Protokoll der Sitzung vom 21.06.2006

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 3

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Neuregelung des Stiftungsrechts im Freistaat Sachsen

Drucksache 4/5508, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums zu einer allgemeinen Aussprache vor. Es spricht daher nur die Einreicherin, die Staatsregierung. Ich bitte das Gesetz einzubringen. Es spricht Staatsminister Buttolo.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Neuregelung des Stiftungsrechts im Freistaat Sachsen soll das geltende Stiftungsgesetz der DDR vom 13. September 1990 durch ein sächsisches Gesetz ersetzen. Daneben soll das Stiftungsrecht in Sachsen modernisiert werden, um es für Stiftungen oder potenzielle Stifter anwenderfreundlicher zu gestalten.

Grundsätzlich hat sich das bisher im Freistaat Sachsen geltende Stiftungsgesetz bewährt. Deshalb greift der jetzt vorliegende Entwurf auch Anregungen und Erfahrungen aus der knapp 15-jährigen Praxis der Sächsischen Stiftungsaufsicht auf, um die stiftungsfreundlichen Grundlagen und Voraussetzungen im Freistaat Sachsen weiter auszubauen.

Zudem sind im Landesstiftungsrecht vor allem begriffliche Änderungen notwendig geworden, nachdem am 1. September 2002 auf Bundesebene das Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts in Kraft getreten ist. Seitdem werden Stiftungen des Privatrechts nicht mehr genehmigt, sondern als rechtsfähig anerkannt. Während

der Bundesgesetzgeber im Bürgerlichen Gesetzbuch im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung insoweit abschließend regelt, unter welchen Voraussetzungen die Rechtsfähigkeit der Stiftung des bürgerlichen Rechts anerkannt werden kann, obliegt es dem Landesgesetzgeber, Regelungen für die Stiftungspraxis zu treffen. Der Entwurf des Landesstiftungsgesetzes enthält daher ergänzende Vorschriften für das Verfahren und das weitere Leben der Stiftungen.

Enthalten sind insbesondere Regelungen zu den Stiftungsbehörden, der Stiftungsverwaltung, der Anerkennung von Stiftungen sowie der Stiftungsaufsicht. Das in Artikel 1 enthaltende Stiftungsgesetz ist anwendbar für Stiftungen des bürgerlichen Rechts sowie des öffentlichen Rechts. Darunter fallen namentlich auch die kommunalen und die kirchlichen Stiftungen.

Zu den wesentlichen Regelungen des Gesetzentwurfes im Einzelnen:

Die Regierungspräsidien sollen künftig als Stiftungsbehörden grundsätzlich für alle Stiftungen mit Sitz im Freistaat Sachsen zuständig sein. Sie nehmen die staatliche Aufsicht über bereits bestehende Stiftungen wahr, stehen aber auch angehenden Stiftern bei der Errichtung einer neuen Stiftung helfend und beratend zur Seite.

Eine weitere wesentliche Änderung ist die Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage für abweichende Zustän

digkeitsregelungen bei Stiftungen, an denen der Freistaat Sachsen beteiligt ist. In diesen Fällen kann dasjenige Ministerium durch Rechtsverordnung als Stiftungsbehörde bestimmt werden, in dessen Geschäftsbereich der Zweck der Stiftung fällt.

Umfassend regelt der Entwurf auch die Aufgaben der Stiftungsbehörden sowie die Rechte und Pflichten der Stiftung und ihrer Organe. Besondere Bedeutung hat hier der in § 4 niedergelegte Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Verwaltung des Stiftungsvermögens, wobei das Stiftungsvermögen wertmäßig in seinem Bestand zu erhalten ist. Dies dient im Interesse der Stiftungen einer dauerhaften Verwirklichung der Erfüllung dessen, was der Stifterwille als Zweck der Stiftung definiert.

Vorgesehen ist ferner, dass die seit 1990 bei den Stiftungsbehörden aufgebauten Stiftungsverzeichnisse für rechtsfähige Stiftungen unverändert weitergeführt werden. Neu ist unter dem Gesichtspunkt der Transparenz, dass dort nunmehr jeder Einsicht nehmen kann, etwa um zu erfahren, welche Zwecke eine bestimmte Stiftung verfolgt und welches Organ die Stiftung nach außen vertritt.

Mit Artikel 2 wird gleichzeitig das 7. Sächsische Kostenverzeichnis an die neuen stiftungsrechtlichen Bestimmungen angepasst. Mit Artikel 3 werden das bisher geltende Stiftungsgesetz sowie die dazu erlassene Zuständigkeitsverordnung aufgehoben. Bestanden im Freistaat Sachsen im Jahre 1990 lediglich 30 Stiftungen, so sind seitdem bis zum heutigen Tage knapp 230 rechtsfähige Stiftungen neu hinzugekommen.

Dieses hohe Maß an Bereitschaft zur Übernahme bürgerschaftlicher Mitverantwortung wird seitens der Sächsischen Staatsregierung gerade auch vor dem Hintergrund nicht weiter ausbaubarer staatlicher Leistungen in der heutigen Zeit ausdrücklich begrüßt und soll durch das Sächsische Stiftungsgesetz zusätzlich angeregt werden.

Mit der Schaffung einer klaren gesetzlichen Grundlage, in der die für alle potenziellen Stifter sowie für die Stiftungen wichtigen Vorschriften abschließend, verständlich und überschaubar zusammengefasst sind, wollen wir einen Beitrag zur Belebung der sächsischen Stiftungslandschaft leisten und das stiftungsfreundliche Klima im Freistaat Sachsen weiter verbessern.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Neuregelung des Stiftungsrechts im Freistaat Sachsen an den Innenausschuss – federführend –, an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss und an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an die von mir genannten Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist das einstimmig so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 3 beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 4

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung des Sächsischen Hochschulgesetzes (Juniorprofessurgesetz)

Drucksache 4/5512, Gesetzentwurf der Fraktion der FDP

Ich bitte um Einbringung. Herr Dr. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Juniorprofessur wurde mit Änderung des Hochschulrahmengesetzes im Jahr 2002 auf Bundesebene eingeführt. Seit dem 27. Juli 2004 haben wir Kenntnis davon, dass die Juniorprofessur eine Umsetzung in eine eigene landesrechtliche Regelung erfordert.

Zu diesem Zeitpunkt haben die Länder Thüringen, Bayern und auch Sachsen gegen die Vorgaben des Bundes zur Juniorprofessur vor dem Verfassungsgericht geklagt und Recht bekommen. Seit dem Urteil fehlt im Freistaat Sachsen die Rechtsgrundlage für die Ernennung neuer und für bereits bestehende Juniorprofessuren, die derzeit im Rahmen von Übergangsvorschriften weiterbestehen.

Die Zielsetzung der Juniorprofessur ist es, jungen Nachwuchswissenschaftlern schon mit Ende 20 selbstständiges

Lehren und Forschen zu ermöglichen und die wissenschaftliche Karriere attraktiver zu gestalten. Ein abgeschlossenes Hochschulstudium pädagogischer Eignung und die besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit sind die Einstellungsvoraussetzungen für eine Juniorprofessur. Sie nehmen Aufgaben in Forschung und Lehre sowie in den Hochschulgremien wahr, betreuen Promotionen und Studienabschlussarbeiten und sind berechtigt, Prüfungen abzunehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit einer rechtlich abgesicherten Juniorprofessur werden die sächsischen Hochschulen im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe attraktiver. Die langfristige Sicherung des Wissenschaftsstandortes Sachsen erfordert eine internationale Konkurrenzfähigkeit um die talentiertesten wissenschaftlichen Nachwuchseliten.

Der Freistaat Sachsen ist leider das letzte Bundesland, welches keine rechtliche Grundlage für die Juniorprofes

sur hat. Das Schneckentempo der schwarz-roten Regierungskoalition, sehr geehrte Damen und Herren, gefährdet damit die Konkurrenzfähigkeit der sächsischen Hochschulen.

(Beifall bei der FDP)

Im Fall der rechtlichen Umsetzung der Juniorprofessur hat das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst kläglich versagt.

(Staatsministerin Barbara Ludwig: Ja.)

Sie bestätigen es, Frau Ludwig.

Seit zwei Jahren hat das Ministerium positive Kenntnis davon, dass der Freistaat Sachsen eine landesrechtliche Grundlage schaffen muss. Mit dem Gesetz zur Änderung der dienst- und arbeitsrechtlichen Vorschriften im Hochschulbereich vom 27. Dezember 2004 gab es eine Verpflichtung, die Juniorprofessur bis zum 31. Dezember 2006 umzusetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Notwendigkeit der Juniorprofessur ist inhaltlich unumstritten und im Koalitionsvertrag von CDU- und SPD-Fraktion vereinbart worden. Was fehlt, ist die handwerkliche Umsetzung. Dabei hat es nie an Gelegenheiten gemangelt. Erst Ende des vergangenen Jahres haben wir im Sächsischen Landtag das Hochschulgesetz geändert und darin die neuen Abschlüsse Bachelor und Master verankert. Bereits zum damaligen Zeitpunkt wäre eine gesetzliche Regelung der Juniorprofessur möglich gewesen.

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Ludwig, Sie hätten wissen müssen, wie wichtig die schnelle rechtliche Absicherung der Juniorprofessur ist.

(Staatsministerin Barbara Ludwig: Das wissen wir, und deshalb machen wir es auch!)

Stattdessen gerät die Umsetzung der Juniorprofessur in den Streit von CDU- und SPD-Fraktion über die große Novelle zum Sächsischen Hochschulgesetz. Die erhebliche Verzögerung der Umsetzung der Juniorprofessur ist ein Baustein für die anhaltende Lähmung in der Entwicklung der sächsischen Hochschulen. Der Freistaat Sachsen ist in dieser Angelegenheit zum Schlusslicht in Deutschland geworden und ist in fast allen Bereichen bei den rechtlichen Vorgaben für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Hochschulen hinterher.

Der Freistaat Sachsen, das möchte ich an dieser Stelle auch betonen, verfügte in den neunziger Jahren über eines der modernsten Hochschulgesetze. Leider haben wir es nicht geschafft, das Gesetz den heutigen Bedürfnissen anzupassen. Mehr Autonomie für die Hochschulen, mehr Freiheit für Forschung und Lehre, weniger Bürokratie und Globalhaushalte sind erforderlich, damit die sächsischen Hochschulen im internationalen Wettbewerb bestehen können. Die große Novelle zum Sächsischen Hochschulgesetz sollte im April 2006, dann im Sommer dieses Jahres verabschiedet werden, und nach der neuesten

Meldung wird es das Gesetz erst im nächsten Jahr geben. Das ist Politik im Schneckentempo in Reinkultur.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von CDU- und SPD-Fraktion! Sie können nicht ewig diskutieren, Sie müssen auch Entscheidungen treffen. Die sächsischen Hochschulen meistern die schwierigen Bedingungen mit großem Einsatz. Doch gerade bei der Juniorprofessur sind die Auswirkungen des Nichthandelns des Ministeriums spürbar. Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle exemplarisch die Folgen dieses Stillstandes beschreiben. Diese wurden durch eine Pressemitteilung der Technischen Universität Chemnitz am 12. Mai 2006 und durch die Resolution der sächsischen Juniorprofessoren vom 24. Mai 2006 eindrucksvoll dargestellt. Die TU Chemnitz verlor einen Nachwuchswissenschaftler an die Smart Material GmbH. Für diesen Wissenschafter war die Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Juniorprofessur unerträglich gewesen. In der Resolution sprechen die sächsischen Juniorprofessoren von Demotivation, Frustration und einem erheblichen Maß an Behinderung ihrer wissenschaftlichen Arbeit durch die fehlende rechtliche Absicherung der Juniorprofessur.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Schneckentempo im Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst hat bereits Schäden in der Hochschullandschaft angerichtet. Dabei hilft es jetzt nicht, auf den Gesetzentwurf der Staatsregierung zu warten, den sie am 12. Juni 2006 angekündigt hat. Ich vermute, dass sich das Ministerium dazu genötigt gefühlt hat, nachdem am 8. Juni 2006 der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion in den Geschäftsgang gegeben wurde.

(Lachen der Staatsministerin Barbara Ludwig)

Nach Aussage der Staatsregierung wird deren Gesetzentwurf ein Teil des Haushaltsbegleitgesetzes sein. Dieses Gesetz wird wohl erst gegen Ende des Jahres 2006 beschlossen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Sächsische Landtag hat es – ein halbes Jahr früher – in der Hand, den Gesetzentwurf zur Juniorprofessur nach entsprechender Behandlung in den Ausschüssen schon im Juli 2006 im Plenum zu beschließen. Ich lade Sie alle im Interesse der sächsischen Hochschulen zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit an diesem Gesetzentwurf ein.