Protokoll der Sitzung vom 20.07.2006

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Das sei abschließend auch noch gesagt – wenn Sie so wollen persönlich an Ihre Adresse, Herr Gansel –: Kinder sind die Zukunft unseres Landes. Wir brauchen deshalb

eine kinderfreundliche Gesellschaft. Diese werden aber nicht die völkisch-rassistisch geprägten NPD-Abgeordneten gestalten, die Kinder in erster Linie als demografische Ausgleichsmasse betrachten, egal ob für die Sozialsysteme oder für die deutsche Bevölkerung.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion.PDS und des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Die NPD-Fraktion hat noch einen Redner gemeldet. Herr Dr. Müller, bitte.

(Karl Nolle, SPD: Deutsche Legehenne!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wo ist denn Kollegin Lay hin? Ich wollte ihr gerade noch sagen, sie soll einmal ihren Blick zu unserer Fraktion schweifen lassen und auf die Altersstruktur schauen. Frau Ernst, Sie können das natürlich genauso gut machen. Ich sage Ihnen eines: Sie werden noch Tränen in den Augen haben; denn wir werden dieses Jahr mit Sicherheit die reproduktivste Fraktion dieses Hauses sein.

(Rita Henke, CDU: Ist das verordnet worden?)

Wir können es noch eine ganze Weile sein – im Gegensatz zu anderen. Ach, da kommt Frau Lay wieder. Ich hoffe, Sie haben es wenigstens gehört. Sie können dann nachlegen. Sie wären ja auch mal an der Reihe mit einem Kind, nicht?

(Uwe Leichsenring, NPD: Nicht, wenn man seinen Hund heiratet!)

Ich bin natürlich heute noch eines anderen belehrt worden. Herr Prof. Weiss hat sich jetzt auch aus dem Raum gemacht, aber sein Demokratie- und Verfassungsverständnis hat er heute klar zum Ausdruck gebracht, indem er einem Abgeordneten das Recht, seine freie Rede auszuüben, verweigern wollte. Das ist natürlich ein klares Bekenntnis, muss ich sagen.

Verblüfft hat mich Kollege Rößler, denn er hatte viele Dinge in seiner Rede drin, die man von etablierten Politikern so noch nicht gehört hat. Nach der Wende lernten die angehenden Politiker der neuen Bundesländer sehr schnell von ihren Vortänzern aus dem Westen, wie man sich politisch korrekt zu verhalten habe. Dazu gehörte auch, dass man als BRD-Politiker von der katastrophalen demografischen Entwicklung in Deutschland nach Möglichkeit nicht sprechen sollte.

(Volker Bandmann, CDU: Das ist ein völliger Blödsinn, was Sie erzählen!)

Wie so viele andere unsinnige politische Tabus in der BRD wurde die Einführung einer effizienten Bevölkerungspolitik mit dem obligaten Hinweis auf das Dritte Reich begründet.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Frau Lay hat das Klischee wieder erfüllt: Sie hat sofort wieder angefangen, mit den Zähnen zu fletschen. Es

handelt sich dabei jedoch um reine Volksverdummung, Herr Prof. Porsch; denn – wie auch namhafte Bevölkerungswissenschaftler festgestellt haben – unterschied sich diese Familien- und Bevölkerungspolitik doch prinzipiell kaum von der anderer in dieser Hinsicht erfolgreicher Staaten, zum Beispiel Frankreich, oder auch von der Familien- und Bevölkerungspolitik der ehemaligen DDR.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Nein!)

Wer trotzdem den Popanz Nationalsozialismus gegen die dringend notwendige bevölkerungspolitische Wende in Deutschland ins Feld führt, ist entweder schlecht informiert oder verfolgt schlechte Absichten, die eindeutig gegen die Interessen unseres Volkes gerichtet sind. Kann ein solches Verhalten, das im Westen seit den siebziger Jahren und in den neuen Bundesländern seit der Wende praktiziert wird, noch mit irgendwelchen Missverständnissen erklärt werden? Nein. Dies geschieht durch die etablierte Politikerkaste wider besseres Wissen. Der Grund ist nach meiner Überzeugung ganz klar: der Verkauf des Anspruchs auf eigenes Denken und Handeln für eine Chance auf Karriere in diesem wirtschaftlichen und politischen System, geprägt von Neoliberalismus, Globalismus und Multi-Kulti.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Könnten Sie das deutsch sagen?!)

Warum sonst wurden die ganz klaren Erkenntnisse ignoriert, die man in Sachsen bereits Mitte der neunziger Jahre im Zusammenhang mit der Schulnetzplanung gewann? Schon damals war die totale Implosion der Schülerjahrgänge mit Händen zu greifen. Weil man aber die schlimme Bevölkerungsentwicklung nicht thematisieren wollte, wurde die zusammenfassende Planung einfach eingestellt bzw. den Kommunen überantwortet, was auf das Gleiche hinauslief. Ein Nebeneffekt war, dass der damalige Kultusminister gehen musste.

Auch hierzu hatten wir in unserer Großen Anfrage eine Frage eingebaut, der die Staatsregierung erwartungsgemäß mit einem billigen Trick ausgewichen ist. Ein Satz aus der Antwort der Staatsregierung ist besonders entlarvend. Ich zitiere: „Eine stabile Geburtenrate auf dem gegenwärtigen Niveau und ein positiver Wanderungssaldo können dazu beitragen, dass sich die Bevölkerungsstruktur in Sachsen mittelfristig stabilisiert.“

Ich gehe davon aus, dass der Verfasser der Antwort nicht explizit die Geburtenrate, die aufgrund der Überalterung der Bevölkerung automatisch sinken muss, sondern die Fruchtbarkeit – die Fertilität – gemeint hat. Diese wird am zweckmäßigsten durch die so genannte Nettoreproduktionsrate ausgedrückt, das heißt durch die Anzahl der Töchter, die eine Frau im Laufe ihres Lebens bekommt. Diese Größe ist eigentlich handlich, weil sie mindestens den Wert 1 haben muss, damit die Bevölkerung stabil bleibt und damit zum Beispiel auch die Sozialsysteme funktionieren können, Herr Porsch.

Bei uns hat sie aktuell den Wert von zirka 0,66, also zwei Drittel. Es gibt kaum einen etablierten Politiker, der

erwartet, dass sie zunehmen wird. Was bedeutet diese Zahl konkret? Ganz einfach: Jede Folgegeneration erreicht eine zahlenmäßige Stärke von zirka zwei Dritteln der Elterngeneration.

Das heißt nichts anderes – um es in Zahlen auszudrücken –, dass sich die Generationen in klarer mathematischer Folge verkleinern. Von 1 000 zeugungsfähigen Personen werden nach zirka 30 Jahren die entsprechenden Kinderjahrgänge ungefähr 660 Personen und nach weiteren 30 Jahren, also nach insgesamt 60 Jahren, die Enkelkindjahrgänge noch 435 Personen umfassen usw. usf. Theoretisch kann man damit ausrechnen, wann bei Beibehaltung der derzeitigen Politik die deutsche Bevölkerung auf Reservatsgröße geschrumpft sein wird.

In der Praxis wird natürlich schon lange vorher etwas geschehen müssen, nach Auffassung der Staatsregierung offensichtlich eine drastisch verstärkte Anwerbung von Einwanderern. Da die europäischen Nachbarländer ebenfalls Nachwuchsprobleme haben, werden diese wohl aus kulturfremden Regionen geholt werden müssen. Genau das muss die Staatsregierung meinen, wenn sie behauptet, dass die derzeitige Geburtenentwicklung in Verbindung mit einem positiven Wanderungssaldo dazu führen werde, dass sich die Bevölkerungsstruktur in Sachsen mittelfristig stabilisiert.

Wir Nationaldemokraten zögern nicht, eine solche Politik als das zu bezeichnen, was sie in der Tat ist: verbrecherisch am deutschen Volk. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um die Bevölkerung vor derartigen Plänen zu warnen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Aus den Fraktionen sind keine weiteren Redner gemeldet. Dann frage ich die Staatsregierung – Herr Staatsminister Winkler, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antworten der Staatsregierung auf die Große Anfrage liegen Ihnen vor. Wir haben umfangreich geantwortet. Ich will deshalb nicht noch einmal ins Detail gehen. Ich möchte aber schon sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass das Szenario, das von der NPD-Fraktion aufgestellt wird und nach dem es im Freistaat Sachsen einen Bevölkerungszusammenbruch gibt, für mich eine apokalyptische Hypothese ist, die nicht zutreffen wird. Ich sage auch, dass sich viele schon lange ernsthaft mit dem Thema beschäftigen, und zwar auch in diesem Raum und in den Gremien, die es im Landtag gibt. Auch die Staatsregierung hat sich dieses Themas angenommen. Es bedarf also eigentlich nicht des NPD-Antrages, um sich heute hier damit auseinander zu setzen.

(Jürgen Gansel, NPD, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte in meiner Rede fortfahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben beispielsweise in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD für den Freistaat Sachsen ausführlich über die demografischen Herausforderungen für den Freistaat und die sich daraus ergebenden Auswirkungen gesprochen. Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass es eine Enquete-Kommission geben wird, die seit diesem Zeitpunkt arbeitet. Es war auch so, dass Ministerpräsident Prof. Dr. Georg Milbradt im Januar 2005 eine 16-köpfige Expertenkommission eingerichtet hat, die sich dieser Problematik angenommen hat und uns im Herbst dieses Jahres einen Abschlussbericht vorlegen wird.

Es ist positiv hervorzuheben, dass die EnqueteKommission und die Expertenkommission zusammenarbeiten und wir diese Probleme zum Nutzen des Freistaates Sachsen gemeinsam angehen.

Ich glaube auch, dass wir durch unsere nachhaltige Wirtschaftspolitik, unsere solide Finanzpolitik, unsere Bildungs- und vor allem unsere Wissenschafts- und Hochschulpolitik dazu beitragen, dass der Standort auch bei den Bevölkerungsproblemen, die wir haben und die ich nicht verschweigen will, für die Zukunft attraktiv bleiben wird.

(Uwe Leichsenring, NPD: Wir haben doch keine Probleme, es ist alles in Ordnung!)

Ich möchte noch etwas zu einem Zwischenruf des Abg. Gansel aus der NPD-Fraktion sagen.

Herr Gansel, Ihr Zwischenruf, dass die deutsche Intelligenz aus- oder abwandert und ausländische Dummheit ins Land kommt, ist nicht nur falsch, sondern auch noch verdammt primitiv.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der Linksfraktion.PDS, der FDP und den GRÜNEN – Jürgen Gansel, NPD: Das ist der Bevölkerungsaustausch, der gefördert wird!)

Sie wissen ganz genau, dass wir stolz darauf sind, ein weltoffenes und tolerantes Land zu sein. Das gilt auch für den wirtschaftlichen Bereich. Wir haben sehr viele ausländische Investoren, die inzwischen 20 000 Arbeitsplätze auch für sächsische Bürger hier in Sachsen sichern. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie in Dresden oder Freiberg einem ausländischen Mitbürger mit anderer Hautfarbe begegnen, der in irgendeinem Reinraum oder im Hochtechnologiebereich arbeitet, ist viel größer, als einem entsprechenden Mitbürger zu begegnen, der Sozialhilfe empfängt.

Das wollte ich noch einmal klarstellen. Ansonsten danke ich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der Linksfraktion.PDS, der FDP und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache zur Großen Anfrage beendet und wir können diesen Tagesordnungspunkt abschließen.

Wir treten jetzt ein in eine Pause bis 14:00 Uhr.

(Unterbrechung von 12:54 Uhr bis 14:00 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Wirtschaftsstandort Sachsen stärken, Anstieg der Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze stoppen