Martin Dulig
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob die FDP
erst die Anzeigen schaltet und dann überlegt, was sie sagt, oder umgekehrt.
Es ist reiner Populismus. Ich bleibe bei dem, was Herr Colditz hier gesagt hat. Wir sind hier in der letzten Plenarsitzung und es wird natürlich ein sehr populäres Thema – ohne Frage –
auf die Tagesordnung gehoben und suggeriert, man könnte hier tatsächlich handstreichartig ein ganzes Schulkonzept mit einem Antrag beschließen.
Das ist unredlich, weil wir wissen, dass es eben nicht nur um die Frage geht, ob man die Mindestschülerzahl ändert, sondern es geht generell darum, ein Schulnetz zu sichern, es geht generell darum, ein wohnortnahes Schulnetz zu erhalten und vor allem Zukunftsfähigkeit abzusichern.
Nun bin ich trotzdem der Letzte, der dieses Schulgesetz verteidigt. Dieses Schulgesetz ist deutlich älter als diese Koalition, daran sei an dieser Stelle auch noch einmal erinnert. Wir haben aber versucht, die Spielräume des Schulgesetzes gemeinsam so auszuweiten, dass wir weitere Schulschließungen durchaus verhindert haben. Ich erinnere daran, dass wir durch den Koalitionsvertrag zusätzliche Kriterien erarbeitet haben, um gerade im dünn besiedelten Raum Schulschließungen zu verhindern. Insgesamt sind dadurch 200 Schulstandorte erhalten geblieben.
Das Problem dabei ist nur, dass es für die Schulen, die erhalten wurden, eine Selbstverständlichkeit ist. Sie sehen es nicht als eine Leistung der Koalition, dass sie jetzt noch am Leben sind. Aber für die, die trotzdem geschlossen worden sind, ist es ein schwacher Trost, dass die Nachbarschule erhalten geblieben ist. Es ist mir schon klar, dass deshalb das Argument problematisch ist. Aber es sei an dieser Stelle schon noch einmal darauf hingewiesen, dass wir uns in dieser Koalition sehr wohl Gedanken darüber gemacht haben, ein wohnortnahes Schulnetz zu erhalten,
und dass deshalb zumindest 200 Schulstandorte, die eigentlich zur Schließung vorgesehen waren, am Leben geblieben sind.
Wir haben massiven Handlungsbedarf; denn wenn wir uns nicht grundsätzlich überlegen, wie wir ein Schulnetz absichern, werden in einigen Jahren nur noch in den Kreisstädten weiterführende Schulen vorhanden sein. Die demografische Entwicklung geht ja weiter. Deshalb besteht Handlungsbedarf und wir müssen da grundsätzlicher herangehen – und durchaus mit kreativeren Lösungen –, als nur an der Frage der Mindestschülerzahl zu drehen. Es geht um die Frage der Absicherung von
Qualität und um die Frage der Absicherung von langfristigen Lösungen.
Nun wird es Sie nicht wundern, dass wir immer wieder auf Konzepte hinweisen, die wir von Anfang an diskutieren und die auch in der Frage der Sicherung der Schulstandorte eine Rolle spielen. Gemeinschaftsschulen sind eine Antwort darauf.
Auch wenn Sie es nicht gern hören, Herr Colditz, Gemeinschaftsschulen sind eine Antwort darauf, weil sie natürlich bis mindestens zur 8. Klasse die Schulgänge nicht trennen und weil deshalb mehr Schülerinnen und Schüler vor Ort an einer Schule sein können. Das ist das große Argument, das auch Ihre CDU-Bürgermeister überzeugt hat, die gesagt haben: Ja, wir wollen eine Gemeinschaftsschule. – Und das auch in Regionen, in denen die SPD gerade nicht sehr stark vertreten ist. Dort hat die CDU gesagt: Gute Lösung, machen wir!
Vor Ort ist man also viel pragmatischer, weil man weiß, dass es tatsächlich darum geht, eine wohnortnahe Schule zu erhalten.
Es geht auch darum, zum Beispiel mit den Möglichkeiten, die das Schulgesetz jetzt schon hat, flexibler umzugehen. Ich frage mich, warum es nicht möglich ist, eine Schule an mehreren Standorten zu haben. Wer sagt denn, dass die Zweizügigkeit unter einem Dach sein muss? Auch das kann eine Lösung sein, um wohnortnahe Schulen zu erhalten.
Ich bleibe dabei: Es geht grundsätzlich darum, das Schulgesetz zu ändern,
und wir werden dafür auch kämpfen. Gemeinschaftsschule ist eine Antwort, die Frage der Zügigkeit durchaus auch. Aber bitte mit einem langfristigem Konzept, denn das hat etwas mit Haushaltsstellen zu tun, es hat mit Lehrerstellen zu tun. Das hat etwas mit dem Schülerverkehr zu tun, und dabei sind die Kommunen mit im Boot. Ich kann nicht akzeptieren, dass der Schülerverkehr so organisiert wird, dass sich der Schulbus in konzentrischen Kreisen langsam auf die Schule zubewegt und die Kinder trotz niedrigerer Kilometerzahl länger im Bus sitzen, weil größere Entfernungen abgewickelt werden müssen, um viele Orte in diesen Schulverkehr einzubeziehen. Dort habe ich den Eindruck, dass viele Kommunen ihren öffentlichen Personennahverkehr auf den Schülerverkehr abschieben. Das kann nicht Sinn und Zweck der Sache sein.
Deshalb sage ich: Das ist nicht im Handstreich mit einem Antrag zu machen. Da braucht man schon tiefgründigere Überlegungen, aber dafür ist die FDP nun wirklich der falsche Ansprechpartner.
Danke.
Es ist für mich etwas Besonderes, hier zu stehen und nun am Schluss auch die Dankesworte meiner Fraktion zu formulieren. Ich bin ja neu in diesem Landtag, es ist meine erste Legislaturperiode. Sich nun bei jemandem zu bedanken, der Parlamentsgeschichte mitgeschrieben hat, ist schon etwas Besonderes; denn Sie sind der dienstälteste Präsident, haben diesen Landtag repräsentiert und sicherlich am Schluss mit einem der „buntesten“ Landtage – wobei wir alle auf eine Farbe verzichten können – zu tun gehabt und damit auch mit neuen und anderen Herausforderungen.
Deshalb muss man an dieser Stelle einfach nur danke sagen, wie Sie mit diesen Herausforderungen umgegangen sind, nämlich mit Ruhe, mit Bedacht und mit Würde. In den Dank schließe ich selbstverständlich die Arbeit der Vizepräsidenten ein. Es war auch für uns als SPD gut, dass wir mit Gunther Hatzsch als Vizepräsidenten jemanden hatten, der mit seiner lockeren Art zu moderieren so manche Auslegung der Geschäftsordnung auf seine Art gestaltet hat.
Deshalb an dieser Stelle ohne große Worte vielen Dank für Ihre Arbeit und alles Gute für Ihre Zukunft.
(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Übergabe von Blumen durch die Abg. Martin Dulig und Stefan Brangs, SPD, an die Vizepräsidenten Gunther Hatzsch und Regina Schulz)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten fünf Jahre waren gute und erfolgreiche Jahre für Sachsen, und dazu haben wir als SPD den entscheidenden Beitrag geleistet.
Wir haben für gute Arbeit und für wirtschaftliche Dynamik gesorgt, die Bildungschancen erhöht und entschlossen gegen Rechtsradikalismus, Hass und Gewalt gekämpft. Wir haben den sozialen Arbeitsmarkt vorangebracht, Gemeinschaftsschulen eingeführt, die Gebührenfreiheit für Studierende gesetzlich festgeschrieben, das beitragsfreie Vorschuljahr in Kindergärten durchgesetzt, das Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen“ geschaffen, 30 Millionen Euro jährlich in Ganztagsangebote gelenkt, das Kulturraumgesetz entfristet usw. Wir haben Sachsen vorangebracht.
Die SPD war der Taktgeber. Und als unser Koalitionspartner ins Schlingern geriet,
haben wir Kurs gehalten. Sachsen sieht heute anders aus als vor fünf Jahren. Wir haben dieses Land stärker und gerechter gemacht. Sachsen ist heute offener und vielfältiger. Wir haben den Mehltau abgeschüttelt, der sich in den Jahren absoluter Mehrheiten über das Land gelegt hatte. Wir haben alte Verkrustungen aufgebrochen, sind neue Wege gegangen, sind an viele Probleme neu herangegangen, haben alte Zöpfe abgeschnitten.
Ja, ich bin stolz auf das, was wir in dieser Koalition erreicht haben. Wir haben für viele Menschen neue Perspektiven eröffnet, in der Bildung mit der Gemeinschaftsschule.
Wir wollen eine neue Lernkultur. Wir wollen selbstbewusste Kinder, die Spaß am Lernen haben. Wir wollen engagierte Lehrer, die gern an ihrem Arbeitsplatz sind. Wir wollen staunende Eltern, die die Schule von heute nicht mehr wiedererkennen. Genau das finden wir in Gemeinschaftsschulen. Dort geht man neue, bessere Wege. Und ab Herbst werden wir in der Regierung noch eine Schippe drauflegen und die Gemeinschaftsschule zur Regelschule machen.
Wir haben für viele Menschen neue Perspektiven eröffnet; auf dem Arbeitsmarkt mit dem Kommunal-Kombi. Wir wollen auch jenen, die es auf dem ersten Arbeitsmarkt schwer haben, eine Chance geben. Arbeit ist in den Städten und Gemeinden genug vorhanden, sie muss nur gemacht werden.
Und der, der sie tut, muss auch ordentlich bezahlt werden. Das schaffen wir mit dem Kommunal-Kombi. Es bietet drei Jahre, mit denen man planen kann und so sein eigenes Geld verdient.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gemeinsam mit der CDU haben wir die Verwaltungsreform gestemmt, eine Reform, die diesen Namen auch verdient. Sie bedeutet mehr Verantwortung für die Kommunen und die Kreise. Gestärkt haben wir die Demokratie vor Ort und die Mitwirkungsrechte in den Kommunen.
Gemeinsam haben wir einen soliden Haushalt beschlossen, der uns auch in Zukunft finanzielle Spielräume eröffnet. Wir haben Überschüsse im Landeshaushalt, konnten einen Generationenfonds anlegen und Schulden abbauen.
Für diese erfolgreiche Arbeit möchte ich mich bei allen Beteiligten ausdrücklich bedanken.
Ich muss aber auch ehrlich sagen, wir in der Fraktion hätten uns in der konkreten Arbeit mehr vorstellen können, auch in der Zusammenarbeit mit den Kollegen der CDU. Gerade in der Zeit vor dieser letzten Plenarsitzung wäre mehr drin gewesen. Obwohl wir in Sachfragen oft nicht weit voneinander entfernt waren, sind viele Vorhaben im Treibsand der christdemokratischen Arbeitskreise stecken geblieben.
Das heißt, gleich nach der Wahl müssen wir Gas geben. Ein Antikorruptionsregister muss her, wir werden ein UHaft-Gesetz beschließen, auch um ein Personalvertretungsgesetz kommt die Union dann nicht mehr herum; und das Nichtraucherschutzgesetz muss es zügig geben, natürlich ohne Ausnahmen nur für Berufsschulen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Koalition geriet zwischenzeitlich schon in eine raue See. Die Landesbank
und der sogenannte Sachsen-Sumpf haben unsere Zusammenarbeit auf eine sehr harte Probe gestellt. Die SPD war dabei der stabile Faktor in dieser Regierung. Wir mussten das Steuer übernehmen, während andere den Kapitän oder Teile der Mannschaft ausgetauscht haben.
Das Personalkarussell hat sich bei der CDU zuweilen recht schnell gedreht. Wir haben wegen der Landesbank einen neuen Ministerpräsidenten, den dritten Finanzminister, einen neuen Kultusminister, den dritten Chef der Staatskanzlei, einen neuen Umweltminister und einen neuen Chef der CDU-Fraktion. Andere Minister sind uns durch Wahlen verloren gegangen. Darauf, dass der aktuelle Innenminister immer noch Buttolo heißt, hätte nach seiner Mafia-Rede kaum einer gewettet, und hätte der aktuelle Justizminister seinen Garten selbst gepflegt, würden wohl auch die Wetten auf seinen Abschied nicht so hoch stehen.
Nur am Rande: Wir finden es immer gut, wenn Politiker Flagge zeigen, aber es muss nicht vor dem Privathaus sein.
Bei unserem Koalitionspartner ist personell kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Das einzige Mitglied der Regierung, das neben dem Justizminister seit 2004 dasselbe Amt hat, heißt Thomas Jurk. So sieht Kontinuität und verlässliche Arbeit aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei seinem Amtsantritt hat der neue Ministerpräsident viele Erwartungen geweckt. In der damaligen Regierungserklärung hat er uns ein solidarisches Sachsen versprochen. Solidarisch mit den Menschen in diesem Land handelt in dieser Regierung nur eine Partei, und das ist die SPD.
Was haben wir denn gesehen? Nette Zeitungsartikel mit vielen schönen Bildern, inhaltlich dagegen nicht viel. Das gilt für den MP genauso wie für die gesamte CDU. Was wir hingegen von der Union hörten, waren recht ungewöhnliche Töne. Hat da etwa jemand ins SPD-Programm geschaut? Beitragsfreies Kita-Jahr, keine Studiengebühren, freier Eintritt für Kinder und Jugendliche ins Museum – alles lupenreine SPD-Forderungen. Für die Union bis vor Kurzem noch der Untergang des christlichen Abendlandes, ist es nun CDU-Programm. Frank-Walter Steinmeier hat dieses Prinzip „Abwarten, abgucken und draufsetzen“ genannt. Dieses Prinzip gilt in Berlin schon lange und seit Neuestem anscheinend auch in Sachsen.
Stichwort Studiengebühren: Das haben wir allein in der Koalition durchgesetzt. Bisher hat sich die CDU immer mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Hut ab vor solcher politischen Wendefähigkeit. Aber im Wenden kennen Sie sich ja aus.
Das kostenfreie Kita-Jahr haben wir in den letzten Haushaltsverhandlungen gegen große Widerstände durchge
setzt. Das war eine langjährige politische Forderung der SPD. Vorher war vom Ministerpräsidenten zu hören, dass man den Personalschlüssel in den Kitas verbessern wollte. Geld ausgeben wollten Sie dafür aber nicht. Jetzt wird das kostenfreie Kita-Jahr als Errungenschaft der CDU verkauft.
Jetzt, Herr Flath, muss ich doch noch einmal auf das eingehen, was Sie soeben als Legendenbildung versucht haben.
Also, entweder ist der Ministerpräsident ein schwacher Ministerpräsident oder seine eigene Fraktion ist ihm in den Rücken gefallen, denn wir haben doch seine Forderung nach Verbesserung des Personalschlüssels in den Kitas unterstützt. Warum ist diese Verbesserung dann nicht gekommen? Also, wo liegt denn jetzt die Schwäche, beim Ministerpräsidenten oder bei Ihrer Fraktion? An uns lag es nicht. Sie hätten uns sofort an Ihrer Seite gehabt, den Personalschlüssel zu verändern. Sie wollten es nicht. Also hören Sie auf mit dieser Legendenbildung!
Die CDU will freien Eintritt in die Museen für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren.
Genau diese Forderung findet sich in der Museumskonzeption, die Eva-Maria Stange erstellt hat. Diese Konzeption ist aber aus Kostengründen im Kabinett abgebügelt worden, weil freier Eintritt für Kinder angeblich zu teuer für den Freistaat sei. Aber Kosten spielen keine Rolle, wenn die CDU dann exakt unsere Idee in ihr Programm schreibt.
Das sind nur einige Beispiele von vielen. Sie machen aber eines deutlich: Die Antworten auf die Herausforderungen in Sachsen hat die SPD. Die SPD ist die einzige Partei, die diese Herausforderungen kraftvoll und mit Augenmaß angeht.
Auch an dieser Stelle will ich das Redemanuskript verlassen, um noch einmal auf die Debatte einzugehen, die soeben geführt worden ist. Das, was wir in den letzten Tagen und Wochen an öffentlicher Diskussion erlebt haben, ist ja auch eine Ablenkungsdebatte. Ich finde es wirklich im höchsten Maß erstaunlich, dass man gerade mit dem Finger auf eine SPD zeigt, eine SPD, die aufgrund ihrer Geschichte für Freiheit gestanden hat und dafür verfolgt wurde, eine SPD, die hier im Sächsischen Landtag als Einzige mit Nein gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hat, eine SPD, die sechs Landtagsabgeordnete verloren hat, weil sie von den Nazis ermordet wurden, eine SPD, die im Gelben Elend Genossinnen und Genossen sitzen hatte, weil sie eben nicht bei der Vereinigung mitgemacht, sondern für ihre sozialdemokratischen Ideale gestanden haben,
eine SPD, die sich 1989 als Partei gegründet hat und nicht wusste, welche Repressalien sie zu erleiden hat. Und Sie erzählen uns etwas von unserer Vergangenheit und mit wem wir zusammenarbeiten sollen oder nicht. Das ist doch eine Frechheit. Es ist beschämend.
Tun Sie doch bitte nicht so, als seien Sie damals alle in die CDU eingetreten, um das System von innen heraus zu verändern. Es war nun wirklich keine Heldentat, Mitglied einer Blockpartei zu sein.
Also, bitte!
Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass es nicht um den Einzelnen geht, um die Biografie des Einzelnen. Denn es gibt nicht die DDR-Biografie, es gibt nicht Schwarz und Weiß, sondern es gab sehr viel Grau. Deshalb kann man auch keine kollektive Vergebung aussprechen, sondern – darauf hat auch Thomas Jurk hingewiesen – jeder muss mit seiner Biografie individuell und selbstverantwortlich umgehen und sie bewerten können.
Aber die politische Diskussion ist doch eine andere: Wie gehen wir damit um? – Es geht um den Umgang mit der Vergangenheit und da mache ich diese Ablenkungsdebatten hier von Ihnen nicht mit.
Mit dem Finger auf eine SPD zu zeigen, rot-rote Hirngespinste an die Wand zu schreiben und vor Ort mit der PDS zusammenzuarbeiten, Bürgermeister wählen zu lassen, Koalitionen einzugehen,
das ist scheinheilig. Das machen wir nicht mit.
Sie haben den Anspruch, ab dem Herbst wieder allein zu regieren, aber die Umfragen zeigen deutlich: Die Sachsen wollen diese alten Verhältnisse nicht. Sie wollen keine Staatspartei, die selbstherrlich Entscheidungen treffen kann. Diese Zeiten sind vorbei. Das werden wir bei der Wahl am 30. August auch deutlich spüren.
Aber auch die Zeit für Schwarz-Gelb ist noch nicht angebrochen, denn die Menschen wissen, was das in der aktuellen Krise bedeuten würde. Sie trauen denen nicht, die mit ihrer neoliberalen Politik für die Krise mitverantwortlich sind. Wer jetzt noch immer weniger Staat und mehr Markt will, hat wirklich nichts verstanden.
Schwarz-Gelb in Sachsen wäre die Hochzeit einer ehemaligen Staatspartei mit den politischen Hasardeuren erster
Güte und auch der CDU ist bei dieser Sache nicht wohl. Zitat Flath: „Die Liberalen agieren eher nach dem Muster einer Werbetruppe, für die politische Inhalte zweitrangig sind.“
Aber Herr Zastrow scheint über die CDU ähnlich zu denken. Zitat: „Wer heute CDU wählt, kann genauso gut Lotto spielen“.
Eine ernsthafte Alternative sieht nun wirklich anders aus. Schwarz-Gelb, das heißt nichts Gutes für unser Land. Glaubt denn jemand im Ernst, dass unter Schwarz-Gelb das Studium in Sachsen wirklich gebührenfrei bleibt, dass dann der Kita-Besuch schrittweise von Gebühren befreit wird, dass der soziale Arbeitsmarkt gestärkt wird und dass die Starken helfen, die Schwachen starkzumachen? Das glaubt doch niemand, und die Menschen in Sachsen werden das am 30. August auch entsprechend sehen; dessen bin ich mir sicher.
Aber auch bei der Linkspartei machen sich Auflösungserscheinungen breit: Bettina Simon und Roland Weckesser in Sachsen, Carl Wechselberg in Berlin und Frau Kaufmann in Brüssel. Alle Genannten sagen: Die Linkspartei hat sich als ernst zu nehmende politische Kraft verabschiedet.
Bei der Listenkonferenz vor zwei Wochen konnte der offene Bruch gerade noch verhindert werden. Herr Hahn, Sie ringen verzweifelt darum, den Laden zusammenzuhalten,
und im Hintergrund scharrt Herr Scheel schon mit den Hufen. Ansonsten betreiben Sie nur das bekannte Haseund-Igel-Spiel mit der SPD. Wenn wir sagen „7,50 Euro Mindestlohn“, sagen Sie „10 Euro“. Wenn wir sagen „Ein gesundes Essen für jedes Kind in Sachsen“,
sagen Sie „Umsonst muss es sein!“. Wenn wir sagen „Ein Essen für jedes Schulkind umsonst“, sagen Sie: „Jeden Tag zwei Essen umsonst!“.
Es fallen mir noch viele Beispiele ein, die immer nur wieder deutlich machen: Was Sie da betreiben, ist unseriös.
Die SPD ist und bleibt der Garant für ein starkes und gerechtes Sachsen.
Wir übernehmen Gesamtverantwortung, wir spielen nicht die Wirtschaft gegen die Arbeitnehmer aus, nicht das Wachstum gegen die Umwelt. Wir behalten die Balance im Land. Wirtschaftlicher Erfolg, soziale Gerechtigkeit und ökologische Vernunft, das gehört für uns Sozialdemokraten zusammen. Wir spielen auf dem gesamten Spielfeld. So macht man Politik für die Mehrheit, für die Menschen in Sachsen. Das haben wir in den letzten fünf Jahren so gehalten und so wird es bleiben. Das garantieren wir.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gehört zur Wahrheit dazu, dass wir tatsächlich keine kostenfreie Schule haben. Nach
wie vor bezahlen Eltern für ihre Kinder – für Kopien, für Arbeitsmaterialien. Deshalb geht es nicht darum, dem Anliegen Ihres Gesetzentwurfes zu widersprechen, sondern den Weg, den Sie beschreiten wollen, kritisch zu hinterfragen.
Wir wollen eine kostenfreie Schule, wir wollen eine Lernmittelfreiheit. Deshalb ist das Anliegen unterstützenswert. Wir haben auch mit unserer Umfrage, die wir gemeinsam mit dem Landeselternrat durchgeführt haben, herausgestellt, dass tatsächlich eine große Belastung für Eltern vorhanden ist, deren Kinder zur Schule gehen. Ich sage ganz klar: Es gab so manchen Antrag oder Gesetzentwurf, den man aus Koalitionsdisziplin abgelehnt hat, aber bei diesem Gesetzentwurf mache ich das aus inhaltlicher Überzeugung. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab.
Mich wundert sogar, dass Sie diesen Gesetzentwurf auch mit dieser Begründung eingebracht haben; denn er widerspricht Ihren bildungspolitischen Forderungen. Sie widersprechen sich selbst, denn das, was Sie machen, ist lediglich eine Verschiebung derjenigen, die zu bezahlen haben. Es geht Ihnen darum, dass nicht die Eltern belastet werden, sondern dass diese Kosten der Freistaat übernimmt. Es geht nur um eine Verschiebung der Kosten. Kurz: Sie wollen die alte Schule festschreiben. Es geht überhaupt nicht um eine Veränderung von Schule.
Moment, natürlich hat Lernmittelfreiheit etwas mit Schulkultur und Lernkultur zu tun. Also Entschuldigung, das haben Sie doch selbst gesagt.
Zum Zweiten. Kollege Colditz hat darauf hingewiesen: Wenn wir nur diesen Weg gehen würden, wäre die Konsequenz, dass die verschiedenen Verlage eine große Kreativität entfalten werden, um zusätzliche Arbeitsmaterialien, Arbeitshefte, Erläuterungen, Erklärungen, Kopiervorlagen usw. zu entwickeln. Ihre Antwort darauf ist eine abschließende Lehrmittelliste. Das ist aber auch eine typische Antwort von Ihrer Seite; Sie wollen alles regeln. Aber wollten wir nicht eine verantwortliche Schule? Wollen wir nicht die pädagogische Freiheit vor Ort haben?
Soll dann, wenn in der einen Schule eine Veränderung stattfindet, erst eine Änderung des Gesetzes hier im Sächsischen Landtag verhandelt werden? Damit widersprechen Sie Ihren pädagogischen Ansätzen aber kolossal.
Ja.
Nein, Entschuldigung, das ist umgekehrt: Sie trauen der Schule nichts zu, sonst hätten Sie in Ihren Gesetzentwurf nicht eine abschließende Lehrmittelliste hineingeschrieben. So ist es doch, also ganz vorsichtig; ich komme doch schon dazu.
Wir wollen eine andere Schul- und Lernkultur, da brauchen wir natürlich auch den Umgang mit den Lehrmitteln. Sie wollen aber die alte Schule behalten, wollen eine abschließende Lehrmittelliste, und Sie wollen auch die Engführung auf Unterricht. Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf Ihre Unterrichtsschule fest, die Sie doch selbst abschaffen wollen. Was denn nun?
Wir schlagen zwei Wege vor, um dieses Ziel zu erreichen. Der eine Weg ist das Schulbudget, das heißt, den Schulen tatsächlich Geld in die Hand zu geben. Wir haben Vertrauen in die Schulen. Wir müssen ihnen die Freiheit geben, mit dieser Verantwortung umzugehen. Das kostet auch Geld. Wir haben einen ersten Schritt gemacht, indem wir in den Doppelhaushalt 10 Millionen Euro eingestellt haben. Das reicht nicht aus, das weiß ich auch. Es ist der erste Schritt. Aber wir wollten genau das erreichen: dass Schulbudgets eingerichtet werden, um verantwortlich damit umzugehen.
Das Zweite ist, das Effizienzpotenzial zu heben. Denn wir dürfen nicht nur die Kostenseite betrachten, sondern tatsächlich auch die Lernmittelseite als solche. Wir sehen also echtes Effizienzpotenzial:
erstens hinsichtlich der Ausstattung mit Schulbüchern, indem diese in Arbeitsbibliotheken bedarfsgerecht vorgehalten werden und nicht mehr jeder Lernende damit ausgestattet wird;
zweitens hinsichtlich der Arbeitshefte und Arbeitsblätter, indem der Lernprozess praktischer, projektorientierter und selbstbestimmter gestaltet wird, was die Verwendung dieser Lernmittel über weite Strecken erübrigt;
zum Dritten hinsichtlich der Ausstattung mit Taschenrechnern und der Nutzung neuer Medien, indem die ITTechnik weniger in Kabinetten exklusiv verschlossen als vielmehr in den Arbeitsräumen allgemein zugänglich und verwendbar stationiert und entsprechend ausgerüstet wird.
Kurz und gut, Sie widersprechen mit Ihrem Gesetzentwurf Ihrer eigentlichen, hier immer vorgetragenen bildungspolitischen Leitlinie. Auf der anderen Seite setzen Sie aber konsequent Ihr Ansinnen fort, alles regulieren zu wollen. Das widerspricht aber genau der Freiheit, die wir in den Schulen brauchen. Das Anliegen ist richtig, der Weg jedoch falsch. Aber weil Sie mit diesem Gesetzentwurf danebenliegen, ist klar, dass wir ihn ablehnen werden.
Vielen Dank.
Gewalt ist leider ein Phänomen unserer Gesellschaft, welches auch vor den Schulen nicht haltmacht. Wenn Deutschland mittlerweile nach den USA auf Platz 2 der schulischen Amokläufe liegt, dann sind wir zu Recht alarmiert, auch wenn es Sachsen nicht direkt betrifft.
Andererseits besteht kein Grund, das Thema zu skandalisieren. Der Antrag der FDP erweckt den Eindruck, als hätten wir es mit einem starken Anwachsen zu tun. Der sinkenden Statistik stehe eine hohe Dunkelziffer entgegen. Wenig später wird auf empirische Befunde verwiesen, nach denen die Anzeigebereitschaft bei Gewalttaten gestiegen sei. Wenn aber mehr Gewalttaten gemeldet werden und die Statistik trotzdem zurückgeht, dann spricht das nicht für eine Zunahme. So wichtig es ist, auch nichtkörperliche, also verbale und psychische Gewalt anzusprechen und zu bekämpfen, so unmöglich ist es, darüber eine auch nur einigermaßen belastbare Statistik zu erstellen.
Doch darauf kommt es aus unserer Sicht auch nicht an; denn unabhängig von der Gesamtzahl ist eben jeder einzelne Ausbruch von Gewalt einer zu viel. Wir sollten uns besser zwei Fragen stellen:
Erstens. Woraus resultiert Gewalt, welches sind die maßgeblichen Ursachen?
Zweitens. Welche Potenziale hat Schule, um diese Ursachen nachhaltig auszuschalten?
Die Frage 1 ist alles andere als trivial. Prof. Peter Struck von der Universität Hamburg fasst die vielen Studien hinsichtlich aggressionsauslösender Faktoren wie folgt in einer Rangordnung zusammen:
1. gewalttätige Eltern
2. Alkohol- und Drogenkonsum
3. gewaltbereite, „delinquente“ Freunde
4. soziale und schulische Niederlagen
5. das Sich-selbst-nicht-Mögen
6. übermäßige Scheu und
7. Spielen von Gewalt
Erleichtert wird sich jetzt derjenige zurücklehnen, der an den Schulen nichts verändern will oder sich als Lehrer ohnehin immer für alles verantwortlich gemacht fühlt: Die Schule kommt ja hier eher am Rande vor. Weit gefehlt, denn die Studien leuchten gewaltbereite Persönlichkeiten aus!
Das eigentlich gar nicht überraschende Ergebnis ist, dass es sich im Grunde um schwache, sehr schwache Personen handelt, die vor allem in Kombination mit einem hohen Anerkennungsbedürfnis zu Gewalttätern werden. Aus der Hirnforschung wissen wir zudem, dass die frühzeitige und häufige Konfrontation mit Gewalt dazu führt, dass sich die rechte, also emotionale Gehirnhälfte schlechter entwickelt und kleiner ist als bei normalen Menschen. Schließlich wissen wir, dass eine dominantere emotionale Gehirnhälfte ein hohes Potenzial an Gewalthemmung darstellt, weshalb es oft Männer sind, die gewalttätig werden.
Ich will es bei diesen Befunden belassen, denn Sie haben nun sicher bemerkt, dass die Schule hier nun doch ganz groß im Rennen ist; denn sie allein hat ein riesiges Potenzial, junge Menschen zu stärken – oder erst schwach zu machen. Sie hat ein riesiges Potenzial, jungen Menschen Anerkennung zu geben – oder zu verweigern. Sie hat ein riesiges Potenzial, die emotionale rechte Gehirnhälfte zu stärken – oder als „linkshirnige Einrichtung“, wie der anerkannte Hirnforscher Manfred Spitzer sagt, einseitig die andere Hälfte zu stärken.
Wenn wir die Schule als System – nicht die einzelne Schule! – so betrachten, dann wird klar, dass sich hier etwas grundlegend, fast schon paradigmatisch ändern muss: die Lern- und Schulkultur – und nicht nur das Klima, wie es im Antrag steht.
Unsere Schulen sind nach wie vor fixiert auf die Vermittlung von Wissen und entsprechendem Können. Sie vernachlässigen die soziale, kommunikative, ästhetische und emotionale Bindung. Selbst in den Fächern Musik und Kunst orientiert sich die Schule an „linkshirnigen“ Inhalten, vermittelt Wissen und will es prüfen und bewerten. Vom Unfug der Kopfnoten will ich gar nicht sprechen.
Wir brauchen und wollen dagegen eine Schule, die die ihnen anvertrauten jungen Menschen stärkt und stärkt und stärkt – und damit ein festes und nachhaltiges Fundament schafft, auch für Leistung. Das ist eine Schule, die sich am Lernfortschritt und der Entwicklung jedes Einzelnen orientiert und sich um ihn kümmert. Das ist eine Schule, die jeden achtet und Anerkennung sichert. Das ist eine Schule, deren Lehrplan weitgehend vom Leben der Lernenden bestimmt wird. Das ist eine Schule, die Raum für junge Menschen hat, selbst Verantwortung zu übernehmen. Das ist eine Schule, die Strukturen vorhält, mit denen nicht nur das Zusammenleben gesichert wird, sondern auch Konflikte gewaltlos ausgetragen werden können. Das ist eine zutiefst humane, demokratische und soziale Schule.
Wenn wir uns ernsthaft mit dem Thema Schule und Gewalt auseinandersetzen wollen, ist der vorliegende Antrag nicht die geeignete Basis. So will ich mit einer Frage abschließen, anhand deren Antwort jeder selbst prüfen kann, ob er mich verstanden hat oder nicht: Was antwortete ein finnischer Schulleiter auf die Frage, was denn die Schulen tun können, um künftig Amokläufe zu verhüten? „Wir müssen unsere Kinder einfach noch mehr lieben.“
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in Sachsen und auch hier im Sächsischen Landtag schon öfter mit den Themen konfrontiert worden, uns mit den Fragen auseinanderzusetzen: Was ist eine demokratische Kultur, was ist außerhalb einer demokratischen Kultur? Wir haben es im Sächsischen Landtag hautnah. Wir wissen doch, warum wir uns politisch engagieren. Wir wissen, warum wir das in unseren Parteien tun. Wir wissen, dass der Rahmen dafür durch das Grundgesetz geregelt ist. Das Grundgesetz definiert genau den Bereich, der vor allem mit dem Wort „Freiheit“ überschrieben ist, als den Bereich unseres demokratischen Gemeinwohls und unseres Wirkungskreises. Die, die sich außerhalb bewegen, sind Extremisten.
Ich glaube, am besten kann man sich gegen alle Formen von Extremismus wehren, indem man seine eigene demokratische Kultur in den Vordergrund stellt und diese auch pflegt, indem man für seine Themen und für Demokratie wirbt, indem man klarmacht, wofür die einzelnen Parteien stehen.
Wir müssen uns nicht allein mit der NPD-Fraktion hier im Landtag auseinandersetzen und sie bekämpfen, sondern wir müssen vor allem die Argumente in den Vordergrund stellen, die damals dazu geführt haben, dass viele Menschen in Sachsen diese Rechtsextremen gewählt haben. Das ist vor allem der Grund, warum wir auch selbstbewusst mit unseren Themen die Demokratie stärken müssen.
Wir müssen deshalb – und das haben wir auch in den letzten fünf Jahren getan – das Thema soziale Sicherheit, sozialen Aufstieg, soziale Gerechtigkeit mit in den Fokus stellen; denn da gab es in den letzten Jahren eine große Verunsicherung, die auch dazu geführt hat, dass Rechtsextremisten Zulauf bekommen haben.
Deshalb ist es auch die Frage, dass wir mit den Programmen, die wir aufgelegt haben, nicht nur einen Kampf gegen Rechtsextremismus führen, sondern wir führen einen Kampf für Demokratie. Es ist die Frage der Stärkung der Demokratie, die wir in den Mittelpunkt stellen müssen.
Ich kenne doch den Redebeitrag, der dann wahrscheinlich von Herrn Gansel kommen wird, – –
Dann ist es eben ein anderer, ist mir egal. Aber die Textbausteine von ihm sind ja austauschbar.
der natürlich mit dem Finger auf die ganzen Programme zeigen wird, die Vereine, Initiativen, Netzwerke gegen Rechtsextremismus unterstützen.
Es geht genau darum, nicht Sie zu bekämpfen. Sie sind da sozusagen nur ein Nebenaspekt. Überhöhen Sie sich mal nicht. Sie sind gar nicht so wichtig, Sie nehmen sich viel zu wichtig.
Es geht darum, Demokratie zu stärken. Wenn es eine starke Demokratie gibt, dann haben Sie auch keine Chance, garantiert!
Ich möchte aber auch noch einmal auf meinen Vorredner eingehen. Herr Bandmann, das ist schon immer das Problem, dass wir hier im Landtag eine Debatte haben, wo sich die NPD schnell zurücklehnen kann und beobachtet, wie sich der Kampf von ihr weg wendet und in eine andere Richtung geht. Wir müssen aufpassen, dass wir durch die Frage der Gleichsetzung nicht relativieren.
Ich hatte am Anfang gesagt, wir wissen, wofür wir stehen. Wir wissen, wofür wir kämpfen: für Demokratie, für unsere Grundüberzeugung und für die Einhaltung des Grundgesetzes. Deshalb müssen wir aufpassen, dass wir nicht in eine Relativierung kommen und damit in eine Verharmlosung.
Denn dann müssten Sie auch konsequenterweise jede Zusammenarbeit mit der Linken, die Sie vor Ort ja betreiben, aufgeben. Ansonsten sind Sie selbst jemand, der den Weg zu politischem Extremismus mit befördert. Den Vorwurf wollen Sie sich doch bestimmt nicht machen lassen.
Dann seien Sie bitte auch konsequent. Deshalb bitte ich darum, diesen Grundkonsens, den wir in unserer Demokratie haben, nicht zu verlassen, politischen Extremismus – egal von welcher Seite – dadurch zu bekämpfen, dass wir die Demokratie stärken und das Grundgesetz einhalten, aber auch keine Verharmlosung der tatsächlichen Gefahr hier in Sachsen begehen. Die Gefahr sitzt dort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gab gestern eine gewisse Aufregung, wie ich zumindest medial verfolgen konnte, dass es so viele Regierungserklärungen gibt. Die Aufregung habe ich nicht verstanden – das ist doch die Gelegenheit, sich über Politik auseinanderzusetzen.
Die Kritik kommt doch nur daher, dass man keine Antworten hat, und das hat man genau an Ihrer Rede, Frau Lay, gemerkt.
Denn wenn Sie der Rede von Thomas Jurk tatsächlich zugehört haben, dann kommt man zu einem anderen Ergebnis. Fünf Jahre mit einem sozialdemokratischen Wirtschaftsminister machen einen gravierenden Unterschied.
Das kann man zum Beispiel am Ministerium selbst sehen.
Bis 2004 war dieses Ministerium ein reines Wirtschaftsministerium. Was bis dahin immer vergessen wurde: Der Wirtschaftsminister ist auch ein Arbeitsminister.
Dieser Aspekt hat vorher keine Rolle gespielt. Da wurden nur rote Teppiche für Investoren ausgerollt und Betriebsräte eher als notwendiges Übel betrachtet. Heute besteht ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Minister und Gewerkschaften. Es gibt ein offenes Ohr für die Belegschaft von Unternehmen.
Fünf Jahre sozialdemokratisch geführtes Ministerium bedeuten auch eine gute Wirtschaftsbilanz. Vier Jahre der Amtszeit waren von einer außergewöhnlichen Entwicklung geprägt: Sinkende Arbeitslosenzahlen und starkes Wirtschaftswachstum haben diese Jahre bestimmt. Sach
sen war beim Wirtschaftswachstum an der Spitze aller Bundesländer.
Man könnte sagen: Da war es einfach, Wirtschaftsminister zu sein. Aber Thomas Jurk hat es sich nicht einfach gemacht und den Dingen ihren Lauf gelassen. Wir haben den Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Wir müssen dafür sorgen, dass jeder seine Lebenschancen verwirklichen kann. Sozialer Aufstieg muss für alle möglich sein. Thomas Jurk selbst steht glaubhaft für diesen Weg.
Natürlich ist Wachstum weiterhin notwendig. Es kommt aber darauf an, was wächst und wo etwas wächst. Auch hier haben wir entscheidende Weichen gestellt, und das ist in der Rede von Thomas Jurk auch deutlich geworden.
Wir haben mit der Weichenstellung nicht nur aus sozialdemokratischer Perspektive das Richtige getan. Die aktuelle Krise zeigt: Blindes Vertrauen in Wachstum und in Märkte ohne Regeln hat letztlich katastrophale Folgen. Diese Folgen spüren wir auch in Sachsen überall. Die Weltfinanzwirtschaft und – mit etwas Zeitverzögerung – die Weltwirtschaft haben einen Systeminfarkt erlitten. Die Krise lehrt uns, dass wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können. Wir müssen genauer hinsehen. Mit dem Systeminfarkt ist ganz offensichtlich geworden, dass sich Märkte eben nicht am besten selbst regulieren und auf staatliche Koordination verzichten können.
Wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit sind für uns die zwei Seiten derselben Medaille. Wer über Ordnungspolitik redet, der darf nicht über Insolvenz und Marktbereinigung reden. Ordnungspolitik heißt nicht nur Deregulierung, Privatisierung und Steuersenkung. Wer heute über Opel, Märklin oder Schiesser im Bund oder Qimonda, Palla oder Enka in Sachsen spricht, der spricht nicht nur über Absatzzahlen und Bilanzen, sondern auch über die Zukunft von Tausenden Menschen und ihrer Familien.
Ordnungspolitik heißt deshalb für uns: Kampf für neue Chancen und Kampf um jeden einzelnen Arbeitsplatz.
Was müssen wir tun, um das System vor Krisen zu schützen? Erstens. Die Märkte brauchen Spielregeln, die sie selbst nicht schaffen können. Zweitens. Der Markt allein schafft keine Gerechtigkeit und keine Solidarität. Deshalb brauchen wir den solidarischen und handlungsfähigen Sozialstaat.
Drittens. Das Streben nach Wachstum um jeden Preis ist falsch. Es geht um Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit.
Wir setzen dem blinden Streben nach immer Mehr eine Innovationsstrategie mit den zentralen Ansätzen Ressourceneffizienz und Innovation entgegen.
Liebe Kollegen und Kolleginnen! Gerade in den Zeiten der Krise kommt es auf Mut und Selbstvertrauen an. Es gibt keinen Grund, jetzt in Furcht zu erstarren. Wir können voller Zuversicht in die Zukunft schauen. Wir haben in den vergangenen Jahren durch unsere Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik die richtigen Weichen gestellt und wichtige Veränderungen eingeleitet, um den Freistaat zukunftsfähig zu machen.
Aufgrund der Zeit möchte ich mich auf wenige Schwerpunkte konzentrieren. Erstens. Wir haben in der EUFörderpolitik umgesteuert. Im Rahmen der EU-Förderung haben wir nicht länger nur in Beton investiert, sondern vor allem in die Köpfe. Zweitens. Wir stärken regionales Wachstum. Die einseitige Ausrichtung auf zentrale Leuchttürme wurde zugunsten regionaler Wachstumskerne und regionaler Wirtschaftskreisläufe geändert, zum Beispiel mit dem Programm „Regionales Wachstum“. Drittens. Wir haben eine aktive Arbeitsmarktpolitik eingeführt. Durch den sozialen Arbeitsmarkt – Stichwort Kommunal-Kombi – konnten Tausende Langzeitarbeitslose wieder in die Gesellschaft integriert werden. Viertens. Wir haben Forschung und Entwicklung ausgebaut. Wir haben gemeinsam mit der Koalition den Ausbau der sächsischen Forschungslandschaft vorangetrieben. Diese Entwicklung haben wir durch einen Innovationsfonds und einen Hightech-Gründungsfonds nachhaltig vorangebracht.
Dies alles haben wir bei einem ausgeglichenen Haushalt geschafft, der uns nun auch einen gewissen Spielraum für die Zukunft einräumt. Gleichzeitig haben wir in die Zukunft investiert:
in Gemeinschaftsschulen, Kitas, kostenfreies Vorschuljahr. Es gibt also keinen Grund zu Furcht und Angst, für übertriebene Schwarzmalerei. Wir sind gut aufgestellt. Wenn wir die begonnenen Weichenstellungen fortsetzen, werden wir gestärkt aus der Krise hervorgehen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben unsere Lehren aus der Krise gezogen und werden alles daransetzen, wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit wieder miteinander zu verbinden. Das ist die Politik der sozialen Marktwirtschaft.
Das heißt für uns auch: starke Mitbestimmung und soziale Partnerschaft. Ohne sie ist soziale Marktwirtschaft nicht denkbar. Es kommt darauf an, dass niemand zurückgelassen wird,
denn die Gesellschaft zusammenzuhalten ist mehr denn je unsere Aufgabe. Deshalb dürfen wir nicht nur einen Schutzschirm für Banken, sondern müssen ihn auch für den Mittelstand und die Arbeitsplätze aufspannen.
Es ist verwunderlich, wenn einige Banken schon wieder Milliardengewinne bekannt geben, aber gleichzeitig ihre wertlosen Schrottpapiere auf Kosten der Steuerzahler in einer Bad-Bank unterbringen wollen. Hier passt vieles nicht zusammen.
Immer mehr Menschen fordern eine Ordnung, die wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer Gerechtigkeit verbindet. Hier liegen die großen Chancen auch für den Freistaat Sachsen.
Wenn wir den von Thomas Jurk eingeschlagenen Weg weitergehen, ist diese Ordnung auch erreichbar. Deshalb muss auch diese sozialdemokratische Handschrift noch erkennbarer werden.
Erstens mit ökologischer Industriepolitik. Ökologische Industriepolitik wird ein Wachstumstreiber des 21. Jahrhunderts werden.
Deshalb ist sie ein wesentlicher Faktor in einer Zukunftsstrategie für den Freistaat. Ökologische Industriepolitik ist ein Ansatz, um ökonomische Vernunft mit ökologischem Verantwortungsbewusstsein zu verbinden.
Umwelttechnik hat sich dabei zu einer Schlüsseltechnologie entwickelt. Im globalen Wettbewerb werden jene Länder und Regionen vorn liegen, die bei den Effizienztechnologien, den erneuerbaren und alternativen Energien und dem Rohstoffrecycling führend sind. Wir haben dafür gesorgt, dass Sachsen in diese Bereiche investiert und somit dauerhafte Arbeitsplätze entstanden sind.
Für eine positive wirtschaftliche Entwicklung werden Human- und Umweltkapital sowie Energiekosten zu entscheidenden Produktionsfaktoren. Deshalb stehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für diesen Gesamtansatz, der Wirtschafts- und Umweltpolitik miteinander verbindet. Damit wird der Freistaat Sachsen ökonomisch und ökologisch zum Vorreiter. Allein in den letzten Jahren sind in dem Bereich circa 7 000 hoch produktive und innovative Arbeitsplätze entstanden. Nach aktuellen Prognosen werden allein in den nächsten Jahren
mindestens 24 500 weitere Arbeitsplätze entstehen können. Unser Ziel ist es, den Freistaat Sachsen in den kommenden zehn Jahren durch gezielte Ansiedlung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen zum Zentrum von Umwelt- und Energietechnik zu machen.
Zweitens mit guter Arbeit und gerechten Löhnen für alle. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist für uns das Hauptanliegen im Bereich der sozialen Gerechtigkeit und der Teilhabe an der Gesellschaft. Wir sind nicht bereit, Arbeitslosigkeit zu finanzieren, sondern werden sinnvolle Beschäftigung unterstützen. Mit unserem Projekt „Kommunal-Kombi“ wurde der Einstieg in den sozialen Arbeitsmarkt gemacht. Kein anderes Bundesland gibt so viel Geld für aktive Arbeitsmarktpolitik aus wie Sachsen.
Herr Bolick, wir sind damit zufrieden.
Wir werden bis Ende dieses Jahres 6 300 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze – und damit den Menschen wieder eine echte Chance auf Teilhabe am sozialen Leben und eine Arbeit, von der man leben kann –, geschaffen haben. Wer arbeitet, muss so viel verdienen, dass er seine Familie ernähren kann. Wenn Firmen aber weit unter Tarif bezahlen oder Lohn- und Zeitarbeit zu modernen Lohnsklaven werden, müssen wir handeln.
Staatsminister Thomas Jurk hat aktiv die Ausweitung der Mindestlohnregelung auf weitere Teilbranchen unterstützt. Das wollten Sie natürlich nicht sehen, Frau Lay.
Dennoch halten wir an unserer Forderung fest: Sachsen und Deutschland braucht einen gesetzlichen Mindestlohn.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten knapp fünf Jahren
Sachsen moderner, innovativer und leistungsfähiger gemacht. Thomas Jurk hat als Wirtschafts- und Arbeitsminister dazu einen großen Teil beigetragen.
Deshalb wird Sachsen die wirtschaftliche Krise auch gut überstehen, denn wir geben sozialdemokratische Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit. Wir werden uns weiter für nachhaltiges Wirtschaften im Rahmen der ökologischen Industriepolitik einsetzen. Wir stehen für gute Arbeit statt Billiglöhnen und Abschaffung von
Mitbestimmung und Kündigungsschutz. Wir sind die Garanten für mehr Bildung und Forschung in Sachsen.
Ganz anders würde es aussehen, wenn in Sachsen eine schwarz-gelbe Koalition regieren würde. Schwarz-Gelb ist nun einmal das Modell von gestern. Die Konservativen und Marktradikalen wissen das selbst. Ihr Programm – Steuersenkung, schwacher Staat, freies Spiel der Märkte – ist eine Vorstellung von der Welt, die gerade krachend gescheitert ist.
Es gibt in Sachsen auch keine Mehrheit für diese Koalition. Herr Zastrow und auch Herr Flath trommeln zwar schon eine ganze Weile dafür, und manche eigene, selbst bezahlte Umfrage gibt ihnen recht;
aber die Zeichen der Zeit gehen in eine ganz andere Richtung. Nicht die Ansätze von vorgestern brauchen wir für eine positive Zukunft, sondern eine Renaissance einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik, die auf staatliche Intervention und Anreize für eine höhere Nachfrage setzt. Der maßlose Kasino-Kapitalismus hat sein Ende gefunden. Wir stehen für diese nachhaltige und sozial gerechte Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in Sachsen.
Thomas Jurk ist als Wirtschafts- und Arbeitsminister der Garant dafür.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede möchte ich mich zunächst bei Wirtschaftsminister Thomas Jurk bedanken. Von Anfang an hat er alles getan, um den drohenden Zusammenbruch von Qimonda zu verhindern. Unzählige Gespräche auf allen Ebenen dienten nur einem Ziel: eine Perspektive für dieses Unternehmen und seine Mitarbeiter zu schaffen.
Es wäre schön gewesen, wenn alle Verantwortungsträger dies mit genauso viel Engagement getan hätten. Erst als Qimonda und Infineon die Vereinbarungen im Finanz- und Businessplan nicht mehr einhalten konnten oder wollten, gab es für die Insolvenz keine Alternative mehr. Es gab keine privaten Investoren, die in größerem Umfang bei Qimonda einsteigen wollten; und Blankoschecks über Steuergelder sollten wir wegen der auffallenden Zurückhaltung der Muttergesellschaft Infineon, der Marktlage und der Fehler des Managements nicht ausstellen. Die Anstrengungen haben auch nach der Insolvenz nicht nachgelassen. Wir müssen die vielen Arbeitsplätze und den Hochtechnologiestandort für Sachsen, Deutschland und Europa erhalten. Die heutige Sitzung dagegen trägt zur Rettung von Qimonda nichts bei.
Ja, es wurde hier bereits auf den politischen Stil eingegangen. Was ist es für ein politischer Stil, wenn man bereits in der letzten Woche geplant hat, eine Sondersitzung durchzuführen, obwohl wir gerade eine Plenarsitzung hatten?! Wir hätten doch über einen Dringlichen Antrag sprechen können. Man wollte nichts anderes als heute dies als politisches Schaulaufen zu nutzen – nichts anderes!
Weil innerhalb der Linken die 31 Stimmen wahrscheinlich nicht mehr zusammengekommen sind, wurden die GRÜNEN sozusagen als notwendige Stimmenbeschaffer hinzugezogen. Es tut mir leid, liebe Antje Hermenau, starke Worte allein nützen nichts, da braucht man schon Substanz.
Wenn man anderen ein schlechtes Zeugnis ausstellen will, muss man aufpassen, dass man unter dem eigenen Rede
manuskript nicht die Beurteilung „Am Thema vorbei!“ stehen hat.
Nehmen Sie doch bitte Ihren Antrag, verteilen Sie ihn und zeigen Sie, was darin steht! Der erste Teil ist erfolgt. Thomas Jurk hat heute in seiner Rede genau das erfüllt, was Sie im ersten Teil wollten.
Wenn der zweite Teil das Konzept ist, das Sie vorschlagen, dann ist Ihnen die Staatsregierung bereits meilenweit voraus.
Sie sprechen von der Minderheitsbeteiligung. Das tut Thomas Jurk ebenfalls. Aber Thomas Jurk hat in seiner Rede vorhin deutlich gemacht, welche Bedingungen notwendig sind und wie er sich diese Beteiligung vorstellt. Von Ihnen: nichts, keine Substanz.
Der vorliegende Antrag suggeriert: Heute wird im Landtag eine Entscheidung über Qimonda getroffen, und wer unserem Antrag nicht zustimmt, arbeitet gegen den Erhalt von Qimonda. – Dies ist beides falsch.
Hier wird heute keine Entscheidung über die Zukunft von Qimonda gefällt, und der Antrag ist in dieser Form auch nicht zustimmungsfähig. Diese Sondersitzung ist der durchsichtige Versuch, in einer komplizierten Lage mit einfachen Botschaften Punkte zu machen. Sie wollen den Eindruck erwecken, die Verantwortlichen würden nichts tun. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.
Aber bei allen Bemühungen vonseiten des Wirtschaftsministers muss man auch sagen: Die Grundbedingungen für das Unternehmen sind und bleiben ungünstig. Die Wirtschaftskrise hinterlässt auch in der Chipbranche tiefe Spuren. Der Umsatz der inländischen Hersteller von Mikrochips wird nach Schätzungen 2009 um knapp ein Viertel schrumpfen. Das kann nicht ohne Auswirkungen auf Qimonda bleiben. Das Geschäftsjahr, das am 30. September 2008 endete, hat Qimonda wahrscheinlich mit einem Defizit von 1,9 Milliarden Euro beendet.
Natürlich kann man schlecht investieren, wenn man Verluste macht. Dabei ist aber schon vorher viel zu viel verpasst worden. In den für Qimonda und Infineon sehr erfolgreichen Jahren wurden die notwendigen Investitionen viel zu zögerlich umgesetzt. Das Mutterunternehmen Infineon hat in den Verhandlungen nicht den Eindruck erweckt, als sei es wirklich an der Rettung interessiert. Trotz der widrigen Umstände kämpft Thomas Jurk um Qimonda und um jeden Arbeitsplatz.
Die politisch Verantwortlichen auf allen anderen Ebenen zeigen dagegen sehr wenig Interesse daran, Hochtechnologien und Arbeitsplätze zu erhalten. Von den zuständigen Vertretern der Bundesregierung gibt es nur müde Absichtserklärungen ohne Folgen. Der Bundeswirtschaftsminister fliegt lieber in die USA, um die Chancen für Opel zu sondieren. Heraus kommt aber ein Schaulaufen für die Journalisten. Von staatlichen Beteiligungen an Unternehmen hält Herr zu Guttenberg in guter alter ordnungspolitischer Manier generell wenig. Eine Ausnahme scheint die Scheffler-Gruppe zu sein, die sich an ihrem Continental Deal mörderisch verhoben hat. Da ist dem CSU-Politiker die Jacke näher als die Hose. Die Arbeitsplätze von Scheffler liegen auch in Bayern, und nicht in Sachsen. Aber wie unser Wirtschaftsminister schon richtig sagte: Der Sitz von Qimonda ist München. Bayern ist deshalb auch betroffen, und die Europäische Union ist nicht wirklich bereit, dem letzten europäischen Halbleiterstandort unter die Arme zu greifen.
Dass hier mit europäischem Wettbewerbsrecht argumentiert wird, kann man nur als Farce bezeichnen. Europäischen Wettbewerb gibt es in dieser Branche nicht. Dresden ist der letzte europäische Standort, an dem Forschung und Entwicklung stattfinden. Es gibt jedoch einen ruinösen globalen Wettlauf der Chiphersteller. Wenn dieser so weitergeht, kann im Ziel nur ein Unternehmen übrig bleiben. Qimonda wird es nicht sein, wenn der Wettlauf auf asiatischer Seite weiter mit Milliarden Euro Staatshilfe unterstützt wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz dieser ungünstigen Umstände wurde Tag und Nacht an einer Lösung gearbeitet, und dafür gibt es wirklich einleuchtende Gründe. Sachsen, Deutschland und Europa brauchen den Hightech-Standort in Dresden. Insgesamt wurde seit Beginn der Neunzigerjahre in den Chipstandort Dresden ein Volumen von knapp 12 Milliarden Euro investiert. So entwickelte sich das größte Halbleiterentwicklungszentrum in Deutschland, gleichzeitig das größte industrielle Forschungs- und Entwicklungszentrum in Ostdeutschland überhaupt. Wir sprechen über den sächsischen Mikroelektronikcluster. Qimonda und Infineon spielen für diesen Cluster eine zentrale Rolle. Unserer Meinung nach kann man nicht erst Leuchttürme bauen und beim ersten Sturm das Licht ausschalten. Das ist ein trauriger Umgang mit dem Erbe Kurt Biedenkopfs.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! In allen politischen Lagern besteht Konsens darin, dass wir Qimonda erhalten wollen. Das kann ich jedenfalls dem entnehmen, was die Staatsregierung, die sie tragenden Fraktionen und große Teile der Opposition vertreten. Einzig die FDP handelt wie immer nach der Devise „Nach uns die Sintflut!“ und hält weiter an ihrer marktradikalen Propaganda fest. Die vielen Menschen, die von der Insolvenz von Qimonda betroffen sind, spielen in ihrer liberalen Welt keine Rolle.
Kleiner wird der Konsens bei der Frage, wie sich der Freistaat bei der Rettung engagieren soll. Staatliche Beteiligungen sind aus unserer Sicht grundsätzlich ein
sinnvolles Mittel, um Unternehmen zu helfen. Thomas Jurk hat immer deutlich gemacht, dass sich der Freistaat bei Qimonda finanziell engagieren werde. Deshalb stehen wir dafür, dass wir uns für eine gewisse Zeit als Anteilseigner für Qimonda am Standort Dresden einbringen. Aus unserer Sicht geht das nur durch eine Minderheitsbeteiligung von mindestens 25 % und eine Aktie. Damit hätten wir die Sperrminorität, die ein Engagement absichern könnte; denn wir wollen Qimonda hier am Standort Sachsen erhalten. Das ist der beste Weg.
Ein mögliches Modell ist in der Vergangenheit bereits erfolgreich angewendet worden. Die Messegesellschaft war beim Vorgänger von Qimonda beteiligt und ist mit einem Gewinn von fast 80 Millionen Euro nach einiger Zeit wieder ausgestiegen.
Dieser Ansatz wird auch vom Insolvenzverwalter als der erfolgversprechendste eingestuft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eben waren wir draußen bei den Demonstranten. Dort sind uns Menschen begegnet, die Hoffnung haben – darauf, dass es weitergeht. Mir gefällt, dass die Belegschaft nicht aufgibt. Sie glaubt an ihr Unternehmen und an die Zukunft der von ihnen entwickelten Technologie. Daran glaube ich auch. Deswegen kann ich allen hier im Saal und auf der Tribüne versichern: Wir geben nicht auf! Wir kämpfen bis zum Schluss um Qimonda! Wir kämpfen um das Unternehmen und um jeden Arbeitsplatz! Wir werden jede Chance nutzen, damit Qimonda in Dresden eine Zukunft hat!
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen von uns sind sicherlich
die Bilder von Winnenden noch im Kopf. Viele werden auch an Meißen und an Erfurt erinnert werden. Man fragt sich, warum ein Mensch einen solchen Hass entwickeln kann, einen Hass gegen sich, gegen Menschen, gegen Schule.
Ich weiß, dass es gefährlich ist, die Diskussionen jetzt miteinander zu verbinden. Ich will deshalb auch klar sagen, dass das für mich lediglich ein Anlass ist, auch über Grundsätze zu reden. Alles andere wäre eine Instrumentalisierung, wäre zynisch und falsch. Aber gerade solche Anlässe, wie wir sie gestern erleben mussten, zeigen auch, dass eine Diskussion über das, was in einer Gesellschaft, in einer Schule passiert, viel komplexer ist, als dass man es auf einzelne Themen reduziert wie auf Bezahlung, auf Stundentafeln, auf Schulstrukturen. Die Frage muss gestellt werden, was eigentlich in dieser Gesellschaft, in dieser Schule los ist.
Das ist ein Baustein dieser Debatte, und so möchte ich es auch verstanden wissen. Ein Baustein heißt zu fragen: Was passiert in Schulen? Welche Verantwortung haben Menschen, die dort arbeiten? Denn auf der einen Seite werden Lehrer sehr oft als Feuerwehrleute gebraucht, als Reparateure einer Gesellschaft.
Manchmal wird ihnen alles vor die Füße gekippt, und die Erwartung ist: Schule, mach mal! Auf der anderen Seite können wir aber auch nicht akzeptieren, dass Schule oder Lehrerinnen und Lehrer sagen: Wir haben mit solchen Problemen nichts zu tun; weil die Rahmenbedingungen so schwierig sind, ziehen wir uns auf den Fachunterricht zurück. Beides geht nicht. Aber beides gehört zusammen in die Debatte, weil wir darüber reden, was Motivation und Anerkennung ist. Das heißt, wir reden vor allem auch über das Berufsethos des Lehrers und der Lehrerin.
Es geht also darum, dass wir Schule und Bildung hinterfragen und diejenigen, die dort Verantwortung tragen, auch anerkennen und die Rahmenbedingungen so schaffen, dass Schule möglichst das erfüllen kann, was wir benötigen. Das heißt, wir reden über gute Arbeit, wir reden über Bezahlung, über sichere Perspektiven, wir reden über Tarif, über Vollbeschäftigung, wir reden über die auch in Sachsen notwendige Veränderung bei den Eingruppierungen. Diesbezüglich müssen wir eine Perspektive aufzeigen.
Das ist der eine Teil. Deshalb brauchen wir auch starke Gewerkschaften. Es liegt auch im Interesse des Staates, dort einen starken Interessenvertreter zu haben, der auch klar macht, was es für den Staat bedeutet, motivierte Lehrerinnen und Lehrer zu haben, die auch ihre Anerkennung in den Rahmenbedingungen der Bezahlung und in der Eingruppierung erhalten.
Natürlich gehört die gesamte Frage des Nachwuchses dazu. Ich bin froh, dass wir in den vergangenen Haushaltsverhandlungen gerade bei den Referendaren nachjustieren konnten. Denn gerade die Referendarzeit gehört mit zur Ausbildung, und es ist sinnvoll, dass sie abgeschlossen wird. Wir brauchen die neuen Lehrerinnen und Lehrer.
Konsequenterweise muss man natürlich auch die Einstellungskorridore erweitern. Lars Rohwer hat darauf hingewiesen. Das hat er auch vor einigen Jahren in einer von ihm gestellten Kleinen Anfrage nachgewiesen. Wir werden in Kürze ein großes Nachwuchsproblem haben. Zur Nachwuchsfrage gehört die Lehrerausbildung. Ich bin froh, dass jetzt eine Korrektur der Entscheidung getroffen wurde, was die Spezialisierung und Aufteilung der Lehrerausbildung in Dresden, Chemnitz und Leipzig betrifft.
Ich will den Bogen noch einmal zum Anfang spannen. Wir reden nicht nur über die Lehrerstellen oder über die Bezahlung, sondern wir reden natürlich über Bildung als solche, und dementsprechend ist das auch eine Frage von Motivation. Nur eine gute Schule wird auch eine Motivation bei Lehrerinnen und Lehrern erzeugen, sodass sie mit ihrer Arbeit und der Aufgabe zufrieden sein können. Nun brauche ich nicht das von uns bekannte Konzept auf den Tisch zu legen. Sie wissen, dass wir eine andere Schule wollen, dass wir eine verantwortliche Schule wollen, weil wir den Lehrerinnen und Lehrern mit ihren Kompetenzen vertrauen. Also brauchen wir nicht alles zu reglementieren, wir müssen ihnen auch mehr zutrauen. Das meinen wir mit verantwortlicher Schule.