Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es gut, dass wir heute über diese ELER-Verordnung debattieren. Im Artikel 6 der ELER-Verordnung ist festgeschrieben, dass
für alle Stufen der Ausarbeitung, Durchführung, Begleitung und Bewertung eine enge Abstimmung, also Partnerschaft, mit allen öffentlichen Körperschaften, Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie sonstigen geeigneten Einrichtungen und Organisationen zu erfolgen hat. Die Pflicht gilt sowohl für die nationale Strategie als auch für die Umsetzung in den jeweiligen Ländern. Gerade bei den Entwicklungsprogrammen in den Ländern ist diese partnerschaftliche Beteiligung besonders wichtig, da es hier um konkrete praktische Maßnahmen geht. Auch wir von der NPD-Fraktion kritisieren die fehlenden Mitwirkungsmöglichkeiten der beteiligten Verbände und Institutionen. Alle hatten zwar die Möglichkeit, Stellung zu nehmen; es wurden aber bisher keine oder kaum Vorschläge in das Entwicklungsprogramm aufgenommen.
Die Verzögerung der Entscheidung über den EU-Haushalt hat der Staatsregierung ein Argument gegeben, in der Vergangenheit zu behaupten, man kenne noch keine Zahlen und wisse deshalb noch nicht, wie die Mittelverwendung ausfallen soll. Irgendwann muss dann das Entwicklungsprogramm noch vom Bund und der EU notifiziert werden und letztendlich zum 1. Januar 2007 fertig sein.
Viele Verbände bzw. Wirtschafts- und Sozialpartner gestehen zwar ein, dass der Informationsfluss erstaunlich ist. Das heißt, man wundert sich, warum die Staatsregierung so offen ist. Das betrifft aber lediglich die Situationsanalyse.
Fast alle beklagen jedoch, dass die partnerschaftliche Zusammenarbeit mehr oder weniger darin besteht, dass sich die Staatsregierung die Vorschläge der Partner anhört, diese aber kaum aufgegriffen werden. Es wird auch festgestellt, dass die Staatsregierung parallel zu den Gesprächen mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern den Entwurf ausarbeitet. Es ist davon auszugehen, dass der Entwurf dann nur noch wenig verändert werden wird.
Es wird aus meiner Sicht eine Art Verschleppungstaktik gefahren, um dann mit dem Argument der fehlenden Zeit den Entwurf der Staatsregierung durchzudrücken. Mit Partnerschaft und Zusammenarbeit, wie im Artikel 6 der Verordnung gesetzlich festgelegt ist, hat dies aus meiner Sicht wenig zu tun. Die Staatsregierung und die Koalitionsfraktionen sind sich schon längst darüber einig, was nach ihrer Meinung das Beste für Sachsen sein soll.
Wir streiten hier über die Frage der Beteiligung von Partnern bei der Entwicklungsplanung für den ELER. Von Ihnen merkt allerdings wahrscheinlich immer noch keiner, dass er im falschen Zug sitzt. Wir reden hier nicht über EU-Geld – das haben wir bei ähnlichen Debatten immer wieder betont –, sondern über unser Geld, über Geld, das wir an die EU abführen und von dem wir dann großzügigerweise wieder einen Teil in unserem eigenen Land verwenden dürfen. Natürlich werden uns dann noch strenge Regeln vorgegeben, wofür wir unser Geld überhaupt verwenden dürfen. Rechtfertigen müssen wir uns dann auch noch, wenn wir das Geld ausgegeben haben.
Die Wirtschaft verlagert in allen Bereichen ihre Produktion in Länder mit niedrigen Löhnen und niedrigen Steuern. Diese Staaten bekommen dann zusätzlich noch enorme finanzielle Zuwendungen aus den Töpfen der EU. Deutschland als größter Nettozahler fördert also indirekt die Infrastruktur in den neuen Beitrittsländern und somit auch die Abwanderung unserer deutschen Unternehmen. Ist das Ihr Europagedanke?
Langfristig wird in Zukunft immer weniger von unserem Geld aus Brüssel zurück in unser Land fließen. Das betrifft die nächste, die kommende Förderperiode. Das wird auch die Förderperiode ab 2014 betreffen. Denn dann werden wir noch weniger Geld bekommen.
Es gibt zahlreiche neue Beitrittsländer, deren Finanzbedarf einem Fass ohne Boden gleicht. Solange man dies jedoch angesichts der aktuellen politischen Lage in unserem Land und innerhalb der Europäischen Union nicht ändern kann, so lange muss man zumindest das Beste daraus machen. Dazu gehört die umfangreiche Einbeziehung der Wirtschafts- und Sozialverbände und aller infrage kommenden Partner bei der Ausarbeitung der jeweiligen Entwicklungsprogramme.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Also, Herr Paul, Sie haben sich ja wieder einmal als der Gralshüter der EUpolitischen Dummheit hier erwiesen. Das, was Sie hier zur Struktur der EU-Fördergelder verkündet haben, war wieder einmal Dummheit.
Sehr geehrte Damen und Herren von der Linksfraktion.PDS, da hat sich jemand aus Ihren Reihen bei dem Debattentitel so richtig ausgetobt. Zuerst hatte ich gedacht, es ist ein Druckfehler und Sie meinten irgendetwas anderes. Ich habe dann nachfragen lassen und Sie meinten es genau so, wie es drinstand: „demokratische Erarbeitung“.
Grundsätzlich sollte eine Opposition Kritik üben, da, wo es notwendig ist, genauso wie eine Regierung kritikfähig sein sollte, ebenfalls da, wo es notwendig ist. Aber eben bei diesem Debattentitel könnte man meinen, wir hätten in der letzten Zeit in unterschiedlichen Ausschüssen gesessen.
Das Programm, das uns im letzten Umweltausschuss von Staatsminister Tillich vorgestellt wurde, wohlgemerkt ein Programmentwurf, noch nichts Beschlossenes, ist beachtlich in seinem Umfang, und ich meine auch inhaltlich. Mit den Operationellen Programmen werden entscheidende Weichen für den Aufbau Ost gestellt. Gerade weil nicht nur die Solidarpaktmittel aus den westlichen Bundesländern deutlich weniger werden, sondern auch die Strukturfondsmittel der EU, gilt es jetzt, die zur Verfügung stehenden Mittel – aktuell sind es in unserem Programm noch 805 Millionen Euro, also 250 Millionen Euro weniger – bestmöglich einzusetzen.
Das setzt aber eine Analyse voraus, wo und wie die bisherigen Mittel sinnvoll oder eben nicht sinnvoll eingesetzt wurden. Der vorgelegte Entwurf weist mit seinen sozioökonomischen Analysen der bisherigen Fördermaßnahmen die Bereiche aus, die ein hohes Wirkungspotenzial haben, beispielsweise den Erhalt von Kulturlandschaften und im Bereich der indirekten Beschäftigung. Ich finde es begrüßenswert, dass der ELER-Fonds die Steuergelder der Bürger – denn genau das sind sie; Gelder aus Brüssel sind auch immer etwas unsere gezahlten Steuern, aber nur etwas –
nicht nur verteilt, sondern evaluiert und nach ihrer Wirksamkeit vergibt. Diese Evaluierung kann nur in Zusammenarbeit mit Wirtschafts- und Sozialpartnern, den Umweltorganisationen und weiteren regionalen, lokalen sowie öffentlichen Körperschaften erfolgen. Landschaftspflegeverbände und anerkannte Naturschutzverbände haben sich zum Teil gemeinsam aktiv und verantwortungsbewusst in diesen Prozess eingebracht.
Es wurden auch neue wichtige Förderfelder ausgewiesen wie die Berücksichtigung von Natura 2000 und die Wasserrahmenrichtlinie, die Lebensmittelqualitätskontrolle und die so genannte Grundversorgung im ländlichen Raum, um nur einige zu nennen. Andererseits werden durch Cross Compliance einige bisher angebotene AgrarUmweltmaßnahmen nicht oder nicht mehr voll förderfähig sein. Deshalb müssen alle zukünftigen Förderoptionen verstärkt und auf ihre Effizienz hinsichtlich der Multifunktionalität unseres ländlichen Raumes geprüft und auf dieser Basis Prioritäten gesetzt werden.
Ob alle im Entwurf gesetzten Prioritäten unsere Zustimmung finden, muss man an anderer Stelle erörtern und dann hier im Haus bewerten. Ob die im Entwurf dargestellte Evaluierung exakt ist, wird uns spätestens der Gegencheck der EU-Kommission verraten.
Sehr geehrte Damen und Herren von der Linksfraktion.PDS! Was wollen Sie denn eigentlich genau? Ein basisdemokratisches Prozedere á la Ted-Abstimmung per Handy oder SMS nach dem Motto „Wer am lautesten schreit, erhält die meisten Fördergelder“? Leider sind wir in diesem Hohen Haus nicht bei „Wünsch dir was“!
Die Neuausrichtung der Agrarpolitik ist mit starken Veränderungen in der Landnutzung verbunden. Hinzu kommen der anhaltende Bevölkerungsrückgang sowie die überdurchschnittlich gestiegene Arbeitslosigkeit mit nunmehr 18,5 % im ländlichen Raum.
Vorrangige Entwicklung im ländlichen Raum muss aus liberaler Sicht daher sein, die regionalen Wirtschaftskreisläufe zu unterstützen, um Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu fördern und zu erhalten und solche Wirtschaftszweige zu stärken, die einem Erhalt der Kulturlandschaft und der Artenvielfalt dienen.
Bei der Lösung der kommenden Probleme ist es geboten, alle gesellschaftlichen Gruppen und Verbände in die Erarbeitung einzubeziehen. Die Staatsregierung ist gut beraten, dies zu tun. Das ist meiner Meinung nach im vorliegenden Fall auch geschehen. Hier kann sich Minister Jurk mal ein Beispiel an seinem Amtskollegen Tillich nehmen.
Das SMWA hat die umfangreichen Stellungnahmen der Wirtschaftsverbände zur Strukturfondsperiode 2007 bis 2013 nicht wirklich zur Kenntnis genommen, wie wir hier kürzlich in einer Debatte vorgetragen haben. Wie ich aber eingangs schon ausführte, sollte eine Opposition grundsätzlich Kritik da üben, wo es nötig ist. Ihre Kritik, sehr geehrte Damen und Herren von der Linksfraktion.PDS, hat Herr Tillich heute ausnahmsweise mal nicht verdient.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann ja verstehen, dass die FDP gern an der Regierung beteiligt werden möchte. Aber ganz so offensichtlich muss man es doch nicht machen.
Am Anfang möchte ich noch einmal kurz darauf eingehen, welche Bedeutung der ELER eigentlich hat. Der ELER mit 805 Millionen Euro – nicht 850 Millionen Euro, Frau Altmann; wahrscheinlich war das ein Versprecher – ist das zentrale Instrument für die Jahre 2007 bis 2013 für den ländlichen Raum. Der ELER ist natürlich die europäische Verordnung. Hier in Sachsen reden wir über die Entwicklungspläne für den ländlichen Raum, also über die EPLR.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen, ich muss mich jetzt meinem Vorredner ein Stück weit anschließen: Der Titel Ihrer Aktuellen Debatte ist daneben. Es kann natürlich nicht um die „demokratische Erarbeitung“ gehen, weil Demokratie heißt, dass entweder das Volk unmittelbar oder seine Vertreter, also der Sächsische Landtag oder der Bundestag, eine Entscheidung treffen.
Es wäre aus unserer Sicht durchaus diskussionswürdig zu sagen: Warum sollen wir nicht den EPLR, also den sächsischen Entwicklungsplan auf Grundlage des ELER, tatsächlich hier im Landtag diskutieren und beschließen? Das wäre eine schöne demokratische Geschichte.
Was Sie hier angreifen und auch zu Recht – an dem Punkt sind wir mit Ihnen einig –, ist, dass die durch die Staatsregierung vorgesehene Partizipation, das ist Beteiligung von gesellschaftlichen Gruppen, von Bürgern – ist aber nicht Demokratie –, de facto nicht stattgefunden hat.
Wir können aus unserer Sicht das, was Sie, Herr Staatsminister, getan haben, bestenfalls als Informationsübermittlung bezeichnen. Aber eine Beteiligung geht natürlich etwas weiter, als den Menschen ein paar Informationen hinzuwerfen und danach wieder einzusammeln, was sie darauf geantwortet haben.
Herr Heinz, ich wundere mich schon sehr, wenn ausgerechnet Sie von der CDU-Fraktion, die immer „Eins-zuEins-Umsetzung“ usw. schreien, sich darüber beklagen, dass die EU-Verordnung keine Zeitvorgaben für den Partizipationsprozess festgelegt hat. Ja, dann seien Sie doch froh, wenn uns die EU eine Freiheit gibt, die wir autonom ausfüllen können! Aber bei Ihrem zentralistischen Staatsverständnis fehlt Ihnen natürlich die partizipatorische Fantasie, um dies tatsächlich auszufüllen.
Dass dies nicht nur hergeholt ist, möchte ich Ihnen noch einmal sagen. Sie kennen das: Es gab in Eibenstock am 9. März eine Tagung der Wirtschafts- und Sozialpartner. Sie haben eine Resolution niedergelegt, aus der ich zitiere Die Sozialpartner haben darin geschrieben: „Wir sind enttäuscht, dass bisher im Freistaat Sachsen eine Beteiligung der zukünftigen Wirtschafts- und Sozialpartner bei der Planung der zukünftigen Fördermaßnahmen nur sehr begrenzt stattfindet.“ – Das ist natürlich die Höflichkeit. „Angesichts der knappen Fristen für den ländlichen Entwicklungsplan wird das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft dringend darum gebeten, zeitnah eine qualifizierte Beteiligung sicherzustellen, die den hohen Ansprüchen der ELER-Verordnung genügt.“
Herr Staatsminister Tillich, ich muss an dieser Stelle eine dezidierte Kritik anbringen: Wir fordern eine echte Partizipation, eine echte Beteiligung, die über eine reine Informationsübermittlung hinausgeht.
Danke. – Nach unserer Kenntnis besteht auch bei der EU-Kommission der Eindruck, dass man hier eben seitens der Staatsregierung nicht genug partizipatorische Fantasie walten lässt. Wir hoffen auf Bewegung im Rahmen Ihres Kommunikationskonzeptes und wir wollen diese Debatte noch für einige inhaltliche Punkte nutzen. Aber dies behalte ich meinem zweiten Redebeitrag vor.