Protokoll der Sitzung vom 17.11.2006

Bitte, Herr Kollege.

Ich wollte eigentlich erst fragen, wie viele Folgen des „Schwarzen Kanals“ Sie zu DDR-Zeiten vor der heutigen letzten gesehen haben.

Meine Frage lautet: Geben Sie mir darin recht, dass in Artikel 23 § 5 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch unmittelbar in Nachfolge zur Umsetzung des Einigungsvertrages bezogen auf die Fragen Rechtsverhältnisse an Erholungsgrundstücken, an Eigenheimen und an Garagen wörtlich normiert ist: „Das Nutzungsrecht an derartigen Grundstücken und die erwähnten Anlagen, Anpflanzungen oder Einrichtungen gelten als wesentliche Bestandteile des Gebäudes“?

Und wenn Sie mir recht geben, dann sagen Sie mir, inwiefern ich dann zu Unrecht behaupte, dass das Schuldrechtsanpassungsgesetz den Einigungsvertrag verletzt.

Was Sie meinten, war nicht Artikel 23, sondern Artikel 231 § 5 Abs. 2.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der CDU und der SPD)

Sie verschweigen die weitere Regelung, die besagt: „Besondere Rechtsverhältnisse hinsichtlich Nutzungsverhältnissen an Freizeiteigentum, Gebäudeeigentum, das in Nutzungsverhältnissen, also nicht in Wohnrecht errichtet wurde, kann mit besonderem Gesetz geändert werden.“ Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Be

schluss vom 14.07.1999 auch nicht beanstandet, in dem das Bundesverfassungsgericht übrigens die Kündigungsschutzfrist bis zum Jahr 2002 als nicht mit der Verfassung vereinbar gesehen hat.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Sie kommen jetzt in Kenntnis dieses Beschlusses daher, dass bereits eine Kündigungsschutzfrist bis 2002 nicht verfassungsgemäß ist, und wünschen sich zum wiederholten Male – allerdings genauso zwecklos wie vorher – eine Verlängerung dieser Kündigungsschutzfrist nicht nur bis 2006, sondern am besten bis 2013 oder 2014.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Vorerst!)

Sie haben überhaupt keine Skrupel – je verfassungswidriger, desto besser.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt zu dem Antrag selbst, Herr Bartl. Wenn man sich das anschaut und wirklich ernst nimmt, was Sie da verbreiten, dann ist das schon ziemlich lyrisch. Handfest wird da nämlich nichts verlangt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wieso ist Lyrik nicht handfest!)

Hier heißt es, Kommunen sollen Spielräume erhalten, um über die künftige Gestaltung von Nutzungsverhältnissen entscheiden zu können. Das können sie jetzt schon; den Spielraum haben sie. Weiter heißt es: „Dabei sollten vorrangige Erwägungen der Rechtsaufsicht zur Wahrung des Rechtsfriedens akzeptiert werden.“ Entweder möchten Sie gern Selbstverwaltung und Entscheidungen der Kommunen. Oder Sie möchten gern im Sinne des demokratischen Zentralismus vorrangige Erwägungen der Rechtsaufsichtsbehörde. Da müssen Sie sich entscheiden.

Die Spielräume, die Sie für die Kommunen anmahnen, gibt es. Sie werden in der Praxis auch genutzt.

Die Selbstverwaltung – das habe ich gesagt – entscheidet selbst darüber. Da gibt es keine vorrangigen Erwägungen der Rechtsaufsichtsbehörde, so das Geraune aus dem Regierungspräsidium. Das hat keine Rechtskraft. Das Entscheidungsrecht zu Nutzungsverträgen haben die Gemeinden nach wie vor; sie nehmen es auch verantwortungsbewusst wahr, Herr Kollege.

Sie haben im Weiteren gesagt, dass Sie die Möglichkeit einräumen wollen, eine Investitionsschutzfrist auf Antrag der Nutzer um sieben Jahre zu verlängern. Die Möglichkeit haben die Gemeinden. Die Gemeinden können bereits sagen: Wir sehen von Kündigungen innerhalb der nächsten sieben Jahre ab. Das passiert auch. Einen Rechtsanspruch darauf werden Sie nicht erreichen können. Denn dazu müssten Sie, wie gehabt, das Schuldrechtsanpassungsgesetz ändern. Aber das ist bekanntlich ein Bundesgesetz. Auch die Fraktion Die Linke im Bundestag hat diese Änderung nicht erreichen können, sondern ist wieder ziemlich auf den Bauch gefallen. Außerdem – ich

habe es gesagt – steht das Bundesverfassungsgericht, diese Kleinigkeit, Ihrem Wunsch auch noch entgegen.

Wenn man Ihren Antrag eindampft, dann kommt man darauf, dass Sie eine Entschädigung für die Garagennutzer nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes haben möchten. Das ist die alte Entschädigungsformel, die besagt: Wenn du vor Ablauf der Kündigungsschutzfrist, vor dem 31.12.2006, kündigst, dann musst du den Zeitwert der Garage dem Nutzer ersetzen. Richtig. Das war eine dieser Übergangsregelungen, mit denen Alteigentümer von Garagen aus DDR-Zeiten privilegiert worden sind. Diese Privilegierung wird nicht fortgeführt. Das hat der Bundestag bereits 1994 entschieden. Finden Sie sich bitte endlich damit ab.

Wenn Sie jetzt sagen, dass Sie das zwangsweise einführen möchten, dann weise ich darauf hin, dass das ein Bundesgesetz ist, das wir hier nicht ändern können.

Wenn Sie sagen, dass es überhaupt keine Entschädigung gibt, dann halte ich Ihnen den § 12 Abs. 3 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes entgegen.

(Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS: Verkehrswert!)

Danach gibt es für die Garagennutzer eine Entschädigung bei einer Kündigung immer dann, wenn die aufstehenden Garagen den Verkehrswert des Grundstückes auch nach der Kündigung erhöhen. Was wollen Sie eigentlich mehr?

Sie schüren Angst, Sie laufen durch die Gegend, schleichen zwischen Garagenhöfen herum und verbreiten dort Schauergeschichten und Gruselmärchen, immer wieder im selben Gewand. Nein, Herr Bartl, das kennen wir schon – nicht noch einmal!

(Heiterkeit bei der FDP, der CDU und den GRÜNEN)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Aber gern.

Ich schleiche nächste Woche wieder, das verspreche ich Ihnen.

Herr Dr. Martens, geben Sie mir darin recht, dass exakt bei den Flächen, bei denen die Gemeinden Interesse hätten, sie anderer Verwertung zuzuführen, § 34 Baugesetzbuch – von 215 betrifft das in Chemnitz 175 –, exakt dort eben die aufstehenden Garagen keine Verkehrswerterhöhung bringen und deshalb die Eigentümer keine Entschädigung bekommen, sondern die Hälfte der Abrisskosten übernehmen müssen?

Nein, da gebe ich Ihnen nicht recht.

(Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS: Wieso nicht?)

§ 34 BauGB regelt allein die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben. Er bestimmt nicht, welche Nutzungsart dort tatsächlich vorhanden ist. Er sagt nur, dass

alle Vorhaben, die dort gebaut werden sollen, sich in die Umgebung einfügen müssen. Wenn dort großflächige Garagensiedlungen sind, dann prägen sie das Gebiet und dann wird etwas anderes kaum zulässig sein.

Tatsächlich ist es so, dass sich die Gemeinden verantwortlich verhalten. Die Verwertbarkeit von solchen Standorten ist in der Regel sehr stark eingeschränkt. Sie wurden bereits damals nur eingerichtet, weil die Flächen für Wohnnutzung nicht zu verwerten waren. Es waren Restflächen, auf denen diese Komplexstandorte errichtet worden sind. Daran hat sich bis heute in der Regel nichts geändert.

Die Gemeinden gehen verantwortlich mit ihrem Eigentum um. Mitnichten ist diese Kündigungswelle zu befürchten, Herr Kollege. Die Marktmieten, vor denen Sie Angst haben, berechnen sich anhand der tatsächlich erzielbaren Mieten. Bei der Durchschnittsberechnung kommen die jetzt bereits gezahlten Mieten ebenfalls zum Ansatz, was wiederum zu einer Privilegierung der Nutzer von Garagen in Komplexstandorten führt.

Lassen Sie mich abschließend noch etwas zu dem Thema Privilegierung oder Entprivilegierung sagen, Herr Kollege Bartl.

Was ist eigentlich mit den Verpflichtungen, die Garagennutzer haben, wenn sie die Nutzung aufgeben oder wenn Garagen nicht mehr weiter genutzt werden, nachdem sie gekündigt worden sind? Ich spreche hier das Thema Bodenverunreinigung und Altlasten an.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS)

Wer soll die eigentlich ausgleichen? Da habe ich bisher Ihr ökologisches Verlangen und Drängen nach der Einrichtung von Entlastungsfonds, von Ansparguthaben durch die Garagengemeinschaften vermisst. Diesem Thema wenden Sie sich nicht zu. Man könnte das machen, aber das ist nicht das Thema der heutigen Debatte. Das Thema der heutigen Debatte ist Ihr sehr lyrisch formulierter,

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Von Lyrik haben Sie keine Ahnung!)

aber gleichwohl nicht zeitgemäßer Antrag, den wir deshalb auch ablehnen.

(Beifall bei der FDP, der SPD, den GRÜNEN und ganz vereinzelt bei der CDU)

Herr Lichdi, Sie haben das Wort für Ihre Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie meine Vorredner – außer Ihnen, Herr Bartl – bereits zutreffend ausgeführt haben, vermischen Sie von der PDS aus populistischen Gründen der Stimmungsmache die Tatsachen und die rechtlichen Umstände. Sie schüren unnötig und fälschlich Ängste bei den Garagennutzerinnen und -nutzern und streuen gezielt Falschinformationen.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS)

So ist die Kündigungsschutzfrist für Garagen bereits 1999 abgelaufen – anders Ihre Begründung – und wird nicht zum 31.12.2006 ablaufen, wie Sie behaupten; das ist die Investitionsschutzfrist. Sie wissen ganz genau, dass das Bundesverfassungsgericht die ursprünglich vorgesehene Kündigungsschutzfrist bis 2002 für verfassungswidrig erklärt hatte. Es ist auch schlichtweg falsch, von einem entschädigungslosen Eigentumsverlust der Garageneigentümer zu sprechen.

Wir haben dies alles schon vor einem halben Jahr zur Gänze und in aller Länge besprochen. Ihrem Antrag entnehme ich aber, dass Sie immer noch einen Politikstil pflegen, der sich als Rächer der angeblich enterbten Ossis geriert – ob es passt oder nicht. Ich muss Ihnen sagen: Das geht mir zunehmend auf den Geist!

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS)

Und ich sage Ihnen auch: Gestaltungskraft für die Zukunft, die Sie ja auch für sich in Anspruch nehmen, zeigt dies gerade nicht.