Protokoll der Sitzung vom 20.01.2005

Gestatten Sie mir, sehr verehrte Damen und Herren, aber zunächst eine ziemlich grundsätzliche Bemerkung, gerade angesichts dessen, was Kollege Schiemann hier gesagt hat. Für die PDS-Fraktion kann ich erklären, dass wir als eine Partei, welche die sozialistische Option für die menschliche Zukunft aufrechterhält, am meisten und ohne jegliche Einschränkung daran interessiert sind, dass die Taten politischer Gewalt und Repressionen in der DDR und ihre Ursachen ehrlich und schonungslos aufgeklärt werden. Ebenso sind wir daran interessiert, dass das mahnende und verurteilende Gedenken an politische Gewalt und Repressionen, die im Namen eines falsch verstandenen und falsch gelebten Sozialismus geschehen sind, aufrechterhalten bleibt, damit sich solche Vergehen und Verbrechen niemals wiederholen können.

Mein ehemaliger Kollege Prof. Bramke hat bei der Debatte zum Gedenkstättengesetz in der 3. Wahlperiode dazu sehr deutliche Worte gefunden. Ich darf Sie daran erinnern. Würden wir anderes wollen oder anders handeln, stünde dies im klaren Gegensatz zu unserem Anspruch, die sozialistische Option, die wir wollen, eben auf demokratischem Wege und nur auf diesem Wege anzustreben. Daraus ergibt sich auch ganz logisch, dass wir mitnichten eine Schlussstrichdebatte wollen, wie uns immer wieder unterstellt wird. Auch unser Gesetzentwurf zur Änderung der Übergangsbestimmungen in der sächsischen Landesverfassung will keine solche Schlussstrichdebatte.

Doch nicht um dieses Gesetz geht es heute, sondern um den 12. Tätigkeitsbericht. Im Vergleich zu den Vorjahresberichten fällt immerhin positiv auf, dass er die Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes korrekterweise stärker im historischen Kontext in diesen Bericht einordnet. Herr Beleites spricht etwas hochgestochen in der Einleitung von „Kontextualisierung des Arbeitsgebietes“. Er spricht von „Sowjetimperium“ und „europäischer Diktaturengeschichte des 20. Jahrhunderts“. Das sind Termini, die sich die PDS-Fraktion nicht zu Eigen macht. Ich möchte bezweifeln, ob sie historisch korrekt sind, aber das will ich heute Abend dahingestellt sein lassen. Für mich ist wichtig, dass wir diesen Versuch, zumindest ansatzweise die Zusammenhänge zu sehen, Auftrag und Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit also mitnichten nur als ein isoliertes Phänomen des Bösen zu betrachten, unterstützen. Das hat die PDS immer gefordert, weil es einfach schäbig ist, nur auf das MfS scheinbar bequem einzuschlagen und alle Schuld darauf abzuladen.

Ich möchte aber auf zwei echte Probleme eingehen, die dieser Bericht anspricht. Sie kritisieren, Herr Beleites, auf Seite 7, dass es bei Folgeansprüchen für beruflich Reha

bilitierte zu einem Nullsummenspiel kommt, weil die bevorzugte Umschulung und Weiterbildung aufgrund der bekannten Arbeitsmarktlage nicht zum Tragen komme und weil die Fristen für die Aufnahme eines Hochschulstudiums zum 1.1.2003 ausgelaufen seien. Deshalb würde die berufliche Rehabilitierung oft ins Leere laufen. Natürlich ist das ein echtes Problem. Es gibt ja auch eine ganze Reihe Petitionen dazu. Allein mit der Behauptung, ich wäre im Jahr 2000 bestimmt Professor geworden, wenn ich durch staatliche Repressionen im Jahr 1975 nicht meinen Studienplatz verloren hätte, lässt sich bestimmt kein Rechtsfrieden herstellen.

Ich darf deshalb hier noch einmal ganz ausdrücklich an den Gedanken einer Opferrente für nachweislich durch DDR-Unrecht Geschädigte erinnern. Ich möchte Sie, sehr verehrte Damen und Herren, dazu an die einvernehmliche Debatte in diesem Hohen Hause in der 98. Sitzung des 3. Sächsischen Landtages erinnern. Dort hat mein Kollege Dr. Dietmar Pellmann zum Projekt der Opferrente gesprochen und auch sehr klare und zustimmende Worte gefunden. Die Position meiner Fraktion zu einer Opferrente ist heute keine andere als damals.

Ein zweiter Problemkomplex ist das so genannte Regionalkonzept des Bundesbeauftragten für die Hinterlassenschaften der Staatssicherheit. Wir stimmen mit Herrn Beleites darin überein, dass die Reihenfolge der anstehenden Grundsatzentscheidungen umgekehrt sein muss. Wie können wir denn sinnvoll über die sächsische Archivstruktur entscheiden, ohne fahrlässig Steuergelder aus dem Fenster zu werfen, wenn die mittel- und langfristige Perspektive des Umgangs mit diesen Unterlagen noch völlig ungeklärt ist? Herr Beleites stellt auf Seite 21 die richtigen Fragen. Beantworten kann sie allerdings nicht der Sächsische Landtag, sondern nur der Bundestag.

Für die PDS-Fraktion ist jedenfalls klar, dass es keine kalte Abwicklung der Behörde geben kann. Ebenso klar ist, dass die Bestimmungen des Einigungsvertrages greifen müssen, wonach die archivwürdigen Bestände des MfS eines Tages unter das Dach des Bundesarchivs gehören. In welcher Rechtsform dies letztendlich geschieht, ob es eine neue Stiftung geben wird wie diejenige mit dem umständlichen Namen „Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv“, abgekürzt SAPMO – dort sind bekanntlich die Akten der SED, der FDJ, der CDU, der LDPD und anderer Blockparteien archiviert –, oder ob es etwas anderes geben wird, ist so lange für uns uninteressant, wie die offenen Zugangsregelungen zu diesem zukünftigen Archivgut nicht gefährdet sind.

Abschließend: Dass der gesetzliche Auftrag des Landesbeauftragten so schmal ist, wie er ist, siehe § 38 des Unterlagengesetzes des Bundes, und dass der Landesbeauftragte eben nur in diesem Rahmen Kompetenz und Befugnisse, Aufgaben und Verantwortlichkeiten hat, ist nicht unsere Erfindung. Das haben Staatsregierung und CDU-Fraktion exakt so gewollt, nämlich mit der im Jahr 2000 verabschiedeten Novelle des Landesbeauftragtengesetzes. Der enge gesetzliche Auftrag scheint nun nachgerade ein Aufgabenfindungsrecht der Behörde zu provozieren. Leider kann sich Herr Beleites dieser Versuchung im Berichtszeitraum wiederum nicht völlig entziehen.

Zwar geht es diesmal nicht mehr um die historische Bewertung der LPG-Geschichte wie vor einigen Jahren, aber um die „Baumoderne in der DDR“ oder das „Wohnen im Spannungsfeld von Herrschaft und Alltagspraxis am Beispiel von Dresden-Prohlis der siebziger und achtziger Jahre“ oder „Kirche im SED-Staat oder Jugendalltag in der DDR“.

Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, wie solche Vorträge, Publikationen oder Bildungsprojekte durch den klar definierten gesetzlichen Auftrag für den Landesbeauftragten gedeckt sind. Der Landesbeauftragte hat eben gerade nicht die Rolle einer Zentralinstanz für alle Repressionsfolgen aus der DDR-Geschichte. Das muss hier zum wiederholten Male ganz klar gesagt werden. Das ist unsere Hauptkritik an diesem Bericht.

Wir sind deshalb gern bereit, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen, allerdings mit der notwendigen kritischen Differenzierung, das heißt nicht billigend, also zustimmend zur Kenntnis zu nehmen, wie der Berichterstatter Herr Prof. Schneider in der Beschlussempfehlung des Verfassungsausschusses vorschlägt. Dies war im Übrigen auch der einvernehmliche Diskussionsstand im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Bräunig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte hiermit auch für die SPD-Fraktion den Dank an Herrn Michael Beleites und auch ausdrücklich an seine Mitarbeiter für die im Berichtszeitraum geleistete engagierte Arbeit aussprechen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wir haben mit diesem Bericht feststellen können, dass die Arbeit des Landesbeauftragten kontinuierlich auf hohem Niveau weitergeführt wurde.

Die Ausführungen in dem Bericht – das haben die Beratungen im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss einmal mehr deutlich gemacht – zeigen, welches Gewicht die Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR auch 15 Jahre nach Ende dieses Staates nach wie vor hat.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Internetauftritt des Landesbeauftragten fertig gestellt wurde und er sich nunmehr auch über die neuen Medien öffentlichkeitswirksam präsentiert.

Es gibt einen Aspekt, der mich persönlich auch in diesem Zusammenhang berührt und den ich noch erwähnen möchte. Herr Schiemann ist in seinem Beitrag schon einmal darauf eingegangen. Die geschichtliche Aufarbeitung der Geschehnisse der damaligen Zeit mit Hilfe der Stasi-Unterlagen dient auch dazu, die Erinnerung wach zu halten und gewisse Ereignisse gegen das Vergessen zu sichern. Das ist umso wichtiger, als seit dem Ende der DDR bereits eine neue Generation herangewachsen ist, die diesen Teil unserer Geschichte nicht mehr bewusst miterlebt hat. Ich zähle mich persönlich zu dieser

Generation und es sind noch einige jüngere Abgeordnete in diesem Raum. Gerade diese Generation, aber noch viel mehr die nachfolgenden sind es, die auf der Grundlage von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit herangewachsen sind und heranwachsen, die wir über diese Geschehnisse aufklären und dafür sensibilisieren sollten. Ihnen nahe zu bringen, dass es in der jüngeren Geschichte Bestrebungen gab, die darauf abzielten, Menschen zum Instrument diktatorischer Machtansprüche zu machen, so wie es unter Mithilfe des Staatssicherheitsdienstes der DDR geschehen ist, sehe ich als eine der wichtigen Zukunftsaufgaben für das Amt des Landesbeauftragten an. Gerade deshalb, aber nicht nur deshalb, wird dieses Amt weiterhin zumindest mittelfristig seine Berechtigung haben.

Nochmals Dank und wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Für die NPD-Fraktion Herr Leichsenring.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion für den sehr informativen Bericht des Sächsischen Landesbeauftragten bedanken. Das Thema Staatssicherheit stand ja schon gestern im gewissen Sinne auf der Tagesordnung, aber es war eine sehr spezielle Thematik. Deshalb passte ein etwas größerer Zusammenhang nicht hinein, heute aber schon.

Die Gründe und auch die Möglichkeiten für die Beschäftigung mit dem Unrecht von gestern, aber auch mit dem von heute sind natürlich in verschiedener Hinsicht sehr unterschiedlich. Zunächst muss festgehalten werden, dass die Verantwortlichen für staatliches Unrecht von gestern, zumindest für jenes, das in der ehemaligen DDR geschah, heute in der Regel nicht mehr in Machtstrukturen eingebunden sind. Wer jedoch hingegen die heutigen Machenschaften der aktuellen Geheimdienste angreift, muss mit Sanktionen rechnen. Die Nationaldemokraten und auch speziell ich können davon ein Lied singen. Vor allem möchte ich aber auch auf die durchaus unterschiedlichen Motive hinweisen, die bei der Auseinandersetzung mit vergangenem und derzeitigem staatlichem Unrecht eine Rolle spielen. Wenn wir Nationaldemokraten heute etwa den politischen Missbrauch der aktuellen Geheimdienste anprangern, setzen wir uns für eine Stärkung der Bürgerrechte durch Vorbeugung von Willkürmaßnahmen ein. Das gehört in einem demokratischen Rechtsstaat zum allgemeinen staatsbürgerlichen Engagement und zu den Aufgaben der parlamentarischen Kontrolle gleichermaßen. Der Rechtsstaat erfordert ein kompromissloses Eintreten gegen jede Form real existierender staatlicher Willkür, zumal in Deutschland, wo im Grundgesetz in Form des Widerstandsrechts mehrfach eine verfassungsrechtliche Verankerung zu finden ist. Hier ist kein Opportunitätsprinzip zulässig. Der Rechtsfrieden, der auf dem Stillschweigen und der Duldung von Unrecht und Willkürmaßnahmen beruht, wäre eine bloße Friedhofsruhe. Wenn wir uns hingegen mit dem vergangenen Unrecht

des Staatssicherheitsdienstes in der verflossenen DDR auseinander setzen, gibt es für uns Nationaldemokraten nur ein einziges gültiges Kriterium, und das ist der Rechtsfrieden in Deutschland.

Wie können wir in diesem Sinne der Gemeinschaft unseres Volkes – wenn Sie so wollen, der Volksgemeinschaft – am besten dienen? Vergangenheitsbewältigung, zumal in Bezug auf einzelne Personen, darf nach unserer Überzeugung nie zum Selbstzweck werden. Das Vorgehen gegen ehemalige Stasi-Angehörige und andere Funktionäre der DDR sollte vor allem den berechtigten Interessen jener ehemals Verfolgten dienen, so wie eine erneute Karriere ihrer Verfolger im öffentlichen Leben, zum Beispiel auch als Abgeordnete, eine traumatische persönliche Zumutung ist oder gerade den Zusammenbruch ihres Vertrauens in die Gerechtigkeit und die staatliche Ordnung bedeuten würde. Wie fühlt sich ein Arbeitsloser, der zum Arbeitsamt geht und dort genau als Berater jenen vorfindet, den er schon in seiner Stasi-Akte als Spitzel vorgefunden hat? Das sind sicherlich Erlebnisse, die man jedem ersparen möchte.

Direkt im Hinblick auf den Inhalt des Berichtes des Sächsischen Landesbeauftragten habe ich nur eine Bemerkung, die an eine von uns im Verfassungs- und Rechtsausschuss gestellte Frage anknüpft. Wenn ich die Aufgaben des Landesbeauftragten richtig verstanden habe, dann sind sie hauptsächlich im Bereich der Beratung und Information angesiedelt. Ich denke, dass die vielen Beratungsgespräche, Informations- und Diskussionsveranstaltungen ein sehr realistisches Bild der Lebenssituation, der objektiven Selbsteinschätzung der betroffenen Opfer wie auch der Lebenssituation und der Selbsteinschätzung der ehemaligen Stasi-Mitarbeiter sowie der für die Wahrung des Rechtsfriedens relevanten Bestimmungen im Land ermöglichen. Das ist meines Erachtens genau die Information, die auch wir als gesetzgebende Institution brauchen, um die richtigen gesetzlichen Weichenstellungen treffen zu können. Ich möchte die herzliche Bitte an den Sächsischen Landesbeauftragten richten, genau in diesem Sinne weiterzuarbeiten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Es spräche als Nächstes die FDP-Fraktion, aber Sie hat keinen Namen gemeldet. – Sie möchten sprechen, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt schwer, als Liberaler des Öfteren nach solchen Einlassungen, wie sie hier von der NPD wieder gekommen sind, sprechen zu müssen. Es ist jedes Mal eine neue Herausforderung, denn was an Unverschämtheiten geboten wird, scheint aus einem nicht enden wollenden Fundus zu stammen.

Herr Leichsenring, was meinen Sie, was passiert, wenn tatsächlich interessierte Bürger Ihre Rede ernsthaft verfolgen und wenn sie mitbekommen, wie Sie die Opfer des Ministeriums für Staatssicherheit in der DDR mit Ihren Gesinnungsfreunden gleichstellen, wenn diese, wie

ich finde, sehr zu Recht, ins Beobachtungsfeld des Landesamtes für Verfassungsschutz geraten?

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Sie offenbaren damit ein historisches Verständnis mit der Feinmotorik einer Betonmischmaschine. Aber ich glaube, das ist auch beabsichtigt.

Das Ministerium für Staatssicherheit und das Amt für Verfassungsschutz sind auch im historischen Vergleich eine ganz andere Veranstaltung.

(Zuruf von der NPD: Dasselbe!)

Damit die Erinnerung an das, was das Ministerium für Staatssicherheit den Menschen in diesem Land über viele Jahre angetan hat, nicht verschwindet, sondern aufgeklärt, verarbeitet, aufgearbeitet und in Zusammenhänge gestellt wird, dafür ist dieser Landesbeauftragte dringend erforderlich. Ich danke Ihnen im Namen meiner ganzen Fraktion der Liberalen für diese Arbeit.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Wenn der Kollege Schiemann vorhin sagte, die Arbeit sei notwendig, da der Bestand der Akten und das, was dort geschehen ist, Teil der Erinnerungskultur sei, dann lassen Sie mich bitte insofern widersprechen, als ich nicht glaube, dass die Arbeit der Beauftragten für die StasiUnterlagen gegenwärtig bereits das Bearbeiten einer Erinnerungskultur ist, sondern das ist immer noch aktive, dringend notwendige Arbeit, die tatsächlich noch nicht abgeschlossene Auseinandersetzung mit den Strukturen, mit den Denkweisen, mit den Arbeitsweisen, mit den Arbeitsergebnissen dieser Diktatur und ihres Hauptwerkzeuges.

Noch sind wir nicht so weit, dass wir hier von Erinnerungskultur sprechen. Die Ära der Geschichte, der historischen Beleuchtung wird irgendwann kommen. Sie ist gegenwärtig noch nicht da. Deswegen brauchen wir diese Arbeit und deswegen unsere auch schon im Ausschuss formulierten Bedenken gegen die gegenwärtig in Berlin angestellten Überlegungen, die Archive des Bundesbeauftragten und der Landesbeauftragten dem Bundesarchiv bzw. dem jeweiligen Landesarchiv zu unterstellen. Damit würden sie tatsächlich auch als Archivgut und Teil eines abgeschlossenen, historisch in sich begrenzten Zeitraums gewertet werden. Das wollen wir nicht.

Wir halten es noch eine lange Zeit für notwendig, dass damit gearbeitet wird. Die Arbeit ist wichtig, wie der Bericht zeigt, gerade auch im Hinblick auf die Beratung, die der Beauftragte immer wieder bei Bürgern leistet, die Schwierigkeiten in dem auch von Ihnen angesprochenen Bereich der beruflichen oder verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung haben. Hier gibt es noch viel zu tun. Wir werden die Arbeit des Landesbeauftragten weiter aufmerksam verfolgen. Wir halten diese Arbeit weiterhin für dringend erforderlich.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Dr. Gerstenberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist heute bei diesem Tagesordnungspunkt fast Sitte, mit einem Dank zu beginnen. Ich möchte das auch tun. Ich erinnere mich noch an die Krise, die der Vorgänger Herr Siegmar Faust ausgelöst hatte, eine Krise, die damals drohte das gesamte Amt zu beschädigen. Umso dankbarer bin ich und ist meine Fraktion für die Arbeit, die in den letzten Jahren geleistet wurde. Die Behörde wurde engagiert, sachlich und zielorientiert geführt. Entsprechend gut ist das Arbeitsergebnis, das heute in der Drucksache dokumentiert wird.

Ich möchte auf drei Aspekte dieses Tätigkeitsberichtes eingehen. Der erste liegt im Bereich der Beratungstätigkeit. Ich halte es für hoch interessant, dass die Zahl der Erstberatungen im vergangenen Jahr wiederum gestiegen ist. Das zeigt, es geht zwar um die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit, aber das unheilvolle Wirken der Stasi ist kein Schnee von gestern, sondern eine höchst lebendige Geschichte. Das ist etwas, was viele Menschen in diesem Lande betrifft als ehemalige Mitarbeiter der Staatssicherheit oder als Opfer, was aber auch uns alle betrifft, die wir hier politisch handeln. Akteneinsicht, das ist eine sehr alte Weisheit, hat sehr oft Fragen zur Rehabilitierung zur Folge. Dieses zweite Tätigkeitsgebiet im Bereich der Beratung ist nahe liegend. Wir halten es für bemerkenswert, dass der Landesbeauftragte im Jahre 2003 in einer Situation der Ungewissheit über die Weiterführung der Rehabilitierung mit einer erfolgreichen dezentralen Beratungsinitiative reagiert hat. Das ist sicher ein wichtiger Beitrag gewesen. Umso wichtiger ist für uns auch seine Erfahrung, die er gewonnen hat.