(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sehr richtig, damit sind wir beide beim demokratischen Sozialismus!)
Sie beruht auf einer vom Willen des Gesetzgebers getragenen wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidung, die natürlich durch eine andere Entscheidung ersetzt oder durchbrochen werden kann. Nur muss diese andere Entscheidung natürlich dem Sozialstaatsprinzip und den Grundrechten verpflichtet bleiben.
Genau das wird eben von Artikel 15 Grundgesetz nicht infrage gestellt, sondern er ist selbst Ausdruck der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes, meine Damen und Herren.
Wenn ich den Gedanken jetzt weiter verfolge, dann bedeutet das: Wenn wir den Artikel 15 Grundgesetz antasten, geben wir natürlich auch einen Teil der wirtschaftspolitischen Neutralität unserer Verfassung auf.
Ich weiß, dass es den neoliberalen Gedankenträgern schwerfällt, diese Facette unserer Verfassung zu akzeptieren, zumal die Zeiten des CDU-Gründungsvaters Jakob Kaiser lange vorbei sind. Er war, wie wir alle wissen, ein großer Verfechter der Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien.
Wenn sich aber – rein theoretisch – unsere soziale Marktwirtschaft zu einem, sagen wir, Manchesterkapitalismus wandeln sollte, dann muss es von Staats wegen möglich bleiben, auch eine Kurskorrektur durch Sozialisierungen vorzunehmen.
Sozialisierungen sind eine Ultima Ratio, und nichts anderes will auch Artikel 15. Wenn er derzeit bedeutungslos ist, dann müsste die FDP eigentlich zufrieden sein. Dass sie es nicht ist, zeigt, dass sie – und das muss ich Ihnen leider hier sagen – die Neutralität des Grundgesetzes und wohl auch die soziale Marktwirtschaft Schritt für Schritt infrage stellt. Das haben wir auch schon verschiedentlich hier im Landtag erfahren dürfen.
Was verfassungsrechtliche Fragen angeht, so hat die FDP bisher immer die Linie vertreten, dass schon aus Respekt vor dem Verfassungswerk und der Historie dieses nur dann geändert werden sollte, wenn es tatsächlichen Handlungsbedarf gibt. Vermeintliche Bedeutungslosigkeit eines Verfassungsartikels ist auch sonst für die FDP kein
Kriterium gewesen, die Verfassung zu ändern – ein Credo, das Guido Westerwelle regelmäßig in Verfassungsdebatten hören lässt, meine Damen und Herren.
Was die Linksfraktion.PDS angeht, sollten Sie allerdings Artikel 15 nicht als möglichen Einstieg in eine Planwirtschaft vergangener Zeiten werten, meine Damen und Herren.
Ich bin auch froh, dass das zwischenzeitlich keine Mehrheitsmeinung mehr in der Linksfraktion.PDS ist.
Die SPD-Fraktion bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft. Das schließt natürlich auch das Bekenntnis zu Artikel 15 Grundgesetz ein.
Ich sage Ihnen eines: Solange Sozialdemokraten Regierungsverantwortung im Bund tragen, wird es eine Grundgesetzänderung dieses Inhalts nicht geben. Eines Extraantrages dazu bedarf es nicht. Er ist nicht mehr als eine ideologische Nebelkerze.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir vorab einen kurzen Nebengedanken.
Die FDP möchte den Artikel 15 Grundgesetz abschaffen. Ist sie nicht zufrieden mit dem Grundgesetz, das fälschlicherweise als Verfassung bezeichnet wird? Ist die FDP also verfassungs- bzw. – richtiger – grundgesetzfeindlich eingestellt?
Das Grundgesetz hat bewusst keine Festlegung der Wirtschaftsordnung getroffen. Die Garantie von Eigentum und privater Initiative gibt allerdings den Rahmen für die Marktwirtschaft vor. Die Vorteile freien Unternehmertums werden von niemandem bestritten.
Aber hat sich der Staat deshalb ganz aus der Wirtschaft zurückzuziehen, wie es immer wieder von den Wirtschaftsliberalen gefordert wird? Hier trennen sich unsere Vorstellungen.
Rückzug des Staates und fortschreitende Privatisierung sind andere Vokabeln für Kapitalismus und das Recht zur Ausbeutung. Was hat das noch mit sozialer Marktwirt
schaft zu tun? Wer soll den Profitmaximierern Einhalt gebieten, wenn nicht der Staat? Wer vertritt das Gemeinwohl, wenn nicht der Staat? Verschiedene Instrumentarien stehen ihm dafür zur Verfügung. Als Beispiele seien hier Subventionen, Preisvorschriften und Kartellgesetzgebung angeführt.
Die Sozialisierung, wie sie im Artikel 15 festgehalten ist, stellt eine weitere Möglichkeit dar, obwohl sie bisher noch nicht zur Anwendung gekommen ist, zur Anwendung kommen musste. Sie ist eine Handlungsoption für den Staat und muss es bleiben.
Privatisierung als Einbahnstraße entspricht nicht dem Gemeinwohl und ist auch nicht der Sinn des Grundgesetzes. Die Grundversorgung muss stets und jederzeit erhalten bleiben. Ohne Grundversorgung kann auch die Marktwirtschaft nicht funktionieren. Es müssen zum Funktionieren der Wirtschaft nun einmal Straßen gebaut werden. Es muss überall Strom zur Verfügung stehen. Es müssen flächendeckend Transportmöglichkeiten vorhanden sein, und das unabhängig davon, ob damit Profit gemacht werden kann oder nicht.
Die Vorstellungen der FDP zur Wirtschaftsordnung sind bekannt. Es handelt sich dabei um ein parteigebundenes Programm. Dieses Parteiprogramm soll mit dem Gesetzentwurf Eingang in das Grundgesetz finden. Andere Vorstellungen hinsichtlich der Wirtschaftsordnung als ihre eigenen sollen per Änderung des Grundgesetzes ausgeschlossen werden.
Das ist doch ein interessanter Vorgang. Wenn dies Schule machen sollte, dann hätten wir auch einige Programmpunkte, die wir gern im Grundgesetz wiederfinden würden.
Meine Damen und Herren! Wir als NPD wollen eine gerechtere Wirtschaftsordnung als den Raubtierkapitalismus. Die Sozialisierung zur Wahrung des Gemeinwohls bezeichnet die FDP als alte sozialistische Forderung. Gut, sie hat recht damit. Deshalb begründet sich wohl auch der hiesige Antrag der Linksfraktion.PDS. Gern dürfen Sie auch uns ein Liebäugeln mit sozialistischen Vorstellungen vorwerfen. Der wahre soziale Gedanke verwirklicht sich ohnehin nur im nationalen Rahmen. Der wahre soziale Gedanke ist eng verbunden mit der Volksgemeinschaft. Der wahre soziale Gedanke stellt das Gemeinwohl über den Profit des Einzelnen.
Artikel 15 des Grundgesetzes gibt diesem Gedanken den grundsätzlichen Freiraum. Er ermöglicht den Weg vom Raubtierkapitalismus zurück zur sozialen Marktwirtschaft. Wer den Menschen und nicht den Profit in den Vordergrund stellt, der muss sich gegen das Vorhaben der FDP einsetzen. Daher wird die NPD-Fraktion – auch wenn unsere Intention eine andere ist – den Antrag der Linksfraktion.PDS unterstützen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Petzold, ich glaube schon, dass Sie mit sozialistischen Ideen liebäugeln, aber ganz komplett ist der Spruch nicht, denn dann müssten Sie dazu sagen „mit nationalsozialistischen Ideen“.
Herr Kollege Bartl, es gibt vielfältige Weisheiten des Volksmundes. Sie sprachen von „getroffenen Hunden“ und „so einfach kann es doch nicht gewesen sein“. Ich glaube, Sie hatten noch einen Quotenkampfauftrag der kommunistischen Plattform zu erfüllen. Diesen haben Sie jetzt abgehakt, damit Sie beim nächsten Listenparteitag etwas bessere Karten haben.
Worauf haben Sie sich dann gestürzt? Sie haben sich auf diesen Antrag gestürzt, mit dem die FDP die Verfassungslage an das anpasst, was seit 60 Jahren Verfassungsrealität geworden ist und sich im historischen Kontext als richtige Lösung für eine Wirtschaftsverfassung herausgestellt hat,
nämlich das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft. Ich bekenne gern, dem hängen wir an und das verteidige ich.
(Beifall bei der FDP – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Die wollen sie mit Waffengewalt einführen!)