(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Den Bolick schlage ich für den Wirtschafts- nobelpreis vor! – Peter Wilhelm Patt, CDU: Das ist mal eine ordentliche Aussage, Prof. Porsch! – Unruhe im Saal)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Jurk, Herr Bolick, Sie haben gesagt, Sie seien stolz auf diesen Haushalt. Ich muss Ihnen sagen, ich kann Ihre Freude nicht teilen. Die Mittel für das Sonderförderprogramm „Regionales Wachstum“ sind um 33 % gekürzt worden. Die Mittel für die Netzwerke werden um 3,6 Millionen Euro sowie für die Investitionen um 2,6 Millionen Euro reduziert. Das Sonderförderprogramm für Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf ist im Sinkflug: von 40 Millionen Euro 2006 über 30 Millionen Euro 2007 auf 15 Millionen Euro 2008. Es wird Hand angelegt an die Technologie- und Gründerzentren und an die ForschungsGmbHs.
Die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur gehen um 20 Millionen Euro zurück. Mit diesem Haushalt, meine Damen und Herren, signalisiert die Koalition vor allem eines: dass sie die sächsischen Regionen abgeschrieben hat – und damit die regionale Wirtschaftsentwicklung sowie die dort ansässigen Unternehmen.
Meine Damen und Herren! Es war Georg Milbradt, der im Wahlkampf 2004 die Fortsetzung der Leuchtturmpolitik einforderte und damals schon Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf abschrieb. Sie, Herr Jurk, als Spitzenkandidat der SPD, protestierten damals. Doch nun setzen Sie genau das mit Ihrem Haushaltsentwurf um, was die CDU will.
Sie, Herr Jurk, haben in der Tat keine Ideen nachgewiesen, wie man die sächsischen Regionen entwickeln kann, wie man innovative Potenziale bündeln und Entwicklungen ermöglichen kann.
Sachsen, meine Damen und Herren, geht es nur gut, wenn es den sächsischen Regionen gut geht. Es geht aber in der Lausitz, im Erzgebirge und anderen regionalen Zusammenhängen nicht gut. Wenn diese Regionen nicht dauerhaft abgeschrieben werden sollen, brauchen sie die Unterstützung der Politik; und gerade von einem sozialdemokratischen Wirtschaftsminister hätten sie das erwarten dürfen.
Aber nicht einmal von den Steuermillionen, die Ihre Koalition in den letzten Tagen wie im Rausch verteilt hat, war etwas für die Entwicklung der regionalen Wirtschaft Sachsens vorgesehen. Es wurde nicht einmal daran gedacht.
Sie reden nur über gleichwertige Lebensverhältnisse, doch daraus folgt nichts. Dies offenbart der vorliegende Haushalt. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache, und ich sage Ihnen für meine Fraktion: Wir halten diesen Kurs für falsch.
Es ist wohl in diesem Hohen Hause unbestritten, dass die enorm hohe Arbeitslosigkeit das größte politische und soziale Problem der Nachwendezeit geblieben ist. Sachsen hat jahrelang Leuchttürme gefördert, doch eine einfache Rechnung offenbart: Es bedürfte 30 weiterer Leuchttürme, um der Arbeitslosigkeit Herr zu werden. Dafür reichen die Fördermittel nicht. Sie reichen zwar, wie man in der vergangenen Woche feststellen konnte, um 21 Millionen Euro in das Staatsweingut Schloss Wackerbarth zu stecken; aber dieser Leuchtturm war in diesem Zusammenhang wohl nicht gemeint.
Dass Sie, Herr Jurk, uns hier einen Haushalt vorlegen, der die abgesenkten Mittel im Zusammenhang mit der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ als gegeben hinnimmt, zeigt mir nach einer monatelangen Debatte um diese Frage einfach nur, wie gering Ihr bundespolitischer Einfluss inzwischen geworden ist. Letzter Beweis dafür ist der missglückte Kompromiss bei den Verhandlungen zum Korb II des Solidarpaktes. Diese sogenannten Kompromisse, meine Damen und Herren, schaden Sachsen, und sie schaden dem Osten insgesamt.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich den Themenkomplex Verkehrspolitik mit einem besonders drastischen Beispiel beginnen. Herr Staatsminister Jurk, nach Ihren Angaben investierte die Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH seit 1995 in die Häfen Torgau, Riesa und
Dresden annähernd 67 Millionen Euro und baute sie zu modernen trimodalen Schnittstellen aus. Meine Fraktion war kürzlich in Torgau, wir wollten die trimodale Schnittstelle besichtigen.
Was wir jedoch gesehen haben, war desaströs: Dem Hafen fehlt seit Jahren ein Bahnanschluss, da eine Brücke der zum Hafen führenden Bahnstrecke gesperrt werden musste. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Fahren Sie selbst nach Torgau, Sie werden vom Zustand der Hafenanlage erschüttert sein! Ich frage Sie daraufhin: Können wir auf so etwas stolz sein? Wir raten Ihnen, Herr Jurk: Veranlassen Sie schnellstens, dass finanzielle Mittel für die Modernisierung dieses Hafens investiert werden. Länger zu warten wäre beschämend.
Meine Damen und Herren! Ich frage Sie weiter: Sollen wir auf die Fehlsteuerung der Staatsregierung in Sachen Citytunnel Leipzig etwa stolz sein, wie es Ministerpräsident Milbradt wünscht?
Von „ganzer Kraft“, mit der Sie, Herr Jurk, sich einsetzen wollten, ist wenig zu spüren. Sagen Sie uns doch, was die von Ihnen mit Ministerpräsident Milbradt vereinbarte interministerielle Arbeitsgruppe zu den Chancen und Risiken des Tunnelbaus zu Leipzig zutage gefördert hat. Der Citytunnel wird teurer und teurer werden, die Bauzeit wird sich von Jahr zu Jahr verlängern. Und ich kann Ihnen versichern, dass meine Fraktion auch im Jahr 2007 den Finger auf die Wunde Citytunnel Leipzig legen wird.
Auf das Beste aber in Sachen Verkehrspolitik der Staatsregierung, das Dessert sozusagen, möchte ich zum Schluss eingehen. Der Berliner „Tagesspiegel“ kam jüngst auf die Idee, Herrn Prof. Milbradt über den demografischen Wandel und die EU-Politik zu befragen. Am 30. Oktober konnten wir die Einsichten lesen, zu denen der Ministerpräsident gekommen war. Richtig gute Einsichten waren das, die mir fast den Atem verschlagen haben.
Ich zitiere aus der Antwort des MP auf die Bemerkung, dass Sachsen und andere schrumpfende Regionen absehbar weniger Geld von der EU bekommen werden. Er sagte: „Es geht nicht darum, dass wir weniger Geld bekommen, sondern dass wir Geld bekommen, das nicht hilft. Da wird in Infrastruktur investiert, in Straßen“
„Rückbau von Infrastruktur kostet Geld, für das es keine Förderung gibt, und bei schrumpfender Bevölkerung brauchen wir in manchen Regionen diese zusätzliche Infrastruktur gar nicht.“
Schauen wir in die Einzelpläne 07 und 15 und fragen, ob von diesen Einsichten des MP etwas gefruchtet hat! Nichts, meine Damen und Herren, gar nichts hat gefruchtet. Die Straßenbautitel sind üppiger denn je mit Mitteln ausgestattet. Das seit zehn Jahren vom Aufschwung nur träumende Flugplatzwesen in Leipzig, Halle und Dresden erhält wieder Geldspritzen in der Größenordnung von Dutzenden Millionen Euro.
Selbst Ihr Ministerpräsident vermag Ihnen keine neuen Einsichten zu vermitteln. Das Fazit insgesamt ist erschreckend. Sachsen muss weitere zwei Jahre auf die längst überfällige Wende in der Verkehrspolitik warten.
Meine Damen und Herren, damit bin ich bei der Förderpolitik. Wirtschaftspolitik heißt nicht nur, Förderprogramme für Unternehmen aufzulegen.
Viele Unternehmen nehmen diese Fördermittel einfach nur mit. Nur wenige Unternehmer beziehen Fördermittel in ihre betriebswirtschaftlichen Rechnungen ein. Eine Entwicklung, eine Ansiedlung muss sich auch ohne Fördermittel rechnen, damit sie dauerhaft ist. Wirtschaftspolitik hieße heute, viel mehr in die Wissenschaft, die Universitäten, die Forschung an ausgewählten Standorten zu investieren, um die herum sich dann Unternehmen ansiedeln.
Angesichts der vorhandenen Potenziale an den sächsischen Hochschulen und Universitäten, den außeruniversitären Forschungseinrichtungen, den Technologiezentren wie den Forschungs-GmbHs könnte hier der Freistaat eigene Akzente setzen. Doch gerade die Technologiezentren wie auch die Forschungs-GmbHs werden derzeit infrage gestellt – und das, obwohl diese gerade in den Regionen das innovative Potenzial halten, ja, zum Teil auch wieder ausweiten.
Anstatt diese Ansätze auszubauen, sollen hier aber Fördermittel gespart werden. Das ist nicht nur verantwortungslos, sondern zeigt auch die ganze Verlogenheit Ihrer Politik auf, Herr Bolick. Sie sprechen zwar von Zukunfts
(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Prof. Gunter Bolick, CDU: Wir sind spitze, was wollen Sie mehr?)
Doch dies, meine Damen und Herren, ist nicht die einzige Verantwortungslosigkeit. Noch immer gibt es in der sächsischen Förderpolitik hohe Mitnahmeeffekte – und das nicht nur bei den Investoren. Warum müssen sich die Zuschüsse an die Sächsische Aufbaubank mehr als verdoppeln? Ja, die SAB verwaltet die Förderprogramme für die Staatsregierung, ja, die SAB hat schon lange eine Erhöhung ihrer Vergütung gefordert. Doch eine Steigerung um fast 12 Millionen Euro und zusätzlich 60 Millionen Euro zur Erhöhung der Eigenkapitalbasis der Bank ist einfach zu viel;