschlossen wird, Einfluss nehmen.
Sie können aber mitnichten – ich verspreche Ihnen, dass Ihnen das vom Verfassungsgericht wieder schwarz auf weiß ins Stammbuch geschrieben wird – einen völlig neuen Beratungsgegenstand aufmachen, indem Sie mit einem eigenen Antrag eine völlig andere Ausrichtung der Debatte anstreben; indem Sie die Redezeiten, die vom Präsidium für unseren Antrag festgelegt sind, beeinflussen und minimieren; indem Sie für die Zukunft einen Präzedenzfall in dem Sinne schaffen, dass jede beliebige Mehrheit dieses Hauses den Gegenstand, den eine Minderheit mit einem speziellen Thema einbringen will, dadurch ins Leere laufen lassen kann, dass drei, vier andere Anträge beigefügt werden, die der Debatte und der Beschlussfassung eine ganz andere Richtung geben.
Was dahintersteckt, ist klar: Ihnen sind der Gegenstand und die Beschlussfassungspunkte unangenehm. Außerdem haben Sie ein Problem mit dem Antrag der Linksfraktion.PDS: Änderungsanträge vorzunehmen, da dies Ihren Ritualen widerspricht.
Das mag bei allgemeinem politischem Geplänkel angehen. Bei der Materie, bei der wir jetzt sind, und bei dem, was sich hier im Lande abspielt und in der Rechtsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland nach 1949 seinesgleichen sucht, lassen wir Ihnen diese Nummer gewiss nicht durchgehen.
Meine Damen und Herren! Wird zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen noch das Wort gewünscht? – Bitte, Herr Dr. Gerstenberg.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Minderheitenrechte sind ein sehr hohes Gut in der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages, und gerade wir als kleinste Fraktion sind darauf angewiesen, dass diese gewahrt werden. Deshalb hören wir auch diese Argumentation mit Interesse.
Wir haben uns allerdings auf der Grundlage der Stellungnahme des Juristischen Dienstes, welche uns seit gestern vorliegt, entschlossen, einen eigenen Antrag einzubringen – natürlich nicht, um Minderheitenrechte zu beschneiden.
Das Minderheitenrecht auf eine Sondersitzung findet gerade hier gegenwärtig seine Erfüllung. Der Antrag, den die Linksfraktion.PDS dafür benannt hat, wird hier an erster Stelle beraten werden. Das ist selbstverständlich; so muss es auch sein.
Wir sehen keine Beschneidung der Minderheitenrechte darin, wenn andere Anträge, die diesen Beratungsgegenstand ebenfalls betreffen – dies trifft sowohl auf den Antrag der Koalition als auch auf den Antrag, den wir eingebracht haben, zu –, mit beraten und auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Für uns hatte die Variante, einen eigenen Antrag einzubringen – sicher ähnlich wie für die Koalition –, einen ganz wichtigen Beweggrund: Wir haben darin die Möglichkeit gesehen, den Beratungsgegenstand der heutigen Sondersitzung differenzierter in einem Antrag darzustellen und mehreren Anträgen auf dieser Sitzung zuzustimmen. Die Alternative ist, Änderungsanträge einzubringen. Auch dies haben wir bereits vorbereitet. Dort ist das Abstimmungsverhalten jedoch naturgemäß etwas anders.
Ich habe nun gemeinsam mit meiner Fraktion vernommen, dass die Linksfraktion.PDS entsprechend der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages ihren Wider
Es muss noch einmal präzisiert werden. Herr Bartl sagte gerade wortwörtlich: „Wir widersprechen mit mehr als einem Zehntel der vom Präsidenten festgelegten Tagesordnung.“ – Damit wäre die Sitzung jetzt zu Ende. Oder habe ich da etwas missverstanden?