Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Stellen Sie wenigstens einmal die Interessen Ihrer Heimat über die abgeschmackten Abgrenzungsrituale gegenüber der NPD!

(Beifall bei der NPD)

Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Dann rufe ich die NPDFraktion zum Schlusswort auf. Wird das gewünscht? – Nein. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Ich stelle die Drucksache 4/7147 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer kleinen Anzahl von Stimmen dafür und 2 Stimmenthaltungen ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt.

Erklärung zu Protokoll

Zu diesem Antrag der Restefraktion möchte ich mich als Erzgebirger äußern. Indem das traditionelle Kunsthandwerk im Erzgebirge vor Billigimporten aus Fernost geschützt würde, könnte man damit auch einheimische Arbeitsplätze im Erzgebirge sichern. Schade nur, dass die Staatsregierung bei diesem Antrag lediglich berichten und nicht handeln soll; denn ein Bericht allein erhält doch keine Arbeitsplätze im Erzgebirge.

Das Erzgebirge ist eine einmalige Natur- und Kulturlandschaft mit einem reichen geschichtlichen Erbe und jahrhundertealten Traditionen. Dazu zählt neben dem Bergbau vor allem das Kunsthandwerk, das auch heute noch für viele Menschen die Existenz bedeutet bzw. dazu beiträgt. Wer schon einmal in solch einer Werkstatt war, in der mit viel Liebe in Handarbeit wahre Meisterwerke gefertigt werden, der müsste eigentlich von seinem gesunden Menschenverstand her erkennen, dass dieses Handwerk der besonderen Fürsorge und des Schutzes des Staates für seinen Erhalt bedarf.

Das Erzgebirge ist und bleibt nun einmal das deutsche Weihnachtsland, und dazu gehören natürlich auch die dortige Tradition und ihr einmaliges Kunsthandwerk. Deshalb ist die Aktion „Original statt Plagiat – Deutsche Handwerkskunst“ mit aller Kraft zu fördern und zu unterstützen. Gerade in einer wirtschaftlichen Problemregion wie dem Erzgebirge ist dies überlebenswichtig, da

auch, wie bereits erwähnt, die Lebensgrundlage vieler Menschen davon abhängt.

Weihnachten sollte doch das Fest der Liebe sein, ein Fest für die Familie. Aber die Kommerzialisierung unseres Lebens schreitet derart voran, dass der Mensch auf der Strecke bleibt und zum Konsumidioten degradiert wird.

Weihnachten in Deutschland darf nicht zur Konsumorgie mit Kitsch und Schund aus Fernost ausufern und genauso wenig amerikanisiert werden. Wir brauchen kein „Jingle Bells“, wir haben „O Tannenbaum“. Knecht Ruprecht bzw. der Weihnachtsmann waren früher auch nicht cocacola-rot gekleidet und hingen schon gar nicht als Luftballons an Hausfassaden und Balkonen. Rentiere haben in unseren Gefilden nichts zu suchen, und es braucht doch niemand wirklich ernsthaft Weihnachtsartikel wie Stollen, Schwibbögen und vieles mehr schon im September.

Der momentane Höhepunkt an Dreistigkeit ist aber, dass sich ausgerechnet in Seiffen, der ungekrönten Hauptstadt der erzgebirgischen Volkskunst, ein skrupelloser Geschäftemacher aus dem westlichen Teil Deutschlands eingenistet hat und dort seinen Billigramsch aus Fernost anbietet. In Bezug auf die erzgebirgische Tradition und ihr Weihnachten beende ich mit Worten des wohl bekanntesten erzgebirgischen Volksdichters und Sängers Anton Günter: „Deitsch on frei wolln mer sei, on do bleibn mer aah derbei, weil mer Arzgebirger sei!“

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 8

Kein Ausverkauf von sächsischem Kulturgut

Drucksache 4/7055, Antrag der Fraktion der FDP

Die Reihenfolge in der ersten Runde: FDP, CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, GRÜNE, Herr Baier und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der FDPFraktion das Wort; Herr Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben bereits in der Debatte heute Vormittag viele Argumente zu Sachsens Kulturerbe und den Rückforderungen der Wettiner Erben gehört. Dieser Austausch war sicherlich richtig und wichtig.

Dennoch, meine Damen und Herren, möchte es die FDPFraktion nicht bei diesem Meinungs- und Gedankenaustausch belassen. Mit unserem Antrag wollen wir die Staatsregierung auffordern, alles ihr Mögliche dafür zu tun, dass Sachsens Hochkultur im Freistaat Sachsen erhalten und darüber hinaus öffentlich zugänglich bleibt.

Der FDP-Fraktion ist klar, dass eine Eintragung in die Liste nationalen Kulturgutes kein Allheilmittel ist; aber eingetragene Kunstgegenstände dürfen zumindest nicht in

das Ausland verkauft werden und gehen damit für Sachsen nicht unwiederbringlich verloren.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Ob nach Klärung der Eigentumsfragen die geforderten Kunst- und Kulturgegenstände weiterhin öffentlich zugänglich bleiben, ist vor allem eine Frage von Verhandlungsgeschick aufseiten der Staatsregierung und von Kompromissbereitschaft aufseiten der Wettiner.

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Stange – sie ist leider nicht da –, wir hoffen – wie sicherlich die Mehrheit der sächsischen Bürger –, dass es diesmal zu einer endgültigen und wasserdichten Lösung kommt. Wir brauchen Rechtssicherheit.

(Beifall bei der FDP)

Gleichzeitig möchten wir mit unserem Antrag sicherstellen, dass der Museumsbetrieb der Staatlichen Kunstsammlungen nicht durch die erforderlichen Exponatsrecherchen eingeschränkt wird. Frau Staatsministerin hat

heute früh angedeutet, dass sie mit den Kunstsammlungen darüber bereits in Verhandlungen steht und dass die Porzellansammlung nicht gezwungen ist, aus diesem Grund zu schließen. Die FDP-Fraktion begrüßt diesen Schritt sehr.

(Beifall bei der FDP)

Ich freue mich, dass die GRÜNEN unseren Antrag befürworten, und möchte auch Sie, verehrte Kollegen von den Koalitionsfraktionen, herzlich dazu einladen, unserem Antrag für den Erhalt der sächsischen Kulturschätze für Sachsen zuzustimmen. Denn, meine Damen und Herren, um es mit den Worten des Generaldirektors der Staatlichen Kunstsammlungen Dresdens, Herrn Prof. Roth, auszudrücken: Was macht denn aus und bestimmt unsere Identität, wenn nicht die ererbte Kultur? Wir als sächsisches Parlament haben den Auftrag, diese zu erhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Die CDUFraktion; Herr Heitmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich verweise zunächst auf meine grundsätzlichen Bemerkungen heute in der Aktuellen Debatte, die ich nicht wiederholen möchte, und auf die Ausführungen von Frau Staatsministerin Dr. Stange, die sehr zur Versachlichung der Debatte beigetragen haben. Deshalb nur noch zwei Anmerkungen.

Erstens. Es fällt mir die dramatisierende, höchst populistische Titelwahl auf. Erst war vom „Zugriff“ die Rede, jetzt spricht man vom „Ausverkauf“. Keine Überschrift in großen Buchstaben, kein Presseartikel ist Ihnen, verehrte Kollegen von der FDP, zu gering, um nicht ein wenig Aufmerksamkeit für sich selbst daraus abzuleiten.

(Zuruf des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Man erkennt eine Marketingstrategie, aber keine inhaltliche Linie. Deshalb fällt Ihnen auch der Schulterschluss nach allen Seiten so leicht – diesmal mit der Linksfraktion.PDS.

Zweite Anmerkung. Die FDP firmierte früher einmal als Rechtsstaatspartei, die über Recht und Gesetz, vor allem über die Grundrechte, in besonderer Weise wacht. Dazu gehört auch das Recht auf Eigentum. Im Bundestag – wir haben gerade darüber debattiert – will die FDP das Eigentumsrecht dadurch stärken, dass sie die Streichung des bisher nie angewendeten sogenannten Sozialisierungsartikels 15 des Grundgesetzes begehrt. Herr Dr. Martens hat das gerade salbungsvoll, allerdings auch launisch begründet.

Im Gegensatz dazu legen Sie uns hier einen Antrag vor, der – seine Verabschiedung vorausgesetzt – tief in das Eigentumsrecht eingreifen und die Staatsregierung zu rechtlich fragwürdigen Winkelzügen auffordern würde.

Ich sagte schon, es geht hier um die Prüfung von Rechtsansprüchen. Sind sie berechtigt, kann das Eigentum nicht durch Verfügungsbefugnisse eingeschränkt werden. Natürlich muss der Freistaat prüfen, ob unter den möglicherweise zurückzugebenden Kulturgütern solch wertvolle Stücke sind, dass sie auf die Liste national wertvollen Kulturgutes gesetzt werden können. Dazu ist er nach Artikel 11 Abs. 3 unserer Verfassung verpflichtet. Aber auch das kann natürlich nur in einem rechtlich geregelten, klagbaren Verwaltungsverfahren geschehen, weil zwei Rechtsgüter gegeneinander abgewogen werden müssen.

Was ist aus der Rechtsstaatspartei FDP in Sachsen geworden? Schon aus Rechtsgründen müssen wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Die Linksfraktion.PDS; Herr Külow, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Linksfraktion will in der jetzigen Debatte keinesfalls die Schlachten von heute Vormittag noch einmal schlagen. Alle wichtigen Argumente sind weitgehend ausgetauscht. Auch die Ergebenheitsadressen von Schwarz bis Braun an das Haus Wettin sind nicht der Reaktion wert.

Auf einen implizit von Kollegen Heitmann geäußerten Vorwurf möchte ich allerdings kurz eingehen. Es ist völlig zutreffend, Herr Heitmann, dass die Linksfraktion nicht genügend Untertanengeist besitzt und vor Majestätsbeleidigung nicht zurückschreckt. Dies ist auch verdammt notwendig, denn im höfisch-verschranzten Sachsen ist es leider auch 88 Jahre nach dem Sturz der Monarchie beispielsweise immer noch üblich, dass bei bestimmten offiziellen Veranstaltungen die Gäste aus dem Hause Wettin vor den demokratisch legitimierten Volksvertretern begrüßt werden. Wenn sich das dann protokollarisch nicht ganz korrekt vollzieht, werden diese wettinischen Würdenträger sehr ungemütlich.

Herrn Heitmanns familiengeschichtlichen Bezug zu den Wettinern kann ich im Übrigen noch halbwegs nachvollziehen. Wieso sich aber Herr Hatzsch diesbezüglich bei Hofe so anflanscht, verstehe ich überhaupt nicht. Von einem Sozialdemokraten hätte ich eher eine positive Bezugnahme auf den von der SPD und KPD sowie den Gewerkschaften gemeinsam getragenen Volksentscheid zur Fürstenenteignung vom 20. Juni 1926 erwartet.

Frau Staatsministerin Stange, die jetzt leider nicht anwesend ist, ist für die faktenreiche Darlegung des Themas aus der Sicht des SMWK zunächst zu danken. Naturgemäß wurden dabei diverse Lücken und Ungereimtheiten deutlich. Widerspruch möchte ich schon jetzt zur Darstellung der sogenannten Öffnungsklausel anmelden. Diese ist nämlich nur im Kontext mit dem Moritzburger Schatzfund von 1996 verständlich. Leider fanden dann 1999 die juristischen Verhandlungen zwischen den Wettinern und der Staatsregierung keinesfalls auf der erwähnten Augen

höhe statt. Die Anwälte der Wettiner wussten eben ganz genau, wie sie neben den 24 Millionen DM künftig den Zugriff auf noch höhere Summen absichern können. Bei den jetzigen Forderungen geht es doch immerhin um einen dreistelligen Millionenbetrag. Da sind die alten Möbel und diversen Immobilien, auf die man den Zugriff zu bekommen hofft, noch gar nicht eingerechnet.

Auf die noch ausstehende Antwort zu unserem Antrag mit der Drucksachennummer 4/7053 unter der übrigens sehr moderaten Überschrift, Herr Heitmann, „Schutz von Kunstgegenständen in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gegen Abwanderung aus Sachsen“ sind wir daher sehr gespannt.