Protokoll der Sitzung vom 16.11.2006

Es ist klar, dass Sie behaupten, dass das richtig ist, Herr Jurk. Sie wollen es gerne so haben. Aber, wissen Sie, es geht im Kern um eine rechtzeitig bearbeitbare Information und um eine eigene Entscheidung des Parlaments. Das alles liefern Sie nicht. Deswegen ist Ihr Antrag so was von egal. Es ist wurscht. Man kann ihm zustimmen, man kann ihn ablehnen, man kann sich enthalten. Es spielt alles keine Rolle. Es ändert überhaupt nichts, weder im Guten noch im Schlechten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Klage läuft und Sie laufen vor ihr davon. Das merkt man diesem Antrag an. Es laufen die Schweißtropfen der Angst heraus. Ihr Antrag ist völlig egal; die Klage ist nicht egal. Dass Sie sie fürchten, beweist der kleine läppische Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Ich frage die Fraktionen, ob es weiteren Aussprachebedarf dazu gibt. – Herr Pecher, bitte.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch zwei, drei Dinge richtigzustellen. Frau Hermenau, ich fange mit Ihnen an. Das Recht auf Organklage ist Ihnen unbenommen. Das ist okay, das ist Ihr gutes Recht, aber recht ist es nicht, wenn Sie sagen, die Aufteilung der finanziellen Mittel im Haushalt wäre nicht bekannt gegeben worden. Da wurden für EFRE sogar neue Titel gemacht und die ESF-Aufteilung ist dezidiert in den Entwürfen enthalten.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Die indikativen Finanzpläne! – Ingrid Mattern, Linksfraktion.PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Wenn Sie sich schon darauf einschießen, dass die ESFVorlage erst am 14.11. gekommen ist, muss man sich fragen, wo die Anträge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema EFRE sind.

Herr Pecher, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Antje Hermenau, GRÜNE: Wie sollen wir denn Anträge stellen, wenn die Vorlagen nicht da sind?)

Wo sind denn die Anträge zur Finanzplanung EFRE? Die Mittel stehen doch drin und sind sogar untersetzt. Wo ist denn die tiefschürfende Beschäftigung damit?

Herr Pecher, ich frage noch einmal.

Und dann noch einen Satz. Sie sagen, Sie sind mit den Haushaltsberatungen fast durch. Wo sind denn die Themen der Öffentlichkeit, die Änderungsvorschläge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? Es ist nichts da! Frau Hermenau, so ein Packen Fragen, aber es ist nichts da! Das muss man ganz deutlich sagen.

So, und jetzt die Zwischenfrage.

Die gute Kollegin hat vorhin einiges zum Thema Vertrauen, Berechenbarkeit und Ehrlichkeit gesagt. – Ich würde gern wieder mal eine Zwischenfrage zulassen, wenn ich erkenne, dass sie objektive Sachverhalte auch objektiv beschreiben kann. – Kommen wir zu dem Thema Berechenbarkeit und Ehrlichkeit. Was ist denn im Wirtschaftsausschuss passiert? Es hat ein Operationelles Programm gefehlt: ESF, richtig. Das ist in der Protokollkontrolle festgestellt worden. Daraufhin hat die Linksfraktion.PDS beantragt, den Punkt Haushaltsberatungen abzusetzen. Ich habe geraten, sich das zu überlegen, weil das mit den Haushaltsberatungen größtenteils nichts zu tun hat. Man kann den Einzelplan 07 beraten und die strittigen Punkte zu ESF, so sie vorhanden sind, durchaus später klären und diesen Punkt abarbeiten, zumal wir noch einige andere wichtige Sachen zu tun haben.

Was ist denn dann passiert, Frau Mattern? Ich erinnere an Ehrlichkeit und Berechenbarkeit. Es gab eine Auszeit und die klare Drohung, es weiter eskalieren zu lassen bis hin zum Auszug. Das war Ihr Verfahren. Jetzt machen Sie der Koalition zum Vorwurf, dass sie der Verschiebung zugestimmt hat, weil sie ein geordnetes Verfahren will. Es gibt auch Rechte in der Opposition, und wir wollen danach auch Beschlüsse fassen, zum Beispiel zum Ladenschlussgesetz. Darum ging es Ihnen überhaupt nicht, sondern um den billigen Erfolg, mit diesem Antrag durchzukommen, diese Sondersitzung zu machen. Sie haben auf dieser

Sondersitzung bestanden, um zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie jetzt den dicken Band mit circa 300 Seiten in der Hand haben.

(Ingrid Mattern, Linksfraktion.PDS: Sonst hätten wir ihn gar nicht bekommen!)

Als ich vorgeschlagen habe, Frau Kollegin, die Sondersitzung zu machen, hat Ihre Kollegin Lay gesagt: Sie haben eigentlich recht, wir haben da auch eine Veranstaltung und brauchen sie gar nicht.

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD – Heiterkeit bei der SPD)

Ihre Beantragung war klar politisch motiviert. Und Sie reden zu einem Minister etwas von Vertrauen, Ehrlichkeit und von Verfahren. Da muss man sich ja festhalten.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS)

Einen Punkt möchte ich gern noch bearbeiten. Wir haben dort diskutiert, im Übrigen nicht alle Operationellen Programme, sondern es ging um eines, es ging um das ESF. Auch hier muss sich die Linksfraktion.PDS den Vorwurf gefallen lassen, EFRE ist lange genug bekannt, ELER ist lange genug bekannt, der Haushalt ist lange genug bekannt: Wo sind denn die tiefschürfenden Hinweise der Linksfraktion.PDS zu diesem ganzen Komplex, der mehrere hundert Seiten beinhaltet? Wo ist denn das alles?

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Weil Sie doch jetzt sagen, bei ESF fehlt uns die Gelegenheit, zuzuarbeiten und uns einzubringen. Wo ist es denn bei den anderen Schwerpunktkomplexen?

(Heiko Hilker, Linksfraktion.PDS: Bei Ihnen!)

Bei 3,1 Milliarden Euro EFRE und noch einmal 1,2 Milliarden Euro ELER.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Na und!)

Nichts ist von Ihnen da. Das so weit zur Berechenbarkeit der Linksfraktion.PDS in den Ausschüssen.

(Zurufe von der Linksfraktion.PDS)

Glauben Sie mir eines: Es war mir so etwas von einer Lehre; ich glaube nicht, dass ich mich noch einmal bei einem Antrag von Ihnen enthalte.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Gibt es daraufhin noch einmal Aussprachebedarf seitens der Fraktionen? – Das kann ich nicht sehen. Herr Staatsminister Jurk, Sie haben das Wort.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Hat der gebellt! – Weitere Zurufe)

Bitte schön, Herr Jurk hat das Wort, sonst niemand.

Sehr geehrter Herr Präsident!

(Anhaltende Unruhe im Saal – Glocke des Präsidenten)

Herr Brangs!

Sehr geehrter Herr Präsident! – Herr Brangs war es nicht allein, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema EU-Strukturfondsförderung 2007 bis 2013 bietet eine hervorragende Gelegenheit, die längerfristigen Linien der wirtschaftlichen Entwicklung in Sachsen und vor allem der Wirtschaftspolitik ins Blickfeld zu rücken.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Richtig!)

Das setzt eine Standortbestimmung voraus. Der Konjunkturmotor läuft in jüngster Zeit so gut wie seit fünf Jahren nicht mehr.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Es wird schon wieder schwieriger!)

Diese positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wird von Sachsen noch übertroffen. Das Bruttoinlandsprodukt hat im ersten Halbjahr 2006 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 3,8 % zugenommen. Sachsen liegt damit an der Spitze aller 16 deutschen Bundesländer. Entscheidend für diese beachtliche Dynamik ist das verarbeitende Gewerbe. Hier stieg die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im ersten Halbjahr 2006 gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit 15,7 % stärker als in allen anderen deutschen Ländern.

Eine weitere erfreuliche Tendenz ist die Trendwende zum Aufbau sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze nimmt zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder zu. Vom Oktober 2005 bis zum Oktober 2006 sind in Sachsen über 12 000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden. Das sind für mich die besten Wirtschaftszahlen des Jahres und diese Zahlen machen Mut. Sie zeigen, dass der Strukturwandel endlich erste Früchte am Arbeitsmarkt trägt.

Die Zahlen machen auch deutlich: Deutschland und Sachsen sind attraktiv für ausländische Investoren und bieten gleichermaßen ausgezeichnete Wachstumschancen für die heimische Wirtschaft. Die positiven Nachrichten über Wirtschaftswachstum und Beschäftigung sollen ein Ansporn sein, mit dem ständigen Jammern und Klagen über das eigene Land aufzuhören. Wer kein Selbstvertrauen hat, wer sich selbst nichts zutraut, der kann auch bei anderen kein Vertrauen gewinnen. Die Politik muss die Kraft haben, auch Zuversicht zu vermitteln. Nur dann kann sie die Zukunft gestalten.

(Beifall des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Die Europäischen Strukturfonds haben in der Vergangenheit einen wichtigen Beitrag für die positive Entwicklung geleistet. In der abgelaufenen und in der noch laufenden Förderperiode hat Sachsen 8,6 Milliarden Euro aus den drei EU-Strukturfonds erhalten. Aber nach wie vor bleibt noch viel zu tun.

Die Wirtschaftskraft Sachsens beträgt nur etwa zwei Drittel des Durchschnitts der westdeutschen Länder. Die Arbeitslosigkeit ist ungefähr doppelt so hoch wie in Westdeutschland. Noch immer besteht eine Infrastrukturlücke, auch wenn bereits erhebliche Fortschritte erzielt worden sind. Die kleinbetrieblich strukturierte Unternehmenslandschaft führt zu spezifischen Nachteilen vor allem bei der Finanzierung, bei Innovation und Markterschließung. Deshalb müssen wir mit Beginn der neuen Förderperiode einerseits Bewährtes fortsetzen und andererseits neue Akzente setzen, die den veränderten wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen entsprechen. Spätestens mit Auslaufen des Solidarpaktes II im Jahre 2019 muss Sachsen in der Lage sein, ohne besondere finanzielle Hilfen auszukommen.

Mithilfe der Mittel aus den Europäischen Strukturfonds müssen wir in den kommenden Jahren die Weichen für eine selbsttragende Wirtschaftsentwicklung in Sachsen stellen. Sachsen setzt dabei vor allem auf Qualität und auf Innovation. Beides lässt sich nur mit gut ausgebildeten und motivierten Fachkräften, mit einer leistungsfähigen Forschungslandschaft, einer gut entwickelten Infrastruktur und einer ausgeprägten Kooperationskultur zwischen Regionen, aber auch zwischen Unternehmen und Branchen verwirklichen.