Es gibt einen weiteren Ansatz. Auch den sollten Sie zur Kenntnis nehmen – es ist schwer, ich weiß das –, und zwar geht es um die Frage des Gründungszuschusses. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass das wirklich ein absolut Erfolg versprechendes Instrument ist. Deshalb hat man diese Existenzgründungsförderung und das Überbrückungsgeld auch künftig so gestaltet, dass die Höhe des Arbeitslosengeldes plus 300 Euro für neun Monate gezahlt werden. Ich denke, auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Damit wird die Eigeninitiative gestärkt. Damit wird auch die Selbstständigkeit gestärkt. Das sollte man unterstützen.
Richtig ist auch, wenn man sich die Erfahrungen anderer Länder im europäischen Vergleich ansieht, dass, wenn
solche Reformen eingeleitet worden sind, es viele Jahre gedauert hat, bis sie dann wirklich umfassend verwirklicht worden sind und erste Erfolge zu verzeichnen waren.
Diese Einführungsphase haben wir gerade durchlebt. Dabei hat man festgestellt, dass es durchaus sinnhaft ist, dass man nachjustiert und an der einen oder anderen Stelle genau mit diesem Fortentwicklungsgesetz dazu beitragen muss, dass diese neuen Erkenntnisse, die man in diesem Prozess gewonnen hat, und die Erfahrungen, die da sind, durch gesetzliches Handeln untersetzt werden.
Ich glaube, dass es richtig ist, diesen Weg zu gehen. Wenn man zu dem Schluss gekommen ist, dass Fehler, die in der Vergangenheit begangen worden sind, zu beheben sind, dann muss man sie schnell beheben und etwas verändern.
Insofern wird mit diesem Gesetz die Eingliederung von Arbeitslosen verbessert. Es werden Lücken zum Leistungsrecht geschlossen. Es werden Nachbesserungen durchaus sinnhaft und richtig nachvollzogen. Mit einer Generalrevision – oder einer Abschaffung, wie sie die Linksfraktion.PDS fordert – kann nicht einmal der Ombudsrat mitgehen. Selbst der Ombudsrat sagt, dass diese Veränderungen, die stattgefunden haben, der richtige Weg sind und eine Generalrevision nicht notwendig ist. Insofern verstehen Sie, dass wir dem Antrag der FDP – so weit kommt es noch! –, der Linksfraktion.PDS nicht zustimmen können.
Ich will mich hier aber auch etwas selbstkritisch über die Frage auslassen: Wo liegt denn das Grundproblem in der gesamten Hartz-IV-Gesetzgebung? Es ist in der Tat so, dass wir trotz Verbesserungen im Vermittlungssystem und bei den Betreuungsleistungen in vielen Teilen Deutschlands und gerade in Ostdeutschland natürlich das eigentliche Problem, nämlich den Mangel an Arbeitsplatzangeboten, damit nicht in Gänze erledigt haben. Das heißt, wir haben nach wie vor ein fehlendes Arbeitsplatzangebot.
Deshalb muss natürlich das Augenmerk weiter darauf liegen, dass man stärker die Förderung in den Vordergrund bringt und nicht allein das Fordern. Insofern geht es auch darum, dass man darüber nachdenken muss, wie man mit einem solchen Instrument die Möglichkeit schafft, dass zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, die nicht in der Konkurrenzsituation zum Beispiel zum Handwerk zu sehen sind. Ein Ruf nach gezielten Fördermöglichkeiten und Formen von besonderer Unterstützung ist durchaus sinnhaft. Man könnte auch über die Zuverdienstmöglichkeiten reden und über Vergabe-ABM im Bereich von gesellschaftlich sinnvoller Arbeit. Auch das ist, denke ich, ein richtiger Ansatz.
Im Kern geht es darum: Arbeitslose Menschen wollen einen Arbeitsplatz. Insofern muss ich meinem Kollegen Schneider Recht geben. Die geführte Debatte über
Denn die Menschen handeln nicht deshalb missbräuchlich, weil sie Spielräume von Gesetzen einhalten. Sonst müsste sich vielleicht der eine oder andere hier im Raum auch als Schmarotzer bezeichnen lassen, weil er das Ehegattensplitting in Anspruch nimmt,
die Kilometerpauschale in Anspruch nimmt oder vielleicht die Förderung für Unternehmen in Anspruch genommen hat auf gesetzlicher Grundlage.
Aber wenn, das muss ich auch deutlich sagen, tatsächlich kein Arbeitswille erkennbar ist, dann muss man auch über Sanktionen reden dürfen. Oder ist das ein Tabuthema?
Jemand, der nicht in der Lage ist, dass er arbeiten kann, der qualifiziert wird, der gefördert wird und der es dann kann und auch will, das ist das eine. Aber man muss doch auch ehrlich den Dingen ins Auge sehen: Es gibt eine Reihe von Menschen, die auf dem Niveau der staatlichen Leistungen ganz gut leben, ganz gut damit auskommen
und gar kein Interesse daran haben, sich einer Arbeit zuzuwenden. Insofern muss man natürlich auch darüber reden.
Ich will damit, um das auch noch einmal klar zu benennen, keine Diskussion verschleiern, die im Kern das Problem Massenarbeitslosigkeit natürlich nicht lösen wird. Denn durch den Druck, den wir auf der einen Seite gegenüber den Arbeitslosen erhöhen, werden wir nicht zwangsläufig mehr Arbeitsplätze schaffen.
Insofern ist es richtig, wir müssen darüber nachdenken: Wie können wir gesellschaftlich anerkannte Formen von Arbeit initiieren? Wie schaffen wir es, auch gerade Formen von Arbeit für diejenigen zu organisieren, die am ersten Arbeitsmarkt keine Perspektive mehr haben? Auch damit müssen wir uns auseinander setzen.
Aber ich möchte auch eines sagen, was mir in den letzten Wochen sauer aufgestoßen ist und wovon ich glaube, dass dies eine Volkswirtschaft auf Dauer nicht verkraften kann: Es gibt in Sachsen auch Branchen, die volle Auftragsbücher haben, bei denen die Auftragsbücher fast überquellen. Gleichzeitig gibt es ein Anwachsen von Zeitarbeitsfirmen. Zeitarbeitsfirmen verdienen sich eine goldene Nase, da keine Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt geschaffen werden, sondern man dort für die Überbrückung eher Beschäftigte unter seltsamen Bedingungen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fast täglich diskutieren Wirtschaftsvertreter und Politiker in aller Öffentlichkeit die zum Teil absurdesten Ideen über immer größere Einschnitte in den sozialen Errungenschaften, während sie gleichzeitig weitere Steuererleichterungen und Bürokratieabbau im Interesse der Wirtschaft fordern.
Seit einigen Wochen stehen einmal mehr die Sozialleistungen für Langzeitarbeitslose, also ALG-II-Empfänger, Hartz-IV-Empfänger, unter Beschuss. Obwohl Studien belegen, dass Hartz IV schon jetzt zur Armut führt und die Grundsicherung von 345 Euro nicht einmal das Existenzminimum sichert, werden immer weitere, immer härtere Kürzungen eingeleitet. Erst im April waren weitere Verschärfungen und Kürzungen bei den HartzGesetzen, vor allem für Jugendliche unter 25 Jahren, in Kraft getreten. Binnen weniger Wochen wurden sie durch das Parlament und die gesetzgebenden Gremien gepeitscht.
Am 1. Juni dieses Jahres beschloss der Bundestag – wiederum im Eilverfahren – neue Kürzungen für HartzIV-Empfänger. Die jüngsten Änderungen sollen bereits zum 1. August in Kraft treten. Flankiert wird diese Verschärfung durch eine aufgeregte Diskussion über eine so genannte Hartz-IV-Generalrevision, mit der Arbeitslose endgültig auf ein absolutes Existenzminimum heruntergedrückt werden sollen. Die kursierenden Vorschläge für diese Generalrevision reichen von der Kürzung des Regelsatzes bis zum ehrenamtlichen Arbeitsdienst für Langzeitarbeitslose, und sie haben unsere Fraktion dazu bewogen, einen eigenen Antrag zu dieser Generalrevision einzubringen, der morgen auf der Tagesordnung steht.
Das Gesetz zur angeblichen Fortentwicklung der Grundsicherung ist eine schwere Artillerie gegen Langzeitarbeitslose und sieht insgesamt über 70 Änderungen vor. Die Bundesregierung erhofft sich dadurch ab 2007 die jährliche Einsparung von mindestens 1,2 Milliarden Euro. Schon in diesem Jahr sollen diverse Maßnahmen rund 400 Millionen Euro einbringen. So sollen die Arbeitsgemeinschaften von Kommunen und Arbeitsagenturen zur Betreuung der Langzeitarbeitslosen künftig vor allem neue Antragsteller mit einem Sofortangebot konfrontieren. In Ermangelung echter Stellen dürfte es sich dabei vor allem um das Anbieten von Ein-Euro-Jobs handeln. Wer solche Angebote nicht annimmt, soll künftig kein Arbeitslosengeld mehr erhalten. Das Ziel der Regierung besteht darin, auf diesem Weg mindestens 280 Millionen Euro einzusparen.
Die Sanktionen gegen Leistungsbezieher sollen vermehrt und verschärft werden. So erhalten die Behörden etwa bei jungen Arbeitslosen unter 25 Jahren mehr Spielraum für Leistungskürzungen bei Bedürftigen. Die Beschäftigten der Jobcenter sollen ermuntert werden, Strafen auch wirklich zu verhängen.
Für Menschen in Wohngemeinschaften gilt künftig die Umkehr der Beweislast. Nicht mehr die Arbeitsagentur muss nachweisen, dass sie eine Lebensgemeinschaft bilden und somit Einkommen und Vermögen des anderen angerechnet werden können. Nun müssen die angeblichen Wohngemeinschaften nachweisen, dass sie keine Lebensgemeinschaft sind. Es ist absolut schleierhaft, wie sie das bewerkstelligen sollen. Wenn sich zwei Personen für mindestens ein Jahr eine Wohnung teilen, gehen die Arbeitsagenturen grundsätzlich davon aus, dass beide beim Arbeitslosengeld II füreinander einstehen.
Datenschützer kritisieren ferner die Neuregelung zum Datenabgleich. Zum einen sollen nun auch private Callcenter im Auftrag der Behörden telefonische Daten bei Leistungsempfängern abfragen dürfen. Die Bundesregierung erwartet so die Ermittlung von angeblich unrechtmäßigen Leistungen in 60 000 Hartz-IV-Haushalten und die Einsparung von weiteren 300 Millionen Euro.
Doch auch der Datenaustausch zwischen Behörden wird erleichtert. So können zum Beispiel beim Kraftfahrzeugbundesamt in Flensburg Erkundigungen eingeholt werden, welche Fahrzeuge der Betroffene fährt, um beurteilen zu können, ob das Auto den Vermögensverhältnissen angemessen ist. Über 5 000 Euro sollte kein Auto eines Arbeitslosen wert sein. Hier erhofft sich die Regierung durch Leistungskürzungen in bis zu 100 000 Bedarfsgemeinschaften eine der größten Einsparungen, nämlich bis zu 500 Millionen Euro.
Aber damit nicht genug, werden die 356 Jobcenter jetzt auch noch zu flächendeckenden Spitzeldiensten ausgeweitet. Sie werden eingerichtet und sollen jährlich je 200 Missbrauchsfälle aufdecken. Die knapp 90 Städte und Gemeinden mit einer anderen Trägerschaft sollen sich dem anschließen. Leistungskürzungen von bis zu 440 Millionen Euro erwartet die Regierung hierdurch.
Die Hatz auf Langzeitarbeitslose, meine Damen und Herren, gewinnt damit eine neue Qualität. Die Beschäftigten der Jobcenter werden mit detaillierten Vorgaben der Regierung nach Einsparungen beim angeblichen Leistungsmissbrauch unter Druck gesetzt, drastische Kürzungen bei den Hartz-IV-Empfängern durchzusetzen.
Gleichzeitig findet eine beispiellose Hetzkampagne gegen Arbeitslose statt, mit der diese pauschal als arbeitsunwillig beschimpft und dem Verdacht des Abzockens von Leistungen ausgesetzt werden. Die angebliche Faulheit der Arbeitslosen dient wiederum als Rechtfertigung für einen gigantischen Überwachungsapparat, um die Arbeitslosen auch in unakzeptable Maßnahmen und Beschäftigungen zu zwingen bzw. sie davon abzuhalten, ihre Ansprüche geltend zu machen.
Als Grund für das verschärfte Vorgehen werden die ständig explodierenden Kosten für die Hartz-IVEmpfänger genannt. In diesem Jahr werden die staatlichen Ausgaben hierfür voraussichtlich rund drei bis vier Milliarden Euro über dem eingeplanten Etat liegen. Die Zahl der so genannten Bedarfsgemeinschaften, denen das Arbeitslosengeld II zusteht, ist seit Januar auf fast vier Millionen gestiegen. Die Zahl der Hartz-IVLeistungsempfänger lag im April bei über 5,2 Millionen Menschen. Insgesamt sind in den Großstädten, wie beispielsweise Berlin, rund 15 % der Menschen vom ALG II abhängig. Über 2,2 Millionen erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhielten das Arbeitslosengeld II, ohne arbeitslos zu sein. Rund 900 000 Geringverdiener erhielten die Unterstützung ergänzend zum Lohn.
Wir sehen, von den Verschärfungen des Hartz-IVGesetzes sind in unserem Land Millionen von Menschen betroffen, und das Schlimmste dabei ist, dass Millionen von ihnen vollkommen unschuldig an ihrer Situation sind. Unschuldig, da der Arbeitsmarkt vor allem in Mitteldeutschland nicht funktioniert und gerade auch in unseren ländlichen Gebieten hier in Sachsen viele gut ausgebildete Menschen einfach keinen Arbeitsplatz finden können.
Solange dies so ist, wird sich die NPD an keiner Politik auf dem Rücken der Arbeitslosen beteiligen und deshalb auch dem vorliegenden Antrag der PDS zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Linksfraktion.PDS fordert die Staatsregierung auf, im Bundesrat das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende abzulehnen. Abstimmungstermin im Bundesrat ist voraussichtlich der 7. Juli 2006. Das Gesetz war ursprünglich als Hartz-IVOptimierungsgesetz von CDU und SPD angekündigt worden. Der Begriff Optimierung wurde konsequenterweise jetzt im Titel gestrichen; denn das, was herausgekommen ist, ist ein Herumwerkeln an kleinen Schrauben und Schräubchen. Der angekündigte große Wurf ist erwartungsgemäß ausgeblieben.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat – wie die Linksfraktion – das Gesetz im Bundestag abgelehnt. Die Gründe hierfür unterscheiden sich größtenteils jedoch von denen der Linksfraktion. Vor diesem Hintergrund wird sich die FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag bei der Abstimmung zum vorliegenden Antrag enthalten.