Im Rahmen des Möglichen wird die Sächsische Staatsregierung auch weiterhin darauf hinwirken, dass Polizeibeamte mit sorbischen Sprachkenntnissen im sorbischen Sprachgebiet eingesetzt werden und als Ansprechpartner für die Bürger zur Verfügung stehen können.
Äußerungen des Herrn Dr. Buttolo zur geplanten Abschiebung von Ausländerinnen und Ausländern (Frage Nr. 12)
Hintergrund: In einer Pressemitteilung des SMI vom 17.01.2007 äußert sich Herr Innenminister Dr. Buttolo zur neuen Bleiberechtsregelung dahingehend: „Im Umkehrschluss bedeutet die Regelung aber auch, dass der Aufenthalt von Ausländern, die nach dieser Regelung keine Duldung oder eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können, konsequent beendet werden muss. Sie dürfen nicht durch großzügige Sozialleistungen Anreize für den weiteren Verbleib in Deutschland bekommen.“
1. Bei wie vielen Menschen beabsichtigt die Staatsregierung, angesichts der Tatsache, dass der Bleiberechtsbeschluss auf Menschen zielt, die langjährig hier leben und trotz vollziehbarer Ausreisepflicht aus faktischen oder rechtlichen Gründen bisher nicht abgeschoben werden können, den Aufenthalt unter welchen rechtlichen Voraussetzungen zu beenden?
2. Inwiefern hält die Staatsregierung eine gezielte Desinformation, dass geduldete oder mit einer Aufenthaltsgestattung in Sachsen lebende Migrantinnen und Migranten „großzügige“ Sozialleistungen erhalten (trotz einer jahrelangen Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften, einer zumeist stattfindenden Versorgung durch Esspakete und eines ganz geringfügigen Bargeldbetrages), für vereinbar mit ihrem im Koalitionsvertrag vereinbarten Engagement gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit?
Zu Frage 1: Seit Mitte des Monats ist im Freistaat Sachsen die Bleiberechtsregelung in Kraft. Viele Ausländer werden danach einen Aufenthaltstitel erhalten können. Aber es wird auch viele Enttäuschungen geben, weil nicht alle der langjährig in Deutschland aufhältigen Ausländer ein Bleiberecht erhalten. Diese Ausländer halten sich nach wie vor rechtswidrig im Bundesgebiet auf und sind gesetzlich verpflichtet auszureisen.
Die zu erwartende Anzahl vollziehbar ausreisepflichtiger Personen, die zwar die für ein Bleiberecht erforderlichen Aufenthaltszeiten nachweisen könnten, aber andere Voraussetzungen der Bleiberechtsregelungen nicht erfüllen und deshalb weiterhin vollziehbar ausreisepflichtig bleiben, ist nicht bekannt.
Das mag Sie erstaunen, aber die Beantwortung Ihrer Frage würde bedeuten, dass sachsenweit jede Akte von Geduldeten oder von Personen, die sich im Asylfolgever
fahren befinden, nach den Vorgaben der Bleiberechtsregelung ausgewertet werden müsste. Dies ist nicht leistbar.
Nach unserer Einschätzung werden von den sich langjährig in Deutschland aufhältigen Personen nicht alle in den Genuss dieser generellen Härtefallregelung kommen, weil sie zum Beispiel trotz Aufforderung nicht an der Beschaffung von Reisedokumenten mitgewirkt haben oder über ihre wahre Identität getäuscht haben. Es kann deshalb erst nach Prüfung aller Anträge festgestellt werden, wie viele Personen tatsächlich ein Bleiberecht erhalten können bzw. weiterhin vollziehbar ausreisepflichtig sind.
Diese weiterhin vollziehbar ausreisepflichtigen Personen sind dann trotz ihrer langen Aufenthaltsdauer in Deutschland nach Auffassung der Staatsregierung und der Intention der IMK nicht schutzwürdig. Deren Aufenthalt ist konsequent zu beenden. Das schreibt das Aufenthaltsgesetz zwingend vor. Eine Ausnahme sieht das Gesetz nur vor, wenn eine Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen schlichtweg nicht möglich ist.
Zu Frage 2: Ihre zweite Frage kann ich kurz und knapp beantworten: Der Innenminister sieht keine Diskrepanz zwischen seiner Äußerung und der von Ihnen angesprochenen Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz decken den notwendigen Bedarf für das Bestreiten des alltäglichen Lebens in der Bundesrepublik ab. Die langjährig aufhältigen ausreisepflichtigen Ausländer – um die es hier geht – erhalten zusätzlich, soweit sie die Dauer ihres Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich verlängert haben, höhere Sozialleistungen, die den Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch entsprechen. Das bedeutet, dass sämtliche Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes über Art, Form und Umfang der Leistungsgewährung durch die entsprechenden großzügigeren Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ersetzt werden.
Hintergrund: Ab März 2007 sollen in den drei sächsischen Kommunen Dresden, Meißen und Taucha im Rahmen eines Pilotprojektes zur Datenerfassung für den biometrischen Pass von allen, die einen Pass neu beantragen, im Einwohnermeldeamt Fingerabdrücke abgenommen werden.
1. Haben die Antragstellerinnen und Antragsteller das Recht, die Abgabe von Fingerbadrücken zu verweigern und einen herkömmlichen Pass zu beantragen und zu erhalten?
2. Wie wird das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bei den Antragstellerinnen und Antragstellern gewährleistet, die sich der Fingerabdrucknahme nicht verweigern, insbesondere bezüglich der Möglichkeiten eines automatisierten Datenabgleichs ihrer Fingerabdrücke?
Zu Frage 1: § 23a Abs. 3 Satz 2 PassG bestimmt, dass die teilnehmenden Passbehörden verpflichtet sind, bei allen Passbewerbern, die das sechste Lebensjahr vollendet haben und in der Zeit vom 1. März 2007 bis 30. Juni 2007 einen Reisepass beantragen, zusätzlich zu den Angaben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 PassG auch Fingerabdrücke in Form des flachen Abdrucks des linken und rechten Zeigefingers abzunehmen, elektronisch zu erfassen und auf Qualität zu prüfen. Alle Passbewerber, die bei einer der teilnehmenden Passbehörden einen Pass beantragen, haben bei der Abnahme der Fingerabdrücke mitzuwirken.
Bei ungenügender Qualität oder Verletzungen an einem Zeigefinder werden jeweils ersatzweise flache Abdrücke des Daumens, des Mittelfingers oder des Ringfingers erfasst. Fehlen Daumen, Mittelfinger oder Ringfinger, entfällt die Erfassung der Fingerabdrücke. In Fällen, in denen eine Abnahme der Fingerabdrücke aus medizinischen Gründen, die nicht nur vorübergehender Art sind, nicht möglich ist, hat die Passbehörde von der Erfassung der Fingerabdrücke abzusehen. Für den Fall der Weigerung des Passantragstellers, sich seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen, sieht § 23a PassG keine Sanktionen vor. Dem Passbewerber ist ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf auch in diesem Fall ein Pass auszustellen.
Zu Frage 2: Die Erfassung, Qualitätsprüfung, Übermittlung, Speicherung und Löschung der Fingerabdruckdaten aus den Testmaßnahmen zur zweiten Stufe der ePassEinführung ist in § 23 PassG abschließend geregelt. Ein
Grundsätzlich gilt, dass die Fingerabdruckdaten, die im Zuge der Testmaßnahmen von den teilnehmenden Passbehörden erfasst werden, weder im Passregister noch gemeinsam mit den übrigen Passantragsdaten, sondern ausschließlich in einer gesonderten Datei zu speichern sind.
Bei der Übermittlung der Passantragsdaten einschließlich der Fingerabdrücke gilt, dass alle beteiligten Stellen dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit zu treffen haben, die insbesondere die Vertraulichkeit und Unversehrtheit der Daten sowie die Feststellbarkeit der übermittelnden Stelle gewährleisten; im Falle der Nutzung allgemein zugänglicher Netze sind dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Verschlüsselungsverfahren anzuwenden.
Sobald die gespeicherten Daten nicht mehr erforderlich sind, werden diese gelöscht: beim Passproduzenten spätestens am 31. Juli 2007, bei den Passbehörden spätestens nach Aushändigung des Passes an den Passbewerber. Damit sind bezüglich der Fingerabdruckdaten im Rahmen der Testmaßnahmen zur zweiten Stufe der ePass-Einführung die datenschutzrechtlichen Anforderungen eingehalten.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. In der ersten Runde sprechen die Fraktionen wie folgt: CDU, SPD, Linksfraktion.PDS, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung. Ich erteile Herrn Abg. Rohwer das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich meine Rede mit einem Dank beginnen. Ich möchte mich bei den Frauen und Männern, die in der sächsischen Jugendhilfe und Jugendarbeit tätig sind, herzlich für die Arbeit bedanken, die sie in den letzten Jahren geleistet haben. Ich denke, es gehört am Anfang einer solchen Debatte dazu, diesen Dank des Landtages einmal auszudrücken. Das möchte ich hiermit tun. Herzlichen Dank für diese Arbeit!
Die sächsische Jugendhilfe und die in Sachsen gemachte Jugendarbeit brauchen sich nach Auffassung meiner Fraktion nicht zu verstecken. Im Vergleich mit anderen Ländern wie Bayern und Baden-Württemberg stehen wir ganz gut da. Nicht nur in der Wirtschaft, beim Landeshaushalt, mit dem zweigliedrigen Schulsystem oder mit der guten Kinderbetreuung – Sachsen hat seinen Bürgerinnen und Bürgern etwas zu bieten. Mit ihrer Familienfreundlichkeit und damit dem Erhalt und der Weiterentwicklung attraktiver Lebensbedingungen für Kinder, Jugendliche und Familien wird Sachsen als Standortfaktor wirtschaftlicher Entwicklung weiter an Bedeutung gewinnen. Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, die Förderung ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen in einem vielfältigen System von Bildungs- und Betreuungsangeboten, insbesondere zur Entwicklung sozialer Kompetenzen, beeinflusst die zukünftige Entwicklung in Sachsen.
Der Freistaat Sachsen steht in der politischen Verantwortung für die Bedingungen des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen. Die Familien bei der Wahrnehmung
ihrer Erziehungsverantwortung anzuregen und zu unterstützen ist ebenfalls eine Aufgabe des Freistaates Sachsen.
Die Sächsische Verfassung erkennt in Artikel 9 das Recht jedes Kindes auf eine gesunde seelische, geistige und körperliche Entwicklung an. Der Schutz junger Menschen vor Gefährdung, das Wächteramt über die elterliche Pflege und Erziehung der Kinder sowie die Förderung von Einrichtungen zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen sind verfassungsgebundene staatliche Aufgaben.
Die Kinder- und Jugendhilfe ist ein eigenständiges politisches Handlungsfeld, das in ein Gesamtsystem von Bildung und sozialen Leistungen im Freistaat Sachsen eingebunden ist. Nur in dieser Eigenständigkeit, die in dieses Gesamtsystem sozialer Dienstleistungen eingebettet und integriert ist, kann die sächsische Jugendhilfe ihrer Verantwortung für die Gestaltung förderlicher Lebensbedingungen aktiver junger Menschen wirklich gerecht werden.
Wir dürfen jedoch nicht die Augen vor den künftigen Herausforderungen verschließen. Gerade der demografische Wandel verpflichtet uns mehr denn je, unsere Politik ständig zu hinterfragen und die Folgen unserer Entscheidungen ständig abzuschätzen. Das gilt ganz besonders für die sächsische Kinder- und Jugendhilfe. Wir können stolz auf die Leistungen der vergangenen Jahre sein. Erstens ist es uns gelungen, trotz geringerer Mittel die Vielfalt der sächsischen Kinder- und Jugendhilfe zu erhalten und in Teilbereichen auch auszubauen. Zweitens haben wir die Qualität unserer Jugendhilfe ständig überprüft. Nur so war es in der Vergangenheit möglich, flexibel auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen zu reagieren. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Da wir die Jugendhilfe einer ständigen Evaluierung unterwerfen, haben wir nach genauer Prüfung die Förderinstrumente weiterentwickelt. Hierzu möchte ich meinen Dank an das Sozialministerium richten, das einige Positionen des sächsischen Landesjugendhilfeausschusses bei der Neupositionierung aufgenommen hat. Es ist so, dass wir zum Beispiel im Bereich der Jugendpauschale den zuwendungsfähigen Leistungsbereich verbreitert haben. Wir haben weitere Dinge aufgenommen, sodass die Jugendhilfeausschüsse vor Ort mehr Möglichkeiten haben, mit der Jugendpauschale zu arbeiten. Wir haben es beim überörtlichen Bedarf so geregelt, dass der Qualitätsentwicklungsprozess innerhalb der Angebotsstrukturen wesentlich mehr Beachtung findet, als es in der Vergangenheit der Fall war.
Die Zukunft der Jugendhilfe wird wie fast alle Politikbereiche im Freistaat Sachsen – ich sagte es schon – von einem Thema bestimmt: dem demografischen Wandel.
Dieses in diesem Haus schon oft verwendete Wort hat Konsequenzen, die uns zu einer Anpassung der bisherigen Förderung gezwungen haben. Weniger Kinder bedeuten auch weniger Mittel für die Jugendhilfe. Der Freistaat Sachsen kann es sich im Sinne der Generationengerechtigkeit nicht leisten, von dem betriebenen Finanzkurs abzuweichen. Daher muss die Jugendhilfe wie alle anderen Bereiche ihren Beitrag leisten.
Da wir aber um die große Bedeutung der Kinder- und Jugendhilfe wissen, wird die Bevölkerungsentwicklung nicht eins zu eins umgelegt. Vielmehr wird das Gesamtfördervolumen nicht um die Hälfte, sondern lediglich um ein Viertel verringert. Damit werden wir erstens dem demografischen Wandel, zweitens der Generationengerechtigkeit und drittens der Qualität der Jugendhilfe gerecht.
Wir wissen, dass das die Opposition erfahrungsgemäß anders sieht: Alles soll so bleiben, wie es ist, die finanziellen Mittel sollen in gleicher Höhe bestehen bleiben. Ja, Geld ist ein Argument. Oft ist es nicht einmal das schlechteste. Aber es ist nicht automatisch das beste Argument, um die Qualität der Jugendhilfe zu sichern. Für uns geht es um Qualität und nicht um Quantität.
Genau aus diesem Grund haben wir die Jugendhilfe angepasst. Die Bildung steht also im Mittelpunkt dieser Anpassung. Warum? Jugendarbeit unterstützt die Entwicklung junger Menschen zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten. Indem sie die Erfahrungen junger Menschen in den Mittelpunkt stellt, auf Freiwilligkeit basiert und junge Menschen in das gesellschaftliche Leben einbezieht, unterscheidet sie sich bewusst von der Schule. Die Jugendarbeit fördert das Lernen abseits der Schulbank und leistet somit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag.
Bildung war auch die zentrale Botschaft der Stellungnahme des Landesjugendhilfeausschusses zum Zweiten sächsischen Kinder- und Jugendbericht. Wir haben in dieser Stellungnahme sehr deutlich gemacht, dass es nicht nur um die Entwicklung von Ganztagsangeboten geht – also um die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe –, sondern auch darum, in allen Jugendhilfeangeboten Bildung als wichtigen Aspekt zu integrieren.
Bildung steht im Mittelpunkt. Mit diesem Anspruch werden wir die Jugendarbeit in Zukunft voranbringen. Mit drei Elementen wollen wir diesen Anspruch mit Leben erfüllen: mit den Kommunen, mit den landesweiten Jugendverbänden und mit Modellprojekten. Wie dies aussieht und wie wir es umsetzen wollen, werde ich Ihnen in den folgenden Minuten erläutern.