Wir haben eine Polizei erlebt, die besonnen und zurückhaltend agierte, die sich im Hintergrund hielt und die gezielt auf Deeskalation setzte. Mein Kollege Rolf Seidel, ein Leipziger, wird dann noch einmal detailliert auf diese Dinge eingehen.
Ich bin sicher, kein Besucher der Weltmeisterschaft in Leipzig und kein Leipziger Bürger hatten in irgendeiner Weise unter dieser so genannten überzogenen Reaktion zu leiden, sondern das Sicherheitskonzept, randalbezogene Kriminelle vorher auszusortieren und sie am Zugang zu den Spielen und Plätzen zu hindern, war genau richtig. Deswegen Polizei und Sicherheitskräften herzlichen Dank von meiner Seite!
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Jubel-Bandmann! – Zuruf von der Linksfraktion.PDS: Der Jubelschlesier!)
Bandmann zu Fragen, welche Konzepte aufgegangen sind, ausgeführt worden. Ich möchte mich deshalb eher dem Teil widmen, welche Konzepte nicht aufgegangen sind.
Es gab zum Beispiel in den letzten Monaten eine Forderung, dass man wieder zu einem staatlich verordneten Patriotismus übergehen sollte. Da wurde etwas aus der Mottenkiste genommen. Ich denke, das ist nicht der Weg, den wir gehen sollten, um mit unserem Nationalgefühl umzugehen.
Dann gab es vor allem am rechten Rand die „braune Soße“ in unserem Landtag, die versucht hat, die Weltmeisterschaft vor allem als Bühne zu nutzen, um ihren neuen Nationalismus zu verkünden. Es war zumindest daran gedacht, am Rande von einzelnen Spielen Demonstrationen durchzuführen,
um eben dieses verklärte Geschichtsbild, was die Damen und Herren am rechten Rand doch immer von sich geben, noch einmal darzustellen.
Was wichtig ist und was ich herausstellen möchte, ist, dass die Menschen im Land genau darauf nicht eingegangen sind. Sie haben eindrucksvoll bewiesen, dass man keine „braunen Sprücheklopfer“ braucht, um einen ungezwungenen, positiven, farbenfrohen Umgang mit Schwarz-Rot-Gold zu praktizieren.
(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Alexander Delle, NPD: Die antinationale SPD!)
Es gibt natürlich auch einen Grund dafür zu sagen, wir haben eine Fußballweltmeisterschaft durchgeführt, die als Großereignis Fußballbegeisterung ausgelöst und dieses unverkrampfte Wir-Gefühl gefördert hat. Entscheidend ist, dass die Menschen es gefördert haben und nicht irgendjemand, der gemeint hat, er könne es für seine Zwecke ausnutzen. Insofern ist es wichtig, dass wir dieser Frage auch eine klare Absage erteilen und noch einmal darauf hinweisen, dass wir diesen staatlich verordneten Patriotismus und das Denken der NPD nicht brauchen und dass es vor allem wichtig ist festzustellen, dass es gelungen ist, dass wir diesen Kräften den Wind aus den Segeln nehmen konnten. Dazu hat im Wesentlichen die Polizei in ihrer Gesamtheit beigetragen. Auch von dieser Stelle herzlichen Dank für die dort geleistete Arbeit!
Ich denke, im Kern haben das alle Demokraten hier im Hause verstanden. Es gab da eine Ausnahme: die Kollegin Bonk; ich denke aber, das sind Nebenerscheinungen. Darüber muss die Fraktion selbst urteilen. Im Kern haben alle Demokraten verstanden: „Die Welt zu Gast bei Freunden“ war das Motto, nichts anderes. Das war sicherheitspolitisch und auch sportlich ein großer Erfolg.
Wenn wir aber noch einmal über die Frage der Sicherheit und der Sicherheitsstandards reden wollen, müssen wir auch – ich denke, das gehört dazu – an der einen oder anderen Stelle darüber sprechen, dass vielleicht nicht alles so gelaufen ist, wie man es sich vorgestellt hat. Ich will hier nur den Ticketverkauf als Thema anreißen. Da sind großzügig Daten gesammelt worden. Es gab im Vorfeld eine Auseinandersetzung der Datenschützer. Es ist darüber diskutiert worden, ob das alles notwendig und sinnhaft ist. Im Kern ist die Realität dann so gewesen, dass man doch ins Stadion kam. Es gab kleine Überprüfungen. Insofern kann man dazu noch einmal kritisch nachfragen, ob das notwendig war.
Genauso kritisch kann man nachfragen, ob diese gesamten Katastrophenschutzübungen im Vorfeld dieser Fußballweltmeisterschaft sinnhaft waren oder ob sie nicht zur Panik beigetragen haben, denn eines ist klar: Solche Übungen können nicht überraschende Szenarien enthalten, sondern es sind Abläufe, die im Wesentlichen bekannt sind. Es gab eine Ausnahme: Das Land Brandenburg hat am Bahnhof Gesundbrunnen eine Übung durchgeführt. Ich denke, das kann man durchaus als sinnhaften Umgang mit solchen Übungsformen verstehen.
Kollege Brangs, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie das Ticketverfahren mit einem kritischen Unterton angesprochen haben. Uns hat das Akkreditierungsverfahren wesentlich mehr Mühe gemacht. Sie wissen auch aus dem Innenausschuss, dass die Staatsregierung gesagt hat, sie prüfe, ob für das Akkreditierungsverfahren eine gesetzliche Grundlage erforderlich sei.
Ich möchte jetzt gern von Ihnen wissen, ob sich die SPDFraktion innerhalb der Koalition dafür einsetzen wird oder möchte, dass dort eine gesetzliche Grundlage geschaffen bzw. das Akkreditierungsverfahren in rechtsstaatliche Bahnen gelenkt wird.
Lieber Kollege, ich werde natürlich als jemand, der sich mit der Materie dann befasst, wenn er Datenmaterial hat, abwarten, was die Prüfung der Staatsregierung ergibt, und werde mich dann damit auseinander setzen, und wir werden uns sicher intern in der Fraktion zu einem Verfahren abstimmen.
Noch einmal zu dem Punkt der Fußballweltmeisterschaft: An dieser Stelle wurde auch deutlich: Die Polizei ist durchaus allein in der Lage, die innere Sicherheit zu gewährleisten. Dazu brauchen wir nicht eine Bundeswehr. Ich bin froh darüber –
das will ich Ihnen deutlich sagen –, dass wir in der Weltpresse keine Bilder von olivgrünen Soldaten gesehen haben, die vor den WM-Stadien ihr Biwak aufgeschlagen haben. Insofern glaube ich sagen zu dürfen, die Landes- und die Bundespolizei haben eine hervorragende Arbeit geleistet.
Aber – das muss man auch anmerken – es gab auch gewissen Sand im Getriebe, zum Beispiel bei der Frage, wie man mit den Beschäftigten umgegangen ist, nämlich welche Arbeitszeiten, welche Bereitschaftszeiten und welche Überstunden sie geleistet haben. Da gab es natürlich Probleme. Diese muss man mit Blick auf die Arbeitszeitregelung ansprechen. Es hat Veranstaltungen gegeben, da hätten laut Dienstplan die Einsatzhundertschaften in der Halbzeitpause abrücken müssen. Das haben sie natürlich nicht getan. Darüber sollten wir noch einmal nachdenken. Da müssen wir auch als SPD-Fraktion gegebenenfalls Überlegungen über Änderungen im Personalkonzept anstellen.
Was bleibt? Das Positive ist, dass sich die Polizei hervorragend präsentiert hat. Sie hat bis auf kleinere Zwischenfälle die Fußballweltmeisterschaft mit einer deeskalierenden Vorgehensweise hervorragend bewältigt. Was auch bleibt, ist, dass das neudeutsche öffentliche Sehen auf Plätzen, also Public Viewing, dazu beigetragen hat, dass dort ein Wir-Gefühl entstanden ist. Das war auch ein sinnvolles Angebot mit Blick auf die geringen Kartenkontingente. Ich will gern einräumen, dass ich mir gewünscht hätte, dass wir nicht nur in Leipzig eine solche Veranstaltung erlebt hätten, sondern dass auch in anderen Großstädten in Sachsen eine solche Maßnahme durchgeführt worden wäre.
Ich muss auf die Uhr schauen, deshalb bleibt mir zum Schluss nur noch zu sagen: Die freiheitlich-demokratische Grundordnung schützen wir von selbst, wir brauchen sie nicht, um Freiheiten einzugrenzen. Wir haben mit Blick auf die Polizei eine hervorragende Arbeit geleistet. Wir sollten aus der Fußballweltmeisterschaft die richtigen Schlüsse ziehen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Brangs, in unserer Fraktion sitzen nur Demokratinnen und Demokraten.
Das wollte ich einmal ganz klar sagen. Auch wenn wir unterschiedliche Positionen haben, ist das, denke ich,
Ansonsten glaube ich sagen zu dürfen, Fußball kann wirklich schön sein, ob die Tore von Klose, die Dribblings von Ronaldinho oder das Herz-Schmerz um Zidane. Gewonnen wurden nicht nur Medaillen, gewonnen hat vor allem Fairness, und zwar von Sportlern und von Fans aus aller Welt. Das ist der eigentliche Sieg.
Jetzt will ich einiges sagen. Wer hat denn die Hysterie im Vorfeld erzeugt? Wer hat denn die Hysterie im Vorfeld wegen mangelnder Sicherheit erzeugt? Es könne ja sein, dass sich bekriegende Fans aufeinander losgehen – wer hat denn das propagiert? Das waren doch wohl nicht wir! Ich erinnere nur an den denkwürdigen Vorschlag von Herrn Beckstein auf dem Europäischen Polizeikongress, vor den Fußballstadien Panzer aufzustellen, die Lust, noch vor der WM eine Verfassungsänderung durchzusetzen, um das möglich zu machen. Das kam doch wohl – in aller Bescheidenheit – nicht von uns. Man darf die Dinge nicht verdrehen und muss sagen, wie die Realitäten tatsächlich waren.
Natürlich ist uns auch bewusst – warum denn auch nicht –, dass die Sicherheit während der WM in hohem Maße durch eine gute Arbeit von Polizisten, Feuerwehrkräften, Katastrophenschutz und Rettungsdienst gewährleistet wurde. Denen gilt auch unser Dank. Warum denn auch nicht? Aber die größte Sicherheit, das will ich auch sagen, waren doch die Fans selbst. Das sollte man anerkennen. Umso mehr ist das Konvolut von Sicherheitsmaßnahmen kritisch zu überdenken. Ja, wir meinen schon, dass die WM gezielt genutzt wurde, um den sicherheitspolitischen Supergau zu probieren. Das ist so. Ich erinnere an die Akkreditierungspraxis, die wir im Vorfeld deutlich kritisiert haben, die gesetzeswidrig erfolgt ist. Der Verfassungsschutz war auch dabei. Auch das ist gesetzeswidrig. Ich erinnere an den automatisierten Datenhandel zwischen den Polizeien der europäischen Länder und daran, dass für den Einzelnen diese Dinge undurchschaubar werden. Ich erinnere an die allgegenwärtige Videoüberwachung und all das, was im Vorfeld geschah, ehe man überhaupt an eine Videoleinwand herantreten konnte. So rasterte es sich durch die WM. Die Einführung der Funkchips auf den Tickets, die als Bewegungsmelder agieren, sind für uns Zeichen für den Weg zum Überwachungsstaat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn nun die Schlussfolgerungen des Bundesinnenministers aus der WM – das konnte man ja hören – darin bestehen, dass man die Antiterrorgesetze verlängern müsste, weiß ich nicht, bei welcher WM er war. Sicherlich bei einer anderen. Wenn Geheimdienste künftig mehr polizeiliche und staatsanwaltliche Aufgaben übernehmen sollen, ohne den gerichtlichen Kontrollen zu unterliegen, ist es nicht weit bis zur Geheimpolizei. Wir betrachten das als Angriff auf die informationelle Selbstbestimmung der Bürger, wenn der BND künftig – und das ist ja nicht umsonst nach der WM gestreut worden – Daten von Fluggesellschaften, Post und Fernmeldegesellschaften in den Zugriff bekommen kann,
dass er zum Beispiel Fahrzeugdaten und Daten über Fahrzeughalter automatisiert erhalten kann, dass Kontostammdaten gewissermaßen automatisiert ausgekundschaftet werden können. Da sage ich schon, hier geht es um den gläsernen Menschen und nicht um die Sicherheit. Das wollen wir nicht.